Die brasilianische Wirtschaft ist heute die stärkste Südamerikas und gewinnt auf dem Weltmarkt zunehmend an Bedeutung. Landwirtschaft, Bergbau und Industrie sind gut entwickelt und verfügen über ein großes Arbeitskräftepotenzial. Die hohen Rohstoffexporte Brasiliens sichern dem Land eine positive Handelsbilanz. Ein höheres Wachstum wird jedoch durch Budgetrestriktionen, Strukturprobleme und eine niedrige Arbeitsproduktivität behindert. Die Regierung wirkt dem mit umfassenden Strukturreformen entgegen. Mehr dazu lesen Sie hier.
Daten und Fakten zum Industrieland Brasilien: Anteil an der Wirtschaftsleistung, wichtigste Branchen und Handelspartner
Das brasilianische Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt rund 2.200 Mrd. US-Dollar, das BIP pro Kopf beträgt kaufkraftbereinigt rund 10.600 US-Dollar (vgl. Deutschland: 64.000 US-Dollar; Österreich: 66.800 US-Dollar). Gemessen am BIP ist die brasilianische Volkswirtschaft die neuntgrößte der Welt und in etwa so stark wie die Italiens und Kanadas. Die Industrie inklusive Baugewerbe trägt 20,7 Prozent und der Dienstleistungssektor inklusive Handel 58,9 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei. Rund 20,5 Prozent der Erwerbstätigen Brasiliens sind in der Industrie beschäftigt.
Die Zuckerindustrie ist in Brasilien ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Die brasilianische Zuckerindustrie ist bei weitem die größte der Welt und produziert über 500 Mio. Tonnen Zuckerrohr, wovon etwa die Hälfte für die Herstellung von Zucker und Bioethanol verwendet wird.
Wichtige brasilianische Unternehmen sind Petrobras (Erdöl), Vale (Bergbau), Gerdau (Metallverarbeitung), Embraer (Flugzeugbau), Novonor (Bau, Chemie, Erdöl, Logistik) und BRF (Lebensmittel). Der Ölkonzern Petrobras ist ein staatliches Unternehmen und zählt zu den größten Energieunternehmen der Welt. Auch der Flugzeughersteller Embraer hat einen staatlichen Hintergrund, befindet sich heute aber mehrheitlich in Privatbesitz. Embraer stellt heute vor allem Regional- und Geschäftsflugzeuge her. Embraer-Jets sind heute fester Bestandteil der weltweiten Linienluftfahrt, da Boeing und Airbus nur noch größere Flugzeuge verkaufen.
Auch große ausländische Unternehmen haben Brasilien als Standort für ihre Aktivitäten in Südamerika gewählt. Dazu gehören der Volkswagen-Konzern, Nestlé, Parmalat, Anheuser-Busch InBev und die Fiat-Gruppe. Daimler und BMW haben in Iracemápolis und Araquari Produktionsstätten für Personenkraftwagen errichtet.
China ist sowohl bei den Exporten (30,71 %) als auch bei den Importen (22,15 %) der wichtigste Handelspartner Brasiliens. Weitere wichtige Export- und Importländer sind die USA (Exporte: 11,01 %; Importe: 15,9 %), Argentinien (E: 4,92 %; I: 4,91 %) und Mexiko (E: 2,52 %; I: 2,29 %). Auch Deutschland ist ein wichtiges Importland (5,39 %), gefolgt von Russland (4,4 %), Indien (2,84 %), Italien (2,41 %), Frankreich (2,25 %) und Japan (2,14 %).
Aktuelle Wirtschaftslage: Wirtschaft trotz Pandemie und Strukturproblemen im Aufschwung, Steuerreform soll Steuersystem vereinfachen
Die brasilianische Wirtschaft hat sich überraschend gut von der pandemiebedingten Rezession erholt. Bereits 2021 erreichte sie mit einem Plus von 4,6 Prozentpunkten wieder das Vorkrisenniveau. In den Jahren 2022 und 2023 setzte sich der positive Trend mit einem Wirtschaftswachstum von 2,9 Prozent fort. Für 2024 wird ein Wachstum von rund zwei Prozent prognostiziert.
Ein höheres Wachstum wird durch Budgetrestriktionen, Strukturprobleme und eine niedrige Arbeitsproduktivität behindert. Die Ausschöpfung des wirtschaftlichen Potenzials wird vor allem durch die so genannten „Brasilienkosten“ behindert. Damit sind vor allem Korruptionskosten, eine schlechte Logistikinfrastruktur, hohe Steuern und Finanzierungskosten sowie ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften gemeint. Die hohen Logistikkosten fressen aufgrund der schlechten Infrastruktur und der Verteilung der Industrie über das riesige Territorium Brasiliens 20 Prozent des Unternehmensumsatzes. Hinzu kommt, dass Investitionszuschüsse vor allem im Hinterland regional gewährt werden. Ein weiteres Problem sind die hohen Finanzierungskosten, mit denen ausländische Unternehmen in Brasilien stärker konfrontiert sind als einheimische.
Die brasilianische Regierung unter Präsident Lula hat eine umfassende Steuerreform auf den Weg gebracht. Damit soll das komplexe Steuersystem Brasiliens vereinfacht und erstmals eine landesweit einheitliche Mehrwertsteuer eingeführt werden. Die lange Übergangszeit von 10 Jahren führt jedoch zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand.
Entwicklungen: Außenhandelsüberschuss auf Rekordniveau, Staatsverschuldung nimmt zu, Regierung kündigt Strukturreformen an
Die hohen Agrar- und Rohstoffexporte Brasiliens sichern dem Land eine positive Handelsbilanz. Insbesondere in den letzten Jahren hat sich der Außenhandel sehr positiv entwickelt: Die brasilianischen Exporte stiegen auf 344 Mrd. US-Dollar, während die Importe auf 264 Mrd. US-Dollar zurückgingen. Dadurch stieg der Handelsbilanzüberschuss auf den Rekordwert von 80 Mrd. US-Dollar.
Negativ wirken sich jedoch die hohe öffentliche Verschuldung und die geringe Wachstumsdynamik aus. Die Bruttostaatsverschuldung ist um vier Prozentpunkte auf 75 Prozent des BIP im Jahr 2023 gestiegen.
Zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und zur nachhaltigen Sicherung der Haushaltsstabilität sind produktivitätssteigernde Strukturreformen notwendig. Im August wurde ein neues, umfangreiches Investitionsprogramm mit einem Gesamtvolumen von 320 Mrd. Euro vorgestellt. Die Mittel sollen in den nächsten Jahren vor allem in den sozialen Wohnbau, die Wasserver- und Abwasserentsorgung, die Energieerzeugung und die Verkehrsinfrastruktur fließen. Dabei setzt die brasilianische Regierung verstärkt auf die Beteiligung privater Investoren. Auch Umweltaspekte sollen stärker berücksichtigt werden. Für Bauprojekte in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Kultur ist ein weiteres Paket von 4,2 Mrd. Euro vorgesehen.
Internationalisierung
Portugiesisch ist die einzige Amtssprache Brasiliens und die Muttersprache von mindestens 97 Prozent der Bevölkerung. Das brasilianische Portugiesisch hat seine Eigenheiten: Aussprache, Rechtschreibung und Grammatik unterscheiden sich vom europäischen Portugiesisch. Mehr über Portugiesisch und seine Varianten lesen Sie hier.
Spanisch wird von den meisten Brasilianerinnen und Brasilianer verstanden, wenn auch nicht gesprochen. Englisch hingegen ist als Fremdsprache nicht so etabliert wie in europäischen Ländern. Selbst in den Großstädten ist Englisch noch nicht so weit verbreitet. Der English Proficiency Index von Education First bewertet weltweit insgesamt 113 Länder, deren Amtssprache nicht Englisch ist, nach ihrer Kompetenz im Gebrauch der englischen Sprache. Brasilien liegt im Ranking von Education First auf Platz 70, Deutschland auf Platz 10. Die Bedeutung des Spanischen gegenüber dem Englischen wird durch die verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit der lateinamerikanischen Länder im Rahmen des Mercosur weiter zunehmen.
An der Übersetzung etwa von technischer Dokumentation, zulassungsrelevanten Unterlagen und Marketingtexten führt daher für deutsche Maschinenhersteller, die nach Brasilien expandieren wollen, kein Weg vorbei – schon allein deshalb, weil sie gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Maschinenrichtlinie stellt nämlich genaue Anforderungen an die technische Dokumentation – und folglich an deren fremdsprachliche Übersetzung. Wichtig ist, dass die Übersetzung von Handbüchern, Gebrauchsanweisungen, Konformitätsbescheinigungen usw. fachlich korrekt und leicht verständlich ist. Da es sich hierbei um eine besonders sensible Aufgabe handelt, von der die Sicherheit der Maschinenbedienenden abhängt, ist es geraten, dass sich Unternehmen an spezialisierte Fachübersetzerinnen und Fachübersetzer wenden, die selbst die komplexesten Fachtexte sicher in die Zielsprache übertragen können.
Doch die Übersetzung betrifft nicht nur das Bedienungspersonal von Maschinen und Geräten. Neben Handbüchern, Dokumentation, Zertifizierungen usw. müssen im Hinblick auf eine erfolgreiche Internationalisierung auch Werbetexte adaptiert werden, die das Zielpublikum, das heißt die Kundschaft, direkt ansprechen. Die Übersetzung soll in diesem Fall nicht nur informieren, sondern auch bewegen – und zum Kauf animieren. Dieses Ziel lässt sich am besten durch eine freie, kreative Übersetzung erreichen, die auch etwaige kulturelle Unterschiede und Besonderheiten berücksichtigt.
Gesetzliche Rahmenbedingungen: Import- und Zollbestimmungen, Handelsabkommen, Verpackungsvorschriften, Ursprungsbezeichnung
Voraussetzung für die Lieferung von Waren nach Brasilien ist das Vorliegen aller Genehmigungen. Insbesondere müssen Importeure Zugang zum brasilianischen Online-Zollanmeldesystem SISCOMEX haben. Dieser ist bei der brasilianischen Steuer- und Zollbehörde zu beantragen.
Im SISCOMEX werden Unternehmen unter anderem nach ihrem Umsatz verschiedenen Kategorien zugeordnet. Die Zollanmeldung, die Handelsrechnung, der internationale Frachtbrief und eine Warenliste sind für die Einfuhrabfertigung erforderlich. Für bestimmte Warengruppen sind zusätzlich Importlizenzen, Ursprungszeugnisse, Prüfzertifikate, Pflanzengesundheitszeugnisse oder Analysezertifikate zur Bestätigung der Seuchenfreiheit erforderlich.
Formal gesehen sind alle Importe genehmigungspflichtig, aber die meisten Waren erhalten automatisch eine Lizenz. Dazu genügt die elektronische Zollanmeldung. Die Genehmigung erfolgt sofort durch das System SISCOMEX. Ob die Zollanmeldung ausreicht oder eine Importlizenz beantragt werden muss, wird vom System angezeigt.
In Brasilien gilt der gemeinsame Außenzolltarif des Mercosur. Dieser basiert wie die Kombinierte Nomenklatur der EU auf dem Harmonisierten System. Daher entsprechen die ersten sechs Ziffern des Mercosur-Zolltarifs dem EU-Zolltarif. Präferenzzölle oder Zollfreiheit bestehen grundsätzlich nur für die Mitgliedstaaten des Mercosur-Abkommens und der Lateinamerikanischen Integrationsvereinigung ALADI.
Im Jahr 2019 konnte das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Staaten nach fast 20-jährigen Verhandlungen unter Dach und Fach gebracht werden. Das Abkommen, das noch vom Rat der Europäischen Union und vom Europäischen Parlament angenommen werden muss, enthält Bestimmungen zum politischen Dialog, zur Zusammenarbeit und zum Handel.
In Brasilien muss das Ursprungsland von Konsumgütern sowohl auf dem Produkt als auch auf der Einzelhandelsverpackung in portugiesischer Sprache angegeben werden. Zu beachten ist auch, dass die Zollbehörden nach eigenem Ermessen eine amtliche Übersetzung der vom Importeur vorgelegten Informationen verlangen können, insbesondere bei Zertifikaten, Warenetiketten und anderen Dokumenten.
Fazit
Die brasilianische Wirtschaft ist heute die stärkste Südamerikas und gewinnt auf dem Weltmarkt zunehmend an Bedeutung. Rund 20,5 Prozent der brasilianischen Erwerbstätigen sind in der Industrie beschäftigt. Viele einheimische Unternehmen haben ihren Sitz in Brasilien, darunter der Flugzeughersteller Embraer. Aber auch große ausländische Unternehmen wie der Volkswagen Konzern, Nestlé, Daimler und BMW haben Brasilien als Standort für ihre Aktivitäten in Südamerika gewählt. Die brasilianische Wirtschaft hat sich überraschend gut von der pandemiebedingten Rezession erholt. Für 2024 wird ein Wachstum von rund zwei Prozent prognostiziert. Ein höheres Wachstum wird jedoch durch Budgetrestriktionen, Strukturprobleme und eine niedrige Arbeitsproduktivität behindert. Dem wirkt die Regierung mit umfassenden Strukturreformen entgegen. Dabei setzt die brasilianische Regierung verstärkt darauf, private Investoren einzubeziehen. Auch Umweltaspekte sollen stärker Berücksichtigung finden. Für deutsche Unternehmen aus den Bereichen Nachhaltigkeit, Infrastruktur und Innovation bieten sich daher in Brasilien gute Geschäftschancen.
Quellen
- Muschter, René (2024): Brasilien: Anteile der Wirtschaftssektoren am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 2012 bis 2022. Online auf de.statista.com vom 02.01.2024 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/169880/umfrage/anteile-der-wirtschaftssektoren-am-bruttoinlandsprodukt-brasiliens/ [zuletzt aufgerufen am 17.06.2024]
- Muschter, René (2024): Brasilien: Bruttoinlandsprodukt (BIP) in jeweiligen Preisen von 1980 bis 2023 und Prognosen bis 2029. Online auf de.statista.com vom 26.04.2024 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/19364/umfrage/bruttoinlandsprodukt-in-brasilien/ [zuletzt aufgerufen am 17.06.2024]
- Muschter, René (2024): Brasilien: Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in jeweiligen Preisen von 1980 bis 2022 und Prognosen bis 2029. Online auf de.statista.com vom 30.04.2024 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/19406/umfrage/bruttoinlandsprodukt-pro-kopf-in-brasilien/ [zuletzt aufgerufen am 17.06.2024]
- Muschter, René (2024): Brasilien: Export von Gütern von 2013 bis 2023. Online auf de.statista.com vom 23.04.2024 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/15720/umfrage/export-von-guetern-aus-brasilien/ [zuletzt aufgerufen am 17.06.2024]
- Muschter, René (2024): Brasilien: Import von Gütern von 2013 bis 2023. Online auf de.statista.com vom 23.04.2024 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/15678/umfrage/import-von-guetern-nach-brasilien/ [zuletzt aufgerufen am 17.06.2024]
- Muschter, René (2024): Brasilien: Verteilung der Erwerbstätigen auf die Wirtschaftssektoren von 2012 bis 2022. Online auf de.statista.com vom 02.01.2024 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/169851/umfrage/erwerbstaetige-nach-wirtschaftssektoren-in-brasilien/ [zuletzt aufgerufen am 17.06.2024]
- Muschter, René (2024): Brasilien: Wichtigste Exportländer im Jahr 2023. Online auf de.statista.com vom 23.01.2024 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/169274/umfrage/wichtigste-exportlaender-fuer-brasilien/ [zuletzt aufgerufen am 17.06.2024]
- Muschter, René (2024): Brasilien: Wichtigste Importländer im Jahr 2023. Online auf de.statista.com vom 23.01.2024 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/169276/umfrage/wichtigste-importlaender-fuer-brasilien/ [zuletzt aufgerufen am 17.06.2024]
- Urmersbach, Bruno (2024): Ranking der 20 Länder mit dem größten Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2023. Online auf de.statista.com vom 29.04.2024 unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157841/umfrage/ranking-der-20-laender-mit-dem-groessten-bruttoinlandsprodukt/ [zuletzt aufgerufen am 17.06.2024]
- Wirtschaftskammer Österreich (2024): Brasilien: Export und Import. Online auf wko.at vom 31.05.2024 unter: https://www.wko.at/aussenwirtschaft/brasilien-export-import [zuletzt aufgerufen am 17.06.2024]
- Wirtschaftskammer Österreich (2024): Wirtschaftsbericht Brasilien. Online auf wko.at unter: https://www.wko.at/oe/aussenwirtschaft/brasilien-wirtschaftsbericht.pdf [zuletzt aufgerufen am 17.06.2024]
Weiterführende Links
- English Proficiency Index von Education First
- Mercosur (in englischer Sprache)
- ALADI (in spanischer Sprache)
- Handelsabkommen EU-Mercosur
- Brasilianische Zoll- und Steuerbehörde (in englischer Sprache)
Autor: Eurotext Redaktion
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