{"id":9235,"date":"2016-12-08T11:10:26","date_gmt":"2016-12-08T10:10:26","guid":{"rendered":"http:\/\/eurotext-ecommerce.com\/?p=5215"},"modified":"2019-11-25T10:36:41","modified_gmt":"2019-11-25T09:36:41","slug":"chat-commerce-einkaufen-mit-dem-messenger","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/eurotext.de\/blog\/chat-commerce-einkaufen-mit-dem-messenger\/","title":{"rendered":"Chat-Commerce \u2013 Einkaufen mit dem Messenger"},"content":{"rendered":"

Viele Unternehmen experimentieren aktuell mit Chat-Commerce<\/strong> (oder auch Conversational Commerce). Dabei werden Waren nicht \u00fcber einen Shop bestellt, sondern \u00fcber ein Chat-Programm, wie z. B. WhatsApp<\/strong> oder den Facebook Messenger<\/strong>. Die Bestellung wird allerdings nicht wie bei telefonischen Bestellungen von einem Menschen entgegengenommen, sondern von einem Chat-Bot<\/strong>. Wie genau funktioniert das? Und welche M\u00f6glichkeiten und welche Probleme bringt es mit sich? <\/p>\n

Was unterscheidet Chat-Commerce vom “klassischen” E-Commerce?<\/h2>\n

Bislang funktioniert Einkaufen im Netz \u00fcblicherweise so, dass der Nutzer im ersten Schritt ein “Medium” \u00f6ffnet, das der H\u00e4ndler zur Verf\u00fcgung stellt. Das kann eine App<\/strong> sein. Meist handelt es sich um einen Onlineshop<\/strong> oder einen Marktplatz<\/strong>, der im Browser<\/strong> aufgerufen wird. Im zweiten Schritt sucht sich der Nutzer die gew\u00fcnschten Waren aus und legt sie in seinen Warenkorb<\/strong>. Schritt drei ist das Abschicken der fertigen Bestellung.<\/p>\n

Viele Wege f\u00fchren zum Einkauf<\/h2>\n

Auch der Chat- oder Conversational Commerce l\u00e4uft in drei Schritten ab, allerdings gibt es deutliche Unterschiede. Das beginnt schon beim Medium:<\/p>\n

Der Kunde muss keinen Shop oder \u00c4hnliches aufrufen, sondern nutzt einfach die Messenger-App<\/strong>, die er ohnehin auf dem Smartphone, Tablet oder PC hat. Welche Messenger unterst\u00fctzt werden, h\u00e4ngt allein vom H\u00e4ndler ab. Am weitesten verbreitet sind die Dienste WhatsApp<\/strong> und der Facebook Messenger<\/strong>, aber es gibt auch Anbieter, die Telegram, Slack, Googles Allo, WeChat etc. unterst\u00fctzen. Auch Sprachassistenten wie Apples Siri oder Amazons Echo lassen sich im weitesten Sinne dazu z\u00e4hlen. Der Unterschied ist also, dass der Nutzer keinen “fremden” Dienst installieren oder aufrufen muss, sondern direkt aus der ihm vertrauten Umgebung seines Chat-Programms bestellt.<\/p>\n

Bei Schritt 2, der Warenauswahl<\/strong>, gibt es noch gr\u00f6\u00dfere Unterschiede. Der Kunde muss nicht selbst durch den Shop navigieren und die Waren suchen und ausw\u00e4hlen. Stattdessen schickt er dem H\u00e4ndler eine Nachricht mit den gew\u00fcnschten Waren, also quasi seinen Einkaufszettel. Darauf k\u00f6nnen ganz allgemeine \u00dcberbegriffe wie “Brot” stehen. Oder auch ganz pr\u00e4zise Produktnamen. Der Chatbot<\/strong>, der die Bestellung entgegen nimmt, analysiert die Liste und versucht zu jedem Begriff ein passendes Produkt zu finden. Die Produkte legt er in den Warenkorb<\/strong> und schickt dem Kunden eine \u00dcbersicht oder einen Link zum Warenkorb.<\/p>\n

Schritt 3: Der Kunde pr\u00fcft den Inhalt des Warenkorbs und kann bei Bedarf \u00c4nderungen vornehmen. Wenn alles passt, schickt er die Bestellung ab.<\/p>\n

Die Vorteile – bequemer geht es kaum<\/h2>\n

F\u00fcr den Kunden besteht der gr\u00f6\u00dfte Vorteil in der Bequemlichkeit<\/strong>. Er muss nichts installieren oder herunterladen, er muss nicht einmal den Browser \u00f6ffnen. Er w\u00e4hlt einfach den entsprechenden Chat-Kontakt aus und tippt drauf los. Er muss sich auch nicht durch den Shop arbeiten, Suchbegriffe eingeben, Kategorien ausw\u00e4hlen, unz\u00e4hlige Produkte vergleichen etc. Stattdessen gibt er nur die Begriffe ein und \u00fcberl\u00e4sst die Auswahl dem H\u00e4ndler bzw. dessen Chatbot. Am Ende muss er die ausgew\u00e4hlten Produkte nur noch pr\u00fcfen und die Bestellung absenden. Das ist kaum komplizierter, als dem Partner “Bring bitte Brot mit<\/em>”\u00a0 zu schreiben.<\/p>\n

F\u00fcr den H\u00e4ndler besteht der Vorteil vor allem darin, dass er dem Kunden neben guten Waren und guten Preisen eine Dienstleistung anbieten kann, die ihn hoffentlich \u00fcberzeugt und zum Stammkunden macht. Wer einmal von den Vorteilen des Chat-Commerce \u00fcberzeugt wurde, wird ihn sicher immer wieder nutzen.<\/p>\n

Die Probleme bzw. Nachteile<\/h2>\n

Fangen wir beim H\u00e4ndler an: Die Programmierung eines wirklich gut funktionierenden Chatbots ist keine Kleinigkeit. Was meint der Kunde, wenn er “Taschent\u00fccher” schreibt? Ein Markenprodukt oder eher etwa G\u00fcnstiges? Eine normale oder eine Familienpackung? Bei Taschent\u00fcchern mag die Auswahl noch \u00fcberschaubar sein, aber was ist mit Produktgruppen, in denen mehrere hundert oder tausend Artikel angeboten werden? Die Chance, ausgerechnet das Produkt auszuw\u00e4hlen, das der Kunde w\u00fcnscht, ist gering.<\/p>\n

Der Chatbot ben\u00f6tigt also eine umfassende Datengrundlage<\/strong>. Hat dieser Kunde evtl. schon einmal Taschent\u00fccher bestellt? Dann k\u00f6nnte man ihm die gleichen wieder vorschlagen. Kauft er viele Kinderprodukte? Dann handelt es sich wahrscheinlich um eine Familie, weshalb eine Gro\u00dfpackung sinnvoll sein k\u00f6nnte. Kauft er h\u00e4ufig Bio-Produkte? Dann legt er vielleicht auch bei Taschent\u00fcchern Wert auf Umweltvertr\u00e4glichkeit. Kauft der Kunde \u00fcblicherweise hochpreisige Markenprodukte? Dann kann man ihm auch bei den Taschent\u00fcchern ein etwas teureres Produkt vorschlagen.<\/p>\n

Aber nicht nur die Kunden muss der Chatbot einsch\u00e4tzen k\u00f6nnen, um sie gut zu “beraten”. Auch die Produkte<\/strong> muss er bis ins Detail kennen. Kunden mit Allergien werden es zu sch\u00e4tzen wissen, wenn der Chatbot wei\u00df, ob ein Artikel Waln\u00fcsse enth\u00e4lt oder nicht. Solche Daten werden den H\u00e4ndlern aber nicht immer elektronisch von den Herstellern zur Verf\u00fcgung gestellt. Hier ist es n\u00f6tig, selbst zu recherchieren und die Daten aktuell zu halten. Der Aufwand f\u00fcr den Chat-Commerce ist also nicht zu untersch\u00e4tzen.<\/p>\n

Aber auch der Kunde sollte kritisch hinterfragen, wo ihm m\u00f6glicherweise Nachteile<\/strong> entstehen. Einer der gro\u00dfen Vorteile des E-Commerce war und ist die Transparenz<\/strong>: Der Kunde kann Produkte und Preise schnell und einfach vergleichen und dann, gut informiert, eine fundierte Kaufentscheidung treffen. Wer sich f\u00fcr den Chat-Commerce entscheidet, verliert all das. Pl\u00f6tzlich ist er wieder da, wo er fr\u00fcher einmal war: Bei einem H\u00e4ndler, dem er letztlich blind vertrauen muss. Woher soll der Kunde wissen, ob das vorgeschlagene Produkt wirklich das beste ist? Oder wenigstens das g\u00fcnstigste? Woher soll er wissen, nach welchen Kriterien genau das Produkt ausgew\u00e4hlt wurde? Weil andere Kunden daf\u00fcr schw\u00e4rmen? Oder weil es sonst keiner haben will?<\/p>\n

Au\u00dferdem stellt sich die Frage: Wie gut funktioniert das \u00fcberhaupt? Angenommen ein Shop hat noch keine Daten zu einem Kunden. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass viele Produktvorschl\u00e4ge an seinen W\u00fcnschen vorbeigehen. Wenn der Kunde nun bei jedem Produkt nach Alternativen suchen muss, ist der Aufwand am Ende h\u00f6her als bei einer normalen Bestellung im Onlineshop. H\u00e4ndler sollten deshalb zumindest bei Neukunden stets mehrere Alternativvorschl\u00e4ge anbieten.<\/p>\n

Fazit<\/h2>\n

Online einkaufen per Chat<\/strong> ist sicherlich eine interessante Option und k\u00f6nnte in Zukunft das Serviceangebot<\/strong> vieler Shops erweitern. Allerdings muss genau gepr\u00fcft werden, ob es sich \u00fcberhaupt eignet. Bei g\u00fcnstigen Produkten, Verbrauchsmaterialien oder Lebensmitteln bietet es sich geradezu an. Bei hochpreisigen Produkten (z.B. Unterhaltselektronik) oder Waren, bei denen der pers\u00f6nliche Geschmack eine gro\u00dfe Rolle spielt (z.B. Schuhe, Kleidung, M\u00f6bel), wird der Chat-Commerce seine St\u00e4rken wahrscheinlich nicht ausspielen k\u00f6nnen.<\/p>\n

Quellen:<\/h2>\n