La dolce vita: In Italien lebt es sich einfach besser… und länger. Sage und schreibe 22.000 Über-Hundertjährige zählt das Land. Doch auch das Gesundheitssystem ist in die Jahre gekommen. Nicht zuletzt die Coronapandemie hat Verbesserungspotenziale offengelegt und ein Umdenken angestoßen. Lesen Sie in unserem aktuellen Blog, wie eine Verjüngungskur im spannenden Gesundheitsmarkt vielfältige Umsatzchancen verspricht.

Bevölkerung

Mit knapp 61 Millionen Einwohner*innen ist Italien die drittgrößte Volkswirtschaft der Europäischen Union (EU). Die Lebenserwartung gehört zu den höchsten der Welt: Italiener*innen werden im Durchschnitt 82,6 Jahre alt (vor der Pandemie sogar rund 84 Jahre), während es in Deutschland lediglich 81,9 Jahre sind. Dabei gibt es allerdings große Unterschiede: Neben dem Geschlecht (Frauen werden tendenziell älter) hängt die Lebenserwartung auch stark vom sozioökonomischem Status und der Region ab. Italien ist geprägt von einem starken Nord-Süd-Gefälle: 2019 war die Lebenserwartung von Frauen, die in der südlichen Region Kampanien geboren wurden, 2,7 Jahre niedriger als die von Frauen im nördlichen Trient.

Bei der Selbsteinschätzung der Gesundheit liegt Italien leicht über dem EU-Durchschnitt. Etwa drei Viertel (73 %) der italienischen Erwachsenen gibt an, bei guter Gesundheit zu sein. Jeder sechste italienische Erwachsene (16 %) leidet jedoch an mindestens einer chronischen Erkrankung und dieser Anteil steigt mit zunehmendem Alter. Auch hier zeigen sich die Auswirkungen der alternden Bevölkerung. 2023 war in Italien jede*r Vierte 65 Jahre oder älter (24,1 %).

Zu den wesentlichen Gesundheitsproblemen zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die für 35 % aller Todesfälle verantwortlich sind, gefolgt von Krebs mit 27 %. Betrachtet man spezifische Krankheiten, so waren 2018 ischämische Herzkrankheiten (etwa 10 %) und Schlaganfälle (etwa 9 %) die häufigsten Todesursachen, gefolgt von Lungenkrebs, der nach wie vor an der Spitze der krebsbedingten Mortalität steht.

Einen wesentlichen Einfluss auf die Sterblichkeit in Italien haben gesundheitliche Risikofaktoren. Während der Tabakkonsum bei Erwachsenen in den letzten zehn Jahren zurückgegangen ist, gaben 2018 fast 30 % der 15-Jährigen an, dass sie im letzten Monat geraucht haben. Auch die körperliche Inaktivität ist sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen relativ hoch und trägt zu Übergewicht und Fettleibigkeit bei.

Gesundheitsmarkt

Italien verfügt über ein universelles öffentliches Gesundheitssystem, das allen Einwohner*innen einen weitestgehend kostenfreien Zugang zu Arztpraxen und Kliniken ermöglicht. Es basiert auf dem sogenannten Beveridge-System. Im Gegensatz zum Bismarck-Modell in Deutschland (organisiert über die Sozialversicherung) wird das Gesundheitssystem in Italien aus Steuern finanziert.

Zusätzlich zur kostenfreien Grundversorgung durch einen Haus- oder Kinderarzt garantiert das System ein Anrecht auf fachärztliche Betreuung, Laboruntersuchungen und Diagnostik, für die in der Regel lediglich ein geringer Eigenanteil (das sogenannte „Ticket“) zu entrichten ist. Für zahnärztliche Versorgungen müssen Patient*innen jedoch generell selbst aufkommen.

Vom nationalen Gesundheitsdienst (Servizio Sanitario Nazionale, SSN) werden grundlegende Aspekte des Gesundheitswesens auf nationaler Ebene festgelegt. Die Finanzierung und die praktische Umsetzung wird aber weitgehend von den einzelnen Regionen, ihren Regierungen und den örtlichen Gesundheitsdiensten übernommen. Dementsprechend haben sich mitunter große Unterschiede in den 20 Regionen des Landes entwickelt und zu einem starken Gefälle zwischen dem reichen Norden und dem wirtschaftlich schwachen Süden geführt. Gerade im Süden Italiens kommt es teilweise zu langen Wartezeiten für Facharzttermine. Um dies zu umgehen, nutzen manche Einwohner*innen auch privatärztliche Angebote, die sie entweder aus der eigenen Tasche oder über eine Versicherung bezahlen. Etwa 11 Millionen Italiener*innen verfügen über eine private Krankenversicherung, was im internationalen Vergleich eher gering ist.

Im Gesundheitsmarkt des Landes haben sich die italienischen Hersteller auf spezifische Segmente der Medizintechnik spezialisiert, zum Beispiel Heimpflege-Equipment, Remote-Monitoring-Systeme, Kardiologie- und Dialyse-Geräte, aber auch Sterilisationsausrüstung, Herzschrittmacher, Zahnprothesen, Brillengläser und Kontrastmittel für die bildgebende Diagnostik. Der Großteil der im Inland benötigten Medizinprodukte wird allerdings aus dem Ausland importiert, unter anderem aus den Niederlanden, Frankreich, Deutschland, Belgien und den USA.

Trends

Im Rahmen der Nutzung europäischer Fördermittel für den Wiederaufbau nach der Coronakrise legt die italienische Regierung einen bewussten Schwerpunkt auf die Gesundheitswirtschaft. Das Hauptziel besteht darin, eine angemessene Versorgung für die alternde Bevölkerung sicherzustellen, wobei der Fokus stärker auf den individuellen Bedürfnissen der Patient*innen liegen soll als bisher.

So möchte Italien aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU rund 15,6 Milliarden Euro in den Gesundheitssektor investieren. Davon sind 7 Milliarden Euro für die Umsetzung einer der entscheidenden Lehren aus der Coronakrise reserviert: die Vermeidung unnötiger Krankenhauseinweisungen. Damals führte unter anderem die unkontrollierte Vermischung von Patient*innen mit Covid-19 sowie mit chronischen Erkrankungen zu einem drastischen Anstieg der Infektionen.

Über Telemedizin, digitale Tools für die Remote-Echtzeitbehandlung sowie alltagsunterstützende Assistenzlösungen, die Älteren und Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen (Stichwort Ambient Assisted Living), sollen Patient*innen möglichst lange zu Hause versorgt und betreut werden. Auch die Integration der elektronischen Gesundheitsakte (Fascicolo Sanitario Elettronico) soll erweitert werden und Gesundheitsdokumente sollen zentral auf interoperablen Plattformen verwaltet werden, anstatt auf regionale Einzellösungen zu setzen.

Hierzu werden 300 Millionen Euro in die technische Infrastruktur und IT für die Überwachung, Simulation und Prognose, wie beispielsweise zur Früherkennung künftiger Pandemien, investiert. 520 Millionen fließen in die biomedizinische Forschung. Darüber hinaus werden innovative Start-ups, insbesondere im Biopharma-Bereich, durch Investitionen und gezielte Steuererleichterungen gefördert.

Ebenfalls aus dem Aufbau- und Resilienzfonds der EU will Italien in zwei Beschaffungsrunden bis Ende 2024 über 1 Milliarde Euro für die Modernisierung der medizintechnischen Ausrüstung investieren, u. a. in MRT-Geräte, Linearbeschleuniger für die Strahlentherapie, radiologische Systeme, Gammakameras, Mammografie- und Ultraschallgeräte. Für die Digitalisierung der Notfallzentren sind insgesamt 1,5 Milliarden Euro vorgesehen.

Gesetzliche Rahmenbedingungen und Regularien

Vor der Reform 1978 basierte das Gesundheitswesen in Italien in erster Linie auf privaten Krankenversicherungen, die Krankenhausträger waren meist kirchliche Wohlfahrtsorganisationen oder Universitätskliniken. Im Rahmen der Reformmaßnahmen wurde dann ein regional organisierter nationaler Gesundheitsdienst, der Servizio Sanitario Nationale, eingeführt. Da dieser in den Regionen sehr unterschiedlich aufgestellt ist, hat sich über die Jahre ein starkes Nord-Süd-Gefälle ausgeprägt und die Versorgungsqualität ist im reichen Norden insgesamt besser ist als im ärmeren Süden.

Um Medizinprodukte, zu denen auch digitale Anwendungen wie Apps mit medizinischem Zweck zählen, auf dem italienischen Markt vertreiben zu dürfen, müssen diese über eine CE-Kennzeichnung verfügen. Außerdem müssen sie beim italienischen Gesundheitsministerium ein komplexes Registrierungsverfahren durchlaufen und in eine Datenbank, das Repertorio dei Dispositivi Medici, eingetragen zu werden. Die Eintragung ins Repertorio ist Voraussetzung dafür, dass das Produkt für den Leistungskatalog der Gesundheitsdienste berücksichtigt werden kann.

Für die Zulassung von Arzneimitteln ist in Italien die Agenzia Italiana del Farmaco (AIFA) zuständig, die dem Gesundheitsministerium angegliedert ist. Von der AIFA werden auch die pharmazeutischen Produktionsstätten und Herstellungsqualität kontrolliert und sie ist für die Prüfung der Arzneimittelsicherheit, der Anwendungsgebiete und des Erstattungsrahmens verantwortlich. Bei den Preisverhandlungen für die Erstattung haben auch hier die Regionen ein Mitspracherecht.

Gesundheitsmarkt in der EU und international

Jeder Mitgliedstaat in der Europäischen Union (EU) gestaltet seine Gesundheitspolitik grundsätzlich selbst. Auf EU-Ebene werden jedoch entsprechende Richtlinien und Verordnungen erlassen, die als Rahmen dienen und in nationale Gesetze integriert werden müssen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Medizinprodukteverordnung (Verordnung (EU) 2017/745), oft als MDR abgekürzt, die die Anforderungen für sämtliche Medizinprodukte auf dem europäischen Binnenmarkt festlegt. Die Zulassung für Medizinprodukte erfolgt auf Basis einer Konformitätserklärung (CE-Kennzeichnung). Die Prüfung im Rahmen der Konformitätsbewertung wird auch in Italien von sogenannten benannten Stellen durchgeführt.

Im Bereich der Arzneimittelzulassung gibt es für Hersteller zwei Optionen: die Zulassung auf nationaler Ebene (in Italien durch die AIFA) oder über das zentrale Zulassungsverfahren der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA). Der Vorteil des zentralen Antragsverfahrens besteht darin, dass die Zulassung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EU, Island und Norwegen) mit nur einem Antrag erreicht werden kann, was für den Hersteller deutlich weniger Aufwand bedeutet.

Internationalisierung

Durch die Internationalisierung erhalten italienische Krankenhäuser und Gesundheitsdienste die Gelegenheit, ihr Leistungsangebot auch im Ausland gegenüber Patient*innen zu präsentieren. Die Übersetzung von wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Schulungsmaterialien eröffnet auch im Bereich der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften die Möglichkeit, von den Erfahrungen und bewährten Verfahren anderer Länder zu lernen und so die Qualität der medizinischen Versorgung insgesamt zu steigern.

Übersetzungen werden im gesamten Lebenszyklus von Medizinprodukten, Arzneimitteln, Nahrungsergänzungsmitteln und Gesundheits- sowie Lifestyle-Produkten benötigt. Die Anforderungen an den Text unterscheiden sich dabei nach Zielgruppe (Behörden, Fachpersonal oder Laien), Zweck (regulatorischer Bereich, Marketing, Patientenaufklärung, usw.) sowie Textsorte und Kommunikationskanal. Um dieses Spektrum abzudecken, benötigen Fachübersetzer*innen nicht nur eine solide Ausbildung, sondern auch ein hohes Maß an sprachlichem Fingerspitzengefühl, Erfahrung und umfassendes Wissen im jeweiligen Fachgebiet.

Werden beispielsweise Patient*innen oder Verbraucher*innen direkt adressiert, sei es in Informationsportalen, Broschüren, Social-Media-Beiträgen oder Blogs, ist es wichtig, dass die Übersetzung leicht verständlich ist. Ärzte-Kauderwelsch ist hier ebenso fehl am Platz wie lange Schachtelsätze. Gleichzeitig sollten die Informationen für die Leser*innen ansprechend sein und Vertrauen schaffen. Im Marketing-Bereich kann es daher sinnvoll sein, neben der Fachübersetzung eines vorhandenen Textes eine Adaption anhand eines Briefings von erfahrenen Marketing-Übersetzer*innen anfertigen zu lassen.

Für den italienischen Markt sind zusätzlich zur Amtssprache Italienisch noch weitere regionale Amtssprachen relevant, wie das Französische im Aostatal, das Deutsche in der Region Trentino-Südtirol, das Ladinische in mehreren Tälern Oberitaliens sowie das Slowenische/Furlanische im Nordosten. Zudem gibt es noch weitere regionale Dialekte, die von Bedeutung sind, wie Sardisch, Sizilianisch oder Okzitanisch. Zu den wichtigen Einwanderersprachen zählen Rumänisch, Arabisch (Marokkanisch) und Albanisch.

Fazit

Angesichts der umfassenden Förderpläne, die bis 2023 Investitionen von rund 20 Milliarden Euro umfassen, und des dringenden Modernisierungsbedarfs ist davon auszugehen, dass sich viele Segmente im Gesundheitsmarkt insgesamt positiv entwickeln werden. Hierzu gehören insbesondere die Bereiche Medizintechnik, Digital Health sowie Biotech und Arzneimittel.

Für deutsche Unternehmen bietet Italien, speziell für Medizintechnik, aufgrund seiner Bevölkerungszahl und der überdurchschnittlichen Kaufkraft einen Absatzmarkt mit großem Potenzial. Aus italienischer Perspektive ist Deutschland nach wie vor der wichtigste Handelspartner. Hindernisse bestehen nach wie vor bei der regional fragmentierten Beschaffung, für die lokale Expertise unerlässlich ist.

In diesem Zusammenhang können Übersetzungen ein wichtiges Hilfsmittel sein und über den kommerziellen Erfolg und Misserfolg eines Produkts entscheiden. Fehler oder irreführende Anweisungen wären verheerend, da sie die Sicherheit von Patient*innen und Anwender*innen gefährden und das Unternehmen immensen Haftungsrisiken aussetzen.

Um in der anspruchsvollen Medizinbranche bestehen zu können, brauchen Unternehmen einen qualifizierten Sprachdienstleister an ihrer Seite. Sie verfügen über die notwendige sprachliche und kulturelle Expertise und auch das relevante medizinische Fachwissen. Außerdem unterstreicht eine präzise und fehlerfreie Kommunikation den Qualitätsanspruch des Unternehmens und stärkt das Vertrauen in die Marke.

Quellen

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.

 

Bitte beachten Sie: Auch wenn wir in unseren Beiträgen gelegentlich Rechtsthemen ansprechen, stellen diese keine Rechtsberatung dar und können eine solche auch nicht ersetzen. Wenn Sie konkrete Fragen haben, lassen Sie sich bitte von einem Anwalt beraten.