Wir leben in einer schnellen Welt. Besonders die Verbreitung des Internets hat Informationswege und damit Wartezeiten verkürzt, E-Mails sind innerhalb von Sekunden beim Empfänger, alles ist sofort verfügbar. Auch der Paketversand ist so optimiert, dass sehr kurze Lieferzeiten möglich sind, oft innerhalb von 24 Stunden. Doch damit scheint das Ziel noch nicht erreicht  – der neue Trend heißt Same Day Delivery, Lieferung noch am Tag der Bestellung. Wir geben einen Überblick darüber, was heute bereits möglich ist und bieten einen (teilweise auch kritischen) Ausblick auf die zukünftige Entwicklung.

Damals

Wer vor 25 Jahren etwas im Versandhandel bestellte, musste sich auf lange Wartezeiten einrichten. Bestellungen wurden meist auf dem Postweg übermittelt, was allein schon einige Tage in Anspruch nahm. Auf die Zustellung der Lieferung mussten Kunden dann noch mehrere Tage warten. Insgesamt verging von der Bestellung bis zum Erhalt der Ware nicht selten eine Woche.

Heute

Mit der zunehmenden Verbreitung des Internets und damit auch der Onlineshops verkürzte sich der  Bestellvorgang drastisch. Und auch die Logistik wurde immer weiter verbessert, sodass die Lieferzeiten auf wenige Tage verkürzt werden konnten.

In den letzten Jahren wurde auch hier noch weiter optimiert: in den meisten Fällen ist eine Lieferung am Tag nach der Bestellung möglich – auch ohne Premiummitgliedschaften, die noch schnelleren Versand versprechen. Der Nachteil dieser Entwicklung ist, dass Kunden mitunter schon ungeduldig werden, wenn sie ihre Ware nicht am nächsten Tag in Händen halten. Dies kann entweder passieren, wenn Versandunternehmen länger als einen Tag benötigen, oder wenn der Empfänger nicht zu Hause ist und die Sendung zurück ins Paketzentrum oder zur Postfiliale gebracht werden muss, um am nächsten Tag erneut zugestellt oder vom Empfänger abgeholt zu werden. Für beide Fälle gibt es Verbesserungsversuche.

Weitere Beschleunigung der Lieferzeit

Das Zauberwort heißt Same Day Delivery. In Großstädten und Ballungszentren ist dies bereits heute möglich. Hierfür gibt es Plattformen wir Tiramizoo, über die lokale Händler eine Lieferung durch einen Kurierdienst buchen können. Dies geschieht innerhalb weniger Stunden, oft auch in festgelegten Zeitfenstern. Hiervon können stationäre Händler besonders profitieren, da sie Waren vor Ort haben und sofort verschicken können. Im Gegensatz dazu haben Onlineshops oft zentrale Warenlager außerhalb , von denen aus alle nationalen oder auch internationalen Lieferungen erfolgen.

Auch die Plattform MyTaxi bietet mit MyTaxi Delivery Lieferungen unter einer Stunde an, allerdings nicht bundesweit. Bisher wurde dieses Verfahren nur in einigen Großstädten getestet.

Beide Möglichkeiten sind allerdings relativ teuer und für die flächendeckende Anwendung oder für Produkte mit geringen Gewinnspannen nicht sinnvoll einsetzbar. Um das Konzept in erschwinglichem Rahmen (also etwa 5 € pro Zustellung) zu halten, müssten pro Zustellungsbereich und Tag mehrere hundert, wenn nicht gar tausend Nachfragen erreicht werden.

Auch sind laut einer Umfrage nur relativ wenig Kunden bereit, für eine Lieferung am selben Tag einen Aufpreis zu bezahlen. Es ist deshalb anzunehmen, dass sich die Lieferung am selben Tag vorerst nicht im großen Stil etablieren wird. Vielmehr wird es ein Service bleiben, der sich auf eilige und hochpreisige Produkte beschränkt, oder dem Kunden als aufpreispflichtige Zusatz-Option angeboten wird.

Nicht zu Hause?

Für vergebliche Zustellungsversuche gibt es zwei Lösungsansätze. Zum Einen bieten die Kurierdienste und Paketzusteller Zeitfenster für die Zustellung an. Zum Anderen wurden bereits unterschiedliche Systeme vorgestellt, mit denen eine Zustellung bei Abwesenheit ermöglicht wird:

Die einfachste Variante, mit dem Logistikdienstleister einen Ablageort – z.B. im Hausflur oder Carport – zu vereinbaren, scheitert zumindest im städtischen Bereich häufig daran, dass es keinen geschützten und für Fremde unzugänglichen Ort gibt.

Die Post bietet deshalb Paketkästen für Ein- und Mehrfamilienhäuser an, die vor dem Haus fest installiert werden. Der Paketbote hat einen Schlüssel, um das Paket sicher einzuschließen. Der Empfänger kann dann den Kasten mit seinem Schlüssel öffnen und das Paket entnehmen. Dieses System kann gekauft oder gemietet werden, ist allerdings vergleichsweise teuer.

Für alle, die vor dem Haus keinen Platz haben, einzige Interessenten in einem Mehrfamilienhaus sind oder einfach keinen Paketkasten mieten wollen, gibt es zwei platzsparende und kostengünstigere Alternativen. Die Post bietet den Paketbutler, eine Art Sack mit Schloss, der an der Wohnungstür befestigt und damit gegen Diebstahl gesichert wird. Sowohl der Kunde als auch der Paketbote haben einen Chip, mit dem der Paketbutler geöffnet und verschlossen werden kann.

Ein ganz ähnliches System stellt die Lockbox dar. Dabei handelt es sich um eine Kiste, die mit Hilfe eines Stahlseils und eines „Ankers“ an der Wohnungstür befestigt wird. Der Empfänger installiert dabei den Anker, der Zusteller bringt die Box und befestigt sie am Anker. Bei der nächsten Lieferung wird die leere Lockbox gegen eine neue ausgetauscht.

So interessant diese Möglichkeiten sind, die drei Systeme haben dennoch ihre Nachteile. Der größte Nachteil ist wohl, dass sie nur von jeweils einem Zustellunternehmen genutzt werden können, da jeder Anbieter sein eigenes Süppchen kocht und Kooperationen bislang nicht geplant sind. Da es in Deutschland aber mehrere große Logistikunternehmen gibt, müsste der Kunde im Zweifelsfall jedes System bereitliegen haben. Damit wird das nächste Problem deutlich: Alle Systeme müssen vom Kunden aufbewahrt werden. Das kann je nach Größe ein echtes Platzproblem mit sich bringen. Weiterhin sind alle Systeme nur für kleine und mittelgroße Sendungen ausgelegt, sperrige Pakete müssen nachwievor persönlich übergeben oder abgeholt werden. Außerdem besteht in Mehrfamilienhäusern das Problem, dass der Paketbote mitunter nicht ins Haus gelangt, wenn ihm kein Nachbar die Tür öffnet. Eine einheitliche und für den Kunden einfache Lösung ist also noch nicht in Sicht.

Zukunftsmusik? Science Fiction?

Im Internet tauchen immer wieder Berichte über Paketdrohnen auf, die Lieferungen autonom  und in kürzester Zeit zustellen sollen. Eine tolle Vorstellung! Doch ist das wirklich in naher Zukunft realisierbar? Denn viele Fragen sind ungeklärt: Wie findet die Drohne Ihr Ziel und welchen Weg wählt sie dabei? Was passiert, wenn sie ihr Ziel nicht erreicht, weil etwas Unvorhergesehenes passiert oder die Drohnen einen Defekt hat? Und was geschieht, wenn sie ihr Ziel planmäßig erreicht? Wie und wo liefert sie das Paket ab? Klingelt die Drohne an der Tür? Oder wirft sie die Sendung einfach über dem Vorgarten ab? Wie wird das Paket gegen Umwelteinflüsse oder gegen Diebstahl gesichert? Wie wird der Empfang bestätigt oder sichergestellt, dass die Lieferung beim Empfänger angekommen ist?

Auch technisch scheinen Drohnen noch nicht so weit zu sein: Aktuelle Drohnen haben einen relativ hohen Stromverbrauch und können nur eine geringe Nutzlast tragen. Es könnten also nur verhältnismäßig leichte Sendungen über kurze Distanz transportiert werden, und das zu vergleichsweise hohen Kosten. All das lässt vermuten, dass die Berichte über den geplanten Einsatz von Drohnen aktuell nur ein Marketinggag sind, der die Fortschrittlichkeit des jeweiligen Unternehmens unterstreichen soll. Es dürften aber noch einige Jahre vergehen, bevor diese Systeme tatsächlich Anwendung finden.

Fazit

Die Lieferzeiten haben sich in den letzten Jahren drastisch verkürzt. Was vor wenigen Jahren noch mehrere Tage unterwegs war, ist heute schon am nächsten Tag beim Kunden. Wenn er das Paket nicht entgegennehmen kann, kann er es meist am nächsten Tag in der Paketstation oder einer Filiale abholen. Es stellt sich die Frage, inwiefern sich der Versand noch weiter beschleunigen lässt — und ob das überhaupt notwendig ist.

Lieferungen innerhalb weniger Stunden sind meist nur bei sensiblen oder sehr hochpreisigen Produkten nötig. Und die können im Einzelfall gegen Aufpreis per Kurier oder Spedition verschickt werden. Statt nach neuen Lösungen zu suchen, die letztlich teuer und unpraktisch sind, sollten besser die aktuell verfügbaren Möglichkeiten effektiv ausgenutzt werden. Eine effiziente Lagerhaltung, optimierte Abläufe in der Versandabteilung und eine schnelle  Information des Kunden, wo sich seine Ware aktuell befindet, sind deutlich günstiger und unkomplizierter als Pilotprojekte mit ungewissem Nutzwert.

Quellen: