Universelles Gesundheitssystem, zufriedene Bevölkerung, gezielte Förderung: Das beliebte Urlaubsziel überrascht mit attraktiven Marktchancen. In unserem aktuellen Blogbeitrag erfahren Sie, was den Gesundheitsmarkt in Spanien von anderen Ländern unterscheidet.

Bevölkerung

Mit über 47 Millionen Einwohner*innen zählt Spanien zu den bevölkerungsreichsten Ländern Europas. Die parlamentarische Monarchie erstreckt sich auf 17 autonome Regionen und zwei Exklaven (Melilla und Ceuta) in Nordafrika und ist nach Frankreich das am zweithäufigsten besuchte Land der Welt.

Auch beim Thema Gesundheit scheinen die Indikatoren auf den ersten Blick solide: Laut spanischem Gesundheitsministerium, dem Ministerio de Sanidad, schätzen knapp acht von zehn Spanier*innen ihre Gesundheit als gut ein. In Deutschland sind es dagegen nur sieben. Dabei betragen die Ausgaben für die Gesundheit nur 10,7 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zum Vergleich: Für die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung gibt der Spitzenreiter Deutschland jährlich 12,8 % des BIP aus.

Auch die Lebenserwartung in Spanien gehört zu den höchsten in Europa, ist aber im Jahr 2020 aufgrund der Auswirkungen der Coronapandemie deutlich gesunken. Im Durchschnitt werden Spanier*innen 83 Jahre alt. Frauen liegen hier klar vorn: Mit 85,1 Jahren (83,2 Jahre in Deutschland) werden sie deutlich älter als Männer, bei denen die Lebenserwartung bei der Geburt 79,7 Jahre beträgt (78,3 Jahre in Deutschland).

Diese Entwicklung führt zu einer immer älter werdenden Bevölkerung: Wie in Deutschland waren 2021 bereits ein Fünftel aller Einwohner*innen älter als 55 Jahre. In der Folge steigen auch die Zahlen altersbedingter Gesundheitsprobleme wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Arthrose. Knapp jede*r dritte Erwachsene leidet an mindestens einer chronischen Erkrankung.

Was die Sterblichkeit betrifft, zählen ischämische Herzkrankheiten, Schlaganfälle und Krebserkrankungen zu den häufigsten Todesursachen in Spanien. Gesundheitsbezogene Risikofaktoren spielen hier eine erhebliche Rolle. Trotz entsprechender Gesundheitsinitiativen der Regierung rauchte 2019 immer noch einer von fünf Erwachsenen täglich (Männer: 23 %). Der Alkoholkonsum ist in den letzten Jahren gestiegen und lag 2019 leicht über dem EU-Durchschnitt. Auch Übergewicht und Adipositas belasten die Gesundheit der Spanier*innen. So waren 2018 etwa 18 % der 15-Jährigen übergewichtig oder fettleibig.

Gesundheitsmarkt

Spanien verfügt über ein universelles, landesweites Gesundheitssystem, das Sistema Nacional de Salud (SNS), das vorwiegend aus Steuern finanziert wird. Anfang der 2000er wurde der öffentliche Gesundheitsdienst regionalisiert. Das bedeutet, dass die autonomen Regionen nun finanziell unabhängig agieren und die operative Planung selbst übernehmen. Das übergeordnete Gesundheitsministerium ist nach wie vor zuständig für die nationale Planung und den Leistungskatalog sowie die Zulassung von Arzneimitteln.

Das öffentliche Gesundheitssystem in Spanien genießt einen hohen Standard. Die Krankenhäuser sind modern und gut ausgestattet und die Mitarbeiter*innen sind gut ausgebildet. Über das gesamte Land verteilt gibt ein breites Netz an Krankenhäusern und Gesundheitszentren für die Primärversorgung.

Dennoch entscheiden sich etwa 20 % der Spanier*innen für eine zusätzliche private Krankenversicherung, da sich dadurch die teilweise langen Warteschlangen und Wartelisten bei manchen Leistungen umgehen lassen. Auch erhält man dadurch Zugang zu den ansonsten sehr teuren spanischen Privatkliniken mit ihrer ausgezeichneten Ausstattung und hohen Versorgungsqualität.

Für die eigene Gesundheitsversorgung investiert die spanische Bevölkerung deutlich mehr aus eigener Tasche als in Deutschland (21,8 % im Vergleich zu nur 12,7 %). Dazu zählen hauptsächlich Zuzahlungen für Arzneimittel, aber auch Medizinprodukte und Zahnbehandlungen.

Im Bereich der Medizintechnik geht man davon aus, dass der spanische Markt bis 2024 auf ein Volumen von fast 7,1 Milliarden Euro anwachsen wird. Das entspricht einer kumulierten Steigerung von etwa 10 % im Vergleich zum Wert von 2020. Dieses Wachstum wird durch verschiedene nationale und EU-weite Fördermittel weiter angeheizt. So belaufen sich die Investitionen im Rahmen der EU-Förderung in den Bereichen Wissenschaft, Forschung und staatliches Gesundheitswesen in der Förderperiode von 2021 bis 2026 auf 4,24 Milliarden Euro, von denen 1,07 Milliarden Euro direkt ins staatliche Gesundheitssystem SNS fließen.

Im Strategieplan für Spitzenmedizin der spanischen Regierung wurden hier vier klare Förderschwerpunkte definiert: Innovationen und Forschung, personalisierte Präzisionsmedizin, Digitalisierung des SNS und digitale Transformation. Gesundheitsdaten sollen in einem sogenannten „Data Lake Sanitario“ besser zusammengeführt werden und umfassende Analysemöglichkeiten für Diagnostik und Therapie ermöglichen.

Neben der Ausbildung von Fachkräften soll auch die technische Ausstattung modernisiert werden. Das Land möchte insbesondere in der Forschung von Erkrankungen wie Diabetes und neurodegenerative Erkrankungen eine führende Position einnehmen. Durch den Strategieplan werden zwischen 2021 und 2023 voraussichtlich Investitionen in Höhe von 1,47 Milliarden Euro in die Branche eingebracht werden.

Die technische Modernisierung des SNS sowie laufende Krankenhausprojekte eröffnen vielversprechende Möglichkeiten für den Absatz von moderner Medizintechnik. Als führendes Lieferland hat Deutschland die Gelegenheit, von dieser verstärkten Nachfrage zu profitieren. Spaniens Aufbau- und Resilienzplan konzentriert sich stark auf Hochtechnologie (z. B. Geräte für bildgebende Verfahren, wie PET-CT und MRT), was dem deutschen Angebot im Bereich der Medizintechnik zugutekommen dürfte.

Neben der leistungsfähigen Pharmaindustrie gibt es auch gute Bedingungen im Biotechnologie-Bereich. Umsatzmäßig handelt es sich um den viertgrößten Sektor in Europa. Speziell die Entwicklung von Impfstoffen und Diagnostika wurde durch die Coronapandemie zusätzlich vorangetrieben. Ein Vorzeigeprojekt ist hier die BioRegió de Catalunya in Katalonien.

Trends

Die schnell alternde Bevölkerung befeuert die Nachfrage nach langfristig gesunderhaltenden Produkten und Dienstleistungen. Hier greifen viele Trends ineinander: Die Digitalisierung ist auch in der Gesundheit angekommen und trifft dort auf den Wunsch nach Prävention und Fitnessoptimierung. Gesundheits-Tracker und Digital-Health-Apps unterstützen die Menschen dabei, diese Gesundheitsziele zu erreichen.

So kann man Schritte zählen, um sich die eigene Aktivität bewusster zu machen und sich messbare Ziele zu setzen. Schlaf-Apps ermahnen Benutzer*innen zur Einhaltung der Schlafhygiene. Bei Menschen mit Diabetes schicken Blutzuckersensoren die in Echtzeit gemessenen Werte direkt an die Smartwatch. Die KI-gestützten Apps erkennen wiederkehrende Muster und geben entsprechende Empfehlungen ab.

Auch Gesundheit und Umwelt sind eng miteinander verknüpft: Es gibt zunehmendes Bewusstsein für Umweltauswirkungen auf die Gesundheit, was zu einem Interesse an nachhaltigen Lebensmitteln und Lebensgewohnheiten führt. Dadurch steigt die Nachfrage nach biologisch erzeugten Waren, die frei von Pestiziden und anderen schädlichen Chemikalien sind, auch im Bereich Kosmetik- und Beauty-Produkten.

Nicht zuletzt seit der Coronapandemie ist die mentale Gesundheit ebenfalls in den Fokus gerückt. Die Menschen legen immer mehr Wert auf Wellness und Wohlbefinden. Erkrankungen wie Depressionen und Burnout sind auch in Spanien ein großes Thema und haben glücklicherweise ihre Stigmatisierung verloren. Dementsprechend steigt die Nachfrage nach psychologischer Beratung und Therapie sowie nach Produkten und Dienstleistungen aus den Bereichen der Naturheilkunde, Achtsamkeit, Yoga und Coaching.

Spanien wird auch für Gesundheitstouristen immer beliebter, die hochwertige medizinische Behandlungen in Anspruch nehmen möchten, u. a. in den Bereichen Schönheitschirurgie, Zahnmedizin und Kinderwunschbehandlungen. Die Leistungen werden teilweise deutlich günstiger angeboten oder es gelten weniger strenge gesetzliche Vorgaben, die in Deutschland bestimmte Verfahren einschränken.

Gesetzliche Rahmenbedingungen und Regularien

Die Gesundheitswirtschaft in Spanien unterliegt der Regulierung durch das spanische Gesundheitsministerium. Die Registrierung und Normierung von Medizinprodukten wird von der Agentur für Arzneimittel und Medizinprodukten (Agencia Española de Medicamentos y Productos Sanitarios, AEMPS) durchgeführt, die dem Gesundheitsministerium unterstellt ist.

Software mit einem medizinischen Zweck (z. B. Apps) und andere Digital-Health-Produkte gelten als Medizinprodukt und unterliegen den entsprechenden Zulassungsvorgaben. Wie andere Medizinprodukte auch (Spritzen, Blutdruckmessgeräte, Brillen usw.) müssen sie von einer benannten Stelle geprüft werden und die CE-Kennzeichnung erlangen.

Die AEMPS ist ebenfalls für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln auf dem spanischen Markt zuständig. Auf Antrag eines Herstellers oder Distributors prüft die Behörde Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des jeweiligen Arzneimittels. Dabei stellt sie sicher, dass es die nationalen und europäischen Vorschriften erfüllt. Nach einer erfolgreichen Bewertung erteilt die AEMPS die Zulassung und das Medikament darf in Spanien vermarktet werden. Die Sicherheit und Qualität wird danach weiter überwacht, beispielsweise ob Nebenwirkungen und Qualitätsmängel auftreten.

Gesundheitsmarkt in der EU und international

In der Europäischen Union (EU) ist jeder Mitgliedstaat prinzipiell selbst für seine Gesundheitspolitik zuständig. Auf EU-Ebene wird durch entsprechende Richtlinien und Verordnungen ein Rahmen vorgegeben, der in nationale Gesetze und Vorschriften umgesetzt werden muss. Ein aktuell relevantes Beispiel ist die Medizinprodukteverordnung (Verordnung (EU) 2017/745), oft als MDR abgekürzt, die die Anforderungen für sämtliche Medizinprodukte definiert, die im europäischen Binnenmarkt vertrieben werden. Die Zulassung erfolgt auf der Grundlage einer Konformitätserklärung (Conformité Européenne bzw. CE).

Bei Arzneimitteln besteht die Möglichkeit, eine Zulassung entweder auf nationaler Ebene (in Spanien durch die AEMPS) oder im Rahmen des sogenannten „zentralen Zulassungsverfahrens“ der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zu beantragen. Beim zentralen Zulassungsverfahren kann der Hersteller mit einem einzigen Antrag die Zulassung für den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EU, Island und Norwegen) erhalten und somit Zeit und Geld für die aufwändigen Behördenanträge einsparen.

Internationalisierung

Die Internationalisierung eröffnet spanischen Kliniken und Gesundheitszentren die Möglichkeit, ihr Leistungsspektrum auch über die Landesgrenzen hinaus zu präsentieren und ihre Attraktivität für Patient*innen aus dem Ausland zu erhöhen.

Auch bei der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften bietet die Übersetzung von wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Schulungsmaterialien, die Chance, von den Erfahrungen und bewährten Verfahren anderer Länder zu profitieren und dadurch die Gesamtqualität der medizinischen Versorgung zu erhöhen.

Übersetzungen kommen ebenfalls im gesamten Lebenszyklus von Medizinprodukten, Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln und Gesundheits- und Lifestyle-Produkten zum Einsatz. Dabei gilt es stets, Zielpublikum und Zweck des Textes zu beachten. Die Anforderungen unterscheiden sich erheblich, wenn Behörden, Fachpublikum oder Laien adressiert werden, und variieren zudem nach Textsorte und Medium. Dies erfordert neben einer fundierten Ausbildung ein hohes Maß an sprachlichem Feingefühl, Erfahrung und umfassendes Fachwissen.

Bei der direkten Ansprache von Verbraucher*innen und Patient*innen – beispielsweise in Informationsportalen, Broschüren, in sozialen Medien oder Blogs – muss die Übersetzung leicht verständlich sein und unnötige Fachbegriffe vermeiden. Gleichzeitig sollte sie ansprechend sein und überzeugen. Neben der Fachübersetzung kann hier auch eine kreative Adaption sinnvoll sein, die von erfahrenen Marketing-Übersetzer*innen erstellt wird.

Für den spanischen Markt ist in erster Linie das kastilische Spanisch relevant. Die Amtssprache des Landes wird von allen Bürger*innen gesprochen. Einige autonome Regionen haben jedoch neben dem Kastilischen noch ihre eigene Amtssprache: In Katalonien wird Katalanisch (8 %), Valencianisch (4 %) und Aranesisch (0,3 %) gesprochen, in Galizien ist Galicisch verbreitet (3 %) und im Baskenland und in Teilen Navarras spricht man Baskisch (1 %).

Weitere „geschützte Sprachen“ sind das Asturisch-Leonesische und Aragonesische. Geschützte Sprachen haben zwar nicht den Status einer weiteren Amtssprache (lengua co-oficial), können aber in den Schulen als Wahlfach unterrichtet werden. Häufig gibt es auch die Möglichkeit, Fernsehsendungen in der geschützten Sprache zu zeigen. Insbesondere beim zielgerichteten Marketing und Aufklärungskampagnen kann es in Spanien durchaus sinnvoll sein, die Inhalte für den jeweiligen Markt in der jeweiligen Regionalsprache zu lokalisieren. Zu den wichtigsten Einwanderersprachen zählen Französisch, Deutsch und Arabisch.

Fazit

Im spanischen Gesundheitsmarkt stehen alle Zeichen auf Wachstum. Gezielte Förderprojekte und EU-Hilfsgelder beleben den Markt und machen das Land für Unternehmen sehr attraktiv, speziell in den Bereichen Biotech und Digital Health.

Hindernisse ergeben sich allerdings durch den starken Wettbewerb im Importsektor und die Dezentralisierung des öffentlichen Gesundheitssystems. So erschwert das System – bestehend aus zentralem Gesundheitsministeriums und zahlreichen regionalen Strukturen – die Übersicht über die regulatorischen Rahmenbedingungen.

Übersetzungen können hier ein entscheidender Faktor für den Erfolg sein. Schließlich hätten Übersetzungsfehler fatale Auswirkungen: Sie gefährden Patient*innen, Anwender*innen und Fachkreisangehörige und setzen das Unternehmen, das das Produkt oder die Dienstleistung anbietet, einem immensen Haftungsrisiko aus.

Um sich im sensiblen Medizinmarkt durchzusetzen, sind qualifizierte Fachübersetzer*innen daher unerlässlich. Sie besitzen umfassende Fachkenntnisse im medizinischen Bereich und kennen die kulturellen Eigenheiten des Marktes. Eine präzise und fehlerfreie Kommunikation betont außerdem das Qualitätsbewusstsein des Unternehmens und erhöht das Vertrauen in die Marke.



Quellen

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.

 

Bitte beachten Sie: Auch wenn wir in unseren Beiträgen gelegentlich Rechtsthemen ansprechen, stellen diese keine Rechtsberatung dar und können eine solche auch nicht ersetzen. Wenn Sie konkrete Fragen haben, lassen Sie sich bitte von einem Anwalt beraten.