Japan – das Land der aufgehenden Sonne. Auch im E-Commerce tut sich in Japan einiges. Für europäische Unternehmer und Shopbetreiber ist es zwar aktuell nicht üblich – und bisher auch nicht sehr attraktiv – nach Japan zu expandieren, trotzdem möchten wir den E-Commerce-Markt in Fernost genauer betrachten. Es ist auf jeden Fall interessant, Japan mit der europäischen bzw. westlichen E-Commerce-Welt zu vergleichen.

Ein paar Fakten über Japan

Die Region Asien-Pazifik hat mit 33,4% den größten Anteil am E-Commerce weltweit. Nordamerika liegt mit 31,7% auf Platz 2. Als einzelnes Land liegt Japan mit dem Umsatz aus Onlineverkäufen auf Platz 4 – hinter China, den USA und Großbritannien; Deutschland folgt auf Platz 5.

Flächenmäßig ist Japan nur unwesentlich größer als Deutschland, die Einwohnerzahl liegt aber rund 46 Millionen über der von Deutschland. Hierzulande leben durchschnittlich 227 Einwohner auf einem Quadratkilometer, in Japan sind es etwa 336.

Etwa 80% der Japaner nutzen das Internet und fast genau so viele kaufen online ein. Besonders der Mobile Commerce ist in Japan sehr stark. Viele Japaner besitzen mehr als ein Mobiltelefon/Smartphone und nutzen auch mehrere Geräte zum Onlineshopping  – die Verbreitung mobiler Geräte in Japan liegt bei 138%! Doch die Nutzerzahl und die Penetration steigen weiter. Die größte Gruppe der Onlineshopper in Japan bilden die 25-34-Jährigen. Interessanterweise ist der Anteil der Frauen, die online einkaufen, in fast allen Altersgruppen höher als der der Männer. Gezählt werden hierbei die zahlenden Kunden bzw. Accounts. Nur bei den 16-24-Jährigen bilden die Männer die Mehrheit. Dieser Trend wird sich vermutlich auch in den nächsten Jahren fortsetzen.

Marktplätze beliebt

Die erfolgreichste E-Commerce-Seite in Japan ist Rakuten. Anders als Amazon bietet Rakuten Waren nicht selbst an, sondern fungiert als Marktplatz für Drittanbieter. Gegen eine monatliche Grundgebühr und eine Verkaufsprovision pro Artikel bekommen Anbieter einen Webshop inklusive Zahlungsverkehrslösung und Übernahme des Risikos von Zahlungsausfällen. Rakuten hat in Japan einen E-Commerce-Marktanteil von 28,8%. Als Vergleich: Amazon hat in Nordamerika einen Marktanteil von “nur” 18%, in Deutschland immerhin 25,5%. In Japan liegt Amazon bei den erfolgreichsten Seiten auf Platz 2, auf Platz 3 folgt Yahoo! Shopping. Letzteres ist ähnlich wie Rakuten nur eine Plattform für Drittanbieter, die sogenannten Yahoo! Shops. Amazon bietet wie die westlichen Seiten des E-Commerce-Riesen auch in Japan sowohl selbst Produkte als auch einen Marktplatz an. Rakuten, Amazon Japan und Yahoo! Shopping machen zusammen 50% des gesamten E-Commerce in Japan aus. Daran zeigt sich, dass die Japaner eher Marktplätze bevorzugen als einzelne Shops, da sie so mehr Auswahl haben, aber nur eine Seite besuchen müssen.

Der E-Commerce-Markt in Japan setzt sich aus folgenden Segmenten zusammen: Fashion; Elektronik & Medien; Lebensmittel & Drogerie; Möbel & Haushalt; Spielzeug, Hobby & DIY. Aktuell wird der meiste Umsatz im Bereich Elektronik & Medien erzielt, aber einige Statistiken sehen etwa in 5 Jahren den Bereich Fashion an der Spitze. In Japan tut sich besonders in diesem Bereich vieles, es gibt beispielsweise Smartphone-Apps, mit denen der Nutzer/die Nutzerin aus Kleidungsstücken im Kleiderschrank neue Outfits zusammenstellen können – die auch mit neuen Teilen kombiniert werden können, die man direkt über die App ordern kann. Außerdem ist gerade für den Modesektor das Marktplatzprinzip im japanischen E-Commerce von Vorteil, weil die Kunden viele Marken auf einmal beziehen können.

Content, Kundenservice und Versand

99% der Einwohner Japans sprechen ausschließlich Japanisch. Außerdem brauchen Japaner ein hohes Maß an Sicherheit, wenn sie online etwas erwerben – Vertrauen spielt hier eine große Rolle! Das heißt, auf den Produktseiten müssen viele (technische) Details und Informationen zu finden sein und dabei muss für die Japaner alles stimmig sein – sowohl sprachlich als auch kulturell. Wenn man nach Japan expandieren möchte, reicht es leider nicht, den Webshop einfach ins Japanische zu übersetzen oder übersetzen zu lassen, man muss auch auf die kulturellen Eigenheiten achten. Ein weiterer Punkt ist der Kundenservice in Japan, der immer und überall großgeschrieben wird. Manche Marktplätze wie Rakuten lassen Drittanbieter nur zu, wenn ihre Kundendienstmitarbeiter Japanisch sprechen. Im Gegensatz zu vielen westlichen Ländern sind Rückgaben in Japan eher selten. Manche Shops haben nicht einmal eine Rückgabegarantie oder entsprechende Regelungen.

Die Japaner sind von kurzen Zustellzeiten  verwöhnt und erwarten dementsprechend einen schnellen Versand. Die beiden größten Versandunternehmen, Sagawa und Kuroneko Yamato, können am selben Tag liefern, die meisten Japaner erwarten aber „nur“ eine Lieferung am nächsten Tag. Lieferzeiten von mehr als zwei Tagen empfinden die meisten schon als inakzeptabel. Wenn man nach Japan expandieren möchte, sollte man die Kunden ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Ware nicht in Japan verfügbar ist und der Versand länger dauert.

Zahlungsmethoden

Auch hier gilt wieder: andere Länder, andere Sitten. In Japan wird zwar am liebsten mit der Kreditkarte bezahlt (60%), aber es gibt auch andere Zahlungsmethoden, die sich teilweise deutlich von den uns bekannten Zahlarten unterscheiden. Neben der Kreditkarte ist eine Art Nachnahme populär, also die Zahlung bei der Lieferung. Dies wird allerdings nur von einigen Zustelldiensten angeboten und man benötigt dort einen Account. Auch Banküberweisungen sind in Japan möglich, werden aber nicht sehr häufig in Anspruch genommen. Eine Zahlart, die für uns Europäer sicherlich gewöhnungsbedürftig ist, ist die Barzahlung im Konbini (Convenience Store). Das funktioniert so: Der Kunde kauft etwas online und druckt seine Rechnung aus. Damit geht er innerhalb der nächsten sechs Tage in einen Konbini seiner Wahl, legt dort die Rechnung vor und bezahlt sie bar. Der Konbini leitet das Geld an den Onlineshop weiter und die Waren werden verschickt.

Die Zahlungsmethoden, die ein Onlineshop oder -marktplatz in Japan anbietet, hängen stark vom Publikum ab. Teenager zum Beispiel haben oft noch kein Bankkonto und auch keine Kreditkarte, sodass ihnen die Zahlung im Konbini sehr entgegen kommt. Shopbetreiber müssen deshalb sehr auf ihre Kunden eingehen. Wenn ein Shop die bevorzugte Zahlungsweise nicht anbietet, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die Kunden dort nichts bestellen.

Fazit

Bei den meisten europäischen Shops steht Japan aufgrund der Entfernung und der Sprachhürde ziemlich weit unten auf der Expansionsliste. Aber sollte man sich ernsthaft dafür interessieren, bieten die Vorliebe der Japaner für Online-Markplätze und die damit verbundene Möglichkeit, eine einfache Plattform für die eigenen Waren zu finden, einen unkomplizierten Einstieg. Aber auch wenn man nicht vor hat, nach Japan zu expandieren, ist ein Blick nach Fernost sicherlich interessant, denn es ist in jeder Hinsicht ein ausgesprochen spannender Markt!

Quellen:

 

autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.