Bei dem skandinavischen Land Schweden denkt man unwillkürlich an weite Nadelwälder, polares Klima in den Hochgebirgen oder an unberührte Wildnis. Schweden ist bekannt für beeindruckende Landschaften und besondere Naturphänomene wie die Polarlichter, hat aber auch viele interessante Städte.
Doch diese kargen und recht ursprünglichen Landschaften sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei Schweden um ein hochgradig digitalisiertes Land handelt, gerade auch mit Blick auf den Onlinehandel. Man sollte nicht vergessen, dass einige große Player im deutschen und europäischen Online-Sektor aus Schweden stammen: das Möbelhaus IKEA, die Modekette H&M, der Musikdienst Spotify, der Investor Kinnevik oder auch der Payment-Anbieter Klarna, um nur einige zu nennen.
Land und Leute
Schweden liegt im Norden Europas, erstreckt sich über den östlichen Teil der Skandinavischen Halbinsel und umfasst die Inseln Gotland und Öland. Das Land grenzt an Norwegen und Finnland, die Ostsee und den östlichsten Teil der Nordsee, und hat dank der Öresund-Brücke eine direkte Landverbindung zu Dänemark. Zwei Drittel des Landes sind von Wäldern, Feldern und Wildnis bedeckt.
Mit einer Fläche von etwa 529.000 Quadratkilometer ist Schweden das drittgrößte Land der Europäischen Union und hat etwas mehr als 10 Millionen Einwohner. Es ist somit das größte und bevölkerungsreichste Land Skandinaviens. Mit einer deutlich größeren Landesfläche als Deutschland aber einer viel geringeren Einwohnerzahl zählt Schweden, neben Island, Russland, Norwegen und Finnland zu den Ländern Europas mit der geringsten Bevölkerungsdichte.
Mit einem Bruttoinlandsprodukt von 622,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 ist Schweden auch für seine Lebensqualität bekannt, die unter den höchsten weltweit ist. Aktuell besetzt Schweden Platz 3 der Liste der Länder mit der höchsten Lebensqualität.
Schweden ist seit 1995 Mitglied der Europäischen Union und hat als Währung die Schwedische Krone (SEK). Derzeit ist Schweden kein Mitglied der Europäischen Währungsunion, obwohl das Land die Konvergenzkriterien erfüllt. Da es im schwedischen Parlament keine Mehrheit für die Einführung des Euro gibt, ist in absehbarer Zukunft nicht mit einer Währungsumstellung zu rechnen.
Sprachen
In Schweden ist Schwedisch die Amtssprache, regional spricht man aber auch Finnisch, Meänkieli und Samisch. Die meisten Schweden sprechen Englisch auf hohem Niveau. Trotzdem bevorzugen sie Webseiten in der eigenen Sprache, daher ist ein Onlineshop in gut übersetztem Schwedisch sehr zu empfehlen.
Internetverbindung und Digitalisierung
85% der Schweden leben im Süden des Landes, hauptsächlich in den drei Großstädten, Stockholm, Göteborg, Malmö. Der Norden des Landes ist dementsprechend dünn besiedelt, was sich auch in einer schlechter ausgebauten Infrastruktur widerspiegelt.
Diese Konstellation hat schon sehr früh zu einem flächendeckenden Ausbau des Internets in Schweden geführt, sowohl als Möglichkeit des Handels als auch mit Blick auf die Kommunikation. Anders als in vielen anderen Ländern, die südlicher gelegen sind, haben geografische und klimatische Bedingungen hier einen großen Einfluss auf die digitale Welt.
Der E-Commerce Markt in Schweden
Noch vor Polen und hinter der Türkei ist Schweden auf Platz 19 der größten E-Commerce Märkte weltweit mit einem Umsatz von 16 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021.
Mit einer Steigerung von 20% hat der schwedische E-Commerce Markt zur weltweiten Wachstumsrate von 29% beigetragen. Der Umsatz im Online-Handel wächst seit Jahren kontinuierlich, doch in den letzten zwei Pandemie-Jahren konnte ein besonders starker Zuwachs verzeichnet werden. So wird für das Jahr 2022 ein weltweiter E-Commerce Umsatz von über 84 Milliarden Euro prognostiziert, die 100 Milliarden sollen spätestens im Jahr 2025 geknackt werden.
Ein Indikator der Marktsättigung in Schweden ist die Online-Durchdringung von 73%. Oder anders ausgedrückt: im Jahr 2021 haben 73% der schwedischen Bevölkerung wenigstens ein Produkt online gekauft.
Laut einer Studie von PostNord gehört Schweden zu den Top-E-Commerce-Märkten in Europa. So ist Schweden mit 7,6 Millionen E-Commerce Nutzern, mit 96% der Gesamtbevölkerung, die online shoppen, und mit einem jährlichen Shoppingbudget von durchschnittlich 1.932 EUR pro Person, nach Großbritannien an zweiter Stelle im europäischen Ranking. 34% der schwedischen Konsumenten haben auch online im Ausland eingekauft.
Im Jahr 2019, also noch vor der Coronapandemie, wurden 11% des gesamten schwedischen Marktes dem E-Commerce zugeschrieben. Bis Ende 2020 stieg dieser Anteil auf 14%.
Die größten schwedischen E-Commerce-Unternehmen
Der größte Player im schwedischen E-Commerce-Markt ist netonnet.se mit einem Umsatz von USD 746 Millionen im Jahr 2021. Dieser folgt elgiganten.se mit einem Umsatz von USD 525 Millionen. An dritter Stelle positioniert sich apothekhjartat.se mit einem Umsatz von USD 486 Millionen. Alle drei Marktführer zusammen machen 10% des gesamten schwedischen Online-Umsatzes. Einer der am stärksten wachsenden Onlineshops im schwedischen Markt ist der Modeshop magasin.se, der im Jahr 2021 USD 9.7 Millionen Umsatz gemacht hat und eine Steigerung von 230% zum Vorjahr verzeichnen konnte.
Online-Plattformen
Im Oktober 2020 präsentierte Amazon erstmals seine schwedische E-Commerce-Webseite. Anfänglich heimste diese breite Kritik wegen der fehlerhaften Übersetzungen und des mageren Produktangebots ein. Trotz allem waren 4 von 10 Schweden interessiert daran, auf Amazon einzukaufen. Einige Monate später hatten schon 12% der Schweden etwas auf Amazon gekauft.
Der zweitbeliebteste Online-Marktplatz in Schweden ist die C2C Auktionsseite Tradera, wo Möbel und Home-Deko-Artikel die beliebtesten Produktkategorien im Jahr 2020 waren.
International gibt es wenig Überraschungen. Laut einer Umfrage des Logistikunternehmens PostNord haben die Schweden im Jahr 2021 am meisten auf folgenden internationalen Online-Marktplätzen gekauft: Zalando (41%), gefolgt von Amazon (27%) und Wish (22%).
Wo im Ausland kaufen die Schweden am meisten ein?
Im grenzüberschreitenden Online-Shopping liegt Deutschland an erster Stelle mit einem Bestellumsatz von 23,1 Millionen USD, gefolgt von den Niederlanden mit 10,9 Millionen USD und Dänemark mit 9,6 Millionen USD.Darauf folgen Norwegen mit 8,56 Millionen USD und China mit 7,02 Millionen USD.
Meistgekaufte Produkte online
Die bereits genannte PostNord-Umfrage ergab 2021 folgende Aufstellung der Produktkategorien online erworbener Produkte:
- Apotheke/Arzneimittel – 69% der Käufe
- Bekleidung und Schuhe – 61% der Käufe
- Haushaltselektrogeräte – 38% der Käufe
- Kosmetik und Hautpflegeprodukte – 37% der Käufe
- Bücher und Medien – 32% der Käufe
- Lebensmittel – 32% der Käufe
- Nahrungsergänzungsmittel – 31% der Käufe
- Möbel/Einrichtungsprodukte – 27% der Käufe
Konsumentenverhalten in Schweden
Die Schweden sind eine Konsumnation. Die wichtigsten Faktoren beim Einkaufen sind der Preis und die Qualität. Schwedische Konsumenten legen beim Online-Shopping sehr viel Wert auf Knowhow und After-Sales-Betreuung. 53% der Schweden recherchieren im Internet, bevor sie einen Online-Kauf tätigen.
Das Vertrauen der Konsumenten gegenüber Online-Anbietern ist am Sinken, es liegt unter dem OECD-Durchschnitt. Jedoch erfährt der E-Commerce-Markt ein konstantes Wachstum. Es gibt Prognosen, dass bis zum Jahr 2035 mehr als drei Viertel der Lebensmitteleinkäufe online getätigt werden.
Obwohl die Schweden sehr offen gegenüber internationalen Marken sind, tendieren sie zu einheimischen Marken. Das kann man im Ranking der 10 bevorzugten Marken der Schweden erkennen, unter denen es nur Apple und Google auf die letzten zwei Plätze schafften.
Beim Thema Gesundheitsbewusstsein zählen die Schweden zu den Spitzenreitern im Verbrauch von qualitativ hochwertigen Produkten. Die Schweden legen besonders großen Wert auf natürliche und Bio-Produkte und ziehen diese industriell hergestellten und stark verarbeiteten Lebensmitteln vor. Das gilt nicht nur im Lebensmittelbereich, sondern genauso für Kosmetika, wo sie immer größeren Wert auf Naturprodukte legen. Die Schweden sind auch große Fans der Gemeinwohlwirtschaft, der Sharing Economy. Uber und Airbnb sind die perfekten Angebote für sie, so dass solche Angebote immer erfolgreicher auf dem schwedischen Markt sind.
Zahlungsmethoden
In Sachen Bezahlung zeigen sich die Schweden von einer sehr modernen Seite, denn in kaum einem anderen europäischen Land spielt Bargeld mittlerweile eine so geringe Rolle – selbst das Brot beim Bäcker oder den Coffee to Go kann man bargeldlos mit Apps oder Karte bezahlen.
Das gilt natürlich erst recht für den Onlinehandel. Das beste Beispiel hierfür ist die schwedische direkt-Zahlungs-App Swish, die zu einer der beliebtesten Zahlungsmethoden im schwedischen Internet avanciert ist. Darüber hinaus bevorzugen die Schweden Kartenzahlung, mehr als 41% der E-Commerce-Transaktionen werden so abgewickelt.
Eine andere beliebte Zahlungsmethode der Schweden im Internet ist die Bezahlung auf Rechnung, was bis zu 23% aller Online-Transaktionen ausmacht. Es wird erwartet, dass diese Zahlungsmethode sich immer größerer Beliebtheit erfreuen wird, da Schweden das Heimatland von Klarna (“Kauf jetzt -zahle später” ist.
Die Schweden verwenden auch digitale Geldbörsen, wobei PayPal die am häufigsten verwendete Methode ist, aber auch Google Pay spielt eine immer größere Rolle.
Es gibt also nicht die eine entscheidende Bezahlmethode. Wer in Schweden erfolgreich verkaufen will, sollte bei den angebotenen Optionen möglichst breit aufgestellt sein.
Social Media (Social Commerce) in Schweden
Der allgemeine Trend lautet, dass 70% der Verbraucher auf Social-Media-Plattformen nach Produkten suchen. Wer also seine E-Commerce-Umsätze weiter in die Höhe pushen will, sollte auf jeden Fall über eine Integration seines Online-Shops auf den gängigen Social-Media-Plattformen nachdenken. Denn über 7 Millionen Schweden sind auf Social Media aktiv und ca. 98% davon verwenden diese auf ihren Mobiltelefonen. In diesem Zusammenhang ist es noch wichtig zu wissen, dass die Nutzung von Android im Steigen ist, während Apple an Beliebtheit verliert.
Logistik und Versand
Die weiten Entfernungen, die die Pakete im nördlichen Teil des Landes zurücklegen müssen, verursachen Lieferzeiten von mehreren Tagen. Da dies aber quasi die regionale Norm ist, ist die Akzeptanz dafür in der Regel ungleich höher als beispielsweise ein Deutschland.
Im Süden des Landes ist die Infrastruktur hingegen sehr gut ausgebaut. Die wichtigsten Logistikzentren sind Malmö, Helsingborg, Gothenburg, Norrkoping und Stockholm.
Es gibt viele schwedische Logistik Unternehmen, die ihre Fracht-, Lagerung-, Verpackungs- und Vertriebsdienstleistungen anbieten. PostNord ist der von schwedischen Onlineshops meistgenutzte Logistikpartner mit 81% der Zustellungen. BudBee Home Delivery und DHL (30%), DB Schenker (14%) und UPS (13%) sind ebenfalls sehr aktiv.
Die Auswirkungen der Corona-Krise
Die Corona-Krise hat also auch in Schweden den Prozess der Steigerung der E-Commerce-Marktanteile beschleunigt. Die Schweden verbrachten mehr Zeit zuhause und haben viel mehr Online-Shopping betrieben als in den Vor-Pandemie-Zeiten. So wurde in Produktkategorien wie Wohneinrichtung/Möbel, Handwerk– und Baumaterial sowie Unterhaltungselektronik der größte Anstieg an Onlinekäufen registriert.
Der Mode-Onlinehandel hat wegen der reduzierten sozialen Kontakte während der Pandemie allerdings nur ein gedämpftes Wachstum erfahren. Allgemein gilt, dass die Pandemie sich auf den Onlinehandel insgesamt positiv ausgewirkt hat, lediglich 9% der schwedischen Online-Händler gaben an, dass ihr Geschäft durch die Pandemie Einbußen erlitten hat.
Neues Mehrwertsteuergesetz
Am 1. Juli 2021 hat die Europäische Union das neue Mehrwertsteuergesetz für den E-Commerce eingeführt. Dieses schreibt vor, dass (ab einem Umsatz von 10.000 Euro pro Jahr und Zielland) die Mehrwertsteuer im Land des Käufers bezahlt werden muss. Grund des neuen Gesetzes ist eine Vereinfachung der Mehrwertsteuererklärung, jedoch wird das neue Gesetz auch andere Auswirkungen auf die schwedischen Onlinehändler haben. Da in Schweden die Mehrwertsteuer am zweithöchsten in Europa ist, sind die schwedischen Onlinehändler den anderen europäischen Händlern gegenüber wettbewerbsfähiger geworden, da sie beim grenzüberschreitenden Handel geringere Steuern zahlen müssen. Für europäische Händler, die nach Schweden verkaufen, wird es hingegen teurer.
Fazit
Der skandinavische E-Commerce-Markt ist trotz seines Rufes (sehr anspruchsvollen Konsumenten und logistische Herausforderungen) ein Markt mit hohem Potential und rasantem Wachstum. Die meisten Schweden kaufen oft und viel im Internet ein und sind auch offen für ausländische Händler. Wer hier verkaufen will, sollte sich gut vorbereiten und einen ansprechenden, schwedischsprachigen Onlineshop anbieten. Dann sollte dem Erfolg nichts mehr im Wege stehen.
Quellen
- https://auswandern-info.com/lebensniveau
- https://ecommercedb.com/en/markets/se/all
- https://learning.eshopworld.com/ecommerce-blog/sweden-ecommerce-insights/
- https://www.jpmorgan.com/merchant-services/insights/reports/sweden
- https://datareportal.com/reports/digital-2020-sweden
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/916847/umfrage/anteil-der-unternehmen-mit-online-verkaeufen-in-schweden/
Autor: Eurotext Redaktion
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