Achtung Leute, in Kürze wird es in Berlin zum 47. Mal laut, queer und farbenfroh! Die Straßen füllen sich mit Millionen von Menschen, und hüllen sich in die Farben des Regenbogens. Regulär werden sie von lauter Techno-Musik erfüllt, welche im gleichmäßigen Beat Menschen aller Nationen zum Tanzen auffordert. Partystimmung ist charakteristisch für die jährlich stattfindende Demonstration der LGBTQ+ Community und lädt alle dazu ein, am Christopher Street Day (CSD) teilzunehmen.

Hintergrund und Ursprung der Stonewall-Aufstände

Doch neben dem offensichtlichen Spaß hat der Tag einen sehr ernsten Hintergrund und erinnert uns an den Beginn der Stonewall-Aufstände in New York City. Wie schon viele Male zuvor fand damals im Stonewall Inn, einer Bar, die bekannt für Treffen unter Homosexuellen war, eine Polizeirazzia statt. Unter dem Vorwand der sogenannten „Sodomy Laws“ ging die Polizei meist gewalttätig gegen die „Verstöße“ der Männer vor Ort vor, so auch am 28. Juni 1969. In dieser Nacht wehrte sich die Minderheit jedoch und weitere schlossen sich dem Widerstand an, um ihrem Platz in der Welt endlich Ausdruck zu verleihen. Dieser mutige Akt markierte den Beginn einer neuen Ära im Kampf für Gleichberechtigung und war die Geburtsstunde des jährlich stattfindenden Christopher Street Day (CSD).

Christopher Street Day (CSD)

Die Feierlichkeiten haben tatsächlich kein festes Datum und erstrecken sich vorwiegend über die Sommermonate. Da der Juni jedoch im Zeichen des Pride-Month steht und auch der geschichtliche Hintergrund im Juni liegt, ist der 28. Juni Anlass für viele Demonstrationen weltweit. Banner mit Aufschriften wie: „Wir sind hier nicht zum Spaß!“ erinnern dabei an die Ursprünge und weisen neben der farbenfrohen Stimmung auf die Ernsthaftigkeit der Märsche hin. Denn neben dem Gedenktag an sich, wird weiterhin die Aufrechterhaltung der Rechte, weltweite Akzeptanz, sowie die Verabschiedung weiterer Rechte gefordert. Was Schwule, Lesben, Transsexuelle und Transgender, Inter- und Bisexuelle bisher errungen haben, wollen wir uns heute genauer ansehen.

Frühe Bewegungen und Vorreiter der Gleichberechtigung

Liebe unter Gleichgeschlechtlichen gibt es, seit es die Menschheit gibt. So wird die Liebe unter Männern schon in den Gesetzen Mose als Verbot erwähnt und auch im antiken Griechenland zwar nicht gewünscht, jedoch toleriert. Über die Jahre hinweg musste sich die LGBTQ+ Community viel erkämpfen. Der Erste, der bereits im 19. Jahrhundert seine Stimme, trotz hohem Strafmaß, für eine Gleichberechtigung und sogar für eine Eheschließung starkmachte, war Karl Heinrich Urlichs. Leider hatte er in Deutschland mit seinem Coming-out keinen Erfolg und starb 1895 in Italien im Exil. Seine Stimme hallte jedoch nach und fand ihren Ausdruck in den Stonewall-Aufständen im Jahre 1969.

Nach den Unruhen in New York City dauerte es 25 Jahre, bis der Paragraf 175 endgültig aus dem bundesdeutschen Strafgesetzbuch gestrichen wurde. (In der DDR war Homosexualität bereits seit 1968 straffrei.) Dieser besagte, dass es Männern verboten sei „widernatürliche Unzucht“ zu betreiben. Für einen Verstoß waren bis zu 6 Monate Haft zu erwarten, die sich unter dem Nazi-Regime auf bis zu 10 Jahre ausweiten konnten.

Paragraf 175: Vom Kaiserreich bis zur Abschaffung

Da dieses Gesetz noch aus Zeiten des Deutschen Kaiserreichs stammte und 1871 eingeführt wurde, sah man wohl ein, dass es 1994 – 123 Jahre später – an der Zeit war, mit den Entwicklungen Schritt zu halten und mittelalterliche Ansichten abzulegen. Nach weiteren Auflockerungen der Gesetze, die den Weg zur gleichgestellten Ehe bahnten, wurde nach zusätzlichen 23 Jahren das Gesetz dafür letztlich im Jahre 2017 verabschiedet. Mussten man davor noch seinen Partner adoptieren, um rechtlich in einer Partnerschaft leben zu dürfen, so war und ist es nun auch möglich, die rechtlichen Vorteile einer Ehe zu genießen und Kinder zu adoptieren. Doch auch wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen heute gegeben sind, hapert es durchaus noch an einigen Stellen an der Umsetzung. Mitunter spielen hier weiterhin Vorurteile und Diskriminierung eine Rolle.

Aktuelle Bedrohungen: Anfeindungen bei CSD-Feiern

Gerade diese anhaltenden Vorurteile schlagen sich immer öfter in realen Angriffen nieder – selbst die CSD-Feiern bleiben davon nicht verschont und werden immer wieder durch Anfeindungen, Drohungen und sogar Gewalt überschattet. Letztes Jahr wurde der CSD in Bautzen durch 700 rechte Demonstranten gestört, eine Aftershowparty musste abgesagt werden. 2025 musste der CSD in Gelsenkirchen wegen einer „abstrakten Bedrohungslage“ abgesagt werden. In Wernigerode drohte ein Jugendlicher mit einem Anschlag, die Polizei fand bei ihm Waffen und Munition. In Emden wurden Teilnehmer körperlich angegriffen. Diese Vorfälle zeigen, dass wir trotz rechtlicher Fortschritte weiter an gesellschaftlicher Akzeptanz und dem Schutz aller Teilnehmer arbeiten müssen.

Fazit

Unsere Welt besteht aus vielen verschiedenen Völkern, die ganz unterschiedliche Kulturen und Bräuche leben. Die Welt ist bunt und das ist gut so. Wir freuen uns, ein Teil eines globalen Netzwerks zu sein, und sind stolz, als Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Völkern für Aufklärung und Akzeptanz zu werben. Schwule, Lesben, Transsexuelle und Transgender, Inter- und Bisexuelle, waren da, sind da und werden auch immer da sein. Sie verdienen Respekt dafür, trotz Hetze, Hass und Diskriminierung, immer wieder auf ihr Recht bestanden zu haben. Wir wünschen uns, dass sich auch weitere Nationen anschließen, Menschen als Menschen anzunehmen, die allem und jedem gleichgestellt sind, auch wenn sie vielleicht einen anderen Lebensstil pflegen.



Quelle

 


autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.

 

Bitte beachten Sie: Auch wenn wir in unseren Beiträgen gelegentlich Rechtsthemen ansprechen, stellen diese keine Rechtsberatung dar und können eine solche auch nicht ersetzen. Wenn Sie konkrete Fragen haben, lassen Sie sich bitte von einem Anwalt beraten.