In den letzten Tagen gab es wiederholt Kritik daran, dass der Staat den E-Commerce nicht gründlich genug prüft. Key Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofes, bezeichnet den Onlinehandel gar als “Steueroase” und bemängelt, dass der Staat weder ein Konzept noch die nötigen Mittel hat, fällige Steuern zu ermitteln und einzutreiben.

Massive Steuerhinterziehung im grenzüberschreitenden Handel

Kay Scheller ist vor allem der internationale Handel ein Dorn im Auge. Dieser habe ein beträchtliches Ausmaß erreicht, jährlich würden Milliarden Euro umgesetzt. Der Staat habe im letzten Jahr aber gerade einmal 28 Millionen Euro an Steuern eingenommen.

Wenn ein ausländischer Händler Waren nach Deutschland verkauft, fallen die üblichen 19% Umsatzsteuer an. Viele Händler halten sich aber nicht daran und sparen sich die Abgaben an den Staat. Vor allem im Bereich der digitalen Waren (Software, Spiele, Musik) gibt es bislang kaum Möglichkeiten, den Handel zu überwachen und Steuern einzufordern. Der Staat kann nur darauf hoffen, dass der Händler die Verkäufe selbständig und korrekt versteuert. Dass die Bereitschaft dazu bei ausländischen Händlern z.B. in Fernost eher gering ist, kann man sich leicht denken.

Der Präsident des Bundesrechnungshofes fordert deshalb, dass die aktuelle Situation im internationalen Handel genau geprüft wird, um Lösungen erarbeiten und Fahndungseinheiten schaffen zu können.

Kaum Kritik aus Unternehmerkreisen

Erstaunlich ist, dass der deutsche Handel und die großen Wirtschaftsverbände das Problem nicht längst in den Fokus genommen haben. Beim Thema Plagiate wird permanent viel Zeit und Aufwand investiert. Aber wenn es um massive Steuerhinterziehung geht, die für die hiesige Wirtschaft fraglos einen großen Wettbewerbsnachteil darstellt, bleiben bislang alle stumm.

Hausdurchsuchungen bei Amazon

Möglicherweise ändert sich das in Kürze: Großangelegte Hausdurchsuchungen der Steuerfahnder bei Amazon sorgten für einigen Wirbel. Die Deutschlandzentrale in München und mehrere Logistikzentren wurden durchsucht. Zwar richteten sich die Vorwürfe nicht direkt gegen Amazon, sondern gegen chinesische Händler, die über Amazon im großen Stil Waren verkaufen. Trotzdem wurde auch an Amazon deutliche Kritik geübt. Der Vorwurf lautet, dass Amazons aktuelle Politik solchen Steuerbetrug erst ermöglicht und viel zu wenig dagegen unternommen wird.

Quellen:

 

autor_eurotext_100Autor: Eurotext Redaktion

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