Die serbische Wirtschaft ist im Jahr 2024 gut gewachsen, die sinkende Inflationsrate ist ebenfalls positiv. Allerdings ist die Aussichtslage für die kommenden Jahre aufgrund Serbiens Rolle als Produktionsstandort für Westeuropa etwas unsicher. Dass lokal ansässige Unternehmen Kürzungen ihrer Produktionskapazitäten in Aussicht stellen, eröffnet Chancen für neue Marktteilnehmer. Welche Projektbereiche für deutsche Unternehmen das größte Potenzial bieten, erfahren Sie hier.
Daten und Fakten zum Industrieland Serbien
Anteil an der Wirtschaftsleistung
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Serbiens beträgt 82,3 Mrd. US-Dollar, das BIP pro Kopf liegt kaufkraftbereinigt bei rund 27.000 US-Dollar (vgl. Deutschland: 69.500 US-Dollar; Österreich: 72.000 US-Dollar). Gemessen am BIP ist Serbien damit eine der kleinsten Volkswirtschaften Europas. Ein ähnliches BIP verzeichnen Luxemburg, Kroatien und Litauen. Die Industrie hat einen Anteil von rund 23 Prozent am BIP und beschäftigt 28,2 Prozent der Erwerbstätigen. 58,5 Prozent der Bruttowertschöpfung entfallen auf den Dienstleistungssektor.
Fokusbereiche: Automobilbau, Energie, IKT
Als Industrieland ist Serbien klein und mittelständisch geprägt. Die Automobilindustrie ist eine der wichtigsten Branchen und beschäftigt landesweit rund 95.000 Menschen. Serbien wurde zunächst vor allem als Standort für die Verlagerung arbeitsintensiver Produktionsprozesse ausgewählt. Aktuell geht der Trend jedoch dahin, auch tiefgreifendere Wertschöpfung vor Ort zu realisieren. So lokalisieren beispielsweise auch deutsche Automobilzulieferer wie ZF ihre Forschung und Entwicklung im Land. 2008 startete Fiat Srbija als Nachfolgeunternehmen von Zastava und Joint Venture zwischen dem italienischen Automobilhersteller Fiat und der serbischen Regierung in Kragujevac. Seit 2012 wird dort der Fiat 500L in verschiedenen Ausführungen für den internationalen Markt produziert.
Bei der Energieversorgung Serbiens sind Kohle, Wasserkraft und Öl die wichtigsten Quellen. Nun beginnt das Land jedoch, sein Energiekonzept grundlegend zu überdenken. Ziel ist es, die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl zu verringern und die Kriterien für einen möglichen EU-Beitritt zu erfüllen. Dabei erhält Serbien gezielte Unterstützung durch seine internationalen Partner, insbesondere durch die EU.
Doch noch immer werden rund 60 Prozent des serbischen Energiebedarfs in Kohlekraftwerken gedeckt. Dem wird jedoch mit Investitionen zur Diversifizierung des Energiemixes, vor allem durch den Ausbau erneuerbarer Energien, entgegengesteuert. Bei der Wasserkraft ist Serbien bereits gut aufgestellt. Weitere Wasserkraftprojekte befinden sich in Planung, teils mit Japan, teils mit den USA als Finanzierungspartner. Aktuell stehen außerdem Wind- und Solarenergie im Fokus. Durch den Anschluss neuer Wind- und Solarparks werden die Kapazitäten laufend erweitert.
Der Informations- und Kommunikationstechnologiesektor wird in Serbien aktiv von der Regierung gefördert und hat sich seit 2011 volumenmäßig verzehnfacht. Auch von der aktuellen technologischen Entwicklung, allen voran dem Aufstieg von KI und Blockchain, profitieren die serbischen Tech-Unternehmen. Inzwischen entfallen rund sieben Prozent des serbischen BIP auf den IKT-Sektor. Deutschland gehört neben den USA, Großbritannien und der Schweiz zu den größten Abnehmern serbischer IKT-Lösungen.
Handelspartner
China ist der wichtigste ausländische Investor in Serbien. Für chinesische Konzerne ist das Land vor allem aufgrund seiner natürlichen Ressourcen und seiner Nähe zum EU-Binnenmarkt attraktiv. Unter den EU-Mitgliedstaaten ist Österreich nach den Niederlanden der zweitgrößte Investor. Deutschland folgt mit einem Anteil von vier Prozent knapp dahinter. Aktuell sind in Serbien etwa 900 überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen mit deutschem Kapital tätig. Größere Unternehmen wie Continental, ZF, Knauf oder Lidl unterhalten vor Ort eigene Produktionsstätten, Logistikflächen und Vertriebsgesellschaften.
Deutschland ist Serbiens wichtigstes Exportland, gefolgt von Bosnien-Herzegowina und China. Nach China und vor Italien ist Deutschland zudem Serbiens zweitwichtigstes Importland. Die wichtigsten Importgüter Serbiens sind elektrische Maschinen, Geräte und Einrichtungen sowie Teile davon, gefolgt von Erdöl und Erdölerzeugnissen.
Aktuelle Wirtschaftslage
Die serbische Wirtschaft ist im Jahr 2024 um 3,9 Prozent gewachsen. Nachdem das Wachstum im ersten Halbjahr bei etwa 4,7 Prozent lag, hat es sich im zweiten Halbjahr 2024 verlangsamt. Die sinkende Inflationsrate ist ebenfalls positiv. Allerdings ist die Aussichtslage für die kommenden Jahre aufgrund Serbiens Rolle als Produktionsstandort für Westeuropa etwas unsicher. So haben mehrere in Serbien ansässige Unternehmen Kürzungen ihrer lokalen Produktionskapazitäten angekündigt. Dies kann wiederum eine Chance für neue Unternehmen darstellen, da diese Kapazitäten nun wieder frei werden. Gute Geschäftschancen, auch für deutsche Unternehmen, bieten sich in verschiedenen Projektbereichen wie Energie, Umwelt und Logistikinfrastruktur nahezu im ganzen Land.
Entwicklungen: „Serbien 2027”, Weltausstellung, SEPA
Im Jahr 2025 dürften die staatlichen Investitionen der wichtigste Wachstumsmotor Serbiens sein. Der Fokus liegt dabei auf der Weltausstellung Expo 2027 und auf Bauprojekten im Wert von rund 18 Milliarden Euro. Im Rahmen des Megaplans „Serbien 2027” sind der Bau neuer Einrichtungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Forschung sowie Sport und Kultur ebenso geplant wie der Ausbau der Verkehrswege.
Die Großprojekte dürften der serbischen Bauwirtschaft weiteren Schwung verleihen und Investoren aus dem Ausland anziehen. Doch diese zeigen sich derzeit zurückhaltend. Im Vergleich zu den Vorjahren blieb das Wachstum zum Jahresende 2024 und zu Beginn des Jahres 2025 hinter den Erwartungen zurück. Auch die Besucherzahlen sind rückläufig – ein Zeichen, dass sich die innenpolitische Unruhe inzwischen auch in der Wirtschaft widerspiegelt.
Ein Lichtblick ist der für das Jahr 2026 geplante Beitritt Serbiens zur Single European Payment Area (SEPA), wodurch der grenzübergreifende Zahlungsverkehr mit EU-Ländern einfacher und günstiger werden soll. Die sinkenden Transaktionskosten dürften ausländische Direktinvestitionen wieder ankurbeln.
Internationalisierung
Die Amtssprache Serbiens ist Serbisch. Bis zum Zerfall Jugoslawiens im Jahr 1991 wurden Serbisch, Bosnisch, Kroatisch und Montenegrinisch als Varietäten einer gemeinsamen Sprache, des Serbokroatischen, zusammengefasst. Noch heute können sich die Sprecherinnen und Sprecher dieser vier slawischen Sprachen problemlos verständigen, es gibt jedoch Unterschiede in der Aussprache und im Wortschatz.
Die Frage, ob es sich dabei um eigenständige Sprachen oder vielmehr um Varianten derselben Sprache handelt, ist nach wie vor hochpolitisch. Bei einer Expansion nach Serbien ist eine professionelle Übersetzung notwendig, um kulturelle Unterschiede sicher zu meistern und auch nicht-sprachliche Aspekte zu berücksichtigen, die für eine verhandlungssichere Kommunikation mit Partnern und Kunden ebenfalls wichtig sind, wie z. B. die andere Währung und Maßeinheiten. Bei Texten wie Werbetexten, die sich direkt an das Zielpublikum, den Kunden, richten und nicht nur Information, sondern auch Kaufanreiz sein sollen, empfiehlt sich eine freie, kreative Übersetzung durch spezialisierte Fachübersetzer. Ob eine KI-Übersetzung eine realistische Alternative sein kann, hängt vom Einzelfall ab: Textsorte, Textmenge, Qualitätsniveau, Zielgruppe etc.
Zollbestimmungen und Handelsabkommen
Für Serbien gilt das harmonisierte Zollsystem. Zollbemessungsgrundlage ist der reale Warenwert. Für Agrarwaren, Lebensmittel und Getränke aus der EU mit Bestimmungsort Serbien gelten aufgrund des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens der EU mit Serbien Präferenzzollsätze. Voraussetzung für die Inanspruchnahme dieses Zollvorteils ist der Nachweis des Präferenzursprungs. Für viele gewerblich-industrielle Waren fallen zudem keine Zollabgaben an.
Fazit
Die serbische Wirtschaft ist im Jahr 2024 gut gewachsen. Im Vergleich zu den Vorjahren fiel das Wachstum zum Jahresende 2024 und zu Beginn des Jahres 2025 jedoch geringer aus als erwartet. Verantwortlich dafür dürften die innenpolitische Unruhe und die Streiks sein, an denen sich insbesondere viele kleine Unternehmen beteiligen. Mehrere in Serbien ansässige Unternehmen stellen deshalb Kürzungen ihrer lokalen Produktionskapazitäten in Aussicht. Dies eröffnet zugleich Chancen für neue Marktteilnehmer. Für deutsche Unternehmen bestehen vor allem in den Projektbereichen Energie, Umwelt und Logistikinfrastruktur landesweit gute Geschäftschancen. Besonders vielversprechend sind dabei Aufträge im Zusammenhang mit der Weltausstellung Expo 2027 sowie Bauprojekte im Gesundheits-, Bildungs- und Forschungssektor.
Quellen
- Germany Trade & Invest: Externe und interne Krisen bremsen Serbiens Wirtschaftswachstum [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
- Germany Trade & Invest: Rund 18 Milliarden Euro für Serbiens Sprung in die Zukunft [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
- Germany Trade & Invest: Serbien bleibt als Wirtschaftsstandort auf dem Westbalkan führend [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
- Statista: Anteile der Wirtschaftssektoren am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Serbien bis 2024 [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
- Statista: Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in Serbien bis 2030 [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
- Statista: Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Serbien bis 2030 [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
- Statista: Wichtigste Exportgüter für Serbien 2024 [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
- Statista: Wichtigste Exportländer für Serbien 2024 [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
- Statista: Wichtigste Importgüter für Serbien 2024 [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
- Statista: Wichtigste Importländer für Serbien 2024 [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
- Wirtschaftskammer Österreich: Länderprofil Serbien [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
- Wirtschaftskammer Österreich: Serbien: Export und Import [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
- Wirtschaftskammer Österreich: Wirtschaftsbericht Serbien [zuletzt aufgerufen am 18.08.2025]
Weiterführende Links
Autor: Eurotext Redaktion
Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.
Bitte beachten Sie: Auch wenn wir in unseren Beiträgen gelegentlich Rechtsthemen ansprechen, stellen diese keine Rechtsberatung dar und können eine solche auch nicht ersetzen. Wenn Sie konkrete Fragen haben, lassen Sie sich bitte von einem Anwalt beraten.