Wenn die Wintertage kürzer werden und die Ägäis unter dem klaren, sternenübersäten Himmel ruht, beginnt in Griechenland eine der schönsten und besinnlichsten Zeiten des Jahres: die Weihnachtszeit, auf Griechisch „Christougenna“ genannt. Anders als in Mitteleuropa, wo Weihnachten oft von schneebedeckten Landschaften und warmem Glühwein geprägt ist, erzählt die griechische Weihnacht von leuchtenden Booten, alten Bräuchen und dem süßen Duft von Honig und Gewürzen. Tauchen wir ein in eine festliche Welt, die gleichermaßen besinnlich wie lebendig ist.
Weihnachten in Griechenland ist ein religiöses Fest mit tiefen Wurzeln in der orthodoxen Tradition. Die Vorbereitungen beginnen ähnlich wie in Russland offiziell am 15. November, mit einer 40-tägigen Fastenzeit, die bis Heiligabend dauert. Viele gläubige Griechen verzichten in dieser Zeit auf Fleisch, Milchprodukte und Eier, um sich spirituell auf das Fest der Geburt Christi einzustimmen. Obwohl heute nicht mehr alle Griechen diese Tradition befolgen, ist sie in ländlichen Gegenden noch weit verbreitet.
Ein einzigartiges Symbol der griechischen Weihnachtszeit sind die geschmückten Boote („karavákia“). Besonders in Küstenregionen wie Kreta oder den Kykladen werden statt Weihnachtsbäumen oft kleine Boote mit Lichtern dekoriert. Diese Tradition ehrt die enge Verbindung Griechenlands zum Meer und symbolisiert Dankbarkeit gegenüber den Seeleuten, die oft während der Weihnachtszeit unterwegs sind.
Am Heiligabend, dem 24. Dezember, ziehen Kinder durch die Straßen und singen „Kalanda“, traditionelle Weihnachtslieder, die vom Kommen Christi erzählen. Mit Glocken und kleinen Trommeln ziehen sie von Haus zu Haus und erhalten dafür Süßigkeiten, Nüsse oder kleine Geldgeschenke. Die „Kalanda“ sind das griechische Pendant zu den deutschen Sternsingern, aber sie verbreiten eine heitere und festliche Atmosphäre, die vor allem in den Dörfern ein wichtiger Bestandteil der Weihnachtstradition ist.
In den Küchen Griechenlands herrscht an diesem Tag Hochbetrieb. Der Duft von „Melomakarona“ (Honigplätzchen) und „Kourabiedes“ (Butterkekse mit Puderzucker) erfüllt die Häuser. Diese traditionellen Gebäcke sind ein unverzichtbarer Teil der griechischen Weihnachtszeit und oft mit Zimt, Nelken und Honig verfeinert – Aromen, die Wärme und Festlichkeit versprühen.
Der 25. Dezember, der eigentliche Weihnachtstag, ist ein Tag des Feierns und der Gemeinschaft. Für die orthodoxen Christen ist dies der Höhepunkt des Festes, und viele beginnen den Tag mit einem Besuch der Kirche. Die Weihnachtsgottesdienste in Griechenland sind besonders feierlich, begleitet von Kerzenlicht und Chorgesängen, die die Geburt Christi ehren. Der Moment, wenn die Ikonen in den Kirchen leuchten und der Priester die frohe Botschaft verkündet, ist tief bewegend und gibt den Feierlichkeiten einen spirituellen Kern.
Das anschließende Festmahl ist ein weiteres Highlight des Tages. Traditionell kommen Gerichte wie gefülltes Lamm oder Ziege auf den Tisch, oft begleitet von „Christopsomo“, dem „Brot Christi“. Dieses festliche Brot wird mit Symbolen wie Kreuzen oder Mustern verziert und steht für Segen und Wohlstand. Auch Fischgerichte, die an die Fastenzeit erinnern, werden vielerorts serviert, besonders in Küstenregionen.
Ein besonderes Element der griechischen Weihnachtszeit ist der Heilige Basilius, der in Griechenland die Rolle übernimmt, die in anderen Ländern dem Nikolaus zukommt. In Griechenland ist er besser unter dem Namen Agios Vasilis bekannt. Er wird am 1. Januar, seinem Gedenktag, geehrt und gilt als Schutzheiliger der Armen. Seine wohltätige Natur spiegelt sich in der Tradition wider, dass er in der Nacht zum Neujahr Geschenke bringt. Anders als Santa Claus ist Agios Vasilis tief in der orthodoxen Spiritualität verankert: Er war ein Kirchenvater und Bischof aus Kappadokien, der für seine Weisheit und Hilfsbereitschaft bekannt war.
Die Geschenke, die Agios Vasilis bringt, werden oft unter den Weihnachtsbaum gelegt, manchmal auch in die Nähe des Christopsomo, des Neujahrsbrots. Kinder stellen ihm keine Kekse und Milch bereit, wie es in anderen Kulturen üblich ist, sondern freuen sich still auf seine Ankunft. Seine Rolle als Wohltäter ist mehr spirituell geprägt, und er wird weniger als fröhlicher Charakter dargestellt wie Santa Claus, sondern als weiser, gütiger Mann, der Segen bringt.
Griechenland ist ein Land der Legenden, und auch zur Weihnachtszeit gibt es besondere Geschichten. Eine davon handelt von den Kalikántzari, kleinen Kobolden, die laut Volksglauben in den zwölf Tagen zwischen Weihnachten und Epiphanias (6. Januar) Unfug treiben. Sie sollen aus der Unterwelt kommen und versuchen, den Weihnachtsbaum oder andere Festdekorationen zu stören. Um sie abzuwehren, zünden Familien oft eine Kerze an oder lassen ein Weihrauchgefäß brennen – ein Brauch, der eine Mischung aus Volksglauben und christlicher Symbolik darstellt.
Ein weiteres Highlight ist das Fest der Epiphanie am 6. Januar, das mit dem Segnen des Wassers gefeiert wird. Priester werfen ein Kreuz in Flüsse, Seen oder ins Meer, und mutige Schwimmer tauchen hinein, um es zu bergen. Diese Tradition symbolisiert die Taufe Christi und markiert das Ende der Weihnachtszeit in Griechenland.
Im Vergleich zu anderen Ländern wie den USA oder Deutschland ist Weihnachten in Griechenland weniger kommerziell und stärker auf Gemeinschaft, Glaube und Tradition fokussiert. Geschenke werden oft erst am 1. Januar, dem Tag des Agios Vasilis, überreicht – eine Erinnerung daran, dass der Schwerpunkt auf den spirituellen Werten liegt. Die griechische Weihnachtszeit ist geprägt von Besinnlichkeit, leuchtenden Kerzen und dem warmen Beisammensein mit Familie und Freunden.
Fazit
Weihnachten in Griechenland ist eine Feier voller Wärme, Glaube und lebendiger Traditionen. Vom Glanz der geschmückten Boote über die süßen Düfte der Melomakarona bis hin zu den Erzählungen über die Kalikántzari – die griechische Weihnachtszeit lädt dazu ein, innezuhalten und die Schönheit des Festes auf eine ruhige, authentische Weise zu erleben. Es ist eine Reise in eine Welt, die Licht und Gemeinschaft feiert und dabei die Seele tief berührt.
Die Eurotext AG wünscht fröhliche Weihnachten! Oder wie man in Griechenland sagt:
🎄Καλά Χριστούγεννα“ (Kalá Christoúgenna)🎄
Autor: Eurotext Redaktion
Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.
Bitte beachten Sie: Auch wenn wir in unseren Beiträgen gelegentlich Rechtsthemen ansprechen, stellen diese keine Rechtsberatung dar und können eine solche auch nicht ersetzen. Wenn Sie konkrete Fragen haben, lassen Sie sich bitte von einem Anwalt beraten.