In der letzten Woche rollte eine Panikwelle durch die sozialen Netzwerke: Angeblich sei eine Fahrschule verklagt worden, weil sie einen Bild.de-Artikel über einen Teilen-Button auf Facebook geteilt hatte. Manche sprachen gar von der erste[n] Abmahnung für einen Facebook-Share-Button. Was ist dran an der Geschichte und was bedeutet sie für den Umgang mit sozialen Netzen?

Die Vorgeschichte

Bei genauer Betrachtung stellt sich heraus, dass einige Behauptungen und Gerüchte falsch oder übertrieben waren. Manche nutzten die Geschichte als PR-Aktion, andere haben sie aus Unwissenheit und Sensationslust aufgebauscht.

Fakt ist, dass auf Bild.de ein Artikel erschien, der mit einem Foto von Nico Reus beim Einsteigen in ein Auto versehen war. Eine Fahrschule hatte den “Teilen”-Button im Artikel genutzt, um ihn auf Facebook zu verlinken. Dabei wird dem Link automatisch eine verkleinerte Version des Bildes hinzugefügt. Der Nutzer hat hierauf keinen Einfluss. Der Fotograf des Bildes hat daraufhin die Fahrschule wegen Verletzung seiner Urheberrechte abgemahnt, da er beim Verlinken nicht als Urheber des Bildes kenntlich gemacht worden war.

Entgegen mancher Behauptungen gab es in diesem Zusammenhang keine Anklage, kein Gerichtsverfahren und dementsprechend auch kein Urteil. Es geht bislang nur um eine Abmahnung. (Und es war auch nicht die erste, bei der es um geteilte Inhalte auf Facebook ging.) Wie üblich sagt die Abmahnung selbst nichts darüber aus, ob die geltend gemachten Ansprüche berechtigt sind. Zum aktuellen Zeitpunkt ist noch keine Entscheidung gefallen, ob sich die beiden Parteien außergerichtlich im Rahmen eines Vergleichs einigen oder ob der Fall vor Gericht verhandelt wird.

Die rechtliche Lage für Nutzer

Also alles nur heiße Luft? Nicht ganz, denn tatsächlich gibt es eine beträchtliche Rechtsunsicherheit, was das Teilen von Inhalten in sozialen Netzen angeht.

Prinzipiell hat ein Fotograf das Urheberrecht an seinen Bildern und dementsprechend urheberrechtliche Ansprüche gegenüber denen, die seine Fotos vervielfältigen oder verbreiten. Dabei ist es unerheblich, ob das Verbreiten durch manuelles Einfügen geschieht oder über eine automatische Funktion, die von einem Dritten (hier Bild.de) zur Verfügung gestellt wird. Wer fremde Bilder vervielfältigt, muss den Urheber um Erlaubnis fragen – das gilt auch bei Facebook.

Allerdings hat das BGH hier eine Einschränkung vorgenommen (die sogenannte “Vorschaubilder Rechtsprechung“). Kurz gesagt darf man sich als Urheber nicht gegen “übliche Nutzungshandlungen im Internet” wehren, solange man keine entsprechenden Vorkehrungen trifft, dies zu verhindern.  Konkretes Beispiel: Wer Google erlaubt, seine Webseite zu durchsuchen, darf sich nicht wundern, wenn in der Google Bildersuche entsprechende Vorschaubilder angezeigt werden. Das gilt auch für Bilder, deren Nutzungsrechte man an einen Dritten abgegeben hat. Der BGH tendiert also dazu, das Verwenden von kleinen Vorschaubildern nicht als Verletzung des Urheberrechts anzusehen bzw. als eine noch zulässige Nutzungshandlung zu verstehen, solange der Urheber seine Bilder nicht dagegen geschützt hat.

Im aktuellen Fall scheint es genau so zu sein: Der Fotograf hat die Nutzungsrechte an den Bildern (vermutlich gegen eine Lizenzgebühr) an Bild.de abgetreten. Diese hat das Bild im Internet veröffentlicht und mit einem Teilen-Button die entsprechende Funktion für Facebook und andere Kanäle zur Verfügung gestellt. Auch wenn noch keine gerichtliche Entscheidung gefallen ist, kann man sich also berechtigte Hoffnungen machen, dass das Gericht in diesem Fall keine Grundlage für eine Abmahnung sieht.

Probleme für Webseitenbetreiber

An verschiedenen Stellen wurde in diesem Zusammenhang auf ein Urteil des LG Frankfurt hingewiesen, bei dem es um Urheberrechtsverletzungen in sozialen Netzwerken ging. Dabei ging es um die Frage, wer für Urheberrechtsverletzungen haftet, die im Umfeld eines Share-Button entstehen bzw. ob Inhalte, die mit einem solchen Button versehen sind, auch anderweitig geteilt werden dürfen.

Vielfach wurde das Urteil so verstanden, dass man als Webseitenbetreiber nur dann einen Teilen-Button einfügen dürfe, wenn mit den Rechteinhabern geklärt sei, dass die Inhalte in jeder Form durch Dritte geteilt und somit auch auf fremden Internetseiten veröffentlicht werden dürfen. Da das kaum möglich ist, würde das Verwenden solcher Buttons auf der eigenen Webseite bedeuten, dass man ständig Gefahr liefe, für Urheberrechtsverletzungen belangt zu werden. Und das obwohl man die notwendigen Lizenzen für die Verwendung der Bilder auf den eigenen Seiten besitzt. (Dabei ist es übrigens unerheblich, ob es sich um eine kommerzielle oder rein private Webseite handelt)

Diese Deutung des Urteils ist allerdings umstritten und verschiedene Experten sind der Meinung, dass genau das eben nicht der Fall ist. Vielmehr wurde vom LG Frankfurt nur festgestellt, dass Inhalte von Seiten mit Share-Button nicht automatisch frei verfügbar sind und nicht ohne Legitimation des Urhebers im Internet verbreitet werden dürfen.

Fazit

Es bleibt festzuhalten, dass die Panik, die sowohl von echten wie von vermeintlichen Experten verbreitet wurde, in dieser Form nicht berechtigt ist. Sollte es in dem aktuellen Fall zu einem Gerichtsverfahren kommen, stehen die Chancen gut, dass sich die Abmahnung als unbegründet erweist. Auch mit einer Abmahnwelle ist nicht zu rechnen. Denn durch die aktuelle Rechtsunsicherheit bedeutet eine Abmahnung auch für den Rechteinhaber ein erhebliches Risiko.

Trotzdem sollte man den aktuellen Fall zum Anlass nehmen, die eigenen Aktivitäten rund um die sozialen Netze zu hinterfragen und im Zweifelsfall lieber vorsichtig zu sein. Solange die rechtliche Lage nicht abschließend geklärt ist, bleibt immer ein gewisses Risiko. Und zwar sowohl beim Teilen von Inhalten wie beim Anbieten von Share-Buttons. Wirklich sicher ist nur, wer ausschließlich eigene Inhalte verwendet und auf das Teilen fremder Inhalte verzichtet. Wer darauf nicht verzichten möchte, sollte zumindest darauf achten, nur seriöse Seiten zu teilen oder zu verlinken.

Quellen