Japan ist die drittgrößte Volkswirtschaft weltweit – nach den USA und China und noch vor Deutschland. Die fortschrittliche IT-Infrastruktur des Landes erleichtert Unternehmen aus dem E-Commerce den Einstieg am lokalen Markt, doch den Wirtschaftsstandort Japan kennzeichnen auch einige Besonderheiten. Welche Merkmale den japanischen E-Commerce ausmachen und was Unternehmen im Hinblick auf den digitalen Handel in Japan beachten müssen, zeigen wir hier.

Zahlen und Fakten über das Land Japan

Der Inselstaat Japan besteht aus über 6.800 Inseln. Mit seiner Fläche von fast 378.000 km2 ist der viertgrößte Inselstaat der Welt etwas größer als Deutschland – im Vergleich zu Deutschland aber beheimatet Japan deutlich mehr Menschen: Über 125,7 Mio. leben in Japan, mehrheitlich auf der Hauptinsel Honshū und in den größten Ballungsgebieten Kantō, Kansai und Kitakyūshū-Fukuoka mit den Großstädten Tokio (9,7 Mio.), Yokohama (3,7 Mio.) und Osaka (2,7 Mio.).

Japan ist eine parlamentarische Monarchie. Für die Verwaltung des bevölkerungsreichen Inselstaats sind neben der Zentralregierung insgesamt 47 Präfekturen – einschließlich der Hauptstadt Tokio – sowie auf Kommunalebene die kreisfreien Städte mit den jeweiligen Bezirken zuständig. Japans Staatsgebiet wird in 8 Regionen eingeteilt.

Japan liegt in Ostasien im Pazifik und grenzt indirekt an Russland und Korea im Norden und Nordwesten und an Taiwan und China im Süden und Südwesten. Der Flug von Deutschland nach Japan dauert im Durchschnitt über 11 Stunden, der Zeitunterschied beträgt 8 Stunden. Wenn im März in Berlin 10 Uhr ist, ist es in Tokio somit schon 18 Uhr.

Die japanische Währung Yen (JPY) unterteilt sich in 100 Sen. Aktuell (März 2022) beläuft sich der Wechselkurs des Yen auf ca. 128 Yen pro Euro.

Sprache und Lokalisierung

Japanisch ist die Amtssprache Japans und die Muttersprache von nahezu allen Japanerinnen und Japanern und somit von ca. 127 Mio. Menschen. Trotz der hohen Anzahl an Sprecherinnen und Sprechern ist die japanische Sprache – anders als etwa das Englische, das Spanische oder das Französische – keine weltweit verstandene Handels- und Verkehrssprache, da sie fast ausschließlich von den Einheimischen gesprochen wird.

Die japanische Sprache zeichnet sich durch ein komplexes Schriftsystem aus, in dem chinesische Schriftzeichen (sogenannte Kanji) neben den japanischen Silbenschriften Hiragana und Katakana koexistieren. Es werden in Japan mehrere Dialekte gesprochen, am deutlichsten unterscheiden sich die östlichen Dialekte, zu denen beispielsweise der Dialekt gehört, der in der Hauptstadt Tokio gesprochen wird, von den westlichen Dialekten, die vor allem in der Region Kansai und auf der Insel Shikoku vorkommen. Die japanische Standardsprache leitet sich von dem Dialekt der Hauptstadt Tokio ab und wird aufgrund ihrer Verbreitung durch die Medien und das Bildungssystem in ganz Japan verstanden.

Für den erfolgreichen Einstieg am japanischen Markt kommt der Lokalisierung etwa von Werbung und Texten, die an japanische Verbraucherinnen und Verbraucher gerichtet sind, eine entscheidende Rolle zu. Denn obwohl Englisch an vielen Schulen und Bildungseinrichtungen Japans unterrichtet wird, tun sich viele Japanerinnen und Japaner im Alltag schwer, sich auf Englisch zu verständigen. Im Ranking von Education First befindet sich Japan auf Platz 78 unter den insgesamt 112 Ländern weltweit, deren Amtssprache nicht Englisch ist, nach Kompetenz im Gebrauch der englischen Sprache. Education First bezeichnet die Kompetenz der Japanerinnen und Japanern in Englisch als gering. Ferner ist die Übersetzung ins Japanische etwa von Etiketten und Verpackungen von Waren, die nach Japan importiert werden, laut japanischem Gesetz verpflichtend.

Eckdaten über Wirtschaft, Import und Export

Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von über 5.000 Mrd. US-Dollar ist Japan nach den USA und China und vor Deutschland (3.800 Mrd.) die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und allein aufgrund seiner Größe ein wichtiger Wirtschaftsstandort und naheliegendes Expansionsziel für Unternehmen aus dem Ausland. Das BIP pro Kopf liegt aktuell bei 40.704 US-Dollar.

Historisch gilt Japan als eine starke Industrienation. Auch wenn heute der Dienstleistungssektor zu 69,31 % zur Bruttowertschöpfung beiträgt, spielt die Industrie mit einem Anteil von 29,07 % nach wie vor eine wichtige Rolle im ostasiatischen Inselstaat. Die Landwirtschaft hingegen trägt nur zu 1,24 % zur Bruttowertschöpfung bei.

Die USA und China sind die wichtigsten Handelspartner Japans. Etwa 40 % der japanischen Exporte werden in die USA und nach China geliefert. Insgesamt wurden im Jahr 2020 Waren im Wert von ca. 641 Mrd. US-Dollar aus Japan in die ganze Welt exportiert. Dabei handelte es sich vor allem um Maschinen und Geräte, darunter auch elektronische Geräte und Komponenten sowie Fahrzeuge, chemische Produkte und Metalle. Aus dem Ausland importiert Japan vor allem Brennstoffe, Rohmaterialien und Lebensmittel. China (23,5 %), die USA (11 %) sowie Australien (6,4 %), Südkorea (4,1 %) und Taiwan (3,7 %) neben anderen Ländern aus Südostasien sind Japans wichtigste Bezugsmärkte. Nach Deutschland exportiert Japan 2,9 % seiner Waren, aus Deutschland bezieht das Land 3,5 % seiner Importe. Insgesamt wurden im Jahr 2020 Waren im Wert von ca. 634 Mrd. US-Dollar nach Japan importiert.

Trends im Hinblick auf die Internetnutzung

Daten von Statista zufolge gibt es in Japan rund 116 Mio. Internetnutzerinnen und -nutzer. Damit gehört Japan zu den Ländern mit der höchsten Internetpenetrationsrate. Verantwortlich dafür ist die fortschrittliche IT-Infrastruktur des Landes – für den digitalen Handel gewiss ein Plus.

In Zukunft dürfte das Internet in dem Alltag der Japanerinnen und Japaner noch präsenter werden. Die japanische Regierung setzt auf die Digitalisierung des Landes und sieht im Internet das Erfolgsrezept für eine inklusivere Gesellschaft – die inzwischen immer älter wird – und die Schaffung von Synergien in der Arbeitswelt. Die Voraussetzungen dafür sind gegeben: Die japanische Bevölkerung ist digitalaffin und benutzt gerne das Internet auch außerhalb der eigenen Wohnung oder des Arbeitsplatzes, am liebsten über Smartphones und mobile Geräte. Im Durchschnitt verbrachten Japanerinnen und Japaner im Jahr 2020 mehr als 168 Minuten pro Tag online.

Das Senden und Empfangen von E-Mails, die Suche nach Informationen über Produkte sowie die Nutzung sozialer Netzwerke sind die Gründe, die die meisten Japanerinnen und Japaner zur Nutzung des Internets veranlassen. Mit dem Internet als Mittel zum Beziehen von Produkten und Leistungen gehen japanische Konsumentinnen und Konsumenten vorsichtig vor. Vor allem die Sicherheit der Daten im Internet besorgt die befragten Konsumentinnen und Konsumenten, die Mehrheit von ihnen wünscht sich sicherere Kanäle für den digitalen Einkauf.

Soziale Netzwerke haben in Japan ein Publikum von rund 90,6 Mio. Nutzerinnen und Nutzern. Zu den am meisten benutzten sozialen Netzwerken gehören die Messaging-App LINE sowie Twitter, Instagram, YouTube und Facebook. LINE hat aktuell die höchste Anzahl an monatlich aktiven Nutzerinnen und Nutzern in Japan, dies entspricht etwa zwei Drittel der japanischen Bevölkerung.

Im September 2021 war Google mit einem Marktanteil von über 75 % die beliebteste Suchmaschine in Japan, gefolgt von Yahoo! mit fast 20 %.

Trends im Hinblick auf das Kaufverhalten

Daten von Statista zufolge benutzen 49 % der Japanerinnen und Japaner das Internet, um Waren und Dienstleistungen online zu beziehen. Dabei werden vor allem Freizeitartikel über digitale Kanäle erworben. Im Durchschnitt gaben japanische Konsumentinnen und Konsumenten im Jahr 2020 1.800 Yen für Lebensmittel und 180 Yen für E-Books pro Monat aus. Am E-Commerce schätzen 71 % der im März 2021 befragten Japanerinnen und Japaner vor allem die Flexibilität und die Bequemlichkeit, denn im Internet seien die Waren jederzeit bestellbar und werden innerhalb kürzester Zeit direkt nach Hause geliefert.

Vor allem Marktplätze, die in Form virtueller Einkaufszentren eine breite Palette an Waren und Dienstleitungen anbieten und sich dadurch als bequeme One-Stop-Lösungen für nahezu alle Kaufbedürfnisse eignen, erfreuen sich in Japan großer Beliebtheit. Diese sind typischerweise weltweite Player wie Rakuten Ichiba (41 %), Amazon und Yahoo! Shopping, die durch ihr umfassendes Angebot über 40 % der japanischen Konsumentinnen und Konsumenten erreichen.

Bargeld ist nach wie vor das beliebteste Zahlungsmittel vieler Japanerinnen und Japaner und kommt bei kleineren Einkäufen im Alltag oft und gerne zum Einsatz, sogar beim Onlineshopping. Das funktioniert so: Der Kunde kauft etwas online und druckt seine Rechnung aus. Damit geht er innerhalb der nächsten sechs Tage in einen Konbini (Convenience Store) seiner Wahl, legt dort die Rechnung vor und bezahlt sie bar. Der Konbini leitet das Geld an den Onlineshop weiter und die Waren werden verschickt. Außerdem nutzen japanische Konsumentinnen und Konsumenten natürlich auch digitale Zahlungsmöglichkeiten, vor allem die Prepaidkarten Suica und Pasmo, die in der Hauptstadt Tokio sehr beliebt sind. Im Jahr 2021 wurden Onlinetransaktionen im Wert von rund 5,97 Billionen Yen mittels digitaler Zahlungsmittel abgeschlossen.

Wissenswertes zu den Import- und Zollbestimmungen

Die japanische Zollbehörde unterscheidet zwischen liberalisierten und nicht liberalisierten Waren. Liberalisierte Waren können ohne Genehmigung und Mengenbeschränkungen importiert werden, bei nicht liberalisierten Waren wird für den Import die Zuteilung aus einer Importquote, die vom japanischen Wirtschaftsministerium erteilt wird. Das Importregime ist weitgehend liberalisiert, nicht liberalisiert sind nur noch die wenigsten Waren, darunter einige Landwirtschaftsgüter, Kohle, einige Chemikalien und Rüstungsgüter. Es gibt zudem etwa bei Waren wie Malz, Lederprodukten und Fleisch noch Zollquoten.

Der japanische Zolltarif basiert auf dem Harmonisierten System. Zölle werden auf Basis des CIF-Werts berechnet. Mit dem EU-Japan Economic Partnership Agreement (EPA) werden fast alle EU-Produkte in Japan zollfrei und umgekehrt, viele sofort bei Inkrafttreten, andere mit Übergangsfristen. (Quelle: wko.at)

Fazit

Japan ist drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und ein wichtiger Standort für viele Unternehmen sowie ein interessantes Expansionsziel – auch im Hinblick auf den digitalen Handel. Die Grundvoraussetzungen für den Einstieg am lokalen Markt sind auf jeden Fall erfüllt: Das Land bietet eine fortschrittliche IT-Infrastruktur, der E-Commerce ist in Japan seit längerem etabliert. Nahezu alle Haushalte haben Zugang zum Internet, viele Japanerinnen und Japaner surfen täglich vom Smartphone aus ins Internet. Das Zielpublikum ist somit groß – genauso wie das Potenzial des lokalen E-Commerce. Unternehmen, die eine Expansion nach Japan anvisieren, müssen zunächst sicherstellen, dass ihre Produkte in das Land ohne Einschränkungen eingeführt werden dürfen, denn es gibt im Land diesbezüglich ein paar Restriktionen. Es ist auch wichtig, dass sämtliche Werbematerialien und Dokumente – von der Werbung bis zu den Etiketten und den Verbraucherinformationen – in japanischer Sprache angeführt sind. Dies ist nicht nur gesetzlich vorbeschrieben, sondern auch notwendig, da viele Japanerinnen und Japaner nur ihre Muttersprache beherrschen. Insgesamt aber bietet sich Japan als starke, digitalaffine Volkswirtschaft für eine Expansion nach Asien an.

 



Quellen

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.

 

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