Internationalisierungsprojekte verlangen einen langen Atem. Es geht nicht darum, kurzfristig gute Arbeit abzuliefern. Wer langfristig Erfolg haben will, muss dauerhaft ein hohes Qualitätsniveau halten. Aber wie lässt sich das sicherstellen, wenn eine Vielzahl von Mitarbeitern in mehreren Ländern beteiligt ist? Neben festen Länderteams und einer gründlichen Qualitätskontrolle helfen uns dabei vor allem kundenspezifische Styleguides. Hier erklären wir, welche Rolle die bei unserer Arbeit spielen.

Bevor mit der eigentlich Übersetzung begonnen wird, müssen ein paar wichtige Fragen geklärt werden. Viele davon lassen sich so zusammenfassen:

Für wen wird übersetzt?

Damit ist nicht der Kunde gemeint. Vielmehr geht es um die Zielgruppe der übersetzten Texte. Wer soll sich angesprochen fühlen? Endkunden ohne spezielle Vorbildung oder ein ganz bestimmtes Fachpublikum, das mit den jeweiligen Fachbegriffen vertraut ist? Junge Menschen, ältere Menschen oder vielleicht sogar Kinder? Mitglieder einer speziellen sozialen Gruppe? Handelt es sich um eine sehr kleine und genau charakterisierbare Zielgruppe oder ist sie sehr groß und divers? In welcher Situation wird die Zielgruppe die Texte lesen und was soll damit erreicht werden? All das schlägt sich in der Sprache nieder und sollte bei der Übersetzung berücksicht werden.

Das fängt bei ganz praktischen Fragen an: Soll die Zielgruppe geduzt oder gesiezt werden (sofern es in der Zielsprache eine solche Unterscheidung überhaupt gibt)? Wird der Leser direkt angesprochen oder wird unpersönlich formuliert?

Es äußert sich aber auch allgemeiner im Sprachstil: Werblich oder informativ? Emotional oder nüchtern? Ausschweifend oder stichpunktartig? Gehobene oder einfache Wortwahl?

Styleguides als Übersetzerbriefing und Leitfaden

All diese Fragen klären wie vor Projektbeginn mit dem Kunden und halten die Ergebnisse in einem sogenannten Styleguide fest. Neben Informationen zu Ansprechpartnern, Workflows und technischen Details finden sich hier konkrete Vorgaben zum Sprachstil und der anvisierten Zielgruppe.

Häufig werden dafür auch Stilproben angefertig: Ein kurzer Text des Kunden wird von mehreren Übersetzern in unterschiedlichen Stilen übersetzt. Der Kunde kann dann entscheiden, welchen Zieltext er stilistisch am gelungensten findet. Diese Stilprobe ist dann ebenfalls Teil des Styleguides und bildet die Vorgabe für alle zukünftigen Übersetzungen.

Bei Kunden, die relativ wenig Texte übersetzen lassen, ist ein Styleguide nicht zwingend notwendig. Meist gibt es hier einen festen Übersetzer, der schon lange für diesen Kunden übersetzt und zuverlässig den “richtigen Ton” trifft. Spannend wird es aber bei umfangreichen Projekten, an denen große Übersetzerteams mitarbeiten und die Texte in mehrere Sprachen übersetzen. Häufig gibt es bei solchen Projekten anfangs eine große Initalübersetzung, an der viele Übersetzer mitarbeiten. Später sinkt die Textmenge und es genügen 1-2 Stammübersetzer. Ohne konkrete Vorgaben würde dabei zwangsläufig ein “Stilmix” herauskommen, der hier und da nicht den Vorstellungen entspricht.

Ein verbindlicher Styleguide bietet hier für alle Beteiligten Vorteile: Die Übersetzer haben einen Leitfaden, an dem sie sich orientieren können. Das Projektmanagement hat Kriterien, nach denen es prüfen und ggf. korrigieren kann. Und der Kunde weiß, dass seine Wünsche durchgehend berücksichtigt werden.

Verlässlichkeit und Transparenz

Und noch einen Vorteil haben Styleguides: Sie bieten nicht nur Verlässlichkeit, sondern sind auch eine Hilfe, wenn sich etwas ändert. Die Welt ist ständig im Wandel und auch die Vorstellungen und Wünsche eines Kunden können sich ändern. In so einem Fall kann der Styleguide gemeinsam überarbeitet und angepasst werden. Diese Änderungen sind für alle transparent nachvollziehbar und können verbindlich gegenüber Mitarbeitern und Übersetzern kommuniziert werden.




autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.

 

Bitte beachten Sie: Auch wenn wir in unseren Beiträgen gelegentlich Rechtsthemen ansprechen, stellen diese keine Rechtsberatung dar und können eine solche auch nicht ersetzen. Wenn Sie konkrete Fragen haben, lassen Sie sich bitte von einem Anwalt beraten.