Zwischen Kafka und Pilsener Brauart – Tschechien hat nicht nur kulturell eine Menge zu bieten. Unternehmen erwarten nicht nur gute Wirtschafts- und Infrastrukturbedingungen, sondern auch hervorragend qualifizierte Arbeitskräfte. Grenznachbar Deutschland ist sogar Handelspartner Nummer eins. Welche zusätzlichen Chancen der boomende Medizintechnikmarkt eröffnet, erfahren Sie in unserem aktuellen Blogbeitrag.

Bevölkerung

Tschechien ist ein kleiner Binnenstaat in Mitteleuropa, der an Deutschland, Polen, die Slowakei und Österreich grenzt. Das Land besteht aus den historischen Regionen Böhmen (Westen), Mähren (Osten) und einem Teil von Schlesien (Nordosten). Wegen der Grenznähe und der ähnlichen Wirtschaftsstruktur verbindet es mit Deutschland enge ökonomische Verflechtungen.

Auch demografisch zeigen sich Parallelen: Die rund 10,8 Millionen Einwohner*innen in Tschechien werden immer älter. Etwa 20,6 % davon sind mittlerweile über 65 Jahre alt, während der Anteil 2022 in Deutschland etwa 22,1 % ausmachte. Bedingt ist diese Entwicklung unter anderem durch die in den letzten beiden Jahrzehnten gestiegene Lebenserwartung von mittlerweile 79,9 Jahren (Deutschland: 81,9 Jahre).

Was den Gesundheitszustand der tschechischen Bevölkerung betrifft, geben über zwei Drittel (68 %) an, bei guter oder sogar sehr guter Gesundheit zu sein, was in etwa dem Durchschnitt in der Europäischen Union (EU) entspricht. Hinsichtlich der Sterblichkeit machten 2021 Herzkreislauferkrankungen, Krebserkrankungen und COVID-19 mit über 70 % aller Todesfälle die Haupttodesursachen aus. Bei den Krebserkrankungen ist Lungenkrebs nach wie vor die häufigste Todesursache, gefolgt von Darmkrebs sowie Prostata- bzw. Brustkrebs.

Generell lassen sich etwa die Hälfte aller Todesfälle auf verhaltensbedingte Risikofaktoren zurückführen. Besonders relevant: mangelnde Bewegung, Adipositas, Tabakrauchen und übermäßiger Alkoholkonsum. Tschechien hat pro Kopf gesehen sogar den weltweit höchsten Bierkonsum. Um dem entgegenzuwirken und den zunehmenden Behandlungsbedarf zu finanzieren, wurden bestimmte Konsumsteuern, unter anderem für Tabakprodukte und Alkohol, erhöht und weitere schrittweise Anhebungen sind geplant.

Die Coronapandemie hat Tschechien insgesamt besonders hart getroffen, was sich in den vergangenen Jahren auch in einer deutlich erhöhten Übersterblichkeit niedergeschlagen hat. 2021 waren etwa 17,9 % aller Todesfälle auf eine Coronainfektion zurückzuführen – der höchste Anteil in allen Ländern der EU.

In Tschechien gewinnt auch das Thema mentale Gesundheit an Bedeutung. Schätzungen zufolge litt im Jahr 2019 etwa jede*r Siebte an einer psychischen Störung. Am häufigsten waren Depressionen, Angstzustände und Suchterkrankungen.

Gesundheitsmarkt

Tschechien hat ein gut aufgestelltes, universelles Gesundheitssystem, das auf einer einkommensabhängigen Pflichtversicherung basiert. Sieben halbstaatliche gesetzliche Krankenversicherungen (GKV) fungieren als Kostenträger, wobei die größte Kasse 56 % der Bevölkerung abdeckt. Die Pflichtversicherung bietet ein breites Leistungspaket und Versicherte können zwischen den Krankenkassen frei wählen, wobei der Wettbewerb begrenzt ist. Beispielsweise können die Versicherungen ihren Mitgliedern zusätzliche Leistungen (wie Impfungen) anbieten. Aufgrund des umfangreichen gesetzlichen Leistungsspektrums der GKV spielt die freiwillige Krankenversicherung in Tschechien eine vernachlässigbare Rolle (weniger als 1 %).

Die Ausgaben für die Gesundheit lagen 2021 bei 9,5 % des BIP, was leicht unter dem EU-Durchschnitt liegt. Der Anteil öffentlicher Mittel ist allerdings der höchste in Europa. Generell sind ambulante und stationäre Gesundheitsleistungen für Patient*innen am Point-of-Care kostenlos. Ausnahmen bilden Zuzahlungen für bestimmte verschreibungspflichtige Arzneimittel, bestimmte Medizinprodukte und Hilfsmittel und manche zahnmedizinische Versorgungen sowie eine Gebühr für ambulante Leistungen außerhalb der Öffnungszeiten. Etwa 15-20 % der Kosten werden von den Patient*innen privat getragen.

Im Gegensatz zu Deutschland haben Hausärzt*innen in Tschechien keine Gatekeeper-Funktion. Das heißt, dass Versicherte Fachärzt*innen direkt und ohne Überweisungsschein aufsuchen können. Dies führt allerdings zu einer generell hohen Anzahl an Arztterminen (11 Kontakte pro Jahr im Vergleich zu 7,5 in der EU).

Wichtigste Regulierungs- und Aufsichtsbehörde ist das Gesundheitsministerium, das Ministerstvo zdravotnictví. Es ist zuständig für die Festlegung der Gesundheitspolitik und die Überwachung des Gesundheitssystems. Die ambulanten Pflegedienste befinden sich überwiegend in privater Hand, während viele stationäre Einrichtungen (einschließlich der meisten Lehrkrankenhäuser und Fachzentren) dem Staat gehören. In diesem Zusammenhang wurden 2003 einige Strukturen stark dezentralisiert und es wurden 14 regionale Public-Health-Behörden geschaffen.

Trends

Einer der wichtigsten Trends auf dem tschechischen Gesundheitsmarkt ist das Thema „Digital Health“. Neben digitaler medizinischer Versorgung, Pflege und Diagnostik erstreckt sich dieser Bereich auch auf digitale Fitness und allgemeines Wohlbefinden sowie Online-Arztsprechstunden und Präventionsprogramme. In Tschechien wurde die telemedizinische Betreuung nicht zuletzt seit der Coronapandemie kräftig ausgebaut. So haben tschechische Patient*innen seit Januar 2020 die Möglichkeit, eine digitale Krankschreibung zu erhalten, und E-Rezepte gibt es bereits seit 2018. Das Marktvolumen für die digitale Gesundheit wird 2023 auf 446,40 Millionen Euro geschätzt und dabei stehen alle Zeichen auf Wachstum: Branchenexperten rechnen bis 2028 mit einer Steigerung von jährlich 5,9 %.

Das Volumen des gesamten tschechischen Medizintechnikmarkts beträgt schätzungsweise 1,95 Milliarden Euro. Der Einfuhrbedarf ist hoch und liegt bei über einer Milliarde Euro: Insbesondere elektromedizinische Geräte, Beatmungsgeräte, orthopädische Hilfsmitteln sowie Verbrauchsmaterialien wie Spritzen, Katheter und Kanülen werden importiert, häufig auch aus Deutschland.

Die zukünftige Marktentwicklung in der Gesundheits- und Medtech-Branche wird generell geprägt von umfassenden Investitions- und Förderprogrammen. Strategien wie „The Country for the Future“ setzen gezielt auf eine Förderung von Forschung und Entwicklung sowie von innovativen Start-ups. Universitätskrankenhäuser sollen außerdem neue Ausrüstung erhalten und Abteilungen sollen erweitert werden. Zur Modernisierung und Erneuerung der Gesundheitseinrichtungen sind allein bis 2030 Investitionen in Höhe von rund 3 Milliarden Euro geplant.

Für deutsche Unternehmen eröffnet dies umfangreiche Chancen, da Deutschland für Tschechien wichtigster Lieferant für Medizintechnik ist. Medizinprodukte aus Deutschland genießen einen guten Ruf und werden für ihre hohe Qualität geschätzt. Umgekehrt liefert Tschechien etwa 33 % seiner Exporte im Bereich der Medizintechnik nach Deutschland.

Da die Bevölkerung in Tschechien, wie in vielen Ländern der EU, immer älter wird, ist auch in der Langzeitpflege eine deutliche Steigerung der Nachfrage zu erwarten. Insbesondere die Behandlung von chronischen Erkrankungen, wie Arthrose und Diabetes, wird langfristig eine relevante Rolle spielen.

Auch seitens der EU erhält Tschechien im Rahmen des Wiederaufbaufonds für die Verbesserung der Widerstandsfähigkeit des Gesundheits- und Sozialwesens etwa 826 Millionen Euro. Geplant sind neben dem Ausbau von Krankenhäusern und der Anschaffung neuer medizinischer Geräte auch eine Stärkung der Krebsvorsorge und der Telemedizin.

Gesetzliche Rahmenbedingungen und Regularien

In Tschechien ist das Staatliche Institut für Arzneimittelkontrolle (Státní Ústavpro Kontrolu Léciv, SUKL) für die Regulierung von Medizinprodukten und Medikamenten zuständig. Diese Behörde ist dem Gesundheitsministerium unterstellt und damit beauftragt, die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der Produkte in diesem Bereich zu gewährleisten. Zu den Aufgaben des SUKL gehört die Überprüfung klinischer Studien, die Registrierung von Medizinprodukten, die Überwachung von Produktion und Vertrieb (einschließlich über Apotheken) sowie die Erfassung unerwünschter Ereignisse. Außerdem setzt das SUKL die Erstattungspreise für die von der GKV abgedeckten Medikamente fest.

Gesundheitsmarkt in der EU und international

Aufgrund der Mitgliedschaft in der Europäischen Union unterliegt die Zulassung von Arzneimitteln und Medizinprodukten, zu denen auch medizinische Software und Apps gehören, den Rechtsvorschriften der EU. Das bedeutet, dass diese Produkte nicht in jedem einzelnen Land ein separates Zulassungsverfahren durchlaufen müssen. Stattdessen genügt grundsätzlich ein Verfahren auf europäischer Ebene für die Zulassung.

Die Inbetriebnahme oder der Vertrieb von Medizinprodukten, wie Ultraschallgeräten, Orthesen und Insulin-Pens, ist in der EU nur gestattet, wenn sie mit der CE-Kennzeichnung versehen sind. Diese kann angebracht werden, wenn sie die grundlegenden Anforderungen erfüllen und das vorgeschriebene „Konformitätsbewertungsverfahren“ erfolgreich durchlaufen haben. Die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen sind in den einschlägigen EU-Verordnungen 2017/745 (Medizinprodukte, auch bekannt als „MDR“) und 2017/746 (In-Vitro-Diagnostika, „IVDR“) festgelegt.

Bei der Zulassung von Medikamenten, wie Schmerzmitteln oder Chemotherapeutika, haben Hersteller zwei Optionen: entweder auf nationaler Ebene (in Tschechien über das SUKL), oder über das zentrale Zulassungsverfahren der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA). Der zweite Zulassungsweg bietet den Vorteil, dass das Produkt mit nur einem Antrag für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EU, Island und Norwegen) zugelassen werden kann, was Kosten und Aufwand erheblich reduziert.

Internationalisierung

Laut Handelsexperten scheitern etwa 60 % der potenziellen Kooperationen zwischen österreichischen und tschechischen Unternehmen an Sprachproblemen und dem dadurch entstehenden Misstrauen. Hier kann die Internationalisierung und Lokalisierung entscheidend dazu beitragen, die vertrauensvolle Zusammenarbeit und den gegenseitigen Austausch zu fördern.

Für den tschechischen Gesundheitssektor ergeben sich daraus weitere zahlreiche Vorteile. Die Internationalisierung gibt tschechischen Krankenhäusern und Praxen die Möglichkeit, ihre Versorgungs- und Diagnostikleistungen auch internationalen Patient*innen gegenüber vorzustellen und durch die Übersetzung von Studiendaten und wissenschaftlichen Veröffentlichungen lässt sich wichtiges medizinisches Wissen schnell verbreiten. Insbesondere bei der Aus- und Weiterbildung von wichtigen Fachkräften kann man so von den Erfahrungen und bewährten Verfahren anderer Länder profitieren und die Versorgungsqualität insgesamt verbessern.

Im gesamten Lebenszyklus von Medizinprodukten, Arzneimitteln, Nahrungsergänzungsmitteln sowie Gesundheits- und Lifestyle-Produkten spielen Übersetzungen eine entscheidende Rolle. Der übersetzte Text muss präzise an den jeweiligen Zweck und die jeweilige Zielgruppe angepasst sein. Schließlich hat eine Aufsichtsbehörde andere Anforderungen (beispielsweise für Zulassungsunterlagen) als Mitarbeiter*innen in einer Praxis (zum Beispiel im Rahmen einer Fortbildung) oder ein medizinischer Laie (der sich beispielsweise online auf einem Informationsportal über eine bestimmte Erkrankung informiert). Kompetente Fachübersetzer*innen kennen diese Besonderheiten und verfügen nicht nur über eine solide Ausbildung und Fachkenntnisse im jeweiligen Spezialbereich, sondern auch über ein hohes Maß an sprachlichem und kulturellem Feingefühl.

Im Online-Bereich und in Health-Apps muss die Übersetzung außerdem für die Verbraucher*innen ansprechend und leicht verständlich sein. Menütexte müssen im Zusammenhang Sinn ergeben, Schritt-für-Schritt-Anleitungen, zum Beispiel für Fitnessübungen, dürfen keinesfalls verwirren. Hochtrabende wissenschaftliche Fachbegriffe oder komplexe Schachtelsätze wären kontraproduktiv und würden sich negativ auf die User Experience auswirken.

Für den tschechischen Gesundheitsmarkt sind verschiedene Sprachen relevant, die von größeren Bevölkerungsgruppen unter anderem als Muttersprache gesprochen werden. Dazu zählen Slowakisch und Polnisch, aber auch Russisch, Ukrainisch und Vietnamesisch.

Fazit

Für deutsche Hersteller aus dem Bereich der (digitalen) Medizintechnik ergeben sich in Tschechien besonders vielversprechende Chancen. Die hervorragende Qualität deutscher Medizintechnik gilt als überzeugendes Verkaufsargument und die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern lassen sich als äußerst positiv beschreiben.

Hier können Übersetzungen Sprachbarrieren überwinden und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ermöglichen. Fehler oder irreführende Anweisungen in Übersetzungen hätten hingegen potenziell gravierende Konsequenzen, insbesondere für die Sicherheit von Patient*innen und Anwender*innen. Auch etwaige Haftungsrisiken und der mögliche Imageschaden für das Unternehmen sind dabei zu vernachlässigen.

Mit einem erfahrenen Sprachdienstleister verwandeln Sie diese Herausforderungen in einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Dieser unterstützt Sie mit sprachlicher und kultureller Expertise und medizinischem Fachwissen – und sorgt so für seriöse und effektive Kommunikation.

Quellen

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.

 

Bitte beachten Sie: Auch wenn wir in unseren Beiträgen gelegentlich Rechtsthemen ansprechen, stellen diese keine Rechtsberatung dar und können eine solche auch nicht ersetzen. Wenn Sie konkrete Fragen haben, lassen Sie sich bitte von einem Anwalt beraten.