Die arabische Kultur, und besonders deren literarische Tradition, ist eine der umfassendsten und ältesten weltweit. Der Schrift als Mittel zum Ausdruck von Poesie und Wissenschaft, sowie deren Bedeutung für den islamischen Glauben ist von großer Wichtigkeit für den arabischen und islamischen Kulturkreis. Wie sich die Schrift im Laufe der Zeit verändert hat, ob es Unterschiede zwischen dem geschrieben und dem gesprochenen Arabisch gibt und was für Konsequenzen dies für den E-Commerce und die Übersetzung hat, wird im Folgenden behandelt.

Die arabische Sprache wird weltweit von ca. 360,2 Millionen Menschen als Muttersprache, und von mehr als 400 Millionen weiteren Menschen als Zweit- oder Fremdsprache gesprochen. Global verbreitet ist die Sprache über den Großteil Nordafrikas und der arabischen Halbinsel, sowie andere Teile des Nahen Ostens. Offizielle Sprache ist Arabisch in 26 Ländern und in 9 weiteren Ländern ist sie anerkannte Minderheiten- oder Regionalsprache. Arabisch ist außerdem Verkehrs- und Handelssprache in weiten Teilen Afrikas. Das moderne Standardarabisch ist eine der sechs Amtssprachen der Vereinten Nationen und ist gemeinsame Schriftsprache aller arabischen Länder. Auch unabhängig von den Ländergrenzen finden sich überall auf der Welt arabische Gemeinschaften, die durch transnationale Satellitensender, wie z.B. Al-Jazeera, und die sozialen Medien auch sprachlich miteinander verbunden sind. Das Land mit den meisten Arabisch-Muttersprachlern ist heute Ägypten mit rund 77,5 Millionen.

Die frühesten schriftlichen Zeugnisse lassen sich zwischen dem 5. und dem 3. Jahrhundert v. Chr. im Nordwesten und im Zentrum der arabischen Halbinsel datieren. Die Zusammenschlüsse zwischen Arabern und Muttersprachlern anderer Gruppen förderten das Wachstum und die Ausbreitung der Sprache und waren der Ursprung für die Entstehung der verschiedenen Dialekte und Varianten, die es heute gibt. Als dann ab 610 n. Chr. der Koran entstand, etablierte sich ein durchgängiger Sprachgebrauch im islamischen Kulturkreis, und mit der Vereinheitlichung der Grammatik im 8. und 9. Jahrhundert auch eine Standardisierung der Schriftsprache.

Unterschied zwischen Schriftsprache, Sprache und Dialekt

Die arabische Sprache wird gemeinhin in drei Sprachvarietäten unterteilt: das klassische Arabisch al-fuṣḥā (الُفصَّحى), das moderne Standard Arabisch (MSA) und die Umgangssprache al-ʿāmmīya. Die Verwendung der ersten beiden Formen ist fast ausschließlich auf das Geschriebene beschränkt, währenddessen Ammiya die gesprochene Form der Sprache umschreibt. Demnach kommt es in der arabischen Sprache zu einer Diglossie, einer Zweisprachigkeit, bei der die eine Sprachform die Standardsprache ist, und die andere im täglichen Gebrauch, besonders im Gesprochenen verwendet wird. Deutschsprechern mag diese Situation besonders aus der Schweiz bekannt sein, da dort die Standardvarietät des Schweizerhochdeutsch lediglich im Geschriebenen und in den Medien verwendet wird, und zum alltäglichen Verständnis normalerweise immer auf den regional verwendeten Dialekt des Schweizerdeutsch zurückgegriffen wird.

Das klassische Arabisch Fusha ist die älteste Form des Arabischen und basiert auf den mittelalterlichen Dialekten der arabischen Völker, die vor ca. 1500 Jahren in Mekka gesprochen wurden. Es ist das Arabisch des Korans, sowie klassischer vorislamischer Gedichte und gilt daher als besonders edel und beredet. Aus diesem klassischen Arabisch Fusha hat sich das moderne Standardarabisch MSA abgeleitet. Bei diesem handelt es sich um die offizielle Standardversion des Hocharabischen, das grenzübergreifend in den arabischsprachigen Ländern verwendet wird und dadurch als Dachsprache für die Vielzahl an gesprochenen Dialekte dient. Es ist heute die Sprache der formalen und intellektuellen Diskurse, der Medien und der zeitgenössischen Literatur und außerdem gemeinsame Schriftsprache aller arabischen Länder. Nach wie vor gilt das moderne Standardarabisch als formale, hauptsächlich schriftliche Sprache und ist die Form des Arabischen, die in Schulen gelehrt und am Arbeitsplatz, in Geschäftskreisen und in Regierungsämtern verwendet wird. Das moderne Standardarabisch wird nur selten im gesprochenen Kontext verwendet, meist nur in offiziellen Programmen oder Reden, wie z.B. den Nachrichten.

Das klassische Arabisch und das moderne Standardarabisch unterscheiden sich hauptsächlich in Stil und Vokabular, die Grammatik und die Syntax sind hingegen weitgehend unverändert geblieben. Einem Schüler des MSA wird das klassische Arabisch mit etwas Übung schnell verständlich. Vergleichbar ist dieses Verhältnis mit dem Unterschied zwischen heute verwendetem modernem Englisch und dem Englisch, in dem Shakespeare geschrieben hat: es werden Wörter und Floskeln verwendet, die im heutigen Vokabular längst als veraltet gelten und auch der Stil kann variieren. Das moderne geschriebene Arabisch ist also in der Tat eine Fortführung und die aktuelle Version des klassischen Arabisch, jedoch deutlich einfacher zu verstehen und somit auch für Analphabeten weitgehend verständlich.

Das umgangssprachliche Arabisch Ammiya umfasst die nationalen und regionalen Dialekte, die im persönlichen Alltag, den Medien der Populärkultur, einschließlich Filmen und Musik, sowie in der öffentlichen Kommunikation verwendet werden. Im Gegensatz zur Fusha und MSA wird Ammiya immer nur gesprochen und selten geschrieben. Im Nahen Osten und in Nordafrika gibt es zahlreiche Formen von Ammiya, die sich je nach geografischen, sozioökonomischen und religiösen Gegebenheiten unterscheiden. Man kann die verschiedenen Dialekte geographisch folgendermaßen einteilen: „Nordafrika“ (umfasst die Maghreb-Staaten Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen), „Ägypten“ (auch: Sudan), „Levante“ (Syrien, Libanon, Israel, Palästinensische Autonomiegebiete, Jordanien), „Irak“ und „Golfstaaten“ (arabische Halbinsel). Sprecher eines Dialektes sind normalerweise in der Lage die Sprecher eines anderen Dialektes zu verstehen, insbesondere dann, wenn sie in geographischer Nähe zueinander leben. Teilweise kann es jedoch zu so großen Unterschieden kommen, dass einige Linguisten die verschiedenen Dialekte sogar als eine völlig andere Sprache gegenüber dem Arabischen einordnen. Möchte man sich beispielsweise bedanken, dann hört man im ägyptischen Arabisch „shokran“, im Marokkanischen sagt man ​„shukran“ und im Libanesischen „merci“. Bei der Phrase „Entschuldige bitte“ fallen die Unterschiede ganz ähnlich auf. Im Ägyptischen nutzt man „la mu-akhza“, im Marokkanischen „smeh liya“ und im Libanesischen „pardon“. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Formen des umgangssprachlichen Arabisch reichen von einem Buchstaben bis hin zu ganzen Wörtern und Sätzen. Durch den Einfluss umliegender Länder und soziohistorischer Kontexte kommt es in einigen Gebieten zu einem Multikulturalismus und einer sich gegenseitig verändernden Sprachsituation, besonders im Gesprochenen. Im Libanon ist beispielsweise Französisch besonders als Verkehrs- und Elitesprache verbreitet, sodass fast 40% der Libanesen frankophon ist.

Generell kann man sagen, dass die Länder, die am weitesten vom Herzen der arabischen Welt entfernt sind, die größten Abweichungen vom modernen Standard- und klassischen Arabisch aufweisen. So kommt es teilweise dazu, dass nordafrikanische algerische Filme im regionalen Dialekt teilweise mit dem MSA untertitelt werden müssen, damit sie z.B. in den Golfstaaten verstanden werden. Der Kairoer Dialekt hingegen hat sich als gemeinhin verständlich etabliert, da viele Film- und Fernsehproduktionen aus Ägypten kommen und im arabischen Verbreitungsgebiet ausgestrahlt werden. Die Fähigkeit, sich gegenseitig zu verstehen, und die Vertrautheit mit den verschiedenen Dialekten hängen jedoch immer auch vom Bildungsniveau des Sprechers, dem Kontakt mit anderen Dialekten ab, sowie von der Beherrschung des modernen Standardarabisch, das viele erst durch die formale Schulbildung erlernen.

Die Diversität an gesprochenen Dialekten und die Tatsache, dass diese normalerweise nicht geschrieben werden, und es somit keine festgelegten schriftlichen Regeln gibt, führt dazu, dass in den sozialen Medien eine sehr uneinheitliche Sprachsituation vorherrscht. Geschrieben wird normalerweise im jeweiligen Dialekt und zwar so, wie es der Aussprache des gesprochenen Dialekts am nächsten kommt. Je nach Bildungsstand nähert sich der Sprachstil dabei entweder der Schreibform des MSA an oder es wird genauso geschrieben, wie man das Wort spricht.

Arabische Schrift

Die arabische Schrift ist eine der am weitesten verbreiteten Schriften weltweit, was auf die Ausdehnung des Islams und die damit einhergehende Verdrängung der vorig genutzten Schriften zurückzuführen ist. Nach muslimischem Glauben ist der Koran die wortwörtliche Offenbarung Gottes und es herrscht die Überzeugung, die Botschaft könne nur durch das Lesen im arabischen Original komplett verstanden werden. Diese Tatsache führte dazu, dass die arabische Schrift jahrhundertelang gepflegt und weitergegeben wurde. Neben den arabischen Ländern wird die Schrift auch für das in Indien und Pakistan verbreitete Persisch, das in Afghanistan gesprochene Paschtu, Kurdisch (jedoch nur in Syrien und im Irak) sowie verschiedene Berbersprachen verwendet.

Das wohl auffälligste an der arabischen Schrift ist, dass sie im Gegensatz zu anderen Schriftformen, von rechts nach links geschrieben, und gelesen wird. Das Alphabet setzt sich aus 28 Zeichen zusammen: 25 verschiedene Konsonanten und nur drei Langvokalen “a”, “i” und “u” (im Deutschen z.B. “Bahn”, “Igel” und “Mut”). Für die kurzen Vokale „a“, „i“ und „u“ (im Deutschen beispielsweise “Mann”, “Witz” und “Fluss”) gibt es keine eigenen Zeichen, sie werden im Schriftbild also gar nicht markiert, und die beiden Vokale „o“ und „e“ existieren im Arabischen gar nicht. Das Arabische ist eine Kurrentschrift, das heißt, wie bei der Form der Schreibschrift, wird der Stift nicht abgesetzt, sondern alle Buchstaben miteinander verbunden. Demnach kann jeder Buchstabe auf vier verschiedene Arten geschrieben werden, abhängig von seiner Position. Der Konsonant (h) beispielsweise verändert sich je nach Position folgendermaßen: Wenn er allein erscheint ه, am Anfang des Wortes nach rechts verbunden هـ, am Ende des Wortes nach links verbunden ـه und in der Mitte des Wortes beidseitig verbunden ـهـ. Da mehrere arabische Buchstaben ursprünglich die gleiche Form hatten, wurde ab 800 n. Chr. ein System entwickelt, um die Konsonanten mit Punkten zu markieren, die in Anzahl und Anordnung voneinander variieren. Im Vergleich handelt es sich bei dem einzelnstehenden Zeichen ص um den Konsonanten Sād (ṣ), während er durch das Hinzufügen eines Punkes ض zum einzelnstehenden Konsonanten Dād (ḍ) wird. Andere Aspekte, die z.B. im Deutschen bei der Schrift von Bedeutung sind, haben im Arabischen keinen großen Stellenwert: es gibt keine Groß- und Kleinschreibung und auch die Verwendung von Satzzeichen hat sich erst im 20. Jahrhundert etabliert. Durch das im Islam vorherrschende Bilderverbot wurde besonders die Schrift künstlerisch sehr ausgestaltet, wodurch sich hochwertige und anspruchsvolle Kalligraphie und eine eigene Kunstform entwickelt hat.

Die Tatsache, dass es sich bei der arabischen Schrift um eine Konsonantenschrift handelt, mit Ausnahme von Lehrbüchern und Korantexten ohne Vokalisierung geschrieben wird, kann es im Vergleich zu anderen Schriftformen länger dauern den geschriebenen Wortschatz zu erlernen. Die kurzen Vokale „a“, „i“, „o“, die im modernen Standardarabisch nicht geschrieben, sondern nur gedacht werden, können durch Hilfszeichen unter oder über dem Konsonanten angedeutet werden. Wegen der Verbreitung des Islams über den ursprünglichen arabischen Sprachraum hinweg, wird im Koran die Vokalisierung verwendet, um ein fehlerfreies Zitieren zu gewährleisten. Für den geübten Leser ist im geschriebenen Text jedoch auch ohne die Zeichen deutlich, welcher Vokal gesprochen wird. Das Pendant im Deutschen sähe durch das Weglassen der kurzen Vokale zum Beispiel so aus: „Viel rflg beim rlrnn dr arabschn Sprach!“ Man sieht, mit ausreichend Leseerfahrung und Wortschatz fällt es nicht schwer die fehlenden Vokale zu ergänzen.

Ein arabisches Wort besteht normalerweise aus zwei Teilen: (1) dem Wortstamm, auch Radikal genannt, der im Allgemeinen aus drei Konsonanten besteht und die grundlegende lexikalische Bedeutung des Wortes liefert, und (2) dem Muster, das aus Vokalen besteht und dem Wort eine grammatikalische Bedeutung verleiht. So ergibt die Wurzel /k-t-b/ in Verbindung mit dem Muster /-i-ā-/ das Wort kitāb كتاب  “Buch”, während die gleiche Wurzel in Verbindung mit dem Muster /-ā-i-/ das Wort kātib كاتب “jemand, der schreibt” oder “Schreiber” ergibt. Die Sprache verwendet auch Präfixe und Suffixe, die als Subjektmarker, Pronomen, Präpositionen und den bestimmten Artikel dienen. Das Buch wird demnach mit dem Artikel „al“ ausgedrückt und wird zu alkitab الكتاب.

Fazit

Durch die gemeinsame einheitliche Schriftsprache kann man mit dem geschriebenen modernen Standardarabisch sehr viele Menschen erreichen. Vergessen dabei sollte man nicht, dass die meisten Menschen als Erstsprache einen regionalen Dialekt sprechen und erst in der Schule das MSA und das geschriebene Arabisch erlernen. Je nach Zielgruppe der Übersetzung, und besonders dann, wenn es durch soziopolitische Kontexte zu einem Schulabbruch gekommen sein sollte, ist es also zu empfehlen, das Arabisch anzupassen, indem man z.B. die Vokalisierung der kurzen Vokale in der Schrift nutzt, um die Rezeption des Textes zu erleichtern. Da das geschriebene Arabisch für alle arabischsprachigen Länder einheitlich ist, kann dieses für jegliche Textsorten verwendet werden. Ein kleiner Tipp: Bei der Einrichtung der Website sollte man auf jeden Fall beachten, ein Programm zu nutzen, dass die arabische Schriftweise von rechts nach links unterstützt, damit es nicht zu unschönen Unterbrechungen im Text kommt.

Wenn man die Option hat, Texte in das Arabische übersetzen zu lassen, empfiehlt sich dies unbedingt, aufgrund der doch eher niedrigen Englischkenntnisse in den arabischen Ländern. Gemäß der internationalen Studie zur Ermessung der Fremdsprachenkenntnisse des Englischen EF English Proficiency Index, gehören die Länder des Nahen Ostens nämlich zu den Ländern mit den weltweit niedrigsten Englischkenntnissen. Die meisten Englischsprecher befinden sich in den Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait und Katar. In VAE sprechen sogar bis zu 75 % der Bevölkerung Englisch und nur 25 % Arabisch, eine Tatsache, die vor allem auf die rege Einwanderung zurückzuführen ist. Dort, sowie auch im Irak und Ägypten, wird Englisch als Zweitsprache in den Schulen gelehrt. Die wachsende Wirtschaftskraft des Nahen Ostens, sowie der zunehme Tourismus, haben zu einer höheren Akzeptanz des Englischen geführt. Der kulturelle und ideelle Wert, der das Arabische für einen Muttersprachler hat, sollte jedoch nicht unterschätzt werden und somit empfiehlt es sich immer auf eine arabische Übersetzung in das moderne Standardarabisch zurückzugreifen.



Quellen

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

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