Jedes Jahr am 21. September findet der Welt-Alzheimertag statt – ein Tag, der weltweit genutzt wird, um das Bewusstsein für Alzheimer und andere Demenzerkrankungen zu schärfen. Ins Leben gerufen wurde der Tag 1994 von der Alzheimer’s Disease International (ADI). Er dient nicht nur der Information und Aufklärung, sondern auch der Unterstützung von Betroffenen und ihren Angehörigen. Alzheimer äußert sich in Gedächtnisverlust, Schwierigkeiten bei Planung und Problemlösung, Verwirrung in Bezug auf Zeit und Ort, Probleme mit visueller Wahrnehmung und räumlichen Beziehungen, verminderte Urteilsfähigkeit, Beeinträchtigung der Sprache, Rückzug aus sozialen Aktivitäten, Verhaltens- und Persönlichkeitsveränderungen sowie Schwierigkeiten bei alltäglichen Aufgaben. Während all diese Begleiterscheinungen dazu beitragen, nach und nach seine Unabhängigkeit zu verlieren, wollen wir uns als Sprachdienstleister auf die Beeinträchtigung der Sprache fokussieren.

Sprache ist nicht nur Mittel zur Kommunikation – sie ist der Schlüssel zu unserer Identität und ein Spiegel unserer Erinnerungen. Die Sprachfähigkeit gehört zu den kognitiven Systemen, die durch Alzheimer beeinträchtigt werden.

Menschen mit Alzheimer – aktuell schätzt man die Zahl auf 55 Millionen weltweit – haben vermehrt Schwierigkeiten, Wörter zu finden, Sätze zu bilden oder gesprochene Sprache zu verstehen (Aphasie). Dies führt nicht selten zu frustrierenden Kommunikationsbarrieren, die sowohl für die Betroffenen als auch für ihre Angehörigen enorm belastend sind. Zudem ist die Sprache in den meisten Fällen stockend und zusammenhangslos. Diese sprachlichen Einschränkungen resultieren aus dem Abbau von Hirnregionen, die für die Sprachverarbeitung verantwortlich sind.

Interessanterweise zeigt die Forschung, dass die Menschen, die mehrere Sprachen sprechen, einen gewissen Vorteil gegenüber Alzheimer haben. Die Mehrsprachigkeit trägt neben anderen Trainingseinheiten, wie Rätsel lösen, Schach spielen, körperliche Aktivität oder gesunde Ernährung dazu bei, das Gehirn fit zu halten. Je kontinuierlicher und länger der Denksport eingehalten wird, desto besser kann das Gehirn die Krankheit kompensieren. Bei mehrsprachigen Patienten treten daher die Symptome in der Regel später auf. Das Gehirn, das durch den ständigen Wechsel zwischen verschiedenen Sprachsystemen trainiert wurde, scheint widerstandsfähiger gegen Einbußen in der Sprachfähigkeit zu sein, selbst wenn sich die Krankheit bereits im Gehirn ausbreitet.

Ein faszinierendes Phänomen bei mehrsprachigen Alzheimer-Patienten ist auch der Wechsel zwischen den erlernten Sprachen im Verlauf der Krankheit. Hier kommt es mitunter vor, dass während eines Satzes mehrfach die Sprache gewechselt wird. Oft werden Patienten dann wütend, weil sie nicht nachvollziehen können, wo das Problem liegt. Klar, dass Verwandte und Pflegende damit schnell überfordert sind. Sprechen Verwandte oder Pflegende diese Sprache(n) nicht, ist in dieser Phase der Krankheit viel Fantasie gefragt. Bislang hat man hier noch keine zufriedenstellende Lösung finden können. Technische Hilfsmittel wie Ear Pods oder Übersetzungsapps sind eher unzuverlässig. Man kann davon ausgehen, dass die Technik keine zufriedenstellende Ergebnisse liefert, da sie auf eine deutliche Aussprache, klare Satzstrukturen und technisches Verständnis angewiesen ist. In individuellen Fällen könnte es vielleicht trotzdem ein Versuch wert sein. Entscheidet man sich dazu, Pflegefachpersonal aus einem anderen Land zu engagieren, lohnt es sich nach einer Hilfe zu suchen, die neben der Pflegequalifikation auch die erlernten Sprachen des Patienten spricht oder die der Angehörigen ergänzt. Nimmt man dem Patienten und Patientinnen diese Kommunikationsbarriere und geht auf seine Bedürfnisse ein, trägt dies ungemein zum Erhalt des Selbstbewusstseins der Person bei. Es hilft dabei, dass sie sich trotz der Krankheit noch als vollständige Person wahrnimmt. Auch das Hören von Liedern in der Sprache oder das Vorlesen aus Büchern oder Zeitschriften zaubert den Betroffenen ein Lächeln ins Gesicht und wirkt sich positiv auf die Stimmung aus. Wie so oft muss man in Fällen, die von der Norm abweichen, kreativ werden und individuelle Problemlösungen anbieten können.

Doch während die Krankheit fortschreitet, fallen die Betroffenen meist zurück in die Sprache, die sie zuerst gelernt oder am häufigsten verwendet haben. Auf der einen Seite erfolgt dies, da diese Sprachen tief in den Gedächtnisstrukturen verankert sind und daher länger zugänglich bleiben. Zum anderen deshalb, weil die zusätzliche Beeinträchtigung der kognitiven Verarbeitung sich verstärkt bemerkbar macht und den Wechsel zwischen verschiedenen Sprachen nicht mehr ermöglicht. Folglich gewinnt die einfachste und vertrauteste Sprache, in den meisten Fällen die Muttersprache.

Obwohl es keine garantierte Methode zur Vermeidung von Alzheimer gibt, deuten Studien darauf hin, dass bestimmte Lebensstilfaktoren das Risiko verringern können. Dazu gehören geistige und körperliche Aktivität, eine gesunde Ernährung sowie soziale Interaktionen. Mit Sicherheit kann man jedoch sagen, dass diese Faktoren zum Erhalt der Lebensqualität der betroffenen Personen beitragen und ihr Selbstbewusstsein stärken.

Fazit

Der Welt-Alzheimertag bietet eine wertvolle Gelegenheit, das Bewusstsein für Alzheimer und seine Auswirkungen auf die Sprache und andere kognitive Funktionen zu schärfen. Insbesondere die Rolle der Mehrsprachigkeit zeigt, wie das Gehirn in der Lage ist, Widerstand gegen die Krankheit zu leisten. Gleichzeitig verdeutlicht er die Dringlichkeit, sowohl Forschung als auch Unterstützung für Betroffene und ihre Familien weiter voranzutreiben. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass Sprache und Erinnerungen erhalten bleiben.



Quellen

  • https://www.alzint.org/


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.

 

Bitte beachten Sie: Auch wenn wir in unseren Beiträgen gelegentlich Rechtsthemen ansprechen, stellen diese keine Rechtsberatung dar und können eine solche auch nicht ersetzen. Wenn Sie konkrete Fragen haben, lassen Sie sich bitte von einem Anwalt beraten.