Das Ziel jeder Internationalisierung ist es, dass das Anwendererlebnis (User Experience) möglich in allen Zielmärkten das gleiche ist. Der erste Schritt hierfür ist natürlich eine professionelle Übersetzung, die die Texte nicht nur Wort für Wort in die Zielsprache überträgt, sondern auch kulturelle Eigenheiten berücksichtigt. Damit ist das Ziel aber noch lange nicht erreicht.
Für ein stimmiges und optimales Anwendererlebnis müssen alle Aspekte eines Online-Shops oder einer Webseite auf den Zielmarkt zugeschnitten werden.

Der gleiche Text in unterschiedlicher Form

Schon bei der Konzeption des Designs muss deshalb vorausschauend agiert werden: Die meisten Sprachen schreiben von links nach rechts. Hebräisch und Arabisch werden aber von rechts nach links geschrieben und gelesen. Die geänderte Laufrichtung stellt ganz andere Herausforderungen an das Layout und muss frühzeitig berücksichtigt werden, falls in einem späteren Schritt auch diese Sprachen angeboten werden sollen.

Nicht ganz so gravierend aber ebenfalls wichtig sind unterschiedliche Laufweiten. Manche Sprachen sind dafür bekannt, dass sie sich relativ kurz fassen, z.B. das Englische. Einen ähnlichen Effekt gibt es bei vielen ostasiatischen Sprachen, die aufgrund ihrer Schriftzeichen selbst für lange Texte relativ wenig Platz benötigen (Chinesisch). Auf der anderen Seite gibt es Sprachen, die dazu neigen, sich besonders wortreich auszudrücken. So benötigt ein Text auf Französisch oder Russisch häufig doppelt so viel Platz wie seine Entsprechung in englischer Sprache. Es sollten also gewissen Spielräume geschaffen werden, in denen die Textmenge variieren kann.

Den Kunden optimal ansprechen

Aber auch inhaltlich müssen die Texte sich am Zielpublikum orientieren. In Ländern mit hohem Bildungsgrad können die Texte anspruchsvoller sein als in Ländern mit niedrigerem Bildungsniveau. Ähnliches gilt für Länder, in denen verschiedene Sprachen gesprochen werden. Häufig gibt es eine Amtssprache, deren Verständnis vorausgesetzt werden kann. Man muss aber auch davon ausgehen, dass diese Amtssprache für die meisten nur eine Zweit- oder gar Drittsprache ist und die Sprachkenntnisse entsprechend rudimentär sind. In dem Fall empfiehlt es sich, sich möglichst einfach auszudrücken, um keine unnötigen Barrieren zu schaffen.

Im Zuge dessen muss geprüft werden, ob auch alle Formulierungen an den Zielmarkt angepasst sind. Das gilt z. B. für die Anrede. Viele Länder kennen neben der normale Anrede eine höfliche Anrede. Die ist aber nicht immer so einfach und vertraut wie das deutsche “Sie”, sondern kann gerade bei asiatischen Sprachen ausgesprochen komplex sein. Hier lauern viele Fettnäpfchen.

Dabei sollte auch darauf geachtet werden, dass die Inhalte sich an die richtige Zielgruppe richten. Die Frage ist: Wer trifft die Kaufentscheidung im jeweiligen Zielmarkt? Wenn die angebotenen Produkte ausschließlich von Frauen gekauft werden, sollte sich das auch in den Texten und der Bilderwelt widerspiegeln. Neben dem Geschlecht kann auch das Alter oder ein sozialer Aspekt eine Rolle spielen.

A propos Bilderwelt: Die gezeigten Personen und Models sollten sich ebenfalls am Zielmarkt orientieren. Wichtige Stichworte sind Hautfarbe, Frisuren, Kleidung, …

Gerade solche Aspekte, die erst auf den zweiten oder gar dritten Blick etwas mit den angebotenen Produkten zu tun haben, sind für das Anwendererlebnis von großer Bedeutung und können darüber entscheiden, ob sich der Kunde ernstgenommen und verstanden fühlt.

Während all das noch relativ abstrakt ist, gibt es auch Inhalte, die sich ganz konkret am Zielmarkt orientieren müssen: Rechtlich relevante Texte (Garantieunterlagen, Rücksendeformulare etc.), Versanddienstleister, Bezahloptionen.

Testing, Testing, Testing

Nachdem all diese Aspekte berücksichtigt wurden, muss geprüft werden, ob wirklich alles so funktioniert, wie es soll. Und zwar am besten von Testusern, die tatsächlich im entsprechenden Zielmarkt leben. Mitunter scheitert die Internationalisierung an ganz banalen Dingen. Evtl. funktioniert der Online-Shop im Zielmarkt nicht richtig, weil dort ein Browser verbreitet ist, der in der Entwicklung nicht berücksichtig wurde? Oder zu lange Ladezeiten erschweren die Nutzung, weil die Internetverbindungen schlechter sind als gedacht? So etwas kann man nur herausfinden, wenn man wirklich vor Ort testet.