Grenzüberschreitender Handel ist seit Jahren einer der größten Trends im E-Commerce. Der Verkauf ins Ausland bietet aber nicht nur viele Chancen, man muss auch einige Hürden überwinden, wenn man jenseits der Grenzen erfolgreich sein will. Wir haben mit Lena Schmitt von Endereco darüber gesprochen, welche Herausforderungen der internationale Versand für Onlinehändler bereithält und wie sie sich bewältigen lassen.
Hallo Lena. Ihr unterstützt seit 2014 Onlinehänder beim Verkauf ins In- und Ausland. Was sind nach Eurer Erfahrung typische Stolpersteine im internationalen Versand hinsichtlich der Adressen?
Internationaler Versand stellt für viele Onlinehändler eine ziemlich große Herausforderung dar. Adressprobleme können zu erheblichen Verzögerungen oder gar dem Verlust von Paketen führen, was sowohl für den Händler als auch den Kunden ärgerlich ist und zu Wartezeiten, Vertrauensverlust und unnötigen Kosten führt. Mir fallen spontan drei typische Probleme im internationalen Versand ein:
- Ganz klassisch ist natürlich die Formatierung und Schreibweise von Adressen, die von Land zu Land stark variieren. Beispielsweise unterscheiden sich die Reihenfolge von Straßennamen, Hausnummern und Postleitzahlen. In manchen Ländern bzw. Regionen wird auf Hausnummern gar komplett verzichtet oder, wie in Österreich, Stiege und Tür als Zusatz zur Hausnummer verwendet.
- Auch Adressen in fremden Sprachen und Schriften (z.B. Kyrillisch, Chinesisch, Arabisch) sind schwer zu lesen oder zu interpretieren. In vielen Ländern enthalten Adressen spezielle Zeichen oder Akzente, die in anderen Ländern nicht verwendet werden. Diese gehen dann beim Drucken oder in elektronischen Systemen oft verloren, was zu Extrakosten oder sogar zur Unzustellbarkeit führt.
- Adressdaten ändern sich im Laufe der Zeit. Eingemeindungen, Umbenennung von Straßen, Neubaugebiete – Adressen müssen auf dem neuesten Stand sein, um korrekt zugestellt werden zu können.
Bei endereco bieten wir weiterhin einen Service, der auch Informationen von Bestandskunden automatisch im gewünschten zeitlichen Abstand erneut überprüft.
Wie kann ich sicherstellen, dass ich bei Formularen das korrekte Format der Adresse für das Zielland darstelle?
Das korrekte Format für Adressen im Zielland richtig anzuzeigen, stellt tatsächlich ein komplexes Problem dar. Die Kunden nehmen oft wenig Rücksicht auf die Struktur des Adressformulars. Es gibt fast immer ein Feld „Adresszusatz“ oder ähnliches, das häufig missbräuchlich verwendet wird, indem Kunden dort alle möglichen und unmöglichen Informationen eintragen. Leider kommen viele Warenwirtschaftsprogramme und Postdienste mit dieser Flut an falschen oder unnötigen Adressinformationen nicht klar.
Wir arbeiten derzeit an einer Lösung für dieses Problem. Nach langer Recherche und A/B-Testing haben wir uns für eine Lösung entschieden, die die Daten im Hintergrund bearbeitet und strukturiert.
Gibt es Länder, die sich besonders gut für die Adressvalidierung eignen? Bzw. umgekehrt: Für welche Länder liegen keine ausreichenden Daten vor?
Grundsätzlich haben alle Industrieländer wie Deutschland, Belgien, Schweiz oder USA ein sehr gut entwickeltes und ausgereiftes postalisches System. Für solche Länder gibt es in der Regel Adressdaten mit der Prüfgenauigkeit auf Hausnummernebene.
Anderseits gibt es Länder wie Afghanistan, Nepal oder Nordkorea, wo Adressdaten nur selten aktualisiert werden oder nur auf Ortsebene vorhanden sind. Für den durchschnittlichen Onlinehändler spielen diese Länder aber keine Rolle, insofern ist das in der Praxis kein Problem.
Ab welcher Shopgröße lohnt sich die Investition in eine Adressprüfung?
Die Investition in eine Adressvalidierung kann sich immer lohnen, unabhängig von der Größe des Shops. Große Bestellvolumen bedeuten häufig hohe Fehlerquote bei der Adresseingaben, was dann zu erheblichen Kosten durch Rücksendungen, Verzögerungen und sinkender Kundenzufriedenheit führen kann.
Letztendlich hängt die Entscheidung von den spezifischen Gegebenheiten des Shops ab. Eine Analyse der aktuellen Adressfehlerquote und der damit verbundenen Kosten kann definitiv eine fundierte Entscheidungsgrundlage bieten. Ein ganz großes Argument für eine Adressprüfung ist für viele Shops, dass sie durch die verbesserte Adressdatenqualität einen deutlich reduzierten Aufwand in Auftragsverarbeitung, Lager und Logistik haben. In Zeiten permanenter Personalknappheit ist dies für viele Unternehmen ein entscheidender Vorteil.
Woher kommen die Daten, die zur Verifikation genutzt werden?
Wir arbeiten ausschließlich mit hochwertigen, europäischen Datenprovidern zusammen. In der DACH-Region, unserem Kernmarkt, sind es u.A. die länderspezifischen Postgesellschaften. So stellen wir die aktuellste und beste verfügbare Datenbasis sicher.
Wie ist das mit dem Datenschutz – das ist doch sicher ein großes Thema bei euch?
Auf jeden Fall – da wir mit personenbezogenen Daten arbeiten, ist das extrem wichtig. Endereco arbeitet zu 100% DSGVO-konform. Unsere Plugins und Tools setzen keinerlei Cookies ein. Da unsere Server, Datenprovider etc. alle in der EU angesiedelt sind und wir auch z.B. nicht mit Google Maps arbeiten, findet keinerlei Datenabfluss in die USA statt. Für viele unserer Kunden ist das eines der entscheidenden Argumente, uns als Dienstleister einzusetzen.
Wir bedanken uns bei Lena Schmitt von Endereco für das Gespräch!
Autor: Eurotext Redaktion
Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.
Bitte beachten Sie: Auch wenn wir in unseren Beiträgen gelegentlich Rechtsthemen ansprechen, stellen diese keine Rechtsberatung dar und können eine solche auch nicht ersetzen. Wenn Sie konkrete Fragen haben, lassen Sie sich bitte von einem Anwalt beraten.