Wer an Kanada und seine industrielle Produktion denkt, dem fällt sofort ein Produkt ein: Ahornsirup. Das mag wie ein Klischee über das nordamerikanische Land klingen, hat aber durchaus seine Berechtigung. Denn in den östlichen Provinzen Kanadas, wo der Ahornsirup hauptsächlich hergestellt wird, spielt die Forstwirtschaft eine besonders wichtige Rolle für die Industrie. Alles, was Sie sonst noch über die Industrie in Kanada wissen sollten, finden Sie hier.
Daten und Fakten zum Industrieland Kanada: Anteil an der Wirtschaftsleistung, Stärke, Schlüsselindustrien, Außenhandel mit Deutschland
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Kanadas beträgt rund 2.300 Mrd. US-Dollar, das BIP pro Kopf liegt kaufkraftbereinigt bei rund 59.800 US-Dollar (vgl. Deutschland: 69.500 US-Dollar; Österreich: 72.000 US-Dollar). Gemessen am BIP ist Kanada nach Brasilien und vor Russland die nominal zehntgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Die Industrie hat in Kanada einen Anteil von gut 22 Prozent am BIP und beschäftigt 19,2 Prozent der Erwerbstätigen. Rund 70 Prozent der Bruttowertschöpfung entfallen auf den Dienstleistungssektor.
Eine wichtige Rolle in der industriellen Produktion spielt nicht nur der schon genannte Ahornsirup, sondern vor allem die Forstwirtschaft: Bei Holzschliff, Zellstoff, Papier und Pappe ist Kanada dank seiner großen Waldflächen der weltgrößte Produzent.
Auch dem Bergbau kommt eine große Bedeutung zu. Kanada ist der weltweit größte Produzent von Zink, Uran, Kaliumkarbonat, Cadmium, Schwefel und Nickel. Bei Aluminium, Titan, Kobalt, Molybdän, Gold und Blei liegt Kanada weltweit an dritter Stelle.
Die nahezu unerschöpflichen natürlichen Ressourcen Kanadas haben den Aufbau einer breit gefächerten Industrie ermöglicht. Schwerpunkte sind der Automobil- und Flugzeugbau, die Metallindustrie, die Nahrungsmittelverarbeitung sowie die Holz- und Papierverarbeitung. Auch die chemische und elektrotechnische Industrie sowie zunehmend der High-Tech-Sektor spielen eine wichtige Rolle.
Die verarbeitende Industrie ist vor allem in den Provinzen Ontario und Québec angesiedelt. Im übrigen Kanada dominiert die Rohstoffverarbeitung. Eine wichtige Rolle spielen Niederlassungen der amerikanischen und japanischen Automobilindustrie sowie Zulieferbetriebe, die in Kanada hochqualifizierte Fachkräfte zu etwas niedrigeren Lohnkosten als in den USA beschäftigen.
Im Jahr 2023 exportierte Kanada Waren im Wert von rund 569 Mrd. US-Dollar, rund 30 Mrd. US-Dollar weniger als im Vorjahr. Im gleichen Jahr importierte Kanada Waren im Wert von rund 570 Mrd. US-Dollar, rund 13 Mrd. US-Dollar weniger als im Vorjahr. Durch den Rückgang der Exporte schloss die Handelsbilanz mit einem leichten Defizit ab.
Auch der Handel zwischen Kanada und Deutschland ging im Jahr 2023 um sechs Prozentpunkte zurück. Bei Nahrungsmitteln pflanzlichen Ursprungs betrug der Rückgang acht Prozent. Diese Produkte machen den größten Anteil am gesamten deutsch-kanadischen Handel aus. Vor allem Ölfrüchte, Fruchtzubereitungen, Kakao und Kakaoerzeugnisse sowie Backwaren aus Deutschland erfreuen sich in Kanada großer Beliebtheit.
Aktuelle Wirtschaftslage: Staatsausgaben, Privatkonsum und Exporte kurbeln die Wirtschaft an, Immobilienpreise weiterhin hoch
Die kanadische Wirtschaft entwickelt sich verhalten. Die Wachstumsschwäche im ersten Halbjahr soll bis zum Jahresende durch öffentliche Ausgaben und Anlageinvestitionen ausgeglichen werden, gefolgt vom privaten Konsum und steigenden Exporten. Für das Gesamtjahr rechnen die Expertinnen und Experten mit einem Wachstum von 1,3 Prozent.
Die kanadische Zentralbank hat eine schrittweise Senkung des Leitzinses auf 4,25 Prozent beschlossen, um der verhaltenen Wirtschaftsentwicklung Rechnung zu tragen. Die erfreuliche Entwicklung der Inflation, die seit Jahresbeginn konstant unter drei Prozent liegt und im August 2024 auf zwei Prozent gesunken ist, hat diesen Schritt ermöglicht. Lediglich die Immobilienpreise bleiben aufgrund der hohen Hypothekenzinsen und des Bevölkerungswachstums durch Zuwanderung hoch.
Entwicklungen: „Housing Plan“, Elektrofahrzeuge, erneuerbare Energien
Im Einwanderungsland Kanada ist Wohnraum vor allem in den großen Metropolen ein knappes und entsprechend teures Gut. Zur Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum in Kanada hat die kanadische Regierung im April 2024 einen ambitionierten „Housing Plan“ verabschiedet. Ziel ist der Bau von rund 3,8 Mio. neuen Wohneinheiten bis zum Jahr 2031. Maßnahmen sind die vermehrte Bereitstellung von Grundstücken in öffentlichem Besitz für den Wohnungsbau, günstige Wohnungsbaukredite mit einem Subventionspaket in Milliardenhöhe und die Abschaffung der Mehrwertsteuer für den Neubau von Mietwohnungen.
Mit staatlicher Förderung will Kanada nicht nur attraktive Investitionsangebote für ausländische Investoren in die Produktion von Elektrofahrzeugen und EV-Batterien schaffen, sondern auch der weltweit vierzehntgrößten Automobilindustrie aus der Krise helfen. Derzeit rollen in Kanada im Jahresdurchschnitt nur noch 1,2 Mio. Neuwagen vom Band, deutlich weniger als vor der Pandemie. Öffentliche Gelder sollen auch einen Ausgleich für die in den letzten Jahren verloren gegangenen Arbeitsplätze schaffen.
Kanada will seine Emissionen bis 2030 um 40 bis 45 Prozent reduzieren. Durch CO2-Bepreisung, sektorspezifische Regulierungen und saubere Energietechnologien soll das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreicht werden. Emissionsfreie Energiequellen decken derzeit mehr als 80 Prozent des kanadischen Energiebedarfs. Mit einem Mix aus Wasser-, Wind- und Wasserstoffenergie ist Kanada weltweit der siebtgrößte Produzent erneuerbarer Energien. Für die Zukunft setzt Kanada vor allem in emissionsintensiven Industrien auch auf Technologien wie Carbon Capture and Storage (CCS).
Internationalisierung
Die Amtssprachen Kanadas sind Englisch und Französisch, die von rund 57 Prozent bzw. 21 Prozent der Kanadierinnen und Kanadier als Muttersprache gesprochen werden. Etwa 20 Prozent der kanadischen Bevölkerung sprechen aufgrund des hohen Anteils an Einwanderern weder Englisch noch Französisch als Muttersprache. Chinesisch, Italienisch, Deutsch, Panjabi und Spanisch sind die Migrantensprachen mit den meisten Sprecherinnen und Sprechern.
In sprachlicher Hinsicht ist Kanada also ein Land der Vielfalt. Mit Englisch und Französisch allein kommen ausländische Interessenten daher nicht weit. Bei einer Expansion nach Kanada ist daher eine professionelle Übersetzung notwendig, um kulturelle Unterschiede sicher zu meistern und auch nicht-sprachliche Aspekte zu berücksichtigen, die für eine verhandlungssichere Kommunikation mit kanadischen Partnern und Kunden ebenfalls wichtig sind, wie z. B. die andere Währung und Maßeinheiten. Bei Texten wie Werbetexten, die sich direkt an das Zielpublikum, den Kunden, richten und nicht nur Information, sondern auch Kaufanreiz sein sollen, empfiehlt sich eine freie, kreative Übersetzung durch spezialisierte Fachübersetzer, wobei je nach Textsorte und Umfang auch eine professionell durchgeführte KI-Übersetzung eine Möglichkeit sein kann.
Gesetzliche Rahmenbedingungen: Import- und Zollbestimmungen, Wirtschafts- und Freihandelsabkommen
Für die Einfuhr bestimmter Güter nach Kanada ist eine Einfuhrgenehmigung erforderlich, in anderen Fällen sind bestimmte Kennzeichnungen oder Nachweise der Konformität mit kanadischen Normen Voraussetzung. Nähere Informationen zu den einzelnen Produktkategorien finden Sie auf der Website der Canada Border Services Agency (CBSA). Der Import ist in der Regel zollpflichtig. Die Höhe der Wertzölle richtet sich grundsätzlich nach dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis für die nach Kanada exportierten Produkte bzw. nach dem „Transaction Value“. Im Rahmen des Wirtschafts- und Freihandelsabkommens CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen der Europäischen Union und Kanada sind fast alle gewerblichen Waren aus der EU zollfrei.
Fazit
Die kanadische Wirtschaft entwickelt sich verhalten. Aufgrund der erfreulichen Entwicklung der Inflation, die im August 2024 auf zwei Prozent gesunken ist, hat die kanadische Zentralbank eine schrittweise Senkung des Leitzinses auf 4,25 Prozent beschlossen. Damit sollen Anlageinvestitionen und privater Konsum angekurbelt und die schwache Konjunktur im ersten Halbjahr ausgeglichen werden. Für einige Branchen, wie z. B. die Automobilindustrie, bleiben die Aussichten jedoch trübe. Für deutsche Unternehmen bieten sich vor allem in den Bereichen Elektrofahrzeuge und saubere Energietechnologien gute Geschäftschancen. Diese Branchen werden stark subventioniert und bieten damit attraktive Investitionsmöglichkeiten für ausländische Investoren.
Quellen
- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft: Außenhandel mit Kanada [zuletzt aufgerufen am 19.12.2024]
- Statista: Anteile der Wirtschaftssektoren am Bruttoinlandsprodukt (BIP) Kanadas bis 2020 [zuletzt aufgerufen am 19.12.2024]
- Statista: Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Kanada bis 2029 [zuletzt aufgerufen am 19.12.2024]
- Statista: Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in Kanada bis 2029 [zuletzt aufgerufen am 19.12.2024]
- Statista: Die größten Volkswirtschaften weltweit nach Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 [zuletzt aufgerufen am 19.12.2024]
- Statista: Erwerbstätige nach Wirtschaftssektoren in Kanada bis 2022 [zuletzt aufgerufen am 19.12.2024]
- Statista: Export von Gütern aus Kanada bis 2023 [zuletzt aufgerufen am 19.12.2024]
- Statista: Import von Gütern nach Kanada bis 2023 [zuletzt aufgerufen am 19.12.2024]
- Wirtschaftskammer Österreich: Kanada: Export und Import [zuletzt aufgerufen am 19.12.2024]
- Wirtschaftskammer Österreich: Wirtschaftsbericht Kanada [zuletzt aufgerufen am 19.12.2024]
Weiterführende Links
- Canada Border Services Agency (in englischer Sprache)
- EU-Canada Comprehensive Economic and Trade Agreement (in englischer Sprache)
Autor: Eurotext Redaktion
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