Das spanische Weihnachtsfest, la Navidad, ist geprägt von lebhaften Traditionen, tiefer Religiosität und einem besonderen Fokus auf Gemeinschaft. Es unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von Weihnachten in Deutschland, insbesondere durch die Dauer und den Höhepunkt am 6. Januar, dem Día de los Reyes Magos. Während in Deutschland der Heiligabend mit Bescherung und Weihnachtsbaum im Mittelpunkt steht, zieht sich das spanische Fest über mehrere Wochen – und die Geschenke erreichen die Kinder erst am Ende dieser festlichen Zeit.
Die Vorweihnachtszeit in Spanien beginnt ähnlich wie in Deutschland, doch die Bräuche sind unterschiedlich. Während in Deutschland Adventskränze mit vier Kerzen oder Adventskalender die Zeit strukturieren, steht in Spanien die Krippe (el Belén) im Zentrum. Sie ist oft aufwendig gestaltet und zeigt nicht nur die Geburt Jesu, sondern auch das ländliche Leben im Bethlehem der damaligen Zeit. Manche Krippen werden zu kleinen Kunstwerken mit Brunnen, Marktszenen und Dorfbewohnern, die das Alltagsleben darstellen. In deutschen Haushalten hingegen beschränken sich Krippen meist auf die biblische Szene der Heiligen Familie, Hirten und Könige. Der Weihnachtsbaum, der in Deutschland unverzichtbar ist, wird in Spanien nur in modernen Haushalten aufgestellt und hat nicht dieselbe traditionelle Bedeutung.
Am Heiligabend, der Nochebuena, versammelt sich die Familie zu einem festlichen Abendessen. Anders als in Deutschland, wo dieser Abend oft von Besinnlichkeit geprägt ist und die Geschenke unter dem Baum auf die Kinder warten, ist die Nochebuena in Spanien lebendig und von Geselligkeit bestimmt. Das Menü variiert regional, enthält aber häufig Meeresfrüchte, Fisch oder Lamm, begleitet von süßen Spezialitäten wie Turrón (Nougatkonfekt) oder Polvorones (Schmalzgebäck). Nach dem Essen besuchen viele Familien die Misa del Gallo, die „Messe des Hahns“.
Der Name dieser Mitternachtsmesse geht auf eine volkstümliche Legende zurück, die erzählt, dass ein Hahn als erster die Geburt Jesu verkündete. Anders als in Deutschland, wo in Krippenspielen der Engel Gabriel den Hirten die frohe Botschaft bringt, steht in Spanien der Hahn symbolisch für den Weckruf an die Menschen, zur Krippe zu kommen. Dieses Motiv findet sich in manchen spanischen Krippenspielen wieder und zeigt, wie tief volkstümliche und religiöse Elemente miteinander verbunden sind.
Am 25. Dezember, dem Weihnachtstag, ist die Stimmung in Spanien vergleichsweise ruhig. Während in Deutschland die Familie oft ein großes Festessen genießt und Kinder mit den Geschenken des Christkinds spielen, oder in England und den USA der Morgen mit der Bescherung durch Father Christmas oder Santa Claus beginnt, gibt es in Spanien an diesem Tag nur kleine Geschenke. Der Weihnachtstag dient vor allem der Erholung und dem erneuten Zusammensein mit der Familie. Die eigentliche Bescherung bleibt den Heiligen Drei Königen vorbehalten.
Der 6. Januar, der Día de los Reyes Magos, ist der Höhepunkt der spanischen Weihnachtszeit. Am Abend des 5. Januars ziehen die Cabalgatas de los Reyes Magos, prächtige Umzüge, durch die Städte. Die Könige Melchor, Gaspar und Baltasar werfen von reich geschmückten Wagen aus Süßigkeiten in die Menge, so wie wir es nur vom Kölner Karneval kennen, und sorgen so für Begeisterung bei den Kindern. Zu Hause stellen die Kinder ihre Schuhe an einen sichtbaren Platz, oft am Fenster oder vor der Tür, und manche Familien legen Futter und Wasser für die Kamele bereit. In der Nacht hinterlassen die Könige die Geschenke, die die Kinder am Morgen des 6. Januars in oder neben den Schuhen finden. Manchmal liegen sie auch unter einem festlich geschmückten Baum, was moderne Einflüsse zeigt.
Dieser Brauch unterscheidet sich von Deutschland, wo die Bescherung meist unter dem Weihnachtsbaum stattfindet, und von Ländern wie England oder den USA, wo die Kinder am Morgen des 25. Dezember ihre Geschenke von Santa Claus erhalten. In Spanien verstärkt das Warten bis zum Dreikönigstag die Vorfreude und macht diesen Tag zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Auch in anderen spanischsprachigen Ländern sind die Weihnachtsbräuche von Spanien inspiriert, aber oft mit lokalen Eigenheiten angereichert. In Mexiko sind beispielsweise die Posadas ein wichtiger Bestandteil. Vom 16. bis 24. Dezember ziehen Nachbarn und Familien in Prozessionen von Haus zu Haus, um die Herbergssuche von Maria und Josef nachzustellen. Diese Feier endet oft mit einem großen Fest, bei dem eine Piñata zerschlagen wird – eine mit Süßigkeiten gefüllte Figur, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen begeistert.
In Argentinien und Chile, wo Weihnachten in den Hochsommer fällt, werden die Feste oft im Freien gefeiert. Am Heiligabend gibt es große Abendessen, die von Feuerwerken um Mitternacht begleitet werden. In Chile bringt der Viejito Pascuero (Weihnachtsmann) die Geschenke, die direkt nach Mitternacht ausgepackt werden. In Paraguay stehen religiöse Elemente wie die kunstvollen Pesebres (Krippen) und die Mitternachtsmesse im Vordergrund. Dort wird der Dreikönigstag ebenfalls gefeiert, aber weniger spektakulär als in Spanien.
Das spanische Weihnachtsfest zeichnet sich durch seine lange Dauer und die Bedeutung der Heiligen Drei Könige aus. Es ist eine Mischung aus religiöser Tiefe, lebendigen Traditionen und der Freude am Zusammensein. Der Vergleich mit anderen Ländern zeigt, wie unterschiedlich Weihnachten gefeiert wird – und wie jede Kultur ihre eigene Magie in das Fest einbringt. Die Vorfreude, die bis zum 6. Januar anhält, macht die spanische Navidad zu einer der faszinierendsten Weihnachtsfeiern der Welt.
Die Eurotext AG wünscht fröhliche Weihnachten! Oder wie man in Spanien sagt:
🎄¡Feliz Navidad!🎄
Autor: Eurotext Redaktion
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