Im Vereinigten Königreich bremsen strukturelle Defizite seit Jahren das Wirtschaftswachstum. Mit Bürokratieabbau, CO2-freien Industrien sowie steuer- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen will die britische Regierung dem Mangel an privaten Investitionen entgegenwirken. Ziel ist es, soziale und regionale Disparitäten auszugleichen und die Klimaziele zu erreichen. Mehr zu den aktuellen Entwicklungen lesen Sie hier.

Daten und Fakten zum Industrieland Vereinigtes Königreich: Anteil an der Wirtschaftsleistung, wichtigste Branchen und Handelspartner

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Vereinigten Königreichs beträgt rund 3.100 Mrd. US-Dollar, das BIP pro Kopf liegt kaufkraftbereinigt bei rund 54.800 US-Dollar (vgl. Deutschland: 64.000 US-Dollar; Österreich: 66.800 US-Dollar). Gemessen am BIP ist das Vereinigte Königreich nach Japan und Indien und vor Frankreich und Italien die sechstgrößte Volkswirtschaft der Welt.

Die industrielle Revolution begann im Vereinigten Königreich. Zunächst lag der Schwerpunkt auf der Schwerindustrie. Schiffbau, Stahlerzeugung und Maschinenbau waren die wichtigsten Branchen. Bei der Industrialisierung der Textilproduktion war das Vereinigte Königreich bis weit ins 19. Jahrhundert hinein führend, bevor die Kapazitäten nach Indien abwanderten.

Heute trägt die Industrieproduktion noch etwa 16 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Eine wichtige Branche ist die Automobilindustrie, auch wenn mit Mini und Rolls-Royce Motor Cars (BMW), Ford, Honda, Nissan, Vauxhall Motors (Opel), Jaguar Land Rover (Tata Motors), Toyota und Bentley (Volkswagen) inzwischen alle großen Unternehmen in ausländischer Hand sind.

In der Luft- und Raumfahrt gehören BAE Systems und Rolls-Royce zu den weltweit größten Unternehmen. Auch die Chemie- und Pharmaindustrie ist ein bedeutender Wirtschaftszweig: Zwei der zehn größten Pharmaunternehmen der Welt, GlaxoSmithKline und AstraZeneca, haben ihren Sitz im Vereinigten Königreich.

Elektronik, Lebensmittelverarbeitung, Getränke, Tabak und Textilien sind weitere wichtige Industriezweige. Zu den bekanntesten Unternehmen zählen Unilever, Cadbury Schweppes, Tate & Lyle, British American Tobacco, Imperial Tobacco, Burberry, Pentland Group und Umbro.

Deutschland ist sowohl bei den Exporten (7,6 %) als auch bei den Importen (9,47 %) einer der wichtigsten Handelspartner des Vereinigten Königreichs. Weitere wichtige Export- und Importländer sind China (Exporte: 6,58 %; Importe: 12,54 %), die USA (E: 13,8 %; I: 12 %), die Niederlande (E: 7,05 %; I: 3,43 %) und Frankreich (E: 5,6 %; I: 5,13 %). Insgesamt importiert das Vereinigte Königreich mehr als es exportiert. Die Handelsbilanz ist somit negativ. Im Handel mit der Europäischen Union wies das Vereinigte Königreich im Jahr 2022 ein Defizit von rund 112,9 Mrd. Euro auf.

Aktuelle Wirtschaftslage: Kreditkosten und Inflation schmälern BIP pro Kopf, Brexit belastet mittelfristig Warenaußenhandel

Seit dem zweiten Quartal 2022 sinkt das BIP pro Kopf kontinuierlich. In den letzten Jahren haben sich vor allem die steigenden Kreditkosten und die durch die hohen Energiekosten ausgelöste Inflation negativ auf die Reallöhne und damit auf die Haushaltseinkommen und die Konsumnachfrage der britischen Haushalte ausgewirkt. Dies hatte eine weitere Verschärfung der ohnehin schon ungleichen Einkommensverteilung zur Folge. Die Lebenshaltungskostenkrise führt im Vereinigten Königreich zu heftigen politischen Debatten und regelmäßigen Streiks, insbesondere im Transport- und Gesundheitssektor.

Die schwierige Zeit während und nach der Pandemie konnten die Britinnen und Briten im Jahr 2022 vor allem durch eigene Ersparnisse überbrücken. Die Konsumnachfrage, die im Jahr 2022 noch um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen war, ist jedoch im Jahr 2023 auf 0,3 Prozent zurückgegangen und zeigt im Jahr 2024 bisher nur ein moderates Wachstum. Für die Jahre 2024-25 wird mit einem Anstieg der Realeinkommen um insgesamt 1,9 Prozent gerechnet. Das Konsumentenvertrauen dürfte trotz tendenzieller Verbesserung weiterhin im negativen Bereich liegen.

Der Brexit hat die Importe und Exporte von Waren deutlich stärker belastet als die von Dienstleistungen. Während der Außenhandel mit Dienstleistungen im Jahr 2023 real um 5,3 Prozent zulegte, ging der Außenhandel mit Waren real um 4,6 Prozent zurück. Die Warenexporte sind seit der Pandemie kontinuierlich zurückgegangen. Für die kommenden Jahre ist mit einem moderaten Exportwachstum zu rechnen.

Entwicklungen: „Securonomics“ als Erfolgsrezept gegen strukturelle Defizite, Border Target Operating Model, Klimaziele

Mangelnde Investitionen, Qualifikationsdefizite, ein überlastetes Gesundheitssystem, starke regionale Disparitäten und eine hohe Abhängigkeit von konsumnahen Dienstleistungen bremsen seit Jahren das Wirtschaftswachstum. Im Sinne der „Securonomics“ ist die britische Regierung bestrebt, Stabilität und Wachstum durch den Abbau bürokratischer Hemmnisse sowie durch private Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur und des Wohnungssektors zu fördern. Ziel ist es, auf der Grundlage einer stabilen Steuer- und Wirtschaftspolitik und einer neuen Industriestrategie private Investitionen zu fördern und die Widerstandsfähigkeit der britischen Wirtschaft zu stärken. Auch zur Erreichung des Klimaziels Net Zero Carbon 2050 ist die Förderung von Unternehmensinvestitionen notwendig. Zu diesem Zweck wurde Ende 2023 beschlossen, die Vollkostenabschreibung im Anschaffungsjahr für Sachanlagen auf unbestimmte Zeit zu verlängern.

Gleichzeitig werden aber auch die Abläufe im Warenaußenhandel erschwert. Im Januar 2024 wurde das neue Importkontrollregime Border Target Operating Model (BTOM) eingeführt. Damit wurden zusätzliche Dokumentationsanforderungen für die Einfuhr von Waren mit mittlerem und hohem Risiko sowie risikobasierte physische Warenkontrollen an den Grenzen eingeführt. Zudem wird mit der Common User Charge (CUC) eine neue Gebühr für diese Kontrollen erhoben, und Häfen können zusätzliche Gebühren erheben, was die Importabfertigung verteuert.

Zur Senkung der CO2-Emissionen soll auch die Umstrukturierung der britischen Stahlindustrie beitragen. Der East Coast Cluster, der das Industriegebiet von Teesside und die Häfen und Industrien der Region Humber umfasst, soll als neuer CO2-freier Industrie- und Investitionsstandort Tausende neuer Arbeitsplätze schaffen. Insgesamt sind bis 2030 vier solcher Cluster geplant. Jährlich sollen dort 2030 Mio. Tonnen CO2 gespeichert und 5 GW Wasserstoff erzeugt werden.

Internationalisierung

Das Vereinigte Königreich ist de facto englischsprachig. Walisisch, Gälisch und Irisch werden regional in Wales, Schottland und Nordirland gesprochen.

Englisch ist die am weitesten verbreitete Weltsprache und wird von rund 240 Mio. Menschen als Muttersprache gesprochen. Wie einige andere Sprachen, die in mehreren Ländern gesprochen werden, wie Spanisch, Italienisch und Französisch (oder auch Deutsch), ist Englisch eine plurizentrische Sprache. Das bedeutet, dass es mehrere Varianten des Englischen gibt, die sich in Wortschatz, Aussprache und zum Teil auch in der Grammatik leicht voneinander unterscheiden, aber nebeneinander existieren und alle als „offizielle“ Varianten derselben Sprache gelten.

Dank einer florierenden Film- und Musikproduktion wird die britische Variante des Englischen in fast allen Ländern der Welt verstanden und in vielen internationalen Schulen mit Englisch als Unterrichtssprache gelehrt. Für die Internationalisierung ist das ein klarer Vorteil: Britische Konsumentinnen und Konsumenten sind für deutsche Unternehmen über die englische Sprache gut erreichbar. Trotz der leicht zu überwindenden Sprachbarriere bleibt die Übersetzung von Handbüchern, Bedienungsanleitungen, Konformitätsbescheinigungen etc. eine besonders sensible Aufgabe, von der die Sicherheit der Anwender abhängt. Deshalb muss die Übersetzung fachlich korrekt und leicht verständlich sein. Unternehmen sollten daher auf Fachübersetzerinnen und -übersetzer zurückgreifen, die auch komplexe technische Texte sicher in die Zielsprache übertragen können.

Die Übersetzung betrifft aber nicht nur das Bedienpersonal von Maschinen und Geräten. Neben Handbüchern, Dokumentationen, Zertifikaten etc. müssen für eine erfolgreiche Internationalisierung auch Werbetexte adaptiert werden, die sich direkt an das Zielpublikum, den Kunden, richten. Die Übersetzung soll in diesem Fall nicht nur informieren, sondern auch bewegen – und zum Kauf animieren. Dieses Ziel lässt sich am besten mit einer freien, kreativen Übersetzung erreichen, die auch mögliche kulturelle Unterschiede und Besonderheiten berücksichtigt.

Gesetzliche Rahmenbedingungen: Import- und Zollbestimmungen, Handels- und Kooperationsabkommen

Was früher als innergemeinschaftliche Lieferung zwischen einem EU-Land und England abgewickelt wurde, wurde mit dem endgültigen Austritt des Vereinigten Königreichs aus Binnenmarkt und Zollunion zur Ausfuhr in ein Drittland. Für deutsche Exporteure ergeben sich in der Folge grundlegende Änderungen – auch, wenn nach dem zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU Ende 2020 erzielten Handels- und Kooperationsabkommen in vielen Fällen Nulltarife vorgesehen sind. Weitere Informationen dazu in unserem Artikel.

Nach dem Handels- und Kooperationsabkommen werden Importe des jeweils anderen Wirtschaftsraums nicht mit Zöllen oder Quoten belegt, sofern diese festgelegte Ursprungsregeln erfüllen. Eine im Kooperationsabkommen vorgegebene Ursprungserklärung dient als Nachweis hierfür. Die Ursprungserklärung muss in deutscher sowie in englischer Sprache verfasst werden und ist unverändert zu übernehmen. Waren, die weder britischen noch EU-Ursprungs sind, werden mit Einfuhrzöllen nach den jeweiligen Zolltarifen belastet.

Fazit

Das Vereinigte Königreich ist nach wie vor ein bedeutender Industriestandort – auch wenn die industrielle Revolution, die hier ihren Anfang nahm, Jahrhunderte zurückliegt und die Schlüsselindustrien heute fast alle in ausländischer Hand sind. Die aktuelle Lage ist schwierig: Strukturelle Defizite halten sich hartnäckig, Kreditkosten und Inflation schmälern die Haushaltseinkommen. Die Bürgerinnen und Bürger melden sich mit Streiks zu Wort, die Regierung debattiert über steigende Lebenshaltungskosten. Die Warenexporte, die seit der Pandemie rückläufig sind, wurden zudem durch den Brexit stark belastet. Mangelnde Investitionen, Qualifikationsdefizite, ein überlastetes Gesundheitssystem, starke regionale Disparitäten und eine hohe Abhängigkeit von konsumnahen Dienstleistungen, die das Wirtschaftswachstum seit Jahren bremsen, bekämpft die britische Regierung mit dem Erfolgsrezept „Securonomics“. Bürokratie abbauen, CO2-intensive Industrien umstrukturieren und Unternehmen durch steuer- und wirtschaftspolitische Maßnahmen unterstützen, sollen die Ziele sein. Das Versprechen: private Investitionen anzukurbeln, tausende Arbeitsplätze in CO2-freien Industrieclustern zu schaffen und damit auch die Klimaziele zu erreichen.



Quellen

Weiterführende Links

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

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