Aufgrund seiner günstigen Lage im Herzen Mitteleuropas, am Dreieck dreier Sprachgruppen und Kulturen, ist das Land Österreich ein wichtiger Wirtschaftsstandort – und aus der Sicht deutscher Unternehmen ein wesentlicher Zielmarkt, denn rund 35 % der österreichischen Warenimporte werden aus Deutschland geliefert. Welche Merkmale den österreichischen E-Commerce kennzeichnen und was Unternehmen im Hinblick auf den digitalen Handel in Österreich beachten müssen, zeigen wir hier.
Zahlen und Fakten über das Land Österreich
Deutschlands Nachbar im Süden ist mit seiner Fläche von rund 83,900 km2 nicht unbedingt das größte unter den EU-Ländern, aufgrund seiner Nähe zu weiteren Bezugsmärkten sowie seiner effizienten Logistikinfrastruktur, seinen soliden Beziehungen zu den angrenzenden Ländern Italien und Slowenien und nicht zuletzt wegen der gemeinsamen Sprache ein wichtiger Wirtschaftsstandort und ein naheliegendes Expansionsziel.
Die semipräsidentielle Republik mit Hauptstadt Wien setzt sich aus 8 Bundesländern zusammen und beheimatet ca. 8,9 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner. Von diesen leben fast 2 Mio. in der Bundeshauptstadt, weitere wichtige Städte Österreichs sind Graz (Steiermark) mit 290.000, Linz (Oberösterreich) mit 210.000, Salzburg mit 160.000 und Innsbruck (Tirol) mit 130.000 Einwohnerinnen und Einwohnern.
Seit 1995 ist Österreich Mitglied der EU. 1997 unterzeichnete Österreich das Schengener Abkommen und wurde Teil des Europäischen Binnenmarkts. 1999 ersetzte der Euro den österreichischen Schilling.
Gleiche Sprache bis auf einige Unterschiede
Deutschen Händlerinnen und Händlern, die nach Österreich expandieren möchten, bleibt die Übersetzung wichtiger Dokumente wie etwa Begleitpapiere und Bedienungsanleitungen erspart. Somit verbindet die gemeinsame Sprache Deutschland und Österreich und fördert die Beziehung zwischen den zwei Ländern. Manchmal aber trennt die gemeinsame Sprache, anstatt zu verbinden: Vor allem was den Wortschatz betrifft, unterscheidet sich oft das österreichische Deutsch vom Bundesdeutschen. So heißt zum Beispiel der erste Monat des Jahres in der österreichischen Standardsprache Jänner statt Januar und im Supermarkt an der Kassa werden Sie gefragt, ob Sie ein Sackerl statt einer Tüte brauchen. Aufgrund dieser Unterschiede können im Alltag tatsächlich kleine Missverständnisse entstehen, die das Gegenüber zum Schmunzeln bringen. (Weitere Informationen finden Sie in unserem Beitrag „Deutsch und seine Varianten„.)
Es ist jedenfalls auch ein Faktum, dass die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher, die Deutsch als Muttersprache sprechen (88,6 %), lieber vom eigenen Dialekt als von der Standardsprache Gebrauch macht. Diesen Unterschied zu Deutschland gilt es insbesondere bei jenen Texten zu berücksichtigen, die das Publikum zum Kauf animieren sollen: So wirkt Werbung in Österreich viel effektiver, wenn sie an die Leserinnen und Leser angepasst wird, an die sie gerichtet ist.
Auch nicht vergessen werden darf, dass 11,4 % der in Österreich lebenden Bürgerinnen und Bürger eine nichtdeutsche Muttersprache sprechen. So gibt es in Österreich Sprachminderheiten, wie etwa die slowenische im südlichsten Bundesland Kärnten und in der benachbarten Steiermark und die kroatische und ungarische im Burgenland an der Grenze zu Ungarn, die im Hinblick auf eine zielgerichtete Werbekommunikation ebenfalls mitberücksichtigt werden sollten: Der ORF, Österreichs öffentlich-rechtliches Fernsehen, bietet sogar Sendungen in den slawischen Sprachen Slowenisch und Kroatisch an.
Eckdaten über Wirtschaft, Import und Export
Österreichs Bruttoinlandsprodukt (BIP) lag Ende 2020 bei rund 375 Mrd. Euro, vor dem Ausbruch der Pandemie durch Covid-19 verzeichnete Österreichs Wirtschaft ein stabiles Wachstum. Das BIP pro Kopf lag Ende 2020 bei 42.110 Euro, zum Vergleich lag das BIP pro Kopf in Deutschland Ende des gleichen Jahres bei 40.494 Euro.
Die Agrarwirtschaft trug im Jahr 2020 zu 1,3 % zur Bruttowertschöpfung in Österreich bei, die Industrie zu 28,4 % und der Dienstleistungssektor zu 70,3 %. In den letzten Jahren wurden im Hinblick auf diese Wertschöpfungsanteile keine nennenswerten Variationen verzeichnet. Die öffentliche Verwaltung sowie das Bildungs-, Gesundheits- und Sozialwesen trugen im Jahr 2020 zu 18,7 % der Gesamtwertschöpfung in Österreich bei und waren damit die Branchen mit der größten Bruttowertschöpfung, gefolgt vom verarbeitenden Gewerbe, dem Bergbau und dem Handel.
Deutschland ist Österreichs wichtigster Wirtschaftspartner: 30,5 % der österreichischen Exporte werden nach Deutschland geliefert, weitere wichtige Zielmärkte Österreichs sind die USA (6,6 %) und Italien (6,2 %) sowie die Schweiz (5,3 %) neben anderen EU-Ländern, Großbritannien und China.
Von Österreich ins Ausland exportiert werden vor allem Maschinen und Fahrzeuge. Im Jahr 2020 wurden aus Österreich Maschinen und Fahrzeuge im Wert von 54,3 Mrd. Euro hauptsächlich nach Deutschland und in die USA sowie nach Italien, in die Schweiz und nach Frankreich exportiert, was 38,2 % des Gesamtexports entspricht. Im gleichen Jahr wurden insgesamt Waren im Wert von 144 Mrd. Euro nach Österreich importiert, hauptsächlich aus Deutschland (35 %), China (7 %), Italien (6,3 %) und der Schweiz (5,3 %) sowie aus anderen EU-Ländern und den USA (3,7 %). Auch im Hinblick auf Österreichs Importe waren im Jahr 2020 Maschinen und Fahrzeuge die wichtigsten Importgüter mit einem Anteil am Gesamtimport von 34,9 %.
Trends im Hinblick auf die Internetnutzung
Nach Angaben von Internet World Stats nutzen aktuell 7,92 Mio. Österreicherinnen und Österreicher das Internet. Im Jahr 2020 verfügten neun von zehn österreichischen Haushalten über einen Internetzugang. Auch die meisten österreichischen Unternehmen waren 2020 mit einer festen oder mobilen Breitbandverbindung ausgestattet. Besonders die mobile Internetnutzung ist in Österreich im Zeitraum 2016-2019 von 73 % auf 88 % gestiegen und hat somit einen rasanten Anstieg verzeichnet. Aktuell surfen 69 % der Österreicherinnen und Österreicher von mobilen Geräten aus.
Im Hinblick auf die Geschlechterverteilung der österreichischen Internetnutzerinnen und -nutzer sind keine großen Unterschiede festzustellen: Aktuell benutzen 90,9 % der Österreicherinnen und 94,2 % der Österreicher das Internet. Von den 40- bis 49-jährigen Österreicherinnen und Österreicher benutzen laut dem INTEGRAL Austrian Internet Monitor (AIM) 99 % das Internet.
Im September 2021 war Google mit einer Penetration von 93 % nach wie das beliebteste Webservice der Österreicherinnen und Österreicher, gefolgt von der Videoplattform YouTube (82 %) und dem Onlinemarktplatz Amazon (80 %). Mit einem Marktanteil von 95 % ist Google auch die beliebteste Suchmaschine, einen deutlich geringeren Marktanteil haben Bing (3 %), Yahoo! und DuckDuckgo.
Trends im Hinblick auf das Kaufverhalten
Daten von Statista zufolge bezogen im Jahr 2021 rund 5,3 Mio. österreichische Konsumentinnen und Konsumenten Einzelhandelswaren online. Es wird geschätzt, dass 6,1 Mio. Österreicherinnen und Österreicher das Internet kauforientiert, das heißt, um Informationen über Produkte zu beziehen und Produkte zu erwerben, benutzen.
54,2 % der bei einer Studie von Statistik Austria aus dem Jahr 2021 befragten Österreicherinnen und Österreicher im Alter von 16 bis 74 Jahren kauften in den letzten drei Monaten vor dem Befragungszeitpunkt Waren oder Dienstleistungen online ein.
Onlinetranskationen werden in Österreich am häufigsten mit dem Zahlungsservice PayPal abgeschlossen, gerne zahlen Österreicherinnen und Österreicher aber auch kontaktlos per Kredit- bzw. Debitkarte. Die Nutzung kontaktloser Zahlungsmöglichkeiten liegt aktuell bei 67 %.
Fazit
Aus der Sicht deutscher Händlerinnen und Händler ist Österreich mit Sicherheit eine naheliegende Option für eine Expansion ins Ausland. Die gemeinsame Sprache und die Nähe sowie die gemeinsame Währung und die Tatsache, dass Österreich ein Mitgliedsstaat der EU ist und dadurch Waren und Personen zwischen den zwei Ländern unbeschränkt zirkulieren dürfen, sind alle wesentliche Gründe, die für den Einstieg am österreichischen Markt sprechen. Die österreichische Bevölkerung ist vernetzt, digitalaffin und bereit, des Internets mit hoher Kompetenz Gebrauch zu machen, um sich über Produkte zu informieren, diese zu vergleichen und zu beziehen. Schließlich bietet sich deutschen Unternehmen das Land auch als interessanter Wirtschaftsstandort an: Österreichs Lage am Dreieck zwischen Deutschland, Italien und Osteuropa bzw. dem Balkan bietet Unternehmen die Chance, schnell über eine effiziente Logistikinfrastruktur neue Märkte zu erschließen.
Quellen:
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- Statista Research Department (2022): Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Einwohner in Deutschland von 1991 bis 2021. Auf de.statista.com vom 17.01.2022. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1252/umfrage/entwicklung-des-bruttoinlandsprodukts-je-einwohner-seit-1991/ [letzter Zugriff am 22.01.2021]
Autor: Eurotext Redaktion
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