Norwegen ist zwar klein, aber für deutsche Unternehmen, die digital verkaufen, ein durchaus interessantes Expansionsziel. Welche Merkmale den E-Commerce in Norwegen kennzeichnen und was Unternehmen im Hinblick auf den digitalen Handel beachten müssen, zeigen wir hier.

Zahlen und Fakten über das Land

Norwegen liegt im Westen der Skandinavischen Halbinsel, im Norden Europas. Das Land erstreckt sich über eine Fläche von rund 385.000 km², ist aber mit einer Bevölkerung von knapp über 5,3 Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern dünn besiedelt. Die meisten Menschen leben in den Städten im Süden Norwegens sowie im Ballungsraum um die Hauptstadt Oslo, der mit 1,5 Mio. allein fast ein Drittel der norwegischen Bevölkerung beheimatet.

Norwegen grenzt im Osten an Schweden, im Nordosten an Finnland und Russland. Zum Königreich Norwegen gehören neben dem Hauptland auch die Inselgruppe Spitzbergen im Nordatlantik sowie die Insel Jan Mayen etwa 550 km nordöstlich von Island.

Politisch handelt es sich um eine parlamentarische Monarchie. Das historisch aus 5 Landesteilen bestehende norwegische Hauptland wird seit 2020 in 11 Verwaltungsprovinzen eingeteilt. Mit Ausnahme der Hauptstadt Oslo umfassen die norwegischen Verwaltungsprovinzen mehrere Kommunen – insgesamt gibt es in Norwegen 356 Kommunen. Die bevölkerungsreichsten Kommunen sind Oslo (699.800), Bergen (286.900), Trondheim (210.400) und Stavanger (144.600).

Norwegen ist ein hochentwickeltes, wohlhabendes Land. Seit vielen Jahren befindet sich Norwegen (HDI 2019: 0,957) auf Platz 1 in der Liste der Länder mit der höchsten menschlichen Entwicklung, gefolgt von der Schweiz (0,955) und Irland (0,955). Deutschland (0,947) kommt auf Platz 6, Österreich (0,922) auf Platz 18. Das norwegische Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt bei 482 Mrd. US-Dollar, das BIP pro Kopf bei rund 89.000 US-Dollar (vgl. deutsches BIP pro Kopf: 45.700 US-Dollar).

Das Land ist kein Mitglied der Europäischen Union, beteiligt sich aber am Europäischen Wirtschaftsraum. Des Weiteren ist Norwegen Mitglied der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der Europäischen Freihandelsassoziation. Zu beachten ist, dass Norwegen nicht den Euro, sondern eine eigene Währung verwendet: die norwegische Krone (NOK). Die norwegische Währung unterteilt sich in 100 Øre. Aktuell (08.08.2022) beläuft sich der Wechselkurs auf 9,97 Kronen pro Euro.

Sprache und Lokalisierung

Die norwegische Sprache gehört zu den nordgermanischen Sprachen und ist eng mit dem Dänischen und dem Schwedischen verwandt. Es gibt zwei offizielle Standardvarietäten des Norwegischen: Bokmål (dt. etwa die „Buchsprache“) und Nynorsk (dt. „Neunorwegisch“). Bokmål leitete sich aus der dänisch-norwegischen literarischen Tradition her und entwickelte sich durch Sprachreformen zu einer eigenständigen Sprache in Abgrenzung zum Dänischen, welches früher in Norwegen als Verwaltungssprache benutzt wurde. Nynorsk wurde im 19. Jahrhundert von Sprachwissenschaftler Ivar Aasen entwickelt, um die südwestlichen Dialekte zu normieren.

Bokmål ist eher im Raum um die Hauptstadt Oslo sowie im Norden und im Osten Norwegens unter 85 bis 90 % der Einheimischen verbreitet. Nynorsk ist eher im Südwesten unter 10 bis 15 % der norwegischen Bevölkerung verbreitet. In beiden Fällen handelt es sich um Varianten der Schriftsprache. Im Alltag – im privaten wie im öffentlichen Umfeld – werden eine Vielzahl von Dialekten bzw. regionalen Sprachen gesprochen, die ebenfalls als vollwertige Varianten des Norwegischen gelten und somit denselben Status wie die Schriftsprache haben.

Interessant für den E-Commerce ist, dass etwa 90 % der norwegischen Bevölkerung gut bis sehr gut Englisch kann – das sind fast 4,8 Mio. Menschen. Englisch wird in der Tat an so gut wie allen norwegischen Schulen als erste Fremdsprache unterrichtet. Oft verfügen die Einheimischen auch über mittlere bis gute Kenntnisse weiterer Sprachen, darunter Deutsch, Französisch und Spanisch, die ebenfalls an vielen Schulen Unterrichtsgegenstand sind. Dass die Norwegerinnen und Norweger hochkompetent im Englischen sind, ist natürlich ein Pluspunkt für das skandinavische Land, das für ausländische Unternehmen aus Mitteleuropa ein naheliegendes Expansionsziel ist.

Eckdaten über Wirtschaft, Import und Export

Norwegen ist zwar klein, übertrifft aber sehr viele Länder – europa- und weltweit – im Hinblick auf Wohlstand und menschliche Entwicklung. Dies bezeugen jeweils das hohe BIP pro Kopf von rund 89.000 US-Dollar (vgl. Deutschland: 45.700; Österreich: 50.300; Schweiz: 87.300) und der Wohlstandindikator von 0,957.

Die norwegische Wirtschaft stützt sich den Dienstleistungssektor (60,41 %) und das verarbeitende Gewerbe (25,88 %), die Agrarwirtschaft spielt eine geringere Rolle (1,88 %). Auch der grenzüberschreitende Handel nach Westeuropa, vor allem der Export von Rohstoffen und Erdöl, trägt zu einem wesentlichen Anteil zum norwegischen Bruttoinlandsprodukt bei. Weitere wichtige Exportgüter sind Maschinen und Transportmittel, Metalle und Metallprodukte sowie Fisch. Zu den wichtigsten Importgütern gehören Kraftfahrzeuge, Schiffe, Chemikalien und chemische Erzeugnisse sowie Lebensmittel, insbesondere Obst und Gemüse. Deutschland gehört zu den wichtigsten Handelspartnern Norwegens: 11,7 % der norwegischen Exporte werden nach Deutschland geliefert; 11,5 % der norwegischen Importe kommen aus Deutschland. Weitere wichtige Handelspartner Norwegens sind das Vereinigte Königreich, Schweden, China und die Niederlande.

Trends im Hinblick auf die Internetnutzung

Die Penetrationsrate des Internets in Norwegen ist hoch. Von den 2.000 befragten Norwegerinnen und Norwegern im Alter von 9 bis 79 Jahren geben 98 % an, das Internet mindestens einmal pro Woche zu benutzen; 95 % benutzen es täglich. Im Durchschnitt befinden sich in jedem norwegischen Haushalt fast 8 digitale Geräte, die die Nutzung des Internets ermöglichen.

Fast alle Nutzerinnen und Nutzer (93 %) benutzen des Internet, um Zahlungsvorgänge über das eigene E-Banking abzuschließen und E-Mails abzusenden; zwischen der Hälfte und einem Drittel kaufen digital ein; etwas weniger als ein Drittel (31 %) benutzen das Internet, um Waren und Dienstleistungen zu verkaufen.

Auch interessant für den E-Commerce ist, dass es in Norwegen keine sehr großen altersbezogenen Unterschiede unter den Nutzerinnen und Nutzern gibt – das Internet wird von nahezu allen Norwegerinnen und Norwegern von 9 bis 79 Jahren benutzt und ermöglicht es Unternehmen, ein sehr großes Publikum zu erreichen. Am aktivsten ist das Segment der 9- bis 15-jährigen (92 %) und der 16- bis 44-jährigen (97 %), gefolgt von den 45- bis 66-jährigen (90 %) und der 67- bis 79-jährigen (61 %).

Unter den sozialen Netzwerken erfreut sich Facebook den meisten Nutzerinnen und Nutzern (69,09 %). Es folgen Pinterest (14,86 %), Twitter (5,92 %), YouTube (2,64 %) und Instagram (4,68 %).

Die Suchmaschine Google mit dem eigenen Browser Google Chrome erfreut sich auch in Norwegen wie in vielen anderen Ländern den meisten Nutzerinnen und Nutzern und hat einen Marktanteil von etwa 74 %. Der Mitbewerber Safari folgt mit 12,4 %.

Trends im Hinblick auf das Kaufverhalten

Der norwegische Onlinehandel generiert einen Umsatz von rund 12 Mrd. US-Dollar. Daran beteiligen sich über 81 % der Konsumentinnen und Konsumenten. Prognosen von Statista zufolge soll der digitale Handel bis auf das Jahr 2025 um 13,28 % jährlich wachsen.

Etwa zwei Drittel der Transaktionen werden am Desktop abgeschlossen. Die Anzahl der Transaktionen, die über mobile Geräte erfolgen, soll langsam wachsen. Eine Tendenzumkehrung wird hier allerdings ausgeschlossen.

Über das Internet werden in Norwegen vor allem Kleidung und Modeartikel verkauft, wie auch Elektronik und Möbel. Filme und Musik sowie Medien im Allgemeinen sind ebenfalls Produkte, die gerne über E-Commerce-Kanäle den Weg zum Konsumenten finden. Auch Lebensmittelzulieferer verkaufen in Norwegen oft über das Internet.

Das bargeldlose Zahlen per Karte bleibt unter den meisten norwegischen Konsumentinnen und Konsumenten nach wie vor die beliebteste Option bei Onlineeinkäufen. Norwegerinnen und Norweger greifen dabei undifferenziert auf die Kredit- und die die Debitkarte zurück. Per Überweisung wird seltener gezahlt. Zum Einsatz kommen auch digitale Zahlungsmittel wie E-Wallets, die das bequeme Zahlen per Smartphone ermöglichen.

Unter den heimischen Marktplätzen schneidet Elkjop.no mit einem Nettoumsatz von 372 Mio. Euro im Jahr 2020 besonders gut ab. Es folgen die Mitbewerber Komplett.no (230 Mio.) und Zalando.no (172 Mio.).

Wissenswertes zu den Import- und Zollbestimmungen

Norwegen ist kein Mitglied der Europäischen Union, beteiligt sich aber am Europäischen Wirtschaftsraum. Das Land ist zwar Mitglied der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der Europäischen Freihandelsassoziation, hat aber strenge Import- und Zollbestimmungen.

Grundsätzlich dürfen Waren nur bis zu einem Wert von 6.000 Kronen zollfrei nach Norwegen eingeführt werden. Alles, was diesen Wert übersteigt, wird verzollt. Es gibt genauen Angaben auch bezüglich der Devisen, die ein- bzw. ausgeführt werden dürfen: So dürfen Zahlungsmittel bis zu einem Gesamtwert von 25.000 Kronen ohne vorherige Anmeldung ein- bzw. ausgeführt werden. Höhere Beträge sind an die Zollbehörde über ein entsprechendes Anmeldeformular zu melden.

Es gibt am Flughafen bzw. an der Einreisestelle einen roten und einen grünen Eingang. Der rote Eingang wird verwendet, wenn steuer- bzw. zollpflichtige Waren mitgeführt werden, für die eine besondere Einfuhrgenehmigung erforderlich ist. Der grüne Eingang wird verwendet, wenn nur steuer- bzw. zollfreie Waren mitgeführt werden, für die keine besondere Einfuhrgenehmigung erforderlich ist.

Es soll darüber hinaus beachtet werden, dass sehr viele Waren nur mit einer entsprechenden Einfuhrgenehmigung nach Norwegen importiert werden dürfen. Nähere Informationen dazu liefert die Website der norwegischen Zollbehörde toll.no, die auch in deutscher Sprache verfügbar ist.

Fazit

In Norwegen scheinen alle Voraussetzungen für den E-Commerce gegeben zu sein. Das skandinavische Land ist zwar kein Mitglied der Europäischen Union, beteiligt sich aber am Europäischen Wirtschaftsraum sowie an der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und an der Europäischen Freihandelsassoziation. Der Dienstleistungssektor, vor allem der grenzüberschreitende Handel, ist die tragende Säule der norwegischen Wirtschaft. Die Norwegerinnen und Norweger sind ein wohlhabendes, für den E-Commerce aufgeschlossenes Zielpublikum, das das Internet und die englische Sprache mit hoher Kompetenz im Alltag verwendet, um sich über Produkte zu informieren, sie zu vergleichen und digital zu erwerben. Die Nähe Norwegens zu Deutschland ist ein weiterer Pluspunkt. Allerdings ist die Beachtung der lokalen Vorschriften und Import- bzw. Zollbestimmungen für den erfolgreichen Anstieg am norwegischen Markt wichtig, da diese von den EU-Normen abweichen könnten.



Quellen

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

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