Die mobile App ist auf dem Markt, soll nun aber auch in Frankreich angeboten werden? Mit einer einfachen Übersetzung ins Französische ist es leider nicht getan. Denn zuvor müssen auch sämtliche rechtliche Aspekte Frankreichs berücksichtigt werden. In der Vergangenheit haben wir bereits die rechtlichen Aspekte der App-Erstellung in Deutschland im Allgemeinen thematisiert. Nun möchten wir näher darauf eingehen, wie bereits im Vorfeld eine geplante Internationalisierung der App berücksichtigt werden kann, um schließlich einen reibungslosen Übersetzungsablauf zu ermöglichen.

Allgemeines zur App auf dem französischen Markt

Grundsätzlich soll sich die App für den Anwender wie für ihn gemacht anfühlen. Dazu müssen entsprechende Anpassungen vorgenommen und die App an die Vorlieben des Marktes angepasst werden. Wird die App gut lokalisiert, wird sie in der Regel auch von mehr Nutzern installiert, verwendet und auch weiterempfohlen.

Zwar kann generell jede App überall angeboten werden – ob dies dann zielführend ist, steht auf einem anderen Blatt. Zunächst sollte man sich also grundlegend die Frage stellen: Macht es Sinn, die konkrete App auf dem französischen Markt anzubieten. Dann kann die App auf die kulturellen Gegebenheiten angepasst werden. Vor allem ist hier zu beachten, dass die Franzosen am liebsten in ihrer Muttersprache angesprochen werden wollen und eine bloß englische App beispielsweise dort auf weniger Zuspruch stoßen würde als eine App, welche auch auf Französisch angeboten wird. Auch Marketingmaterialien wie Name der App, Beschreibung, Bild-Video-Audiodateien sollten ins Französische übersetzt werden.

Da in Frankreich überwiegend mit Kreditkarten gezahlt wird, sollte dies auch bei einer kostenpflichtigen App oder einer App mit kostenpflichtigen Dienstleistungen bedacht werden.

Um im Hinblick auf die Konkurrenz gut zu performen, sollte die App vor der Einführung (ggf. von ausgewählten Nutzern im Zielmarkt) getestet werden, sodass typische Fehler in der Formatierung, Präsentation oder gar im Text vermieden werden. Wichtig ist auch, die Preise der Apps von Mitbewerben im Blick behalten werden.

Stolperfallen im französischen Recht

Bei Online-Geschäften mit französischen Kunden muss bedacht werden, dass diese bei Streitigkeiten den Händler vor einem französischen Gericht verklagt und damit auch das französische Recht Anwendung finden kann. Der Verbraucher kann sich dann auf das Gesetz zum Vertrauensschutz im E-Commerce (Art. 17, Loi pour la confiance dans l’économie numérique, LCEN) oder Art. 16 der Verordnung des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EUGVVO) berufen. Gemäß dem französischen Handelsrecht (Article L122-1, Code de commerce) müssen Ausländer ohne Wohnsitz in Frankreich, die registrierungspflichtige Geschäfte in Frankreich betreiben, sich grundsätzlich im Handelsregister registrieren lassen und unterliegen der französischen Impressumspflicht. Ausgeschlossen davon sind allerdings Angehörige eines EU-Staates ohne Wohnsitz in Frankreich. Der Onlinehändler, der seinen Wohnsitz in Deutschland hat, hat also lediglich rechtliche Besonderheiten bzgl. des Vertragsschlusses, der Mängelhaftung sowie zum Widerrufsrecht zu beachten und kann damit sein deutsches Impressum und die deutsche Datenschutzerklärung anwenden. Das französische Fernabsatzvertragsrecht basiert wie in Deutschland auch auf EU-Recht. Die Besonderheiten für Ausländer ohne Wohnsitz in Frankreich ergeben sich also wie bereits genannt hauptsächlich beim Vertragsschluss, der Mängelhaftung sowie beim Widerrufsrecht.

Besonderheiten beim Vertragsschluss

Bei der Frage des Vertragsschlusses gilt zu beachten, dass der Art. 1369-4 Code Civil ein Sondervertragsrecht schafft, wonach die Darbietung von Waren eines Onlinehändlers in seinem Onlineshop als verbindliches Angebot gesehen und die Bestellung als Annahme des Verkäuferangebots angesehen wird und damit durch die Bestellung auch ein Vertrag zustande kommt. Zum Vergleich: In Deutschland kann aufgrund der Vertragsfreiheit vereinbart werden, dass erst die Bestellung des Kunden als verbindliches Kaufangebot gesehen wird (eine Ausnahme gilt nur für deutsche eBay-Händler). Dies ist nicht abdingbar und gilt ebenso für B2B-Verträge – Art. 1127-3 Code Civil regelt die abweichenden Bestimmungen abschließend. Es empfiehlt sich dazu zunächst eine auf französisches Recht adaptierte AGB zu verwenden und zur Vermeidung von Streitigkeiten und zur Beweissicherung ein Musterschreiben zur Bestätigung der Bestellung des Kunden sowie zur Geltendmachung von Ansprüchen aus Mängelhaftung in der Website des Onlinehändlers zu hinterlegen.

Besonderheiten beim Widerruf

Das Widerrufsrecht ist durch die Richtlinie 2011/83 in den EU-Mitgliedstaaten voll harmonisiert worden. Das bedeutet, der französische Gesetzgeber kann den dort gesetzten Standard weder über- noch unterschreiten. Der deutsche Onlinehändler kann daher die ihm in Deutschland bekannten Regeln zum Widerrufsrecht des Verbrauchers anwenden.

Besonderheiten beim Mängelgewährleistungsrecht

Grundsätzlich folgt das französische Recht genauso wie das deutsche Recht den in der Richtlinie 1999/44 gesetzten Standards des Verbrauchsgüterkaufs. Jedoch gibt es im französischen Recht wichtige Unterschiede bei der Beweislastumkehr vor Ablauf der Rügefrist zugunsten des Verbrauchers und der gesetzlichen Garantie für verborgene Mängel (garantie légale des vices cachés). Für den Verbraucher gilt hier zwar auch die Beweislastumkehr, wodurch der Verbraucher innerhalb einer bestimmten Frist beweisen muss, dass die Kaufsache mangelfrei ist. Der Unterschied besteht hier in der Frist. In Deutschland gilt hierbei eine Frist von 6 Monaten, wobei sie in Frankreich auf 24 Monate ausgedehnt ist. Lediglich für gebrauchte Waren gilt ein verkürzter Zeitraum von 6 Monaten. Dies ist zwingendes Recht und kann auch nicht durch AGB aufgehoben werden.

Fazit

Der französische Markt ist lukrativ und sollte genutzt werden. Zwar kann französisches Recht zur Anwendung kommen – dies stellt aber keine ernsthafte Marktzugangsbarriere dar, zumal die überwiegende Zahl der deutschen Onlinehändler mit besonders schwierigen und harten Strafsanktionen behafteten Fragen des Impressums und der Datenschutzerklärung nicht konfrontiert sind. Soweit also der französische Markt grundsätzlich geeignet ist und die App an kulturelle Gegebenheiten angepasst, sorgfältige Übersetzungen angefertigt, die App ausführlich getestet, ggf. eine das französische Recht adaptierte AGB verwendet wurde und im besten Fall diverse Musterschreiben vorbereitet wurde steht der Einführung einer App auf dem französischen Markt nichts entgegen.

Quellen

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

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