Indien ist derzeit die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft unter den G20 und liegt konjunkturell vor den anderen asiatischen Schwellen- und Entwicklungsländern. Getragen wird diese Entwicklung von einem anziehenden privaten Konsum und einem milliardenschweren Investitionsprogramm der Regierung – Stichwort „Make in India“. Mehr dazu hier.
Daten und Fakten zum Industrieland Indien: Anteil an der Wirtschaftsleistung, Stärke, Schlüsselindustrien, Außenhandel mit Deutschland
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Indiens beträgt 3.400 Mrd. US-Dollar, das BIP pro Kopf liegt kaufkraftbereinigt bei rund 8.400 US-Dollar (vgl. Deutschland: 64.000 US-Dollar; Österreich: 66.800 US-Dollar). Gemessen am BIP ist Indien nach den USA, China, Deutschland und Japan die nominal fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt.
Die verarbeitende Industrie hat in Indien einen Anteil von rund 25 Prozent am BIP und beschäftigt rund 26 Prozent der Erwerbstätigen. Rund 50 Prozent der Bruttowertschöpfung entfallen auf den Dienstleistungssektor. Die Landwirtschaft trägt rund 16 Prozent zum BIP bei, beschäftigt aber rund 43 Prozent der Erwerbstätigen.
Nach der Unabhängigkeit Indiens wurde besonders der Aufbau kapitalintensiver Schlüsselindustrien gefördert. Dazu gehörten die Stahlindustrie, der Maschinenbau und die chemische Industrie. Die traditionell starke Textilindustrie zählt dank der enormen Binnennachfrage und der Exportproduktion auch heute noch zu den größten und wichtigsten Industrien Indiens.
Neben diesen eher traditionellen Industrien dominieren heute die Eisen- und Stahlproduktion, der Maschinenbau, die Automobilindustrie und die chemische Industrie. Die indische Pharmaindustrie zählt zu den größten und fortschrittlichsten unter den Entwicklungsländern.
Die IT-Industrie hat in den letzten Jahren wesentlich zum wirtschaftlichen Aufschwung Indiens beigetragen. Vor allem der Softwarebereich hat sich zu einem wichtigen Wirtschaftszweig entwickelt und viele indische Städte verfügen mittlerweile über sogenannte Softwareparks. Auch die Herstellung von Hardware boomt. Mit zweistelligen jährlichen Wachstumsraten gewinnt auch die Biotechnologie zunehmend an Bedeutung.
Die industrielle Produktion konzentriert sich auf die Ballungsräume Mumbai-Pune, Ahmedabad-Vadodara-Surat, Delhi, Kanpur-Lucknow, Chennai, Kolkata-Asansol sowie die jungen Bundesstaaten Punjab und Jharkhands. Die High-Tech-Industrie ist vor allem im Süden des Landes angesiedelt. Bengaluru ist das Zentrum der IT-Industrie, Hyderabad hat sich als neues Wachstumszentrum der Biotechnologie etabliert, insbesondere mit der Gründung des Biotechnologiezentrums Genome Valley.
Indien exportiert Rohstoffe und Fertigprodukte, aber auch Arbeitskräfte und Dienstleistungen in alle Welt. Aus Indien kommen Softwareprodukte und Softwareentwickler, aber auch Textilien, Bekleidung, Schmuck, Chemikalien, Erdölprodukte und Lederwaren. Indien importiert vor allem Rohöl, Elektronik und Maschinen. Im Jahr 2023 wurden Waren im Wert von rund 16,5 Mrd. Euro aus Deutschland nach Indien exportiert. Der Wert der deutschen Importe aus Indien lag im selben Jahr bei rund 14,3 Mrd. Euro.
Aktuelle Wirtschaftslage: Privatkonsum und staatliche Investitionen als Konjunkturstützen, externe Faktoren führen zu höherer Inflation
Indien ist derzeit die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft unter den G20 und liegt konjunkturell vor den anderen asiatischen Schwellen- und Entwicklungsländern. Das indische BIP ist im Wirtschaftsjahr 2023/2024 um 8,2 Prozent gewachsen. Für das laufende Wirtschaftsjahr wird ein BIP-Wachstum von rund 6,9 Prozent prognostiziert.
Getragen wird diese Entwicklung von einem anziehenden privaten Konsum und einem milliardenschweren Investitionsprogramm der Regierung – mit den Schwerpunkten Energie, Telekommunikation, Transport und Verkehrsinfrastruktur. Allerdings haben externe Faktoren wie der Krieg in der Ukraine, Engpässe in der Lieferkette, steigende Ölpreise sowie die globale Zinswende zu einem Anstieg der Inflation geführt, insbesondere bei Nahrungsmitteln und Energie.
Entwicklungen: Wachsende Mittelschicht, neue Konsumtrends, Infrastrukturausbau, „Smart City Mission“, „Make in India“
Die indische Mittelschicht ist von 19 Prozent im Jahr 2015 auf 32 Prozent im Jahr 2024 angewachsen und wird bis 2030 voraussichtlich 47 Prozent erreichen. Auch das jährliche Pro-Kopf-Einkommen soll bis 2047 um 60 Prozent auf 4.280 US-Dollar steigen. Mit dem steigenden Einkommen gehen neue Konsumtrends der indischen Bevölkerung einher, vor allem in den Bereichen Wohnen, Mode und Konsumgüter. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Supermärkten, Einkaufszentren und Infrastruktur.
Indien ist mit 110.000 Start-ups und 7.000 Forschungs- und Entwicklungszentren das drittgrößte Start-up-Ökosystem der Welt. In den Bereichen IT-Dienstleistungen, FinTech, Cloud-Technologien, E-Health, Ed-Tech, künstliche Intelligenz und Biotechnologie sind Städte wie Bengaluru und Hyderabad führend. Mit 50 Prozent der weltweit ausgelagerten Dienstleistungszentren, die sich auf künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und Datenanalyse konzentrieren, fungiert Indien als „globales Bürohaus“.
Bis 2027 will die indische Regierung die Infrastruktur mit jährlichen Investitionen von rund 120 Mrd. US-Dollar ausbauen. Schwerpunkte sind seit 2014 das Autobahn- und Schienennetz, aber auch die Verdoppelung der Hafenkapazitäten und Anzahl der Flughäfen, was die Logistikkosten senkt und Indiens Wettbewerbsfähigkeit erhöht. Angekündigt sind auch Projekte zur Verbesserung der Lebensqualität in den Städten – Stichwort „Smart City Mission“ – sowie zur Förderung von Bildung, Landwirtschaft, Energiesicherheit, Wassermanagement etc.
Unter dem Schlagwort „Make in India“ versucht Indien seine industrielle Produktion durch Protektionismus und Subventionen in Bereichen wie der Automobil-, Pharma-, Elektronik-, Solar- und Lebensmittelindustrie zu schützen. Ziel ist es, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern und Indien durch bessere Logistik, weniger Bürokratie und mehr Freihandelsabkommen als globalen Produktionsstandort zu etablieren.
Internationalisierung
Indien ist Lebensraum einer Vielzahl von Ethnien und Sprachen. Eine Nationalsprache gibt es nicht. Etwa 80 Prozent der Bevölkerung sprechen Hindi, Bengali oder Urdu als Muttersprache. Hindi ist mit etwa 40 Prozent die am weitesten verbreitete Muttersprache.
Das in der Kolonialzeit eingeführte Englisch ist neben Hindi nach wie vor Amtssprache in Indien. Für den internationalen Handel ist das ein großer Vorteil. Denn: Englisch spielt als gemeinsame Verkehrssprache auf dem indischen Subkontinent eine wichtige Rolle und ermöglicht die Kommunikation zwischen Menschen unterschiedlicher Muttersprachen.
Das in Indien gesprochene Englisch weist einige Unterschiede zum britischen oder US-amerikanischen Englisch auf. Texte wie z. B. Werbetexte, die sich direkt an das Zielpublikum, den Kunden, richten und nicht nur Information, sondern auch Kaufanreiz sein sollen, lassen sich am besten mit einer freien, kreativen Übersetzung erreichen, die auch mögliche kulturelle Unterschiede und Besonderheiten berücksichtigt. Hier sind Unternehmen gut beraten, auf spezialisierte Fachübersetzerinnen und Fachübersetzer zurückzugreifen, die auch komplexe Fachtexte sicher in die Zielsprache übertragen können. Mehr über Englisch und seine Varianten erfahren Sie hier.
Gesetzliche Rahmenbedingungen: Handelsabkommen, Restriktionen
Die Europäische Union und Indien haben Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen aufgenommen. Ziele sind unter anderem Investitionsschutz und ein Abkommen über geografische Herkunftsbezeichnungen. Mehr über die Beziehungen zwischen der EU und Indien erfahren Sie auf der Website des Europäischen Parlaments.
Nicht alle Waren dürfen nach Indien eingeführt werden. Das Directorate General of Foreign Trade (DGFT) untersteht dem indischen Handels- und Industrieministerium und ist für die Erstellung und Aktualisierung der Liste der genehmigungspflichtigen Waren zuständig. Zollbeschränkungen und nichttarifäre Handelshemmnisse bestehen vor allem für landwirtschaftliche Produkte wie Pflanzen, Früchte und Saatgut, die den indischen Lebensmittelsicherheitsstandards entsprechen müssen. Auch auf Alkohol und bestimmte pharmazeutische Produkte werden überdurchschnittlich hohe Zölle erhoben.
Fazit
Indien ist derzeit die am schnellsten wachsende Volkswirtschaft der G20 und liegt konjunkturell vor den anderen asiatischen Schwellen- und Entwicklungsländern. Getragen wird diese Entwicklung von einem anziehenden privaten Konsum und einem milliardenschweren Investitionsprogramm der Regierung, die mit Initiativen wie „Smart City Mission“ und „Make in India“ versucht, die indische Industrieproduktion durch Protektionismus und Subventionen in strategisch wichtigen Bereichen zu schützen. Für deutsche Unternehmen, die nach Indien expandieren wollen, eröffnen sich vor allem in den Bereichen Wohn-, Mode- und Konsumgüter durch die wachsende Mittelschicht gute Geschäftschancen sowie in den neuen Technologien, wo Indien mit 110.000 Start-ups und 7.000 Forschungs- und Entwicklungszentren vor allem im Süden des Landes gut aufgestellt ist.
Quellen
- Germany Trade & Invest: Wirtschaftsausblick Indien [zuletzt aufgerufen am 16.10.2024]
- Statista: Anteile der Wirtschaftssektoren am Bruttoinlandsprodukt (BIP) Indiens bis 2023 [zuletzt aufgerufen am 16.10.2024]
- Statista: Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in Indien bis 2029 [zuletzt aufgerufen am 16.10.2024]
- Statista: Bruttoinlandsprodukt in Indien (BIP) bis 2029 [zuletzt aufgerufen am 16.10.2024]
- Statista: Deutsche Exporte nach Indien bis 2023 [zuletzt aufgerufen am 16.10.2024]
- Statista: Die größten Volkswirtschaften weltweit nach Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 [zuletzt aufgerufen am 16.10.2024]
- Wirtschaftskammer Österreich: Indien: Export und Import [zuletzt aufgerufen am 16.10.2024]
- Wirtschaftskammer Österreich: Wirtschaftsbericht Indien [zuletzt aufgerufen am 16.10.2024]
Weiterführende Links
- Beziehungen zwischen EU und Indien
- Directorate General of Foreign Trade (DGFT) (in englischer Sprache)
Autor: Eurotext Redaktion
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