In den letzten Jahren hat die Diskussion um eine geschlechtergerechte Sprache im englischsprachigen Raum an Dynamik gewonnen. Unter Begriffen wie gender-neutral, gender-fair, non-sexist use of language oder allgemein inclusive language wird die Frage nach einer angemessenen Sprachgestaltung, die niemanden ausschließt, immer intensiver diskutiert. Obwohl das Englische im Vergleich zu anderen Sprachen wie Deutsch, Spanisch oder Französisch eine relativ geschlechtsneutrale Grammatik aufweist, sind die Diskussionen um einen inklusiven Sprachgebrauch dennoch vielfältig und kontrovers. Im Mittelpunkt stehen dabei die Anpassung traditioneller Sprachstrukturen und die Einführung geschlechtsneutraler Pronomen. In diesem Beitrag werden wir die verschiedenen Ansätze zu geschlechtergerechter Sprache im Englischen untersuchen, ihre Vor- und Nachteile beleuchten und die breitere Debatte über inklusive Sprache im Englischen reflektieren.
Grammatikalisches Geschlecht im Englischen
Die grammatische Struktur des Englischen unterscheidet sich deutlich von Sprachen wie Deutsch oder Französisch, da Substantive im Englischen kein grammatisches Geschlecht haben. Im Deutschen oder Französischen werden Wörter je nach Geschlecht als männlich, weiblich oder sächlich klassifiziert, während diese Unterscheidung im Englischen nicht getroffen wird (z. B. “the student” im Vergleich zu “der Student/die Studentin”). Diese Unterschiede bedeuten, dass im Englischen das Phänomen des generischen Maskulinums, bei dem die männliche Form als allgemein gültig verwendet wird (z. B. “die Studenten” für eine gemischtgeschlechtliche Gruppe), nicht in dem Maße auftritt wie im Deutschen oder Französischen.
Dennoch ist die englische Sprache nicht völlig geschlechtsneutral. Pronomen und Possessivpronomen wie “he”, “she”, “her” und “his” sind geschlechtsspezifisch, ebenso bestimmte Substantive und Anredeformen. Im Englischen ist es üblich, das Pronomen “he/his” zu verwenden, wenn eine unbestimmte Person gemeint ist, z. B. in “Every client must send his answer before Monday”. Darüber hinaus sind Begriffe wie “man” als Synonym für den Menschen und Wörter mit dem Präfix “man-” wie “mankind” oder “man-made” sowie Wörter mit dem Suffix “-man” wie “freshman”, “mailman” oder “policeman” gebräuchlich. Es gibt jedoch eine klare Tendenz, geschlechtsspezifische Begriffe im Englischen zu reduzieren, meist durch die sprachliche Strategie der Neutralisierung, in selteneren Fällen durch die spezifische Hervorhebung der Geschlechter.
Geschlechtsberücksichtigende Formulierungen: Vor- und Nachteile
Um im Englischen das Geschlecht von Personen hervorzuheben, kann dies vor allem durch die Nennung beider Geschlechter erreicht werden, z. B. “When a customer explores our e-commerce website, he or she can expect a personalized shopping journey”. Diese Methode ist nützlich, um die Einbeziehung beider Geschlechter zu betonen, sollte aber sparsam eingesetzt werden, da sie den Lesefluss stören und in begrenzten Textbereichen problematisch werden kann. Wenn jedoch die Hervorhebung beider Geschlechter die Inklusivität des Satzes verbessert, können getrennte Wörter verwendet werden. Dies ist besonders wichtig, wenn verbreitete Überzeugungen oder Vorurteile die Existenz oder das Handeln eines der beiden Geschlechter verschleiern könnten, wie z. B. in “All of the soldiers, both men and women“.
Die Strategie, beide Geschlechter in Texten zu nennen, birgt sowohl Vor- als auch Nachteile. Auch wenn es den Text inklusiver macht, Frauen sichtbarer macht und stereotype Vorstellungen durchbrochen werden können, können diese Doppelformen des Lesefluss stören und Texte komplizierter und länger machen, was insbesondere auf Websites oder in Beiträgen in den sozialen Medien problematisch sein kann. Ein zusätzlicher Nachteil besteht darin, dass Personen, die sich nicht mit den traditionellen Geschlechterkategorien identifizieren, sich möglicherweise nicht ausreichend repräsentiert oder anerkannt fühlen könnten.
Um sicherzustellen, dass sich alle Geschlechter gleichermaßen vertreten fühlen, können geschlechtsneutrale Pronomen wie “they/their” verwendet werden. Diese werden sowohl im Singular als auch im Plural verwendet und bieten eine inklusive Alternative zu “he/she” und “his/her”. “they/their” kann flexibel eingesetzt werden, entweder als zusätzliche Möglichkeit neben den traditionellen Pronomen (“At the end of every year a customer must pay all of his/her/their outstanding fees”) oder als vollständig geschlechtsneutrale Option, um sicherzustellen, dass niemand aufgrund seines Geschlechts ausgeschlossen wird (“A customer who edits their order must ensure their changes are submitted promptly to avoid any delays”).
Die Verwendung geschlechtsneutraler Pronomen wie “they/them” im E-Commerce ist eine Möglichkeit, Vielfalt und Inklusion zu fördern. Diese Pronomen ermöglichen es, Kunden unabhängig von ihrem Geschlecht anzusprechen und ihnen ein Gefühl der Zugehörigkeit zu vermitteln. Durch ihre flexible Verwendung sowohl im Singular als auch im Plural können sie ein breites Spektrum an Geschlechtsidentitäten abdecken. Darüber hinaus vermitteln sie ein modernes und fortschrittliches Image, das auf Vielfalt und Akzeptanz basiert. Die Verwendung geschlechtsneutraler Pronomen kann jedoch auch zu Verwirrung führen, insbesondere wenn es darum geht, ob eine einzelne Person oder eine Gruppe gemeint ist, da “they/them/their” ursprünglich nur im Plural verwendet wurde. Einige könnten dies als ungewohnt, informell oder störend empfinden und möglicherweise Widerstand dagegen zeigen. Trotz zunehmender Akzeptanz und Verbreitung gibt es immer noch Bereiche, in denen geschlechtsneutrale Pronomen nicht weit verbreitet sind oder nicht vollständig akzeptiert werden. Als Lösung bietet sich eine geschlechtneutrale Kommunikation an, die im Englischen aufgrund der grammatikalischen Struktur besonders nahe liegt.
Geschlechtsneutrale Formulierungen: Vor- und Nachteile
Geschlechtsneutrale Formulierungen sind Bezeichnungen, die Personen im Allgemeinen ansprechen, ohne auf ein bestimmtes Geschlecht hinzuweisen. So können Berufsbezeichnungen angepasst werden, indem die Endung “-man” durch geschlechtsneutrale Alternativen ersetzt wird. Zum Beispiel wird aus “policeman” oder “policewoman” “police officer”. Eine weitere Strategie besteht darin, die Funktion oder Rolle der Person zu betonen, wie zum Beispiel “flight attendant” anstelle von “stewardess”, oder “director” und “principal” anstelle von “headmaster” oder “headmistress”. Anstelle des generischen “man”, das synonym für “Mensch” verwendet wird, können “person” oder “individual” verwendet werden, und anstelle von “mankind” können “people”, “human beings” oder “humanity” eingesetzt werden.
Die Verwendung von Pronomen wie “one” oder dem Relativpronomen “who” ermöglicht ebenfalls eine geschlechtsneutrale Formulierung. Statt “If a client is not satisfied with the service, he…” kann man formulieren “A client who is not satisfied with the service…”, um das generisch verwendete männliche Personalpronomen zu vermeiden. Eine weitere Strategie ist die Umformulierung in den Plural, um geschlechtsneutrale Formulierungen zu erreichen. So wird aus “A customer must certify that he has familiarized himself with the Terms and Conditions.” “Customers must certify that they have familiarized themselves with the Terms and Conditions.” Das Passiv kann auch verwendet werden, um geschlechtsneutrale Formulierungen zu erreichen, jedoch ist zu beachten, dass das Passiv nicht immer eine geeignete Option ist und die Bedeutung des Satzes verändern kann. Anstelle von “The customer must send photos of the damage he is describing” könnte man sagen “The customer must send photos of the situation being described”. In einigen Fällen kann das geschlechtsspezifische Wort auch ganz weggelassen werden, wie zum Beispiel „A customer must wait for 4 days before he may send in a formal complaint” zu “A customer must wait for 4 days before sending in a formal complaint”.
Geschlechtsneutrale Formulierungen bieten zahlreiche Vorteile, darunter ihre grammatische Korrektheit und ihre natürliche Erscheinung, insbesondere im Englischen. Sie fallen oft kaum auf und können sich nahtlos in Texte einfügen. Jedoch erfordert ihre Verwendung manchmal ein gewisses Maß an Kreativität und sprachlichem Feingefühl, insbesondere wenn es darum geht, bestehende Ausdrücke umzuformulieren, um geschlechtsneutrale Alternativen zu finden. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn geschlechtsneutrale Texte vom Englischen in Sprachen mit grammatischen Geschlechtern übersetzt werden. Die grammatikalische Struktur dieser Sprachen kann dazu führen, dass geschlechtsneutrale Formulierungen in der Übersetzung ein bestimmtes grammatikalisches Geschlecht erhalten, was zu Verzerrungen oder Missverständnissen führen kann. Was im Englischen als neutral angesehen wird, kann in anderen Sprachen oder Kulturen möglicherweise anders interpretiert werden. Daher erfordert die Verwendung geschlechtsneutraler Formulierungen eine genaue Kenntnis der Zielgruppe und ihrer kulturellen Hintergründe, um Missverständnisse zu vermeiden und die gewünschte Botschaft klar zu kommunizieren.
Überwindung von Stereotypen
Eine geschlechtergerechte Sprache zielt darauf ab, nicht nur geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwenden, sondern auch Ausdrücke zu vermeiden, die Geschlechterstereotype verstärken könnten. Besonders im E-Commerce finden sich häufig Abschnitte wie “For him” oder “For her”, die traditionelle Geschlechterrollen betonen. Ähnlich problematisch sind Slogans wie “Get your man to buy it for you” oder “Real men/women use this product”. Solche gezielten Marketingbotschaften verfestigen Geschlechterstereotype und vernachlässigen die Vielfalt der potenziellen Kundschaft. Dies kann nicht nur zu einem Kundenverlust führen, sondern auch dazu beitragen, gesellschaftliche Vorurteile zu verstärken und Geschlechterungleichheiten zu perpetuieren.
Auch bei der Kundenansprache ist Vorsicht geboten, denn die Verwendung von Titeln und Namen kann ebenfalls stereotype Geschlechterrollen aufrechterhalten. Während “Mr.” jeden Mann bezeichnet, unabhängig von seinem Beziehungsstatus, definieren “Miss” und “Mrs.” Frauen oft durch ihre Ehe. Eine moderne Alternative für Frauen ist “Ms.”, ohne den Beziehungsstatus anzugeben. Besonders im E-Commerce, wo die Ansprache der Kundschaft direkten Einfluss auf die Kundenbindung und das Markenimage haben kann, ist diese Berücksichtigung wichtig. Ebenso sollte die sprachliche Gestaltung im Kontext von sexueller Orientierung und Familienstruktur geschlechtsneutrale Begriffe wie “partner” oder “spouse” bevorzugen, anstelle von „husband/wife“, sowie „parents“ statt „mother/father“. Auf diese Weise wird die Vielfalt von Partnerschaften und Familien anerkannt, ohne Annahmen über die sexuelle Orientierung zu treffen.
Fazit
Geschlechtergerechtes Schreiben ist im Englischen einfacher als in anderen Sprachen und erfordert in erster Linie Übung und Gewöhnung. Inklusiver Sprachgebrauch basiert hauptsächlich auf grammatikalischen Konventionen, die in den meisten Varianten des Englischen ähnlich sind. Dennoch kann es Unterschiede in der Gesetzgebung oder der kulturellen Akzeptanz der jeweiligen Variante des Englischen geben. Daher ist es ratsam, Übersetzungen von Personen anfertigen zu lassen, die sowohl sprachlich geschickt als auch mit den kulturellen Standards für geschlechtergerechte Begriffe in der jeweiligen Zielregion vertraut sind.
Inklusive Sprache bedeutet auch, alle sprachlichen Konventionen auf mögliche Diskriminierungen hin zu überprüfen. Diese Art der Kommunikation verwendet Begriffe, die niemanden ausschließen oder diskriminieren sollen, und soll zum Abbau von Vorurteilen und Diskriminierung beitragen. Sie zielt darauf ab, alle Menschen unabhängig von ihrer Identität anzusprechen und zu berücksichtigen, sei es in Bezug auf Geschlecht, sexuelle Orientierung, ethnische Zugehörigkeit, sozialen Status oder andere Merkmale. Insbesondere im E-Commerce, wo jedes Wort zählt, kann ein inklusiver Sprachgebrauch entscheidend dafür sein, dass Unternehmen alle Menschen gleichermaßen erreichen und ansprechen.
Quellen
- Gender-Inclusive Language – The Writing Center • University of North Carolina at Chapel Hill (unc.edu)
- pdf (europa.eu)
- Inclusive Language with Respect to Grammatical Gender ‒ ENAC ‐ EPFL
- Third-Person Pronouns ‒ ENAC ‐ EPFL
- UNITED NATIONS Gender-inclusive language
Autor: Eurotext Redaktion
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