Aus der Schweiz kennt man vor allem die bekannten Großkonzerne mit renommierten Handelsnamen, die etwa in der Nahrungsmittel- oder Pharmaindustrie weltweit tätig sind. Doch eigentlich ist die Unternehmenslandschaft in der Schweiz weitaus komplexer. Die große Mehrheit der Schweizer Unternehmen sind klein bis mittelgroß. Kompetitiv und innovationsfreudig – auch im internationalen Vergleich – sind sie auf jeden Fall. Der bilaterale Handel zwischen der EU und der Schweiz wird durch eine Reihe von Abkommen erleichtert – hier könnte sich doch in nächster Zeit einiges ändern. Mehr dazu lesen Sie in diesem Beitrag.

Daten und Fakten zum Industrieland Schweiz: Anteil an der Wirtschaftsleistung, wichtigste Branchen und Handelspartner

Das Schweizer Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt rund 780 Mrd. Schweizer Franken, das BIP pro Kopf rund 88.200 Schweizer Franken (vgl. Deutschland: 46.150 Euro; Frankreich: 42.410 Euro). Damit gehört die Schweiz zu den wohlhabendsten Ländern der Welt. Der Großteil des Schweizer Bruttoinlandsprodukts wird im Gewerbe- und im Dienstleitungssektor erwirtschaftet. Die Industrie inklusive Baugewerbe ist für 25,3 Prozent, der Dienstleistungssektor inklusive Handel für 74 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung verantwortlich.

Aus der Schweiz kennt man vor allem Großkonzerne wie Nestlé, Lindt, Givaudan, Novartis oder Roche. Auch die Schweizer Uhren- und Luxusgüterindustrie erfreut sich weltweiter Bekanntheit, etwa mit Swatch, Rolex und Richemont. Doch eigentlich ist die Schweizer Unternehmenslandschaft sehr klein und mittelständisch geprägt. Zu den kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) mit bis zu 249 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zählen nämlich 99 Prozent aller Schweizer Betriebe. Zwei Drittel der Erwerbstätigen in der Schweiz sind hier beschäftigt.

Die Schweizer Industrie produziert hochwertige Güter. Medizintechnikprodukte, Pharmazeutika, Präzisionsinstrumente oder Luxusuhren sind einige Beispiele. Zu den wichtigsten Branchen gehören die Nahrungsmittelindustrie, die Pharmaindustrie sowie die Medizintechnik, die chemische Industrie und die Luxusgüterindustrie.

Deutschland ist für die Schweiz ein sehr wichtiger Handelspartner, sowohl im Hinblick auf die Importe (27,3 %) als auch auf die Exporte (15,7 %). Weitere wichtige Import- und Exportländer sind Italien (Importe: 9,1 %; Exporte: 7,4 %), Frankreich (I: 8,6 %; E: 5,8 %), China (I: 8,7 %; E: 5,7 %), die Vereinigten Staaten (I: 6,5 %; E: 18,3 %), Spanien (I: 3,8 %; E: 3,6 %), Österreich (I: 4,7 %; E: 2,7 %) und Japan (E: 3,3 %).

Aktuelle Wirtschaftslage: Konjunkturergebnis 2022, Chemie- und Pharmakonzerne krisenresistent, USA weiterhin wichtigstes Exportland

Nach einem Wachstum von +4,2 Prozent im noch stark von der Pandemie geprägten Jahr 2021 konnte die Schweizer Wirtschaft um weitere 2,1 Prozentpunkte im Jahr 2022 wachsen. Auch im internationalen Vergleich konnte sich die Schweizer Wirtschaft trotz Finanzkrise und Preissteigerung insgesamt relativ schnell erholen. Der Wiederaufschwung in der Industrie wurde jedoch durch die internationale Konjunktur noch stark gebremst – erst im 1. Quartal 2023 ließ sich eine leichte Verbesserung erkennen, bedingt durch den gestiegenen Privatkonsum. Für das Jahr 2023 wird mit einem kaum zufriedenstellenden BIP-Wachstum von +1,1 Prozent gerechnet.

Vor allem die Chemie- und die Pharmaindustrie haben sich im Pandemiejahr 2020 und in den folgenden Jahren besonders krisenresistent gezeigt. Auf diesen Branchen stützt sich schließlich die Schweizer Industrie – vor allem im internationalen Umfeld. Die globalen Engpässe infolge des Ukraine-Krieges und der damit zusammenhängenden Energiekrise wirkten sich vor allem auf die Maschinen-, die Elektro- und die Metallherstellung negativ aus. Die Lieferengpässe führten in der Schweiz – wie auch international – zu einer starken Erhöhung der Preise. Teile des verarbeiteten Gewerbes verzeichneten deshalb Produktionsrückgänge. Insgesamt aber war die Schweizer Industrie, vor allem die Chemie- und die Pharmaindustrie, wenig von der globalen Konjunktur betroffen – jedenfalls weniger als die deutsche Automobilindustrie.

Die Vereinigten Staaten sind weiterhin der wichtigste Absatzmarkt für Schweizer Exporte. Im Jahr 2021 haben die Vereinigten Staaten Deutschland als wichtigsten Warenabnehmer abgelöst – der Trend setzte sich auch im Jahr 2022 mit einem Plus von 7,8 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr fort. Auch Asien, vor allem China, nimmt von Jahr zu Jahr eine immer größere Rolle als Exportland ein (2022: +8,6 %). Die größten Umsätze werden wieder von den großen Chemie- und Pharmakonzernen getätigt.

Entwicklungen: Neuerungen bei der MepV, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation

Die Europäische Union hat das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertung bei Medizinprodukten (Mutual Recognition Agreement, MRA) mit der Schweiz nicht aktualisiert. Das Abkommen soll den bilateralen Handel in vielen Schlüsselbereichen erleichtern und ist somit eines der wichtigsten Abkommen zwischen der EU und der Schweiz. Dadurch, dass das Abkommen nicht aktualisiert wurde, betrachtet die EU die Schweiz in Bezug auf die Medizinprodukteregulierung (MDR) seit 26. Mai 2021 als Drittstaat. Die gegenseitige Anerkennung von Zulassung und Inverkehrbringung von Medizinprodukten muss nun neu geregelt werden.

In Bezug auf Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit ist die Schweiz im internationalen Vergleich Spitzenreiterin. Im Global Competitiveness Report des World Economic Forum (WEF) lag die Schweiz 2022 auf dem ersten Platz, im IMD World Competitiveness Yearbook auf dem zweiten Platz. Beide Rankings werden in der Schweiz erstellt. Entscheidend für die ausgezeichneten Platzierungen seien unter anderem die wirtschaftsfreundlichen Rahmenbedingungen, die Attraktivität für Talente aus dem Ausland sowie die große Innovationsfreudigkeit Schweizer Unternehmen.

Internationalisierung

Die Schweiz hat vier Amtssprachen – Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. Die Mehrsprachigkeit wird im Alltag der Schweizerinnen und Schweizer gelebt und gepflegt. Somit ist sie auch für die Wirtschaft prägend. Etwa technische Dokumentation, zulassungsrelevante Unterlagen und Marketingtexte, die für den Schweizer Markt bestimmt sind, müssen somit in die jeweiligen Zielsprachen übersetzt werden – am besten gleich in die drei Wirtschaftssprachen der Genossenschaft: Deutsch, Französisch und Italienisch.

Aus sprachlicher Sicht gibt es in der Schweiz einiges zu beachten. Die Unterschiede zwischen dem Bundesdeutschen und der Schweizer Variante des Deutschen gehen weit über die Rechtschreibung hinaus und betreffen vor allem den Wortschatz. Ähnliches gilt für das Französische und das Italienische. Somit ist die fremdsprachliche Adaption etwa von Marketingtexten, die das Schweizer Publikum ansprechen und zum Kauf animieren sollen, eine besonders sensible Aufgabe, die spezialisierten Fachübersetzerinnen und Fachübersetzer anvertraut werden sollte, die selbst die komplexesten Fachtexte sicher in die Zielsprache übertragen können.

Gesetzliche Rahmenbedingungen: Import- und Zollbestimmungen, Handelsabkommen mit der EU, Verpackungsvorschriften, Herkunftsangabe

Für Waren gewerblicher und industrieller Produktion mit nachgewiesenem EU-Ursprung besteht im Rahmen des Freihandelsabkommens durch die Mitgliedschaft der Schweiz in der EFTA Zollfreiheit. Es ist zu beachten, dass seitdem die Schweiz die Verhandlungen zum institutionellen Rahmenabkommen mit der EU mit Ende Mai 2021 beendet hat, über die weitere Vorgehensweise zum bilateralen Handel verhandelt wird.

Das Schweizer Zollsystem ist im Wesentlichen ein Gewichtszollsystem. Maßgebend für die Verzollung ist somit das Eigengewicht der Ware einschließlich der Verpackung sowie des etwaigen Füllmaterials. Somit ist die Verpackung ein wichtiger Bestandteil der Ware, da sie mit verzollt und versteuert wird.

Es ist weiters auf die Richtigkeit der Herkunftsangabe zu achten, da eine missbräuchliche Verwendung von Ursprungsbezeichnungen wie „schweizerisch“ oder „Made in Switzerland“ rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Dies betrifft auch etwaige fremdsprachliche Übersetzungen der Herkunftsangabe.

Fazit

Aus der Schweiz kennt man vor allem die bekannten Großkonzerne mit renommierten Handelsnamen, die etwa in der Nahrungsmittel- oder Pharmaindustrie weltweit tätig sind. Doch eigentlich ist die Unternehmenslandschaft in der Schweiz weitaus komplexer. Die große Mehrheit der Schweizer Unternehmen sind klein bis mittelgroß. Ihr Schwerpunkt liegt bei der Produktion hochwertiger Güter. Deutschland ist für die Schweiz nach wie vor ein sehr wichtiger Handelspartner, wurde aber 2021 von den Vereinigten Staaten als wichtigster Absatzmarkt für Schweizer Exporte abgelöst. Inzwischen handelt die Schweiz auch mehr mit Asien – vor allem mit China – sowie weiterhin mit den benachbarten EU-Ländern Frankreich und Italien. Der bilaterale Handel zwischen der EU und der Schweiz wird durch eine Reihe von Abkommen erleichtert – hier müssen Interessenten allerdings aufpassen, da sich in nächster Zeit einiges ändern könnte.



Quellen

Weiterführende Links

Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 26. Mai 2021

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

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