Der E-Commerce ist inzwischen auch in Thailand angekommen – wirklich ausgereift, wie in anderen ostasiatischen Ländern, ist der digitale Handel im Schwellenland aber noch nicht. Für deutsche Unternehmen, die digital verkaufen und eine Expansion nach Ostasien planen, ist Thailand ein Ziel mit viel Wachstumspotenzial. Was Thailand als mögliches Expansionsziel kennzeichnet, wo sein Potenzial liegt und welche Besonderheiten Unternehmen beachten müssen, zeigen wir hier.

Zahlen und Fakten über das Land, Demokratie, Pressefreiheit

Thailand liegt in Südostasien und grenzt an Myanmar, Laos, Kambodscha, Malaysia, den Indischen Ozean und den Pazifischen Ozean. Das Land beheimatet rund 70 Mio. Menschen; über 14 Mio. leben in der Metropolregion der Hauptstadt Bangkok, Thailands größter und bevölkerungsreichster Stadt. Insgesamt erstreckt sich Thailand über eine Fläche von rund 513.000 km².

Thailand ist de jure eine konstitutionelle Monarchie, doch seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Geschichte des Landes von Zeiten politischer Instabilität geprägt. Immer wieder ergreifen Militärregierungen die Macht, die dann meistens innerhalb von wenigen Monaten zurück an neugewählte Zivilregierungen geht. Aufgrund dieses Umstands kann man mit Bezug auf Thailand von einer Halbdemokratie sprechen. Trotz seiner brüchigen politischen Lage ist Thailand schon seit der Zeit vor den Weltkriegen ein souveräner Staat. Als die europäischen Kolonialmächte noch die Kontrolle über Südostasien hatten, fungierte Thailand – damals noch Siam genannt – als Pufferstaat zwischen dem benachbarten Myanmar, das Teil von Britisch-Indien war, und dem von Frankreich besessenen Laos. Nach dem Zweiten Weltkrieg und vor allem während des Koreakriegs und des Vietnamkriegs lehnte sich Thailand außenpolitisch an die USA.

Auch heute richtet Thailand seinen Blick nach Westen und arbeitet an einer Integration in den Welthandel – der Tourismus bleibt nach wie vor die wichtigste Einnahmequelle Thailands, das vom UN-Entwicklungsprogramm als Schwellenland mittleren Einkommens eingestuft wird. Viele Menschen in Thailand leben noch in Armut. Gemessen am HDI, dem Wohlstandindikator der Vereinigten Nationen, ist Thailand mit einem Wert von 0,8 das 66. Land der Welt nach menschlicher Entwicklung (vgl. Deutschland: 0,942; Österreich: 0,916). Das thailändische Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt bei rund 500 Mrd. US-Dollar, kaufkraftbereinigt liegt das BIP pro Kopf bei knapp über 18.000 US-Dollar (vgl. deutsches BIP pro Kopf: 45.700 US-Dollar).

Auch was die Menschenrechte anbetrifft, bleibt die Lage in Thailand trüb. Die Rede-, Versammlungs- und Pressefreiheit wird nach jedem Militärputsch eingeschränkt, zudem ermöglicht ein Gesetz, das Cyberkriminalität bekämpfen soll, eine laufende Überwachung von sozialen Medien durch die polizeilichen Behörden und die Verfolgung von Nutzerinnen und Nutzern, die sich im Internet gegen die Regierung äußern. Nicht selten werden der Polizei Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Der Baht (THB), die Währung Thailands, unterteilt sich in 100 Satang. Aktuell (06.02.2023) beläuft sich der Wechselkurs auf 36,20 Baht pro Euro. In Thailand gilt ganzjährig Indochina Time (ICT), die Sommerzeit wurde hier nie befolgt. Reisende aus Deutschland müssen somit nur noch den Zeitunterschied beachten. Die Zeit in Thailand ist 7 Stunden vor der Zeit in Deutschland – wenn in Berlin 12:00 Uhr ist, schlägt die Uhr in Bangkok 19:00 Uhr.

Sprache und Lokalisierung

Aus sprachlicher Sicht herrscht in Thailand Vielfalt. Neben der Amtssprache Thai werden hier 73 weitere Sprachen gesprochen; von diesen gehören fast alle zur Sprachfamilie der Tai-Kadai-Sprachen, die aus über 90 Sprachen in Südostasien und im südlichen China mit ca. 100 Millionen Sprecherinnen und Sprechern besteht.

Thai hat ein eigenes Alphabet mit 44 Konsonanten und 32 Vokalen, die auf der indischen Schrift aufbaut. Die Standardsprache leitete sich aus dem Dialekt ab, der in der Region um die Hauptstadt Bangkok gesprochen wird. In Thailand sind auch südchinesische Sprachen verbreitet; schätzungsweise 8 bis 15 Prozent der Bevölkerung Thailands sind chinesischer Abstammung. Mehr dazu finden Sie in unserem Beitrag “Chinesisch und seine Varianten“.

Englisch ist an thailändischen Schulen Pflichtfach und wird von vielen Thailänderinnen und Thailändern mit höherem Bildungsabschluss kompetent im Alltag und Beruf verwendet. Für den E-Commerce ist dies ein großer Vorteil, denn in Asien wird Englisch selbst in modernsten Industrieländern wie beispielsweise Japan oder Taiwan vom Großteil der Bevölkerung nur beschränkt bzw. kaum gesprochen. Dennoch ist für den E-Commerce die Übersetzung in die Landessprache für den erfolgreichen Einstieg am lokalen Markt weiterhin wichtig. Am effektivsten wirkt auch hier, wie in den meisten nichteuropäischen Ländern, eine landesspezifische Übersetzung (Lokalisierung), die auch die Besonderheiten der Zielkultur sowie weitere Unterschiede berücksichtigt, wie beispielsweise die andere Währung.

Eckdaten über Wirtschaft, Import und Export

Die thailändische Wirtschaft stützt sich auf den Dienstleistungssektor (56,69 %) und das verarbeitende Gewerbe (34,78 %). Die Agrarwirtschaft spielt eine geringere, wenn auch weiterhin sehr wichtige Rolle (8,53 %) und beschäftigt fast 40 Prozent aller Erwerbstätigen. Thailand wird vom UN-Entwicklungsprogramm als Schwellenland mittleren Einkommens eingestuft.

Aus Thailand in die ganze Welt werden vor allem Landwirtschaftsprodukte exportiert – Reis, Naturkautschuk, Maniok, Mais, Zuckerrohr und Sojabohnen. Wichtig für das verarbeitende Gewerbe ist die Herstellung von Kraftfahrzeugen, die allein zu 10 Prozent zum nationalen Bruttoinlandsprodukt beiträgt. Besonders präsent sind hier japanische Automobilkonzerne.

Daten von Statista zufolge importiert Thailand weitaus mehr, als es exportiert. Im Jahr 2021 wurden Waren im Wert von 65 Mrd. US-Dollar aus der ganzen Welt – vor allem jedoch aus China, Japan und den USA – nach Thailand importiert. Die Exporte beliefen sich mit 24 Mrd. US-Dollar auf ein rund Drittel der Importe. Zu den wichtigsten Waren, die von Thailand ins Ausland exportiert bzw. aus dem Ausland nach Thailand importiert werden, gehören Kraftfahrzeuge, Maschinen und Geräte sowie deren Komponenten, mineralische Brennstoffe und Mineralprodukte sowie Chemikalien.

China, Japan, die USA, Malaysia, Südkorea und Taiwan sind Thailands wichtigste Handelspartner und Bezugsmärkte. Mit ihnen finden rund 60 Prozent der grenzüberschreitenden Handelstransaktionen statt. Zur restlichen 40 Prozent handelt Thailand mit der ganzen Welt, zu einem kleinen Anteil auch mit Deutschland.

Trends im Hinblick auf die Internetnutzung

In Thailand gibt es Daten von Statista zufolge 54 Mio. Internetnutzerinnen und -nutzer, das entspricht rund 76 Prozent der Bevölkerung – für den E-Commerce immer noch ein großes Zielpublikum, auch wenn das Internet in Thailand deutlich weniger präsent ist als in anderen ostasiatischen Ländern wie China, Japan oder Taiwan.

Am aktivsten unter den Thailänderinnen und Thailändern, die das Internet regelmäßig benutzen, ist – dem globalen Trend folgend – die Altersgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen ab 15 bis 24 Jahren (98,8 %). Unter den älteren Thailänderinnen und Thailändern ab 60 Jahren hingegen benutzen nur etwas mehr als die Hälfte (52,5 %) das Internet.

Jüngere Thailänderinnen und Thailänder machen rund 70 Prozent des gesamten Internetpublikums aus. Sie sind vernetzt und digitalaffin und verbringen im Durchschnitt von 5 bis 10 Stunden am Tag online. Das Smartphone bietet für sie den bevorzugten Weg zum Internet – und damit auch zum gewünschten Produkt. Für Interessenten aus dem E-Commerce ist dies eine wichtige Information, da die Anzeige von Werbeinhalten auf den verschiedenen Kanälen eine eigene, plattformoptimierte Anpassung erfordert.

Nahezu alle Internetnutzerinnen und -nutzer verwenden auch soziale Medien und Netzwerke. YouTube, Facebook und Instagram zählen die meisten Nutzerinnen und Nutzer, verbreitet ist jedoch auch die japanische Instant-Messaging-App Line. Hinsichtlich der Nutzung lässt sich kein Gendergap feststellen – soziale Medien und Netzwerke werden in Thailand von Männern und Frauen in gleichem Ausmaß benutzt.

Trends im Hinblick auf das Kaufverhalten

Einer Auswertung von Statista zufolge beläuft sich der Umsatz des thailändischen E-Commerce auf über 24 Mrd. US-Dollar. Bis zum Jahr 2027 wird ein Wachstum bis auf 38 Mrd. erwartet, die größten Umsätze schreiben soll dabei weiterhin Thailands wichtigster Handelspartner China.

Besonders stark am thailändischen E-Commerce-Markt sind weltweit tätige Konzerne aus der Lebensmittel-, der Medizintechnik- und der Elektronikbranche. Diese Produktkategorien – Lebensmittel, Medizinprodukte und Elektronikgeräte – zählen zu den am meisten über digitale Vertriebskanäle verkauften Waren. Einen wichtigen Beitrag zum erhöhten Konsum dieser Produkte hat – wie auch in anderen Ländern – die Pandemie durch Covid-19 geleistet, wie es sich aus einer Umfrage von 2022 ergibt. Dabei habe der Konsum nämlich um 74 Prozent zugenommen.

Über digitale Vertriebskanäle wird in Thailand sowohl an den Endverbraucher als auch C2C verkauft. Mit über 2,6 Mio. Aufrufen im Monat (Daten aus 2021) ist die Website Central Online ganz vorne unter den heimischen Marktplätzen, die sich an den Endverbraucher richten. Auch beliebte B2B-Marktplätze sind Advice und Powerbuy. C2C-Marktplätze erfreuen sich eines noch größeren Publikums. Der mit Abstand beliebteste Markplatz ist hier die Website Shopee mit über 67 Mio. Aufrufen im Monat, gefolgt von Lazada mit knapp 40 Mio. Aufrufen.

Bei der Suche nach dem gewünschten Produkt spielen für 53 Prozent der Thailänderinnen und Thailänder die klassischen Suchmaschinen eine wichtige Rolle, doch immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten setzen neben Google, Firefox und Co. auch weitere Instrumente ein, wie soziale Netzwerke und mobile Apps. Für den digitalen Einkauf sprechen für sie vor allem die Bequemlichkeit durch die flexible Lieferung nach Hause und die Möglichkeit, bei der Bestellung Rabatte zu erhalten und Gutscheine einzulösen.

Anders als in den meisten anderen Ländern, wo im E-Commerce die Zahlung per Kredit- bzw. Debitkarte überwiegt, wird in Thailand noch sehr viel per Überweisung gezahlt (31,5 %). Die Zahlung per Kredit- bzw. Debitkarte wird von 21 Prozent der befragten Konsumentinnen und Konsumenten anderen Zahlungsmöglichkeiten wie Cash-on-Delivery und dem kontaktlosen Zahlen per Smartphone bevorzugt.

Wissenswertes zu den Import- und Zollbestimmungen

Das thailändische Zollsystem von 1987 entspricht dem harmonisierten Zollsystem. Importwaren unterliegen zwei verschiedenen Abgaben: Zoll und Mehrwertsteuer. Grundlage für die Berechnung der Zollgebühr ist der CIF-Wert, der mit dem Zollsatz multipliziert und dem CIF-Wert addiert wird. Anschließend wird eine Verbrauchssteuer erhoben. Grundlage für die Berechnung der Mehrwertsteuer, die in Höhe von 7 % liegt, ist die Gesamtsumme von CIF-Wert, Zoll und der Verbrauchssteuer. Güter, die zum weiteren Export ins Land eingeführt werden, sind von der Mehrwertsteuer befreit.

Die thailändische Zollbehörde unterscheidet zwischen prohibited goods, das heißt gänzlich verbotenen Gütern, und restricted goods, das heißt reglementierten Gütern. Für den Import reglementierter Güter ist eine spezielle Importlizenz erforderlich. Reglementierte Güter sind zum Beispiel bestimmte landwirtschaftliche Produkte und Lebensmittel (insbesondere Alkohol), lebende Tiere, Medikamente, Gold, Spielautomaten, Gebrauchtwagen oder etwa Telekommunikationszubehör. (Quelle: Wirtschaftskammer Österreich)

Fazit

Als Schwellenland hat Thailand noch viel Wachstumspotenzial. Das Internet ist hier zwar angekommen, doch ein großer Teil der Bevölkerung kann über digitale Vertriebskanäle noch nicht erreicht werden. Außerdem durchleben Demokratie und Pressefreiheit regelmäßige Krisen. Für den E-Commerce ist das kein Ausschlusskriterium, doch Unternehmen, die eine Expansion nach Thailand planen, sollten wissen, dass sie hier über das Internet noch nur ein begrenztes Zielpublikum erreichen können – das der wohlhabenderen, jüngeren und digitalaffineren Bürgerinnen und Bürger, die hauptsächlich in der Metropolregion der Hauptstadt Bangkok leben. Doch Prognosen zufolge soll sich dieses Bild in nächster Zukunft schnell ändern und der digitale Handel mit zunehmendem Wohlstand progressiv nachholen.



Quellen

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

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