Das Christentum und damit natürlich auch Weihnachten sind fest in der russischen Kultur und Geschichte verankert. Trotzdem wurde das Fest nach der Oktoberrevolution 1917 von der Staatsführung verboten und erst 1991, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, wieder zu einem offiziellen Feiertag. Dadurch sind viele Traditionen verlorengegangen. Das ändert aber nichts daran, dass das Fest für viele Russinnen und Russen eine große Bedeutung hat und heute wieder mit großer Begeisterung gefeiert wird. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede zu den Feierlichkeiten in vielen anderen Ländern:
Julianischer vs. gregorianischer Kalender: Weihnachten im Januar
Das fängt schon mit dem Datum an: In Russland wird Weihnachten nicht am 25. Dezember gefeiert, sondern am 7. Januar. Dies liegt daran, dass die russische orthodoxe Kirche den julianischen Kalender verwendet, der 13 Tage hinter dem gregorianischen Kalender zurückliegt. Der 7. Januar entspricht also dem 25. Dezember des westlichen Kalenders.
Für viele Russen hat Weihnachten eine starke religiöse Bedeutung. Es ist ein Fest der Geburt Jesu Christi, das von der russisch-orthodoxen Kirche nach Ostern als der zweitwichtigste Feiertage des Jahres gefeiert wird. In den letzten Jahrzehnten hat Weihnachten in Russland jedoch auch eine zunehmend kommerzielle Seite entwickelt, und einige der westlichen Weihnachtsbräuche wie Weihnachtsmärkte und Geschenke sind ebenfalls populär geworden. Trotz der weltlichen Einflüsse bleibt der religiöse Kern des Festes in Russland aber sehr wichtig.
Advents- und Fastenzeit
Was selbst viele Christen nicht wissen: Die Adventszeit ist eigentlich eine Fastenzeit und soll die Gläubigen durch bewussten Verzicht „reinigen“ und auf die Festtage einstimmen. Während davon in der westlichen Welt nicht mehr viel zu sehen ist, wird die vorweihnachtliche Fastenzeit von vielen Russen durchaus ernstgenommen. Anders als im Westen umfasst die Adventszeit auch nicht nur 24 sondern 40 Tage und beginnt am 28. November. Das 40-tägige „Philippus-Fasten“ umfasst den Verzicht auf Fleisch, Käse, Butter, Milch und Eier. Dazu kommen einige spezielle Regeln, z.B. soll man montags, mittwochs und freitags erst nach der Abendmesse essen, vom. 2.-6. Januar auf Fisch verzichten etc. Stattdessen isst man vor allem Suppen und Gemüse mit Pilzen und Trockenfrüchten. Und natürlich geht es in der Fastenzeit nicht nur um Essen. Man soll generell auf jedes Sündigen verzichten und sich in Vergebung fremder Sünden üben.
Der heilige Abend
Die eigentliche Weihnachtszeit beginnt mit dem Heiligen Abend (auf Russisch „Сочельник“), der am 6. Januar gefeiert wird. Dieser Tag ist immer noch durch ein strenges Fasten geprägt. Traditionell wird an diesem Tag ein festliches Mahl, das „Sotschi“ (Соча) genannt wird, vorbereitet. Es handelt sich um eine Suppe aus gekochtem Weizen, Honig und Nüssen, die symbolisch für das kommende Wohlstandsjahr steht.
Für orthodoxe Christen in Russland ist der Besuch der Mitternachtsmesse zu Weihnachten ein zentraler Bestandteil des Festes. Der Gottesdienst dauert mehrere Stunden mit viel Gesang und schönen Lichter-Prozessionen. Damit endet dann die Fastenzeit und es wird ein großes Festessen abgehalten.
Neujahr und Weihnachten
In Russland gibt es eine interessante Mischung aus traditionellen und modernen Elementen bei der Dekoration. Während der Neujahrsbaum (in Russland oft als „Ёлка“ bezeichnet) die zentrale Figur ist, hat der Weihnachtsbaum in vielen russischen Haushalten ebenfalls Einzug gehalten. Der Baumschmuck umfasst oft goldene und rote Kugeln, bunte Lichter und Engel. Besonders populär ist der Brauch, ein Väterchen Frost (Дед Мороз) mit seiner Enkelin Snegurochka als Dekoration zu verwenden. Die beiden sind Märchenfiguren aus der slawischen Mythologie und symbolisieren den Winter. In der Neujahrsnacht, die in Russland mit noch größerem Enthusiasmus gefeiert wird als Weihnachten, kommen sie mit ihrem Schlitten aus dem Winterwunderland und bringen den Kindern Geschenke. Deshalb gibt es an Weihnachten traditionell eigentlich keine Bescherung. In den letzten Jahren ist es aber trotzdem populär geworden, dass vor allem Kinder am Morgen des 7. Januar Geschenke finden, die ebenfalls von Väterchen Frost gebracht wurden.
Fazit
Weihnachten in Russland ist ein Fest, das tief in der religiösen Tradition verwurzelt ist und gleichzeitig von modernen Einflüssen geprägt wird. Die Feierlichkeiten umfassen das Fasten und gipfeln in einem festlichen Mahl nach der Mitternachtsmesse. Die Mischung aus traditionellen Bräuchen, Musik, religiösen Zeremonien und modernen Elementen macht das russische Weihnachtsfest zu einer besonderen Feier des Winters. Trotz der vielen Veränderungen, die das Fest in der modernen russischen Gesellschaft durchläuft, bleibt es ein bedeutendes Ereignis, das vor allem den Zusammenhalt der Familie und die Besinnung auf religiöse Werte betont.
Die Eurotext AG wünscht fröhliche Weihnachten! Oder wie man in Russland sagt:
🎄 С праздником! 🎄
Autor: Eurotext Redaktion
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