Bislang waren Händler entweder stationär mit einem Ladengeschäft oder im Internet mit einem Onlineshop aktiv. Die Versuche, beide Welten miteinander zu verbinden, waren meist zaghaft, da die Händler befürchteten, den Erfolg des einen Kanals auf Kosten des anderen zu erkaufen. Mehr und mehr setzt sich aber die Erkenntnis durch, dass eine geschickte Verbindung unterschiedlicher Kanäle – Stichwort Multi- oder Omni-Channel – ganz neue Möglichkeiten bietet, die für alle Bereiche förderlich und zudem ein echter Wettbewerbsvorteil sein können.

Entwicklung des Multi-Channel-Vertriebs

Früher boten Händler ihre Waren in stationären Geschäften oder in einer mobilen Verkaufsstelle („fliegender Handel“) an. Mit technischen Fortschritten kamen weitere Vertriebsformen hinzu: Beim Katalog-/Versandhandel können Kunden die Produkte aus einem Katalog aussuchen, beim Teleshopping werden ihnen die Waren im Fernsehen oder Radio angeboten. Bei beiden Varianten erfolgt die Bestellung schriftlich oder telefonisch, die Ware wird per Post oder Kurierdienst an den Käufer geliefert. Auch der E-Commerce läuft nach diesem Muster ab. Bestellt wird telefonisch oder schriftlich, meistens in Form eines Webformulars, der Versand erfolgt in der Regel per Post.

Beim Multi-Channel-Vertrieb bietet ein Händler verschiedene Möglichkeiten des Erwerbs an, diese unterschiedlichen Kanäle bleiben aber voneinander getrennt. Erst beim Cross-Channel-Vertrieb findet eine Vermischung statt; bestes Beispiel hierfür ist Click and Collect. Hier werden Waren im Onlineauftritt eines stationären Händlers bestellt und vor Ort in der Filiale abgeholt. Meistens steht es dem Kunden frei, die Ware direkt nach der Bestellung oder erst bei Abholung zu bezahlen. Diese Variante wird häufig genutzt, um Versandkosten zu sparen, weitere Informationen einzuholen oder Ware vor dem endgültigen Kauf auszuprobieren.

Omni-Channel

Während sich beim Cross-Channel-Vertrieb zumeist zwei Kanäle vermischen, führt der Omni-Channel-Vertrieb diese Entwicklung weiter und bedient alle Kanäle parallel. Zum Beispiel informieren sich Kunden vor einem Kauf im Internet, bevor sie etwas im stationären Handel kaufen. Mit der weiten Verbreitung von internetfähigen Mobiltelefonen und Smartphones geschieht dies oft auch erst am POS (Point of Sale). Kunden können sich so auch vor Ort noch entscheiden, etwas lieber online einzukaufen. Für Händler liegt hier die Herausforderung darin, ihre stationäre Warenpräsentation besser mit dem Online-Angebot zu vernetzen, so dass die Kunden eher im eigenen Onlineshop kaufen als bei einem Konkurrenzanbieter.

Welchen spürbaren Nutzen eine geschickte Verknüpfung von Kanälen, Informationsmöglichkeiten und Serviceangeboten für Kunden haben kann, zeigen die folgenden Beispiele:

  • Der Kunde bestellt im Onlineshop einer Modekette, die Ware wird ihm nach Hause geliefert. Nachdem die Kleidung in den eigenen vier Wänden anprobiert wurde, kann sie bei Bedarf im stationären Handel gegen andere Größen getauscht oder zurückgegeben werden.
  • Der Kunde besucht die Filiale eines Mitnahme-Möbelhauses und sucht sich vor Ort die gewünschten Waren mittels QR-Code und Smartphone aus. Die Bezahlung erfolgt bargeldlos über das Internet und statt die Waren auf einem Einkaufswagen durch das Kaufhaus manövrieren zu müssen, erhält er sie fertig verpackt beim Verlassen an der Warenausgabe. Sperrige Artikel werden per Spedition direkt nach Hause geliefert.
  • Der Kunde benötigt eine Vielzahl von Waren aus dem örtlichen Baumarkt. Um sich die langwierige und frustrierende Suche zu ersparen, wählt er die Waren am heimischen PC aus und holt sie am nächsten Morgen im Baumarkt ab. Dort hat er auch die Möglichkeit, weitere Artikel mitzunehmen, die er bei der Bestellung eventuell vergessen hat. Die Bezahlung erfolgt für den Kunden unkompliziert mittels Bargeld an der Kasse.

Alle drei Beispiele zeigen, wie die Verknüpfung unterschiedlicher Vertriebskanäle das Einkaufserlebnis vereinfachen und bereichern kann. Der Händler spart hierbei Versandkosten und kann evtl. zusätzliche Waren verkaufen.

Neue Kanäle

Durch den weiter ausgebauten M-Commerce (Mobile Commerce) entwickelt sich auch der Social Commerce durch soziale Netzwerke immer weiter und die Grenzen zum Privatleben verschwimmen zunehmend. So gibt es beispielsweise in Hamburg ein Modegeschäft, in dem man sich in einem interaktiven Spiegel fotografieren lassen kann, das Bild bei Facebook teilen kann und seine Freunde so in die Kaufentscheidung mit einbeziehen kann. Auch sonst können geteilte Inhalte bei Facebook zu einer Kaufentscheidung beitragen, denn was Freunden gefällt, ist grundsätzlich interessanter als „normale“ Werbung.

Fazit

Omni-Channel-Vertrieb bietet so viele Möglichkeiten wie noch nie. Gerade im E-Commerce, wo Kunden niedrige Preise und große Auswahl selbstverständlich voraussetzen, kann das zusätzliche Serviceangebot ein entscheidender Vorteil gegenüber den Wettbewerbern sein.

Quellen: