Wer im E-Commerce ausländische Märkte erschließen möchte, muss seinen Onlineshop internationalisieren bzw. lokalisieren. Die meisten denken dabei natürlich zuerst an eine Übersetzung in die jeweilige Landessprache. Doch das ist nur der erste Schritt, um wirklich Fuß im jeweiligen Markt zu fassen.

Übersetzung als Minimallösung

Wer ein kleines Unternehmen führt oder sich unsicher ist, ob der grenzüberschreitende Handel für ihn wirklich sinnvoll ist, sollte in kleinen, wohl überlegten Schritten vorgehen. So bleiben Risiken und Kosten überschaubar und die Internationalisierungstrategie kann bei Bedarf angepasst werden.

Ganz am Anfang steht natürlich die Frage: In welche Länder soll expandiert werden? Entscheide ich mich für ein konkretes Land, z. B. Italien oder Polen, und übersetze den Shop entsprechend ins Italienische oder Polnische? Oder sollen unabhängig von einzelnen Ländern möglichst viele Kunden erreicht werden, indem der Shop in weit verbreitete Sprachen übersetzt wird? Mit  Englisch oder Spanisch lässt sich beispielsweise eine Vielzahl von Kunden in unterschiedlichen Ländern ansprechen.

Danach kann es mit der Übersetzung losgehen. Am Anfang steht dabei immer die Übersetzung des Shop-Frameworks, also all der Teile des Shops, die für den Betrieb unerlässlich sind und nichts mit den eigentlichen Produkten zu tun haben: CMS-Texte wie Impressum oder FAQ, Dialogfelder, Formulare, Hinweistexte, Schaltflächen, Navigation, Seitentitel etc. Im nächsten Schritt folgen die Artikeltexte, wobei überlegt werden sollte, ob es sich in diesem Schritt schon lohnt, das komplette Sortiment im Shop zu übersetzen. Manchmal ist es sinnvoll, zuerst die bekannten Topseller oder einzelne Kategorien anzubieten, bevor man in eine Übersetzung aller Produkte investiert.

Und jetzt? Ist der Shop somit fertig lokalisiert? Nein, denn manche Inhalte müssen zusätzlich angepasst werden:

Größen und Einheiten

Größen und Einheiten sind für uns so alltäglich, dass wir sie nicht weiter hinterfragen. In anderen Ländern gelten aber möglicherweise ganz andere Standards.

Das fängt bei Kleidergrößen an, die je nach Markt anders benannt werden und auch unterschiedlich groß ausfallen. Versuche der EU, einheitliche Standards einzuführen (EN 13402), scheitern bislang am Widerstand der wichtigsten Modemärkte, die ihre etablierten Systeme nicht aufgeben wollen. So entspricht die deutsche Konfektionsgröße (Damen) 32 einer französischen 34 und einer italienischen 36. In Großbritannien wird stattdessen eine 6 und in den USA eine 4 verwendet. International entspricht das XS. Diese Vielfalt von Normen führt beim Kunden schnell zu Verwirrung und erhöhten Umtauschquoten. Händler sollten die Größen deshalb passend zum Zielmarkt angeben oder zur Sicherheit gleich in allen gängigen Formaten.

Gleiches gilt für Größen- oder Gewichtsangaben. Zwar hat sich das metrische System fast weltweit durchgesetzt, aber gerade im wichtigen US-Markt wird weiterhin in Zoll und Meilen gemessen. Ähnlich verhält es sich mit Volumen, Gewichten und auch bei Zeitformaten und Datumsangaben. Auch hier sollte entsprechend umgerechnet oder anders dargestellt werden.

Recht & Gesetz

Wenn ein spezieller Shop für den Zielmarkt eingerichtet wird, und nicht nur eine Sprachvariante für den deutschen Shop, muss natürlich auch der rechtliche Rahmen des Ziellandes berücksichtigt werden. Das betrifft beispielsweise das Impressum, Regelungen für Umtausch oder Rückgabe, Garantieabwicklung, Kontaktmöglichkeiten und andere Verbraucherrechte. Auch beim Verkauf evtl. kritischer Waren wie Gefahrstoffen, Waffen oder Produkten, die dem Jugendschutz unterliegen, muss auf gesetzliche Regelungen Rücksicht genommen werden. Diese Fragen lassen sich nicht allgemein beantworten und müssen von Einzelfall zu Einzelfall geklärt werden.

Versand und Bezahlung

Beim Versand im oder ins Ausland gelten natürlich andere Tarife als im innerdeutschen Versand. Auch hierfür müssen Lösungen gefunden und im Shop abgebildet werden.

Gleiches gilt für die Bezahlung. Viele Finanz-Dienstleister haben im internationalen Handel andere Bedingungen oder gar spezielle Regelungen für einzelne Länder. Auch die Frage, welche Zahlungsoptionen überhaupt angeboten werden sollen, muss geklärt werden. Je nach Land sind ganz unterschiedliche Systeme etabliert und sollten den Kunden dann auch angeboten werden. Dafür können evtl. andere Möglichkeiten entfallen und damit Kosten gespart werden.

Kulturelle Eigenheiten

Generell hat jedes Land seine eigenen Traditionen und Eigenheiten, die in seiner Kultur und evtl. auch Religion begründet sind. Das sollte natürlich auch ein Shop berücksichtigen, z. B. wenn es um Angebote und Rabatt-Aktionen im Rahmen von (religiösen oder weltlichen) Feiertagen geht, in der Darstellung von Menschen, bei der Verwendung von bestimmten Farben etc.

Fazit

Die Übersetzung spielt beim Einstieg in den internationalen Handel natürlich die größte Rolle. Deshalb sollte gerade hier Wert auf Qualität gelegt werden. Damit allein ist es aber nicht getan. Um ein optimales Einkaufserlebnis zu bieten, muss der Onlineshop auch in allen anderen Bereichen an die Gewohnheiten der ausländischen Kunden angepasst sein.

 

autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

Wir erklären, wie Internationalisierung funktioniert, geben Tipps zu Übersetzungsprojekten und erläutern Technologien und Prozesse. Außerdem berichten wir über aktuelle E-Commerce-Entwicklungen und befassen uns mit Themen rund um Sprache.