Zwischen der Türkei und Deutschland besteht eine weit zurückreichende Handelsbeziehung. Viele deutsche Unternehmen sind in der Türkei in diversen Industriebranchen aktiv, doch auch für Interessenten aus dem E-Commerce ist das Land einen Blick wert. Der türkische E-Commerce hat viel Potenzial, es bestehen jedoch auch Handelsschranken. Hier erfahren Sie mehr darüber.
Zahlen und Fakten
Die Türkei erstreckt sich über die vorderasiatische Region Anatolien und die südosteuropäische Balkanhalbinsel. Das rund 783.500 km² große Land ist geografisch in sieben Regionen unterteilt und hat etwa 85,3 Millionen Einwohner. Grenznachbarn sind im Westen Bulgarien und Griechenland, im Süden Syrien und der Irak und im Osten Georgien, Armenien und der Iran.
Die Stadt Ankara ist die Hauptstadt der Türkei sowie der gleichnamigen Provinz in Anatolien. Mit rund 5,7 Millionen Einwohnern ist Ankara nach Istanbul die zweitgrößte Stadt des Landes. Istanbul liegt im Westen der Türkei, umschließt den Bosporus – die natürliche Grenze zwischen Europa und Asien – und ist das wichtigste kulturelle und wirtschaftliche Zentrum des Landes. Die Metropolregion Istanbul beheimatet fast ein Fünftel der Bevölkerung des Landes und zählt zu den größten Metropolen der Welt. Weitere Großstädte sind Izmir, Bursa, Antalya und Adana.
Gemessen am HDI, dem Wohlstandsindikator der Vereinten Nationen, liegt die Türkei hinsichtlich der menschlichen Entwicklung mit einem Wert von 0,853 weltweit auf Platz 51 (vgl. Deutschland: 0,959). Das türkische Bruttoinlandsprodukt (BIP) beträgt rund 1,1 Billionen US-Dollar. Kaufkraftbereinigt liegt das BIP pro Kopf bei knapp 38.400 US-Dollar (vgl. BIP pro Kopf in Deutschland: 69.500 US-Dollar).
Die Türkei ist seit 1999 EU-Beitrittskandidat. Das Land ist Mitglied der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der Vereinten Nationen sowie der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20).
In der Türkei wird mit der türkischen Lira (TRY) bezahlt. Die türkische Lira unterteilt sich in 100 Kuruş. Aktuell (Stand: 09.09.2025) beläuft sich der Wechselkurs auf 48,44 türkische Lira pro Euro. Der Zeitunterschied zwischen der Türkei und Deutschland beträgt eine Stunde.
Wirtschaft und Handelspartner
Die türkische Wirtschaft stützt sich vor allem auf den Dienstleistungssektor und das verarbeitende Gewerbe. Laut Daten von Statista trägt der Dienstleistungssektor 56,8 Prozent zur gesamten Bruttowertschöpfung bei, das verarbeitende Gewerbe 25,9 Prozent. Im Jahr 2023 waren 57,8 Prozent der Erwerbstätigen im Dienstleistungssektor beschäftigt.
Als eine der größten Volkswirtschaften im Nahen Osten spielt die Türkei eine wichtige Rolle im internationalen Handel. Durch ihre diversifizierte Wirtschaft, die Moderne und Tradition vereint, fällt sie international auf. Zu den Schlüsselsektoren zählen die Automobilindustrie, die Textil- und Bekleidungsindustrie, die Elektronikindustrie, die Bauindustrie und die Landwirtschaft.
Die Türkei exportiert vor allem Kraftfahrzeuge, Maschinen, Elektronik, Textilien und Lebensmittel. Auf der Importseite spielen Maschinen, Chemikalien, Erdöl und Erdgas sowie Metalle die Hauptrolle.
Wichtige Handelspartner sind die Europäische Union, insbesondere Deutschland, sowie die Vereinigten Staaten, China und Russland.
Handelsbeziehungen mit Deutschland
Direktinvestitionen aus dem Ausland sind ein wichtiger Treiber der türkischen Wirtschaft. Deutschland zählt dabei zu den größten Investoren. In der Türkei sind deutsche Unternehmen unter anderem in der Automobilindustrie, im Maschinenbau, in der chemischen Industrie, in der Elektrotechnik und im Bankwesen tätig.
Mit der EU besteht seit 1996 ein Zollunionsabkommen. Deutsche Unternehmen in der Türkei beklagen jedoch nach wie vor einige Handelsschranken, darunter bürokratische Hürden, volatile Währungsschwankungen und geopolitische Unsicherheiten.
Internetnutzung und Kaufverhalten
Laut dem Statistischen Bundesamt haben 87,3 Prozent der Türkinnen und Türken Zugang zum Internet. Die aktivste und somit für den E-Commerce interessanteste Altersgruppe sind die 25- bis 34-jährigen jungen Erwachsenen, gefolgt von den 16- bis 25-Jährigen sowie den 35- bis 44-Jährigen.
Mehr als die Hälfte dieser Nutzerinnen und Nutzer gibt an, bevorzugt vom PC aus zu surfen. Die Zahl derjenigen, die ihr Smartphone zum Surfen bevorzugen, wächst jedoch zunehmend. Damit einhergehend soll sich der mobile E-Commerce im Einzelhandel weiterentwickeln, so Expertinnen und Experten. Dazu beitragen werden der Ausbau von 5G-WLAN im Land sowie neue Kaufverhaltensmuster wie Social Shopping.
Eine kauforientierte Nutzung des Internets ist in der Türkei vorwiegend bei Männern festzustellen. Laut Statista sind 58 Prozent der Personen in der Türkei, die sich online über Produkte und Dienstleistungen informieren, diese vergleichen und digital beziehen, männlich. Dieser Gender Gap war auch im Zeitraum 2010–2020 festzustellen und beträgt 10 bis 15 Prozentpunkte.
In der Türkei nutzen schätzungsweise rund 58,5 Millionen Menschen soziale Medien. Mit einer Nutzungsrate von 73 Prozent liegt das Land damit über dem weltweiten Durchschnitt. Die beliebteste Plattform ist dabei Instagram, gefolgt von YouTube, TikTok und Facebook. Soziale Medien sind in der Türkei besonders beliebt, da sie eine alternative Informationsquelle zu den staatlich kontrollierten Medien darstellen und den Menschen Zugang zu ungefilterten Nachrichten ermöglichen. Durch ihre weite Verbreitung sind diese Medien auch für den E-Commerce wichtig.
Ein weiterer Unterschied hinsichtlich der Internetnutzung in der Türkei lässt sich zwischen Personen mit niedrigem oder mittlerem Bildungsabschluss und Personen mit höherer Bildung feststellen. Bei Letzteren ist die Bereitschaft, im Internet einzukaufen, deutlich höher. So nutzen nur 34 Prozent der befragten Konsumentinnen und Konsumenten mit niedrigem bzw. mittlerem Bildungsabschluss das Internet, um Produkte und Leistungen zu kaufen. Unter den Konsumentinnen und Konsumenten mit höherer Bildung sind es hingegen 72 Prozent. Der soziale Gap beträgt somit fast 50 Prozentpunkte.
Markttrends
In der Türkei hat der E-Commerce während der Corona-Pandemie von 2020 bis 2021 stark zugenommen und verzeichnet bis heute ein stabiles Wachstum. Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Preise sind im Vergleich zum stationären Handel oft niedriger, die Lieferung erfolgt schnell und unkompliziert per Nachnahme und Artikel können ebenso unkompliziert zurückgegeben werden.
E-Commerce-Transaktionen machen inzwischen rund 18 Prozent des gesamten Handels aus. Dabei werden fast 70 Prozent der Online-Einkäufe über mobile Endgeräte getätigt. Im B2C-Bereich ist die Türkei somit bereits ein „Mobile First“-Markt, in dem mobiloptimierte E-Commerce-Websites klar im Vorteil sind. Anbieter, die in den türkischen Markt einsteigen wollen, tun gut daran, dies zu berücksichtigen.
Mode und Kleidung sind mit Abstand die beliebtesten Produktkategorien im türkischen E-Commerce. Unter den Einzelhändlern sind diejenigen mit einem breiten Sortiment und einer starken digitalen Präsenz über eigene Websites und Marktplätze hinweg am erfolgreichsten. Zu den größten und renommiertesten Marktplätzen in der Türkei zählen Hepsiburada, GittiGidiyor, Trendyol und Araba.com.
Viele türkische E-Commerce-Unternehmen expandieren auch in andere Regionen. So eröffnete das türkische Online-Handelsunternehmen Trendyol beispielsweise im Mai 2022 sein erstes Büro außerhalb der Türkei in Berlin.
In der Türkei wie auch international ist das bargeldlose Zahlen per Kredit- oder Debitkarte bei E-Commerce-Transaktionen am beliebtesten. 61 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten greifen dabei bevorzugt auf die Kartenzahlung zurück, 13 Prozent zahlen lieber per Überweisung.
Sprache
Türkisch ist die Amtssprache der Türkei und Nordzyperns. Darüber hinaus wird es in Teilen Nordmazedoniens, Rumäniens und des Kosovo als lokale Amtssprache verwendet. In der Türkei werden zahlreiche Dialekte gesprochen. Aus sprachwissenschaftlicher Sicht ist die Istanbuler Varietät von besonderer Bedeutung, da sie die Grundlage für die heutige türkische Standardsprache bildet.
Für den E-Commerce ist zu beachten, dass die Kenntnisse anderer Sprachen als der Muttersprache in der Türkei im Durchschnitt mangelhaft sind. Im Ranking von Education First werden die Englischkenntnisse von Menschen in Ländern mit nicht-englischer Amtssprache ausgewertet. Von den 116 Ländern im Ranking liegt die Türkei auf Platz 65. Die Englischkenntnisse der Türkinnen und Türken werden von EF als gering bis mittelmäßig eingestuft. Eine Übersetzung in die Landessprache ist somit für den erfolgreichen Einstieg in den türkischen Markt wichtig. Am effektivsten lässt sich die Sprachbarriere mit einer landesspezifischen Übersetzung (Lokalisierung) überwinden, die auch die Besonderheiten der Zielkultur sowie weitere Unterschiede, wie beispielsweise die andere Währung, berücksichtigt.
Wissenswertes zu Import- und Zollbestimmungen
Die Importbestimmungen werden im Rahmen der Zollunion zwischen der Türkei und der EU laufend aktualisiert. Grundsätzlich unterliegen sowohl inländische als auch ausländische Firmen der Mehrwertsteuerpflicht. Es gibt jedoch Ausnahmeregelungen für Kleinunternehmen sowie für besondere Fälle, beispielsweise wenn Waren für staatlich geförderte Investitionsprojekte eingeführt werden. Exporte werden ebenfalls nicht versteuert. Bei Waren, die in der Türkei weiterverarbeitet und anschließend exportiert werden, entfällt die Importsteuer. In diesem Fall muss der Importeur einen entsprechenden Antrag beim Wirtschaftsministerium einreichen.
Die Zollunion EU-Türkei gilt für industriell-gewerbliche Waren (mit Ausnahmen) und landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte. Die Zollunion sorgt für Zollfreiheit im gegenseitigen Warenverkehr, sofern die Waren entweder in der EU oder in der Türkei hergestellt wurden. Waren, die in Drittländern hergestellt wurden, werden verzollt.
Fazit
Aus der Sicht deutscher Online-Händler ist die Türkei auf jeden Fall einen Blick wert. Das Land bietet mit einer hohen Internetpenetrationsrate, großen Ballungsräumen und Wirtschaftszentren sowie einem digitalaffinen Zielpublikum, das das Internet gerne nutzt, um sich über Produkte und Waren zu informieren und diese zu erwerben, alles, was für einen erfolgreichen E-Commerce nötig ist. Dennoch ist der türkische E-Commerce-Markt noch nicht ausgereift. Die älteste Bevölkerungsschicht beteiligt sich wenig daran und es gibt sowohl einen geschlechtsbezogenen als auch einen sozialen Gap. Dadurch können noch nicht alle Konsumentinnen und Konsumenten über das Internet erreicht werden. Vor allem Frauen und Menschen mit niedrigem bis mittlerem Bildungsabschluss sind davon betroffen. Auch die politische Lage sorgt für gewisse Unsicherheiten. Hinzu kommen die Sprachbarriere sowie die möglicherweise zu beachtenden Import- und Zollbestimmungen. Dabei handelt es sich allerdings um leicht überwindbare Hindernisse.
Quellen
- Außenwirtschaftsportal: Türkei [letzter Zugriff am 09.09.2025]
- Education First: Türkiye [letzter Zugriff am 09.09.2025]
- Mordor Intelligence: E-Commerce-Markt in der Türkei Größen- und Anteilsanalyse – Wachstumstrends und Prognosen (2024–2029) [letzter Zugriff am 09.09.2025]
- Statista: Anteile der Wirtschaftssektoren am Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Türkei 2024 [letzter Zugriff am 09.09.2025]
- Statista: Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Türkei bis 2030 [letzter Zugriff am 09.09.2025]
- Statista: Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in der Türkei bis 2030 [letzter Zugriff am 09.09.2025]
- Statista: Erwerbstätige nach Wirtschaftssektoren in der Türkei bis 2023 [letzter Zugriff am 09.09.2025]
- Statista: Most popular online payment methods in Turkey 2023, by type [letzter Zugriff am 12.09.2022]
- Statista: People informing themselves about goods online in Turkey, by gender [letzter Zugriff am 12.09.2022]
- Statista: Prognose zur Anzahl der Nutzer sozialer Netzwerke in der Türkei bis 2030 [letzter Zugriff am 09.09.2025]
- Statista: Share of internet users in the general population of Turkey 2012-2022, by age group [letzter Zugriff am 09.09.2025]
- Statista: Users in Turkey informing themselves about good and services online, by age [letzter Zugriff am 12.09.2022]
- Statista: Weekly e-commerce activities in Turkey Q3 2023 [letzter Zugriff am 09.09.2025]
- Statistisches Bundesamt: Basistabelle Internetnutzer [letzter Zugriff am 09.09.2025]
- Wirtschaftskammer Österreich: Türkei: Export und Import [letzter Zugriff am 09.09.2025]
Weiterführende Links
Autor: Eurotext Redaktion
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