Italien ist nach Deutschland und Frankreich das drittstärkste Industrieland in Europa. Über ein Viertel der erwerbstätigen Italiener (26,6 Prozent) arbeitet im verarbeitenden Gewerbe und erwirtschaftet damit knapp ein Viertel der Bruttowertschöpfung. Im norditalienischen Mailand wird gegründet, geforscht und innoviert. Doch die italienische Industrielandschaft besteht vielmehr aus vielen kleinen und mittleren Familienbetrieben, die in punkto Digitalisierung noch stark im Rückstand sind. Durch den Umstieg auf Industrie 4.0 sollen neue Chancen eröffnet werden – für italienische Unternehmen und ausländische Investoren. Mehr dazu lesen Sie in diesem Beitrag.

Daten und Fakten zum Industrieland Italien: Anteil an der Wirtschaftsleistung, wichtigste Branchen und Handelspartner

Das italienische Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrug im Jahr 2022 rund 1.900 Mrd. Euro, das BIP pro Kopf 33.660 Euro (vgl. Deutschland: 41.130; Österreich: 44.130; EU-27: 35.210). Den größten Anteil an der Bruttowertschöpfung hat der Dienstleistungssektor mit 65,06 Prozent, das verarbeitende Gewerbe folgt mit 22,58 Prozent. Die italienische Industrie beschäftigt 26,6 Prozent der Erwerbstätigen. Die Landwirtschaft trägt mit 1,96 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei.

Die italienische Industrielandschaft ist geprägt von kleinen und mittleren, oft familiengeführten Unternehmen. Die meisten Betriebe im verarbeitenden Gewerbe haben ihren Sitz in Norditalien. Die Region Lombardei mit Italiens wichtigstem Wirtschaftsstandort Mailand ist das pulsierende Herz der italienischen Industrie. Hier haben viele deutsche und österreichische Großkonzerne eine Niederlassung. In Mailand sind außerdem die meisten italienischen Start-Ups vertreten, die in den Bereichen Technologie, Industrie 4.0, Digitalisierung und Innovation tätig sind. Diese Bereiche sind außerdem Forschungsschwerpunkte der Mailänder Technischen Universität Politecnico di Milano.

Die italienische Industrie entwickelte sich größtenteils in den 1970ern Jahren. Größere Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe gab es historisch nur im Nordwesten des Landes, das heißt in den Regionen Piemont, Lombardei und Ligurien. Diese Regionen bildeten das sogenannte italienische Industriedreieck bzw. triangolo industriale. Später entwickelten sich in Nord- und Mittelitalien viele Industriedistrikte, das heißt Netzwerke von kleinen und mittleren Unternehmen, die auf die Produktion in einer Branche spezialisiert sind. Beispiele sind etwa die Textilherstellung im Raum um die Stadt Prato in der Toskana und die Papierherstellung in der Stadt Fabriano in der Region Marken an der Adriaküste. Noch heute gelten diese Industriedistrikte als das Kernstück der handwerklichen Produktion Italiens.

Das „Made in Italy“ ist als anerkannter Qualitätssiegel vor allem in der Mode-, Möbel- und Designbranche weltweit bekannt. Die größten Umsätze erzielen jedoch die Maschinen- und Automobilhersteller sowie die Pharma- und Arzneimittelproduzenten. Den größten Anteil an den italienischen Gesamtexporten hatten im Jahr 2022 die folgenden Güter: Maschinen und Maschinenteile (8,48 %), medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse (7,87 %), Straßenfahrzeuge (6,48 %), Arbeitsmaschinen (4,52 %), Eisen und Stahl (4,4 %), elektrische Maschinen und Geräte (4,35 %), Erdöl und Erdölerzeugnisse (4,01 %). Aus dem Ausland importiert Italien vor allem Rohstoffe, darunter Erdgas und Erdöl sowie Erdölerzeugnisse. Insgesamt importiert Italien mehr, als es exportiert. Die Bilanz steht bei 689 Mrd. US-Dollar Importe und 656 Mrd. US-Dollar Exporte im Jahr 2022.

Als wichtigstes Importland im Jahr 2022 gehört Deutschland (13,75 %) zu den wichtigsten Handelspartnern Italiens. Weitere wichtige Importländer sind u. a. Frankreich (7,35 %), die Niederlande (5,55 %), Spanien (4,62 %) und Russland (4,13 %).

Aktuelle Wirtschaftslage: Wiederaufbau nach Pandemie, Energiesicherheit, Inflation

Aus wirtschaftspolitischer Sicht bleibt der auf EU-Ebene als Reaktion auf die Corona-Pandemie beschlossene Wiederaufbauplan – in Italien PNRR, Piano Nazionale di Ripresa e Resilienza, genannt – weiterhin ein zentrales Thema. Aus dem EU-Fonds hat Italien im Jahr 2022 insgesamt 191,5 Mrd. Euro beantragt, davon 68,9 Mrd. als Zuschüsse und 122,6 Mrd. als Darlehen. Die italienische Regierung unter Premierministerin Giorgia Meloni fordert aufgrund der neuen globalen Entwicklungen (Stichwort Ukraine-Krieg, Energiesicherheit und steigende Rohstoffpreise) mehr Flexibilität beim Einsatz der Finanzmittel. Das Paket müsse deshalb mit der EU neu verhandelt werden. Mit dem italienischen Wiederaufbauplan werden umfassende Reformen eingeleitet. Geplant sind dabei Projekte, die bis zum Jahr 2026 reichen und interessante Geschäftsperspektiven eröffnen sollen – auch für deutsche Unternehmen. Im Rahmen des Wiederaufbauplans setzt Italien auf große Investitionen vor allem in den folgenden Bereichen: Digitalisierung, Innovation, Kultur, Nachhaltigkeit, Bildung und Forschung, Gesundheit.

Um die Finanzierung der anderen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen und Privathaushalten nicht zu gefährden, trifft die Regierung Meloni im Zusammenhang mit der Energiesicherheit und den stark gestiegenen Strompreisen mitunter auch unpopuläre Entscheidungen, wie z. B. die Streichung des Tankrabatts. Dagegen wurden die Steuergutschriften für Unternehmen für den Bezug von Strom und Erdgas bis über das erste Quartal 2023 hinaus verlängert und können bis zum 31. Dezember 2023 mit Steuerschulden kompensiert werden.

Noch unter der Regierungszeit von Ministerpräsident Mario Draghi hatte Italien erste Schritte unternommen, um seine Abhängigkeit vom russischen Erdgas zu reduzieren. So wurde bereits vor dem Kriegsausbruch in der Ukraine im Frühjahr 2022 vermehrt Gas aus Algerien importiert. Der Anteil der russischen Gasimporte lag im Jahr 2021 noch bei 40 Prozent, im Jahr 2022 bei praktisch 0 Prozent. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wurde ebenfalls vorangetrieben.

Die hohe Inflation ist nach wie vor eine große Herausforderung. Im Jahr 2022 lag diese im Vergleich zum Vorjahr bei 8,7 Prozent. Für das laufende Jahr wird mit einem leichten Rückgang auf 6,1 Prozent gerechnet, eine Normalisierung auf rund 2,6 Prozent wird aber erst für 2024 erwartet.

Entwicklungen: Außenhandel weiterhin sehr wichtig, E-Commerce wächst, Innovation eröffnet Chancen

Die Außenwirtschaft trägt fast zu einem Viertel zum italienischen BIP bei und sichert damit die Präsenz des „Made in Italy“ auf den globalen Märkten. Die meisten Exporte werden aus Norditalien geliefert. Rund ein Viertel der italienischen Gesamtexporte stammen allein aus der Region Lombardei. Nach einer spürbaren Erholung im Jahr 2021 verzeichnete der Außenhandel im Jahr 2022 einen weiteren Aufschwung (Importe: +36,5 %; Exporte: +19,9 %) und bleibt damit weiterhin sehr wichtig für die italienische Wirtschaft.

Am meisten von der Corona-Pandemie hat auch in Italien wie in anderen Ländern der E-Commerce profitiert. Das Jahr 2020 markierte einen Wendepunkt für den E-Commerce in Italien. Darüber haben wir in unserem Beitrag ausführlich berichtet.

Im Jahr 2016 wurde mit dem italienischen Industrie 4.0-Plan der Grundstein für die Schaffung eines landesweiten Industrie-Netzwerks gelegt. Das Netzwerk soll eine auf Industrie 4.0 basierende Innovationskultur und eine engere Zusammenarbeit zwischen Forschung und Unternehmen, Berufsbildung und Arbeitsmarkt sowie unter den Regionen fördern. Ziel ist die Digitalisierung Italiens, Europas drittwichtigsten Industriestandorts. Bei der digitalen Infrastruktur ist Italien noch stark im Rückstand. Viele Produktionsanlagen bedürfen einer Modernisierung. Abhilfe soll durch Steuergutschriften für die Investition in Industrie-4.0-Ausrüstung geleistet werden.

Die Zukunft der italienischen Industrie liege laut einer Studie des Forschungsinstituts Ambrosetti (hier zitiert nach: Wirtschaftskammer Österreich, 2023) vor allem in der Implementierung von Industrie-4.0-Technologien, insbesondere Big Data (88 %), Künstliche Intelligenz (76 %), Cloud Computing (48 %), Machine Learning (38 %), Blockchain (28 %), Lean Production (24 %) und Advanced Robotics (20 %). 53 Prozent der italienischen Unternehmen planen mittel- bis langfristig, über interne Forschungs- und Entwicklungsprozesse zu innovieren, weitere 47 Prozent wollen auf offene Innovationsmodelle umsteigen. Darüber hinaus beabsichtige der Studie zufolge fast jedes vierte Unternehmen, zuvor in Drittländer delokalisierte Produktionstätigkeiten nach Italien oder Europa zurückzuholen.

Internationalisierung

An der Übersetzung etwa von technischer Dokumentation, zulassungsrelevanten Unterlagen und Marketingtexten kommen deutsche Automobil- und Maschinenhersteller, die nach Italien expandieren wollen, nicht vorbei – auch deshalb nicht, weil sie Pflicht ist. Denn: Gemäß Maschinenrichtlinie müssen „alle schriftlichen oder verbalen Informationen und Warnhinweise [an der Maschine] in der bzw. den Amtssprachen der Gemeinschaft abgefasst sein, die gemäß dem Vertrag von dem Mitgliedstaat, in dem die Maschinen in den Verkehr gebracht und/oder in Betrieb genommen wird, bestimmt werden kann bzw. können“. Darüber hinaus sollen gemäß Maschinenrichtlinie die „für die Bedienung einer Maschine erforderlichen Informationen eindeutig und leicht verständlich sein“. Es sei zudem darauf zu achten, „dass das Bedienungspersonal nicht mit Informationen überlastet wird“.

Die Maschinenrichtlinie stellt somit klare Anforderungen an die technische Dokumentation – und folglich an deren fremdsprachliche Übersetzung. Wichtig ist, dass die Übersetzung von Handbüchern, Gebrauchsanweisungen, Konformitätsbescheinigungen usw. fachlich korrekt und leicht verständlich ist. Da es sich hierbei um eine besonders sensible Aufgabe handelt, von der die Sicherheit der Maschinenbedienenden abhängt, ist es geraten, dass sich Unternehmen an spezialisierte Fachübersetzer:innen wenden, die selbst die komplexesten Fachtexte sicher in die Zielsprache übertragen können.

Doch die Übersetzung betrifft nicht nur das Bedienungspersonal von Maschinen und Geräten. Neben Handbüchern, Dokumentation, Zertifizierungen usw. müssen im Hinblick auf eine erfolgreiche Internationalisierung auch Werbetexte adaptiert werden, die das Zielpublikum, das heißt die Kundschaft, direkt ansprechen. Die Übersetzung soll in diesem Fall nicht nur informieren, sondern auch bewegen – und zum Kauf animieren. Dieses Ziel lässt sich am besten durch eine freie, kreative Übersetzung erreichen, die auch etwaige kulturelle Unterschiede und Besonderheiten berücksichtigt.

Gesetzliche Rahmenbedingungen: Import- und Zollbestimmungen, Verpackungsvorschriften, Ursprungsbezeichnung, Restriktionen

Für den bilateralen Warenverkehr zwischen den Ländern der Europäischen Union und Italien gibt es im Rahmen des Zoll- und Außenhandelsregime der EU keine Importbestimmungen und keine Zollschranken (einheitlicher Wirtschaftsraum der EU).

In Italien gelten die Zollvorschriften der EU in vollem Umfang. Quantitative Beschränkungen gibt es beim Import aus Drittländern nur für solche Waren, für welche die EU ein Kontingent festgelegt hat. Importlizenzen gibt es nur für bestimmte Waren, beispielsweise für bestimmte Landwirtschaftsprodukte, Erdölderivate, Militärgüter und Dual-Use-Güter.

Bei „Made in“-Angaben soll darauf geachtet werden, dass die Angabe der Wahrheit entspricht, da die italienischen Kontrollbehörden vor allem bei „Made in Italy“ sehr genau prüfen. Weiterführende Hinweise in deutscher Sprache enthält die Website des Instituts für die Zertifizierung von Made in Italy. Bei der Verpackung ist auch die sogenannte Conai-Umweltabgabe zu beachten.

Für den innergemeinschaftlichen Warenverkehr gibt es keine handelsrechtlichen Restriktionen. Über Verbote und Restriktionen im Warenverkehr mit Drittländern informiert die Website der italienischen Zollbehörde.

Fazit

Italien ist ein starkes Industrieland. Das verarbeitende Gewerbe beschäftigt in Italien 26,6 Prozent der Erwerbstätigen und trägt zu 22,58 Prozent zur Bruttowertschöpfung des Landes. Die Industrialisierung Italiens erfolgte erst in den 1970ern Jahren, doch Italien kann auf eine viel längere handwerkliche Tradition zurückblicken und das „Made in Italy“ gilt weltweit als anerkanntes Qualitätssiegel – vor allem in der Mode-, Möbel- und Designbranche. Im norditalienischen Mailand wird gegründet, geforscht und entwickelt. Impulsgeber ist hier die berühmte Technische Universität Politecnico di Milano, die Spitzenarbeit in den Bereichen Technologie, Industrie 4.0 und Digitalisierung leistet. Doch die italienische Industrielandschaft besteht vielmehr aus vielen kleinen und mittleren Familienbetrieben, die zwar viel handwerkliches Know-how besitzen, aber oft in punkto Digitalisierung noch stark im Rückstand sind. Durch den Umstieg auf Industrie 4.0 sollen neue Chancen eröffnet werden – für italienische Unternehmen und ausländische Investoren. Doch Italiens Wirtschaft wird von der hohen Inflation gebremst. Erst für 2024 wird eine Normalisierung erwartet.



Quellen

Weiterführende Links

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

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