Weltoffen, technikaffin und gut vernetzt: Die Niederlande gelten als internationale Drehscheibe für die Healthcare-Branche. Auch viele globale Player haben hier ihre europäische Präsenz. Was das Land gerade für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) so attraktiv macht und welche Chancen dieser zukunftsträchtige Standort bietet, erfahren Sie in unserem aktuellen Blog.

Bevölkerung

Das „Königreich der Niederlande“ besteht aus den Niederlanden mit ihren 12 Provinzen in Zentraleuropa und mehreren Inseln in der Karibik. Mit knapp 18 Millionen Einwohnern insgesamt und 423 Einwohnern pro Quadratkilometer ist es das am dichtesten besiedelte Land in der Europäischen Union (EU).

Die Lebenserwartung in den Niederlanden liegt etwa ein Jahr über dem EU-Durchschnitt (81,5 Jahre im Jahr 2020), der zuvor beobachtete Anstieg hat sich jedoch im letzten Jahrzehnt verlangsamt. Im EU-Vergleich sind verhaltensbedingte Risikofaktoren in den Niederlanden für einen geringeren Anteil der Todesfälle verantwortlich. Sowohl die Raucher- als auch die Adipositasrate liegen unter dem Durchschnitt in der EU. Generell sind niederländische Erwachsene und Jugendliche auch körperlich aktiver als in den meisten anderen europäischen Ländern.

Bei den häufigsten Erkrankungen zeigt sich jedoch ein ähnliches Bild wie in anderen Industrieländern. Auf Platz 1 stehen Krebserkrankungen, die für 29,6 % der Todesfälle verantwortlich sind (Stand: 2019), allen voran bedingt durch Lungenkrebs. Danach folgen Herzkreislauferkrankungen mit 24,6 %. An dritter Stelle stehen psychische und neurologische Erkrankungen.

Wie in vielen Ländern in Westeuropa wird auch die niederländische Gesellschaft immer älter. Laut aktuellen Prognosen wird bis zum Jahr 2050 mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung der Niederlande über 65 Jahre alt sein. Dementsprechend steigt auch die Anzahl der altersbedingten Gesundheitsprobleme. Lediglich 55 % der über 75-jährigen niederländischen Bürger*innen geben an, dass sie ihren Gesundheitszustand als sehr gut einstufen würden. Etwa 42 % dieser Altersgruppe wies im Jahr 2019 eine oder mehrere gesundheitliche Beeinträchtigungen auf. Besonders typisch in diesem Alterssegment: Arthrose: Zwischen 2011 und 2019 stieg die Zahl bei Männern von ungefähr 250.000 auf etwa 600.000 und bei Frauen von etwa 600.000 auf knapp eine Million Personen an.

Gesundheitsmarkt

Seit der Reform im Jahr 2006 sind alle erwachsenen Bürger*innen in den Niederlanden in einer Basis-Pflichtversicherung versichert. In der sogenannten „basisverzekering zahlen alle ungeachtet vom Einkommen, Alter, Gesundheitszustand oder Geschlecht für die Grundversorgung den gleichen Grundbetrag, plus einen einkommensabhängigen Bestandteil, der vom Arbeitgeber übernommen wird. Damit wird die medizinische Grundversorgung beispielsweise durch Haus- und Fachärzte sowie für stationäre Behandlungen, Medikamente und bestimmte Hilfsmittel, wie Brillen und Kontaktlinsen, abgedeckt. Außer für Hausarztbesuche müssen Versicherte hier einen Selbstkostenbeitrag übernehmen („eigen risico“). Dieser liegt bei mindestens 385 Euro jährlich.

Für Leistungen, die über das Basispaket hinausgehen, können die Bürger*innen eine private Zusatzversicherung abschließen. Besonders beliebt sind hier Versicherungen für zahnärztliche Leistungen (Stand: 2021) oder alternative Heilverfahren wie Homöopathie.

Betrachtet man die Gesamtausgaben in den verschiedenen medizinischen Bereichen, d. h. Krankenhäuser, Pflege-, Alten- und Behindertenheime sowie ambulante Pflegeeinrichtungen, umfasst das Marktvolumen ca. 4,7 Milliarden Euro (Stand: 2017). Für Medizintechnik allein werden jährlich bereits etwa 440 Millionen Euro ausgegeben. Experten gehen bis 2030 von einem jährlichen Wachstum von 5 % aus.

Das Land gehört zu den innovationsorientierten Produzenten, zählt aber auch zu den wichtigsten Distributions- und Logistikdrehscheiben für Medizintechnik in Europa und der ganzen Welt. In den Niederlanden sind etwa 500 bis 700 Unternehmen im Bereich der Medizintechnik aktiv. Neben großen multinationalen Konzernen sind dies zu etwa 95 % kleine und mittelständische Unternehmen. Der Großteil ihrer Produkte wird international exportiert.

Trends

Im internationalen Vergleich gilt das Gesundheitssystem der Niederlande als hoch entwickelt und innovativ. Das liegt mitunter an den umfangreichen Investitionen, die von der niederländischen Regierung regelmäßig in den Gesundheitssektor eingebracht werden. Insbesondere die Digitalisierung wird gezielt gefördert. Fortschritte in der Digitalisierung werden im seit 2013 jährlich erscheinenden “E-Healthmonitor” überwacht.

Internet ist flächendeckend verfügbar und das Glasfasernetz wird konsequent ausgebaut. In Verbindung mit einer vergleichsweise wohlhabenden, gut qualifizierten und eher technikaffinen Bevölkerung erzeugt dies optimale Voraussetzungen für den Einsatz digitaler Technologien. Bereits heute wird die medizinische Versorgung immer öfter durch digitale E-Health-Lösungen ergänzt. So gehören das E-Rezept und die elektronische Patientenakte bereits zum Standard. Während in Deutschland viele Bürger*innen die Risiken der Digitalisierung im Blick haben, sind die Niederländer*innen hier äußerst offen.

Gute Marktchancen ergeben sich auf dem niederländischen Gesundheitsmarkt speziell für medizinische Produkte und digitale Innovationen, die dazu beitragen, Krankenhausaufenthalte zu verkürzen und die ambulante Versorgung unterstützen. Schließlich ist es ein erklärtes Ziel der Gesundheitspolitik in den Niederlanden, Ältere und chronisch Kranke so lange wie möglich in der vertrauten häuslichen Umgebung zu versorgen. Neben dem klassischen Treppenlift steigt damit auch die Nachfrage nach Telemonitoring-Apps und Wearables, die den Patient*innen auch im Alter Eigenständigkeit und Selbstverantwortung ermöglichen.

Einen weiteren wesentlichen Bereich bildet das Thema psychische Gesundheit. Mit insgesamt 25,1 Milliarden Euro werden fast ein Drittel aller Gesundheitsausgaben für die Behandlung psychischer Störungen aufgewendet. Dies umfasst u. a. die Pflege von Demenzerkrankten, die Versorgung von Menschen mit einer geistigen Behinderung oder Depressionsbehandlung.

Gesetzliche Rahmenbedingungen und Regularien

Um eine Zulassung für ein Medikament zu erhalten, gibt es in den Niederlanden verschiedene Möglichkeiten. Über das nationale Verfahren können Pharmaunternehmen ihr Arzneimittel ausschließlich auf dem niederländischen Markt vertreiben. Die zuständige Zulassungsbehörde ist das CBG (College ter Beoordeling van Geneesmiddelen). Das CBG bewertet dann das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Präparats und gibt dann die Entscheidung über die Zulassung bekannt.

Für Medizinprodukte gelten hingegen andere Vorgaben und Vorschriften. Hierbei handelt es sich um Produkte, die eine diagnostische oder therapeutische Funktion haben, oder um solche, die zur Prävention und Prognose von Erkrankungen beitragen können. Beispiele für Medizinprodukte sind Rollstühle, chirurgische Instrumente, Wundverbände und sogar Brustimplantate. Softwareprodukte und Apps, die für einen medizinischen Zweck verwendet werden, gelten ebenfalls als Medizinprodukt und müssen die entsprechenden gesetzlichen Anforderungen erfüllen.

Gesundheitsmarkt in der EU und international

In der Europäischen Union obliegt es den einzelnen Mitgliedsstaaten, ihre eigene nationale Gesundheitspolitik auszuarbeiten und umzusetzen. Die EU stellt hierzu einen Rahmen mit übergeordneten Richtlinien und Verordnungen bereit, die in nationale Gesetze und Bestimmungen integriert werden müssen. Ein Beispiel dafür ist die Verordnung über Medizinprodukte (Verordnung (EU) 2017/745), auch bekannt als MDR. Diese Verordnung legt die Anforderungen für die im europäischen Binnenmarkt in Verkehr gebrachten Medizinprodukte fest.

Die Genehmigung von Arzneimitteln kann wie beschrieben auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten basierend auf nationalen Bestimmungen erteilt werden. Alternativ können pharmazeutische Unternehmen auch das „zentralisierte Zulassungsverfahren“ der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) nutzen. Bei einer positiven Stellungnahme können sie mit nur einem Antrag eine Genehmigung für alle Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EU, Island und Norwegen) erhalten.

Die niederländische Regierung stuft die digitale Transformation als dringende Aufgabe im Gesundheitswesen ein. Bereits 2014 wurde eine Roadmap entworfen, um E-Health-Anwendungen und die Digitalisierung des Sektors zu fördern und einer drohenden Kostenexplosion und einer Zuspitzung des drohenden Fachkräftemangels entgegenzuwirken. Mit verschiedenen Entwicklungsinitiativen und Health Deals werden gezielt Innovationen gefördert.

Insbesondere bei praxisorientierten Innovationen, die zur Kostenkontrolle im Gesundheitswesen beitragen, können sich auch deutsche Unternehmen – teilweise in Kooperation mit niederländischen Partnern – für diese Förderprojekte bewerben.

Internationalisierung

Um Produkte und Dienstleistungen in verschiedenen Märkten erfolgreich zu vermarkten und von den Best Practices anderer Nationen zu profitieren, spielt die Internationalisierung eine entscheidende Rolle.

Übersetzungen kommen dabei im gesamten Lebenszyklus zum Einsatz – unabhängig davon, ob es sich um ein Medizinprodukt, ein Medikament, ein Nahrungsergänzungsmittel oder eine anderweitige Gesundheitsleistung handelt. Besonders wichtig: Nur qualifizierte Fachübersetzer*innen mit umfangreicher Erfahrung, Fachkenntnissen im jeweiligen medizinischen Gebiet und entsprechender linguistischer Kompetenz können Botschaften und Inhalte zielgruppengerecht übertragen.

Die Anforderungen an die Übersetzung variieren, je nachdem, ob sich der Text an Laien, Experten oder Behörden usw. richtet. Bei Dokumenten für Behörden beispielsweise müssen die Inhalte nicht nur absolut fehlerfrei und präzise übertragen werden, auch die spezifischen Vorgaben und Regeln für diese Art von Texten müssen strengstens befolgt werden. Bedenkt man die nicht unerheblichen Investitionen, die bereits in die Produktentwicklung geflossen sind, wären Verzögerungen bei der Markteinführung durch Nachbesserungen besonders nachteilig. Versierte Sprachexpert*innen sorgen dafür, dass die Übersetzung den spezifischen Anforderungen der Textsorte und des Kommunikationsmediums gerecht wird.

Werden Verbraucher*innen und Patient*innen direkt angesprochen, muss die Übersetzung hingegen komplizierte wissenschaftliche Zusammenhänge leicht verständlich darstellen. Fachliches Kauderwelsch wäre hier absolut fehl am Platz. Je nach Kontext sollen die Inhalte auch mögliche Kund*innen informieren (und überzeugen), ohne dabei marktschreierisch zu wirken. Beispiele hierfür wären Webseiten zur Aufklärung von Patient*innen, Infobroschüren oder Community-Portale. Gerade im sensiblen Medizinbereich ist hier besonderes Feingefühl gefragt.

Um den besonderen Anforderungen des Zielmarktes gerecht zu werden, kann es auch sinnvoll sein, medizinische Fachübersetzer*innen mit Kenntnissen im Marketingbereich einzusetzen. Sie bieten die perfekte Kombination aus fachlicher Expertise und Werbekompetenz und erstellen anhand einer ausführlichen Kundenvorgabe eine kreativere Adaption, die exakt auf den jeweiligen Markt und die Ziele des Kunden zugeschnitten ist. In der Branche wird diese Dienstleistung auch als „Transkreation“ bezeichnet.

Was die wichtigsten Sprachen für den niederländischen Markt betrifft, so steht an erster Stelle das Niederländische, das von fast der gesamten Bevölkerung gesprochen und geschrieben wird. Weitere wichtige Regionalsprachen sind niederländisches Niedersächsisch (umgangssprachlich „Platt“), das von 1,8 Millionen Einwohner*innen in verschiedenen Varianten verwendet wird, sowie verschiedene niederfränkische und ripuarische Dialekte. 2,5 % der Bevölkerung sprechen außerdem Westfriesisch, das von der EU offiziell als Minderheitensprache anerkannt ist.

Englisch ist die Amtssprache in den Überseegebieten der Karibischen Niederlande, zu denen Bonaire, Sint Eustatius und Saba gehören. Weitere wichtige Minderheitensprachen sind Schwedisch und Dänisch. Relevant sind neben den Sprachen der Gastarbeiter (vorwiegend Türkisch und Marokkanisch-Arabisch) auch die Sprachen aus den früheren Kolonien, wie das Papiamento (Umgangssprache auf den Niederländischen Antillen und Aruba), Malaiisch (im ehemaligen Niederländisch-Ostindien) und Sranan Tongo (Umgangssprache in Surinam).

Fazit

Anbieter digitaler Gesundheitsprodukte erwarten in den Niederlanden günstige Rahmenbedingungen und ein attraktives Marktpotenzial mit einem starken Bedarf an medizintechnischen Innovationen, insbesondere für KMUs. Durch gezielte Förderprogramme werden digitale Neuentwicklungen gezielt unterstützt und die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern aktiv vorangetrieben. Und dank der offenen Mentalität der Bevölkerung und dem zukunftsorientierten Gesetzesrahmen eignet sich der niederländische Markt auch ideal für E-Health Lösungen, die in Deutschland noch auf Ablehnung stoßen würden.

Bei allen Dokumenten und Texten, die in verschiedenen Bereichen des Gesundheitsmarktes zum Einsatz kommen können, lohnt es sich, mit hochqualifizierten Fachübersetzer*innen zusammenarbeiten. Mit ihrem Branchenwissen und Sprachgefühl sorgen sie dafür, dass die Sicherheit nicht durch Übersetzungsfehler gefährdet wird und keine Haftungsrisiken entstehen. Eine fehlerfreie und wirksame gute Kommunikation unterstreicht auch den Qualitätsanspruch eines Unternehmens und fördert das Vertrauen von Ärzt*innen, Patient*innen und Verbraucher*innen in die Marke. Dies kann auf dem besonders sensiblen Gesundheitsmarkt über Erfolg und Misserfolg eines Produkts entscheiden.



Quellen

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.

 

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