Die portugiesische Sprache gilt mit ihren ca. 240 Millionen Muttersprachlern als eine der Weltsprachen und nach Englisch zu den am schnellsten wachsenden Sprachen in Europa. Sie wird über den ganzen Globus hinweg gesprochen, hauptsächlich in Portugal, sowie den ehemaligen Kolonialgebieten Portugals in Südamerika, Afrika und vereinzelten Ländern Asiens. Durch Migration gibt es auch viele Muttersprachler in den USA, Kanada, Frankreich, Andorra, Luxemburg und weiteren Ländern. Interessant ist dabei, dass nur 5% der Sprecher sich in Portugal, dem Ursprungsort der Sprache befinden. Wie sich die Sprache im Laufe der Zeit über den Globus verbreitet hat, welche Unterschiede dabei zustande kamen und was das für den E-Commerce bedeutet, behandelt der folgende Text.

Portugiesisch ist, genau wie Spanisch und Katalanisch eine romanische Sprache und hat ihren Ursprung auf der iberischen Halbinsel in Südeuropa. Im Westen der Halbinsel (heutiges Portugal und spanische Region Galizien) wurde im Mittelalter die Sprache des Galicisch-Portugiesischen verwendet, aus dem sich gleichermaßen die heutigen Sprachen Portugiesisch und Galicisch entwickelt haben. Letztere ist eine regional beschränkte Sprache, die in der spanischen Region Galizien ca. 3,5 Millionen Sprecher hat. Die beiden Sprachen haben eine gegenseitige Verständlichkeit von ca. 85%, weswegen einige Linguisten soweit gehen, sie als Variante der gleichen Sprache zu definieren. So sagt man beispielsweise im Portugiesischen „Ela é minha amiga“ und im Galicischen „Ela é a miña amiga“ (Sie ist meine Freundin). Aus soziolinguistischen und politischen Gründen werden Portugiesisch und Galicisch meist jedoch als zwei getrennte Sprachen angesehen.

Europa

Das Portugiesische ist heutzutage offizielle Amtssprache der 10,6 Millionen Einwohner Portugals, von denen die meisten es als Muttersprache sprechen. Im Nordosten wird zudem von einer kleinen Minderheit der Dialekt Mirandés gesprochen, der linguistisch dem Asturianischen zugeordnet wird. Die Sprache, die in Portugal besonders in den touristischen Zonen immer mehr an Bedeutung gewinnt, ist Englisch. Gemäß des EF English Proficiency Index aus dem Jahre 2021, das die weltweiten Fremdsprachenkenntnisse des Englischen misst, liegt Portugal vor Deutschland und sogar vor Schweden auf Platz 7. Die meisten Englischsprechenden sind Berufstätige, doch auch in den Schulen wird Englisch als Zweitsprache gelehrt und erfreut sich bei jungen Menschen immer größerer Beliebtheit. Durch die geographische Nähe und dadurch begünstigte Migration, wird von ungefähr 10% der Bevölkerung auch Spanisch als Zweit- oder Muttersprache gesprochen. Durch Einwanderung nach Luxemburg und Andorra hat sich Portugiesisch auch weiter in den Norden Europas verbreitet. Außerdem gibt es in Belgien, Frankreich, Deutschland, auf Jersey und in der Schweiz portugiesischsprachige Bevölkerung.

Südamerika

Mit der Entdeckung und Kolonialisierung des südamerikanischen Kontinentes Ende des 15. Jahrhunderts hat sich das Portugiesische weit über Portugal hinweg verbreitet. Da zwischen den beiden Nachbarn und rivalisierenden Kolonialmachten Portugal und Spanien bereits ein konfliktgeprägtes Verhältnis bestand, wurde im Vertrag von Tordesilla klar festgelegt, wie genau der neu entdeckte Kontinent aufgeteilt und kolonialisiert werden solle: demnach gab es eine östliche portugiesische Sphäre und eine westliche spanische Sphäre. Dies ist der Grund, warum Brasilien heutzutage das einzige portugiesischsprachige Land ganz Lateinamerikas ist, und die restlichen Länder spanischsprachig sind. Die portugiesische Kolonisierung verdrängte mit der Zeit die vorher heterogen über das Land verteilten indigenen Sprachen, und so werden diese nur noch von ca. 0,1% der Bevölkerung gesprochen. Portugiesisch hat in Brasilien ca. 190 Millionen Sprecher, aber auch in den angrenzenden spanischsprachigen Staaten wie z.B. Argentinien, Bolivien, Paraguay und Uruguay finden sich Muttersprachler. Im Grenzgebiet hat sich eine Mischsprache aus dem Portugiesischen und dem Spanischen gebildet, das Portunhol. In Brasilien herrscht mit mehr als 200 verschiedenen Sprachen und Idiomen (viele davon indigen) eine große Sprachenvielfalt, jedoch ist Portugiesisch alleinige Amtssprache. Die am zweithäufigsten gesprochene Muttersprache in Brasilien ist Deutsch, bzw. ein ostpommerscher Dialekt, welche heutzutage von ca. 1,5 Millionen Brasilianern gesprochen oder zumindest verstanden wird. Die Englischkenntnisse in Brasilien liegen deutlich unter denen Portugals und sind laut des EF English Proficiency Index auf Platz 60, und damit als gering zu verordnen. Größere Bedeutung hat das Spanische, vor allem in Hinblick auf die internationale Wirtschaftsorganisation Mercosul (Mercado Comum do Sul) in Lateinamerika. Heutzutage wird Spanisch im ganzen Land studiert und gelehrt, und schätzungsweise lernen mehr als sechs Millionen Brasilianer Spanisch, da das brasilianische Bildungssystem den Unterricht von Spanisch als bevorzugte zweite Sprache vorsieht. Besonders in den spanischsprachigen Mitgliedsstaaten des Mercosul wird auch das brasilianische Portugiesisch vermehrt in den Schulen gelehrt.

Europäisches und brasilianisches Portugiesisch im Vergleich

Aufgrund verschiedener historischer und kultureller Einflüsse Portugals und Brasiliens haben sich in beiden Gebieten verschiede Standardvarietäten des Portugiesischen entwickelt. Der am deutlichsten wahrzunehmende Unterschied zwischen dem europäischen und dem brasilianischen Portugiesisch ist phonetischer Natur, betrifft also den Klang der Sprache. Das Portugiesische in Brasilien ist zunächst für Nicht-Muttersprachler einfacher zu verstehen, da die Vokale deutlicher ausgesprochen und differenziert werden, die Betonung der Silben gleichmäßiger ist und die Konsonanten weicher sind. Das europäische Portugiesisch klingt im Vergleich holpriger, zäher und auch etwas genuschelt, besonders da bei einigen Wörtern die Vokale gar nicht erst ausgesprochen werden. Besonderheiten gibt es bei der Aussprache des Lautes „l“, sowie die Lautverbindungen „di“, „de“, „ti“ und „te“. In Portugal spricht man das Wort „Brasil“ (Brasilien), so aus wie man es liest, während in Brasilien aus dem „l“ ein hörbares „u“ wird: [brasi-u]. In Wörtern in denen ein „d“ oder „t“ von den Vokalen „i“ oder „e“ begleitet wird, z.B. im Wort „cidade“ (Stadt) hört man in Portugal ein weiches „d“ (ähnlich wie im Spanischen) und in Brasilien ein djee-Laut, so ähnlich wie in „Dschungel“. Trotz diverser Unterschiede herrscht unter portugiesischen Muttersprachlern eine hohe Verständigungsbasis, so ungefähr, wie wenn ein Deutscher und ein Schweizer in ihrer jeweiligen Standardvarietät des Hochdeutschen miteinander sprechen.

Auf orthografischer Ebene gab es lange Zeit zwei unterschiedliche Schreibreformen der europäischen und brasilianischen Standardvarietät. Mit der Verabschiedung des Acordo Ortogáfico im Jahre 1990, wurde ein internationaler Standard für das Portugiesische festgelegt, auch wenn es bis 2009 dauerte, bis das Abkommen offiziell in Kraft trat. Vor diesem wurde beispielsweise das Wort „Aktion“ im europäischen Portugiesisch „acção“ und im Brasilianischen „ação“ geschrieben. Seit 1990 gilt für dieses Wort nun offiziell, für alle portugiesischsprachigen Länder gleichermaßen, die Schreibweise „ação“.

So wie es auch bei den spanischen Sprachvarietäten in der Anrede Unterschiede zwischen dem europäischen und dem lateinamerikanischen gibt, ist das auch im Portugiesischen der Fall. In Brasilien wird je nach Region entweder „tu“ oder „você“ verwendet, um jemanden anzusprechen. Beide Formen sind vergleichbar mit der Universalität des im Englisch verwendeten „you“. Möchte man in Brasilien Höflichkeit ausdrücken, wird dies meist mit dem Zusatz „o senhor“ oder „a senhora“ gemacht. In Portugal hingegen wird „tu“, wie im Deutschen auch, eher in den informellen und familiären Situationen und „você“ ausschließlich für unbekannte Personen und formelle Anlässe verwendet.

Die geographisch bedingten kulturellen Einflüsse lassen sich am deutlichsten im Wortschatz erkennen. Während das europäische Portugiesische stark vom Spanischen beeinflusst ist, finden sich im brasilianischen Portugiesisch englische Einflüsse. In Portugal ist die Computermaus „rato“, wortwörtlich Maus, im Brasilianischen „mouse“. Der Sport in Brasilien ist „esporte“ (vergleiche englisch „sports“) und im europäischen Portugiesisch „desporto“, vom spanischen „deporte“. In Brasilien werden häufig Anglizismen verwendet und auch offiziell anerkannt, während in Portugal die Sprache dem romanischen Ursprung treu bleibt und beständiger gegen den Sprachwandel ist. Der Zug ist im Brasilianischen „trem“ und im Portugiesischen „comboio“, und der Kühlschrank ist in Brasilien „geladeira“, in Portugal hingegen „frigorífico“. Auch in puncto Wortneuschöpfungen ist man im Brasilianischen flexibler, während in Portugal die Originalform konserviert wird: „jemandem gratulieren“ ist in Portugal „dar os parabéns“, was in Brasilien einfach zum Verb „parabenizar“ gemacht wurde.

Die Flexibilität des Brasilianischen äußert sich auch in der Grammatik, beispielsweise werden die Pronomen frei im Satz platziert. Besonders im Gesprochenen kommt es dazu, diese vor das Verb zu setzen: „ele me deu o dinheiro“ („er gab mir das Geld“). In Portugal orientiert man sich an den offiziellen Grammatikregeln und setzt diese auch konsequent um, so wird das Objektpronomen normalerweise dem Verb nachgestellt: „ele deu-me o dinheiro“. Ein anderer Unterschied ist in der Konstruktion der Zeitform zu finden: im Brasilianischen wird häufig das Gerundium verwendet, also estar + Gerundium („ela está trabalhando“). Im europäischen Portugiesisch wird diese Form durch das Konstrukt estar + a + Infinitiv („ela está a trabalhar“) ersetzt. Generell kann man festhalten, dass das europäische Portugiesisch resistenter gegenüber Veränderungen ist und die ursprüngliche Form zu konservieren versucht , während in Brasilien viele Neologismen, Fremdwörter und veränderte Strukturen verwendet und auch offiziell anerkannt werden.

Afrika

Die portugiesische Sprache fand ihren Weg in der Kolonialzeit auch nach Afrika, vor allem in das heutige Angola und Mosambik, sowie nach São Tomé und Príncipe, Kap Verde und Guinea-Bissau. Diese Länder werden knapp als PALOP, also Paises Africanos de Língua Oficial Portuguesa, bezeichnet und haben diverse Vereinbarungen mit Portugal geschlossen, unter anderem die portugiesische Sprache weiterzuentwickeln und zu erhalten. Gesprochen wird Portugiesisch in den afrikanischen Ländern von ca. 32 Millionen Menschen, meist als Lingua Franca und in konstanter Begleitung regionaler afrikanischer Sprachen oder auf Portugiesisch basierenden Kreolsprachen. Interessant ist es, dass der Gebrauch der portugiesischen Sprache nach der Unabhängigkeit der früheren Kolonien Portugals gewachsen, und nicht gesunken ist, da die portugiesische Sprache als Mittel zur Schaffung einer nationalen Einheit verstanden wurde. Die portugiesische Sprache in Afrika orientiert sich stark an dem Standard des europäischen Portugiesischen, was auf die im Vergleich zu Brasilien erst spät erhaltene Unabhängigkeit von Portugal zurückzuführen ist. Historische Kontexte und sich verändernde Einflüsse von portugiesischen bzw. brasilianischen Medien, haben dazu geführt, dass die europäische Variante des Portugiesischen im formellen und geschrieben Kontext genutzt wird und die brasilianische Standardvariante meist im informellen oder gesprochenen Kontext. Durch das Zusammenleben mehrerer Sprachen kommt es in den afrikanischen portugiesischsprachigen Ländern zu Einflüssen regionaler Sprachen auf das Portugiesische, in Angola z.B. ist der Bus weder „autocarro“, noch „ônibus“, sondern „machimbombo“.

Asien

Auch in Asien wird Portugiesisch gesprochen: Offizielle Amtssprache ist sie in Macau und Osttimor, aber es gibt auch vereinzelte nicht anerkannte Sprachminderheiten in Indien und Japan. Durch die jahrhundertelange Kolonialzeit Portugals im asiatischen Macau ist Portugiesisch, sowie die Kreolsprache Macanesisch, historisch präsent, auch wenn es nur wenige Sprecher gibt. Dort ist Portugiesisch, gemeinsam mit Chinesisch, noch immer offizielle Amtssprache und amtliche Dokumente sind in beiden Sprachen verfügbar. Vergleicht man die Sprecherzahlen im Laufe der Jahre, kann ein klarer Abwärtstrend des Portugiesischen und Kantonesischen erkannt werden – beide Sprachen werden nach und nach von Mandarin und Englisch verdrängt. Auch in Osttimor ist Portugiesisch offizielle Amtssprache und es gibt im Verhältnis mehr Sprecher als in Macau. Hier handelt es sich jedoch nicht ausschließlich um Sprecher der Standardvarietät, sondern um Sprecher eines regionalen Dialektes, Tetum – eine stark vom Portugiesischen beeinflusste Form.

Fazit

Beherrscht man eine der beiden Standardvarietäten, kann man viele Sprecher weltweit erreichen, da sich Sprecher der jeweiligen Form untereinander problemlos verstehen können – vorausgesetzt man gibt dem Gegenüber ein wenig Zeit der Eingewöhnung. Auch wenn das brasilianische Portugiesisch zahlenmäßig von mehr Sprechern gesprochen wird, sollte man in Portugal auf jeden Fall die dort verwendete europäische Variante wählen, sowohl aus Respekt vor der kulturellen Identität als auch der Vorbeugung von vermeidbaren Missverständnissen. 1990 wurde zwar eine für alle portugiesischsprachigen Ländern geltende einheitliche Rechtschreibreform festgelegt, die Unterschiede in Grammatik und Wortschatz sind jedoch zu groß, als dass man auf eine Variante zurückgreifen könne. Mit der europäischen Standardvarietät kann man durch die lange kolonialbedingte Zugehörigkeit in einigen Ländern Afrikas und Asiens Sprecher erreichen, teilweise handelt es sich dabei jedoch um sehr kleine Minderheiten. Besonders in den asiatischen Ländern, in denen Portugiesisch gesprochen wird, lohnt es sich darüber nachzudenken, Hochchinesisch als Shopsprache zu wählen, da man so gleich deutlich mehr Länder abdecken kann. In Portugal haben viele Menschen gute Englischkenntnisse und in Brasilien gibt es viele Spanischsprecher – trotzdem sollte man, wenn man die Möglichkeit hat, in die jeweils verwendete Standardvarietät Portugals bzw. Brasiliens übersetzen, da die Fremdsprachenkenntnisse zwar hoch, jedoch nicht universal sind. Um den Kunden optimal anzusprechen oder eine Übersetzung authentisch zu machen, empfiehlt es sich immer Rücksprache mit einem lokalen Experten des Ziellandes zu halten, sodass eine korrekte Sprachwahl und Übersetzung gewährleistet werden kann.



Quellen

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

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Bitte beachten Sie: Auch wenn wir in unseren Beiträgen gelegentlich Rechtsthemen ansprechen, stellen diese keine Rechtsberatung dar und können eine solche auch nicht ersetzen. Wenn Sie konkrete Fragen haben, lassen Sie sich bitte von einem Anwalt beraten.