In dieser Ausgabe unserer Reihe „E-Commerce in …“ werfen wir einen Blick auf eine ganze Region – die Balkanstaaten. Was haben diese Länder im Hinblick auf den E-Commerce gemeinsam, wo liegen die Unterschiede, und sind sie für deutsche Onlinehändler ein lohnendes Expansionsziel? Wir werfen einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen im Jahr 2025.
Zahlen und Fakten
Der Balkan ist eine Gebirgsregion in Südosteuropa und umfasst eine ganze Reihe von Ländern, wobei der Hauptkamm des Balkangebirges in Bulgarien liegt. Griechenland ist der flächenmäßig größte Staat, danach folgen Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Kosovo, Slowenien, Albanien, Nordmazedonien und Montenegro. Außerdem gibt es noch Teilgebiete anderer Länder, welche stellenweise in das Gebiet des Balkans reichen: Türkei, Serbien, Rumänien und Ungarn.
Mit einer Gesamtfläche von etwa 500.000 Quadratkilometern – also ungefähr 1,5-mal so groß wie Deutschland – wird der Balkan von fünf Meeren umrahmt. Die Region zählt heute rund 75 Millionen Einwohner, wobei auch der europäische Teil der Türkei (8 bis 10 Millionen Menschen) zur Region gezählt wird.
Im Bereich E-Commerce hat sich die Balkansituation in den letzten Jahren erheblich verändert. Obwohl der E-Commerce in vielen Balkanländern zunächst nur langsam wuchs, ist er heute deutlich dynamischer. Insbesondere Kroatien, Griechenland, Bulgarien und Serbien haben ihre digitalen Märkte weiterentwickelt und verzeichnen deutlich steigende Umsätze.
E-Commerce in der Region 2025
Der Balkan hat sich in den letzten Jahren zu einem zunehmend wichtigen Markt im europäischen E-Commerce entwickelt, auch wenn er weiterhin hinter westlichen und zentralen europäischen Ländern zurückbleibt. Der Stand des E-Commerce variiert jedoch stark von Land zu Land. Während Staaten wie Kroatien, Griechenland und Slowenien zu den Vorreitern gehören, sind Länder wie Albanien, Bosnien und Herzegowina noch in einem frühen Entwicklungsstadium.
Dank der zunehmenden Digitalisierung und einer wachsenden Internetdurchdringung (2025 liegt diese bei etwa 85-90%) wächst der Onlinehandel in der Region rasant. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Balkanstaaten in den letzten Jahren verstärkt in ihre Infrastruktur investiert haben, hauptsächlich in Bezug auf Internetzugang und digitale Zahlungsoptionen.
Der Kosovo und Nordmazedonien haben in den letzten Jahren ebenfalls Fortschritte gemacht – der Kosovo ist mittlerweile einer der Vorreiter im Bereich der Internetnutzung, mit einer Penetrationsrate von 92%, obwohl der E-Commerce noch immer in den Kinderschuhen steckt. Die Corona-Pandemie hat auch hier einen Schub in der digitalen Transformation gebracht.
Sprachen & Lokalisierung
Die Länder des Balkans haben keine einheitliche Sprache, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Landessprachen, die aber auch teilweise über Landesgrenzen hinausgehen. In Schulen wird meist Deutsch, Englisch und Russisch als Zweitsprache unterrichtet. In wenigen touristisch belebten Gegenden (z.B. in Bulgarien) wird auch Deutsch gesprochen. Diese Sprachen sind dort folglich vertreten, aber nicht so weit verbreitet, dass sie als einzige Sprache für den E-Commerce verwendet werden können. Um im Balkan erfolgreich handeln zu können, sollte je nach Zielland die entsprechende Landessprache gewählt werden oder zumindest Englisch, Deutsch und/oder Russisch angeboten werden.
Währungen und Zahlungsmethoden
Die Bewohner der Balkanländer sind bezüglich der Zahlungsmethoden recht konservativ eingestellt. Das beliebteste Zahlungsmittel ist in der Balkanregion immer noch das Bargeld. Die Währungslandschaft im Balkan ist bunt gemischt. In einigen Ländern wie Griechenland, Kroatien, Slowenien und Montenegro wurde der Euro eingeführt. Andere Staaten wie Serbien, Albanien, Nordmazedonien und Bosnien und Herzegowina nutzen weiterhin ihre eigenen Währungen oder haben eine enge Bindung an den Euro (wie Bulgarien mit dem Lew oder Bosnien-Herzegowina die Konvertible Mark (KM – offizielle Abkürzung BAM)). Diese Unterschiede müssen bei der Preisgestaltung und den Zahlungsmethoden berücksichtigt werden.
Die Balkanstaaten haben in den letzten Jahren ihre digitalen Zahlungsoptionen ausgebaut. Trotz eines geringen Anteils an Kreditkartenzahlungen (20-25%), wächst die Nutzung von digitalen Wallets und mobilen Zahlmethoden (wie Google Pay und Apple Pay), besonders in den urbanen Zentren. In einigen Ländern gibt es auch lokale Zahlungsmethoden wie EasyPay und ePay, die zunehmend populär werden. Die Nutzung von PayPal oder Payoneer bleibt im Kosovo jedoch aufgrund der Nichtmitgliedschaft auf der Plattform eine Herausforderung. Möglicherweise gelingt es aber dem Kosovo im Jahr 2025, Vollmitglied von SEPA zu werden, was Bürgern und Unternehmen Einsparungen von rund 55 Millionen Euro pro Jahr ermöglichen könnte.
Versand und Zölle
Der Handel in den Balkanstaaten hat sich nach den Herausforderungen der letzten Jahre stabilisiert. Einige der politischen Unsicherheiten, die den Handel in der Vergangenheit behindert haben, wurden durch neue regionale Handelsabkommen und ein stärker integriertes europäisches Netzwerk verbessert. Allerdings existieren immer noch Unterschiede zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und den Nicht-EU-Ländern.
Ein positives Beispiel ist das „Mini-Schengen-Abkommen“ („Open Balken“), das darauf abzielt, den Warenverkehr in der Region zu vereinfachen und Zollformalitäten zu reduzieren. Dennoch bestehen nach wie vor logistische Hürden wie lange Lieferzeiten und grenzüberschreitende Bürokratie, die vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen eine Herausforderung darstellen. Beim Export in die Balkanländer, egal ob EU oder Nicht-EU, sind bestimmte Handelsrichtlinien und Genehmigungspflichten zu beachten.
Wichtigste Branchen, Produkte und Zahlungsmethoden
Die Modebranche bleibt das größte Marktsegment im Balkan-E-Commerce, mit einem geschätzten Umsatz von etwa 350 Millionen Euro jährlich. Neben Bekleidung sind Sportartikel, Haushaltswaren, Elektronik, Lebensmittel und Reisen gefragt. Besonders in Kroatien und Griechenland hat sich der Markt für Elektronik stark entwickelt, und auch der digitale Medienmarkt boomt in Ländern wie Serbien und Bulgarien.
Ein bemerkenswerter Trend ist die zunehmende Nachfrage nach nachhaltigen Produkten. Die Verbraucher im Balkan zeigen ein wachsendes Interesse an umweltfreundlichen Produkten, was auch für Onlinehändler eine interessante Gelegenheit bietet.
Fazit
Der E-Commerce in den Balkanstaaten hat in den letzten Jahren eine beeindruckende Entwicklung durchlaufen und zeigt eine vielversprechende Wachstumsdynamik. Der Markt ist noch jung, bietet jedoch für deutsche Onlinehändler zahlreiche Chancen – vor allem in den Bereichen Mode, Elektronik und nachhaltige Produkte.
Die sprachliche Vielfalt, die unterschiedlichen Währungen und die unterschiedlichen Steuersysteme stellen jedoch nach wie vor Herausforderungen dar, insbesondere in Bezug auf Lokalisierung und Versand. Wer diese Hürden überwinden kann, findet jedoch auf dem Balkan ein aufstrebendes Marktumfeld mit einer stetig wachsenden Nachfrage und einem zunehmend offenen digitalen Handel.
Insgesamt lässt sich sagen, dass der Balkan ein interessantes Expansionsziel für deutsche Onlinehändler darstellt – mit der richtigen Strategie und Anpassung an lokale Gegebenheiten.
Quellen
- https://exportmanager-online.de/export-und-zollrecht/trade-compliance-im-handel-mit-den-balkanlaendern-14683/ (Stand vom 11.03.2021)
- https://www.gtai.de/gtai-de/trade/zoll/zollmeldung/kosovo/kosovo-ermaessigter-mehrwertsteuersatz-und-steuerbefreiungen-55016 (Stand vom 29.03.2021)
- https://awieatlas.de/balkan-laender/ (Stand vom 15.03.2021)
- https://ecommercenews.eu/ecommerce-in-europe/ecommerce-in-bulgaria/ (Stand vom 15.03.2021)
https://www.logistik-express.com/trade-compliance-im-handel-mit-den-balkan-laendern/ (Stand vom 18.03.2021) - https://www.transglobalexpress.de/news/499/ (Stand vom 07.04.21)
- https://www.mordorintelligence.com/de/industry-reports/albania-ecommerce-market (Stand 31.03.25)
- https://www.koha.net/de/tech/pse-paypal-dhe-applepay-nuk-e-pranojne-ende-kosoven-flet-guvernatori-ismaili (Stand 31.03.25)
- https://www.ekapija.com/de/news/3364714/open-balkan-ist-neuer-namen-von-mini-schengen-serbien-albanien-und-mazedonien (Stand 31.03.25)
Autor: Eurotext Redaktion
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