Nordamerika ist nicht gleich Nordamerika: Kanada wird oft mit seinem Nachbarland USA über einen Kamm geschoren. Tatsächlich gibt es zwischen beiden Ländern viele kulturelle Parallelen. Doch der kanadische E-Commerce-Markt bietet auch einige Besonderheiten, die wir in diesem Blogbeitrag beleuchten wollen.

Zahlen & Fakten

Kanada ist mit einer Fläche von fast zehn Millionen Quadratkilometern das zweitgrößte Land der Erde, hat mit 38 Millionen aber weniger als halb so viele Einwohner wie das 30 mal kleinere Deutschland. Die meisten Kanadier leben in der Nähe der Grenze zu den Vereinigten Staaten. Die kanadischen Großstädte Montréal, Toronto und Vancouver mögen international deutlich bekannter sein, Hauptstadt des Landes ist jedoch das vergleichsweise kleine Ottawa, das an der Grenze zwischen der englischsprachigen Provinz Ontario und dem französischsprachigen Québec liegt und die beiden sprachlichen Gruppen somit auch geographisch verbindet. Insbesondere der Norden des Landes ist nur dünn besiedelt.

Politisch gliedert sich Kanada in zehn Provinzen mit einem hohen Grad an politischer Autonomie und drei sogenannte Territorien im Norden des Landes, die größtenteils unter der formalen Verwaltung der nationalen Regierung in Ottawa stehen.

Kanada grenzt im Süden an die USA, im Nordwesten zusätzlich an den US-amerikanischen Bundesstaat Alaska und erstreckt sich von der Pazifikküste im Westen bis zum Atlantik im Osten. Der kanadisch-arktische Archipel, eine Ansammlung dem Festland vorgelagerter Inseln im Nordosten, liegt im Nordpolarmeer. Durch seine Größe deckt Kanada eine große Vielfalt an Vegetations- und Klimazonen ab: Vom Regenwald auf der Insel Vancouver Island im Westen über die schneebedeckten Gipfel der Rocky Mountains bis hin zu den Niagarafällen nahe Toronto und den Eisbergen in Neufundland ist Kanada reich an atemberaubender Natur und nicht zuletzt deswegen ein beliebtes Ziel für Outdoor- und Abenteuertouristen. Wer das Land von Küste zu Küste durchquert, bewegt sich dabei durch bis zu sechs verschiedene Zeitzonen.

Landeswährung ist der kanadische Dollar (CAD), der mit knallbunten Banknoten einen klaren Kontrast zum US-amerikanischen Äquivalent bildet.

Auch kulturell ist Kanada sehr divers, vermischen sich hier doch Einflüsse der britischen und französischen Kolonialvergangenheit mit der Kultur der First Nations und Inuit und der zahlreichen Einwanderer aus aller Welt.

Trends & Einblicke

Trotz der vergleichsweise niedrigen Einwohnerzahl kommt Kanada eine signifikante wirtschaftliche Bedeutung zu. Als Mitglied der G7 zählt das Land zu den bedeutendsten Industrienationen der Welt und lag, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, 2020 global gesehen auf dem neunten Platz.

Auch der E-Commerce in Kanada boomt und steht dem Nachbarland USA in dieser Hinsicht kaum nach: Bereits im Jahr 2019 nutzten acht von zehn Kanadiern das Internet für Einkäufe. Laut einer Studie des einheimischen Postunternehmens Canada Post standen dabei vor allem Kleidung, elektronische Geräte und Bücher ganz oben auf der Shoppingliste. Im Zuge der Corona-Pandemie wuchs der kanadische E-Commerce-Markt 2020 um zusätzliche 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In einer Umfrage des nationalen Statistikbüros gaben 45 Prozent der Kanadier an, während der Pandemie mehr im Internet bestellt zu haben als zuvor. Experten rechnen damit, dass der Markt in den kommenden Jahren weiter wachsen dürfte.

Insbesondere die gute Internetabdeckung trägt zu dieser Erfolgsgeschichte bei: Im Jahr 2021 haben 94 Prozent der kanadischen Haushalte Zugang zum Internet. In einem Ranking der Länder mit der schnellsten Internetverbindung landete Kanada auf Platz sechs und damit deutlich vor Deutschland. Auch mobile Geräte wie Tablets und Smartphones sind weit verbreitet. Die kanadische Regierung hat angekündigt, bis 2030 auch alle ländlichen und abgelegenen Regionen des Landes mit schnellem Internet zu versorgen. Die Größe des Landes stellt für E-Commerce-Anbieter dennoch eine Herausforderung da, wenn es um die schnelle, zuverlässige und kostengünstige Lieferung geht.

Momentan ist die kanadische E-Commerce-Landschaft vor allem von großen Anbietern aus den USA geprägt, allen voran Amazon, Walmart und die Großhandelskette Costco. In den letzten Jahren haben jedoch auch viele kanadische Anbieter ihre Anstrengungen in Sachen Onlinehandel intensiviert. In Umfragen gaben zwei Drittel der Kanadier an, wenn möglich lieber bei einheimischen Unternehmen einzukaufen. Ähnlich wie in den USA bezahlen Kanadier ihre Online-Einkäufe am liebsten mit der Kreditkarte: 62 Prozent aller Online-Transaktionen werden auf diese Weise abgewickelt.

Sprachen

Ein wichtiger Unterschied zu den USA ist die kanadische Zweisprachigkeit. Während Englisch die offizielle und einzige Amtssprache in acht der zehn kanadischen Provinzen ist, sind die Provinz New Brunswick sowie die drei Territorien zweisprachig. In der größten kanadischen Provinz Québec wird hingegen offiziell ausschließlich Französisch gesprochen. Das Recht, dort auf Französisch informiert und bedient zu werden, ist gesetzlich verbürgt – sollte auf Speisekarten oder Schildern Französisch nicht an erster Stelle stehen, können sogar Strafen verhängt werden. 85 Prozent aller frankophonen Kanadier leben in Québec, insgesamt machen sie etwa 22 Prozent der kanadischen Bevölkerung aus.

Alle nationalen Angebote und Institutionen sind zweisprachig, Schulunterricht wird im gesamten Land in beiden offiziellen Sprachen angeboten, es gibt Radio- und Fernsehsender auf Englisch und Französisch. Um den rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, müssen Anbieter, die sich an den gesamten kanadischen Markt richten, gleichwertig ausgebaute Website-Versionen in beiden Sprachen zur Verfügung stellen.

Erwähnenswert ist außerdem, dass in Teilen des Landes neben Englisch und Französisch auch zehn Sprachen der kanadischen Ureinwohner einen offiziellen Status besitzen. Für den E-Commerce spielen diese Sprachen jedoch eine untergeordnete Rolle.

Fazit

Als wohlhabendes und hoch entwickeltes Land mit hoher Internetaffinität ist Kanada ein interessanter Markt für deutsche E-Commerce-Anbieter. Kanadische Kunden ähneln in ihren Vorlieben und Bedürfnissen ihren US-amerikanischen Nachbarn – die Konkurrenz durch etablierte Händler aus den USA ist gerade deshalb besonders groß. Hinzu kommen als größte Herausforderungen die kanadische Zweisprachigkeit und die Besiedlungsstruktur des riesigen Landes, die den Versand in bestimmte Regionen erschwert.



Quellen

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

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