{"id":6190,"date":"2024-05-04T08:20:46","date_gmt":"2024-05-04T06:20:46","guid":{"rendered":"https:\/\/eurotext-ecommerce.com\/?p=6190"},"modified":"2024-06-04T10:53:25","modified_gmt":"2024-06-04T08:53:25","slug":"wussten-sie-schon-was-mit-machine-translation-moeglich-ist-und-was-nicht","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/eurotext.de\/blog\/wussten-sie-schon-was-mit-machine-translation-moeglich-ist-und-was-nicht\/","title":{"rendered":"Wussten Sie schon… was mit Machine Translation m\u00f6glich ist? Und was nicht?"},"content":{"rendered":"

Die maschinelle \u00dcbersetzung<\/strong> hat sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Von den eher skurrilen Anf\u00e4ngen mit “Google Translate” hin zu Neural Machine Translation<\/strong> (z.B. DeepL) und Large Language Models<\/strong> (z.B. Chat GPT). Die aktuellen Fortschritte sind f\u00fcr Laien und Profis gleicherma\u00dfen beeindruckend. Sie wecken mitunter aber auch unrealistische Erwartungen. Wir erkl\u00e4ren deshalb, was aktuell m\u00f6glich ist \u2013 und was nicht. <\/p>\n

Maschinen lernen Verstehen und Sprechen<\/h2>\n

Was sich in den letzten Jahren im Bereich maschineller \u00dcbersetzungen getan hat, hat selbst viele Profis \u00fcberrascht. Einerseits die sprachliche Qualit\u00e4t, die mitunter erreicht wird. Andererseits die Tatsache, dass diese Technologie nicht nur Weltkonzernen zur Verf\u00fcgung steht, sondern jedem, der ein Smartphone bedienen kann. Das momentan allgegenw\u00e4rtige Zauberwort “KI<\/strong>” hat \u2013 wie \u00fcberall \u2013 zu einem echten Entwicklungssprung gef\u00fchrt und die Ergebnisse allen Interessierten verf\u00fcgbar gemacht.<\/p>\n

Bestes Beispiel ist das K\u00f6lner Start-up DeepL<\/strong><\/a>, das schon seit Jahren mit der \u00dcbersetzungs-Website Linguee<\/strong><\/a> im Internet aktiv ist. DeepL hat einen eigenen Deep Learning-Ansatz entwickelt und verwendet sogenannte Convolutional Neural Networks<\/strong> (Convnets). Dazu betreibt die Firma in Island (wo der Strom g\u00fcnstig ist) einen extrem leistungsstarken Supercomputer. Mit 5,1 Petaflops kann dieser Rechner eine Million Worte in weniger als einer Sekunde \u00fcbersetzen. Das war aber nur der erste Schritt. Im n\u00e4chsten musste die Software die verschiedenen Sprachen lernen. Dazu wurde eine riesige Menge mehrsprachiger Texte ben\u00f6tigt, anhand derer das Programm lernen konnte, wie Sprache funktioniert, Grammatik und Satzstrukturen zu analysieren und Textinhalte unabh\u00e4ngig von der Sprache zu verstehen sind. DeepL konnte dabei auf die Ressourcen von Linguee zur\u00fcckgreifen, wo bereits gro\u00dfe Mengen mehrsprachiger Texte vorhanden waren. Das Ergebnis ist ein kostenloses Tool, mit dem Text in beliebigen Sprachpaarungen zwischen Englisch, Deutsch, Franz\u00f6sisch, Spanisch, Italienisch, Niederl\u00e4ndisch, Polnisch und vielen weiteren Sprachen \u00fcbersetzt werden kann. Noch mehr Sprachen sollen folgen.<\/p>\n

Was bringt es in der Praxis?<\/h2>\n

Hat sich dieser enorme technische Aufwand gelohnt? Vergleicht man die \u00dcbersetzungsqualit\u00e4t<\/strong> von DeepL mit der maschinellen \u00dcbersetzung, wie man sie vorher z.B. von Google Translate kannte, ist der Unterschied enorm. Google \u00fcbersetzte (zumindest gef\u00fchlt) Wort f\u00fcr Wort und erzeugte damit Texte, die je nach Qualit\u00e4t des Ausgangstextes zwischen verst\u00e4ndlich und v\u00f6llig wirr rangierten. Bei einfachen Texten war es mit Google Translate m\u00f6glich, sich einen \u00dcberblick \u00fcber den Inhalt zu machen, anspruchsvolle blieben meist unverst\u00e4ndlich.<\/p>\n

Demgegen\u00fcber sind die \u00dcbersetzungen von DeepL wesentlich besser. Die Satzstrukturen<\/strong> wirken nat\u00fcrlicher, es flie\u00dfen Floskeln<\/strong> und sehr menschliche Formulierungen<\/strong> in den Text ein und Fachtermini<\/strong> werden korrekt \u00fcbertragen. Nat\u00fcrlich sind auch diese \u00dcbersetzungen nicht frei von Fehlern: Gerade wenn es um Aufz\u00e4hlungen oder Stichpunkte geht, finden sich h\u00e4ufig Begriffe, die zwar eine m\u00f6gliche \u00dcbersetzung sind, in diesem Kontext aber nicht passen. Sobald es sich aber um l\u00e4ngere Texte handelt, scheint DeepL, \u00e4hnlich wie ein menschlicher \u00dcbersetzer, den Kontext zu verstehen und verwendet die korrekten \u00dcbersetzungen.<\/p>\n

Dabei muss noch erw\u00e4hnt werden, dass die \u00dcbersetzungsqualit\u00e4t von Sprache zu Sprache schwankt, vermutlich aufgrund der unterschiedlich gro\u00dfen Textmengen, die zum Training der KI zur Verf\u00fcgung stehen. Englisch funktioniert beispielsweise sehr gut, exotischere Sprachen zeigen noch deutliche M\u00e4ngel.<\/p>\n

Bei Large Language Models<\/strong> wie Chat GPT ist der technische Ansatz etwas anders, das Ergebnis f\u00fcr den Endanwender aber \u00e4hnlich: Auch hier lassen sich Texte ganz einfach einf\u00fcgen und dann in eine Vielzahl anderer Sprachen \u00fcbersetzen. Die Ergebnisse sind auf den ersten Blick ebenfalls beeindruckend: Sie wirken nat\u00fcrlich und fl\u00fcssig formuliert, es werden g\u00e4ngige Floskeln und Redewendungen verwendet und offensichtliche Fehler finden sich selten.<\/p>\n

Ein spannendes Thema. Ein heikles Thema.<\/h2>\n

Manch einer fragt sich nun: Wof\u00fcr ben\u00f6tigen wir \u00fcberhaupt noch menschliche \u00dcbersetzer? Wo Computer die Arbeit doch (anscheinend) deutlich schneller und g\u00fcnstiger erledigen k\u00f6nnen? Und auch in der \u00dcbersetzungsbranche<\/strong> arbeiten einzelne Firmen bereits mit dieser Technik. So gibt es mittlerweile die M\u00f6glichkeit, moderne MT-Systeme mithilfe einer API an professionelle CAT-Tools wie memoQ und SDL Trados anzubinden. Das erm\u00f6glicht \u00dcbersetzungsdienstleistern, die Machine Translation reibungslos in bestehende \u00dcbersetzungs-Workflows zu integrieren,\u00a0 inkl. dem Einbezug von Fach\u00fcbersetzern, Terminologiedatenbanken und Qualit\u00e4tssicherungsverfahren. Brauchen wir menschliche \u00dcbersetzer also gar nicht mehr?<\/p>\n

Was kann Machine Translation?<\/h2>\n

Die Antwort lautet aktuell: Eine maschinellen \u00dcbersetzung ist einer menschlichen qualitativ nach wie vor unterlegen.<\/em> Und zwar aus verschiedenen Gr\u00fcnden: Machine Translation eignet sich auf dem aktuellen Entwicklungsstand nur f\u00fcr bestimmte Sprachen, Textsorten und Fachbereiche. Dazu z\u00e4hlen beispielsweise umfangreiche Produktbeschreibungen, Kategorie – oder Ratgebertexte<\/strong> oder Texte zur firmeninternen Kommunikation<\/strong>, die in weit verbreitete Sprachen (z.B. Englisch<\/a>) \u00fcbersetzt werden sollen. Wichtig ist, dass die Texte m\u00f6glichst neutral und unemotional geschrieben sind und auch ohne Kontext verstanden werden k\u00f6nnen.<\/p>\n

Hier kann die KI ihre Vorteile ausspielen: Umfangreiche Textmengen k\u00f6nnen schnell \u00fcbersetzt werden, und das zu deutlich geringeren Kosten. Aber selbst in diesem Fall ist die maschinelle \u00dcbersetzung kein Selbstl\u00e4ufer: Die KI muss professionell verwaltet und vorbereitet werden, um gute Ergebnisse zu liefern. Dazu z\u00e4hlt zum Beispiel das Anlernen mit kundenspezifischer Terminologie. Die \u00dcbersetzungen m\u00fcssen durch geeigneten Linguisten gepr\u00fcft werden, z.B. mithilfe softwaregest\u00fctzter QA- & Term-Checks oder einem Korrektorat, das offensichtliche Fehler sucht und behebt. Anschlie\u00dfend m\u00fcssen die Texte im korrekten Format geliefert werden, am besten \u00fcber entsprechende Schnittstellen.<\/p>\n

Was kann Machine Translation nicht?<\/h2>\n

Wer hochwertigen Content hat, sollte diesen nicht<\/strong> maschinell \u00fcbersetzten lassen. Gerade hier sind erfahrene menschliche \u00dcbersetzer gefragt, die Texte sprachlich und fachlich korrekt \u00fcbertragen und dabei auch an die Erwartungen und Gewohnheiten der Zielm\u00e4rkte anpassen \u2013 Stichwort zielgruppengerechte Ansprache. Sprachlich anspruchsvolle Texte, die kreativ mit Sprache umgehen, emotionale Werbetexte oder Texte, die rechtliche Themen behandeln oder sicherheitsrelevant sind, sollten ausschlie\u00dflich von Menschen \u00fcbersetzt werden. Denn ein Mensch kann ganz bewusst den Stil eines Textes beeinflussen: Handelt es sich um einen werblichen Text, der den Leser emotional ansprechen und mitrei\u00dfen soll? Oder eher um einen Gebrauchstext, der neutral und pr\u00e4zise formuliert werden muss? Gibt es eine bestimmte Zielgruppe, sollen Fachtermini verwendet werden, hat der Text einen Nutzen, der \u00fcber die reine Kommunikation hinausgeht? Wird eine Botschaft \u201ezwischen den Zeilen\u201c versteckt? Wird jemand zitiert oder auf etwas Bestimmtes Bezug genommen? Wird Sprache kreativ gebraucht, zum Beispiel f\u00fcr Wortspiele oder Wortneusch\u00f6pfungen, die gerade im Marketingbereich weit verbreitet sind? Um das zu erkennen, ist es zwingend notwendig, die Unter- und Zwischent\u00f6ne des Textes zu verstehen.<\/p>\n

Jaroslaw Kutylowski, Chief Technology Officer von DeepL, hat dazu in einem Interview gesagt, dass unter anderem auch journalistische Texte eine gro\u00dfe Herausforderung darstellen, weil diese h\u00e4ufig Metaphern und andere Stilmittel enthalten, die sich nur schwer \u00fcbersetzen lassen. Denn in all diesen F\u00e4llen sind Transferleistungen notwendig, die von Computern momentan noch nicht erbracht werden k\u00f6nnen.<\/p>\n

Dazu kommt die Haftungsfrage: Was, wenn es bei \u00dcbersetzungen zu Fehlern kommt, die Konsequenzen haben? Bei rechtsverbindlichen oder sicherheitsrelevanten Texten kann es dann schnell zu Problemen kommen. Aus dem Grund sind auch nur menschliche \u00dcbersetzungen zertifiziert.<\/p>\n

Wann ist eine KI-\u00dcbersetzung sinnvoll?<\/h2>\n

Die eigentliche Frage lautet: Wann lohnt sich eine KI-\u00dcbersetzung wirtschaftlich? Je anspruchsvoller ein Text und je komplizierter die Sprache, umso aufw\u00e4ndiger ist auch die Kontrolle und Korrektur der maschinellen \u00dcbersetzung. Dann ist schnell der Punkt erreicht, wo eine “normale”, also von Menschen durchgef\u00fchrte \u00dcbersetzung g\u00fcnstiger ist. Zumal menschliche \u00dcbersetzungen von \u00dcbersetzungsspeichern (den Translation Memorys<\/a>) und anderen “klassischen” \u00dcbersetzungstechnologien profitieren, die daf\u00fcr sorgen, dass die Wortpreise mit der Zeit immer weiter sinken. Bei KI-\u00dcbersetzungen ist das nicht der Fall.<\/p>\n

Aus wirtschaftlicher Sicht lohnt sich der Einsatz von KI-\u00dcbersetzungen also nur bei Texten, die gut daf\u00fcr geeignet sind: Einfache, neutral formulierte Gebrauchstexte.<\/p>\n

Wie steht Eurotext zum Thema Machine Translation?<\/h2>\n

Wir beobachten die Entwicklungen mit gro\u00dfem Interesse und pr\u00fcfen permanent, wo sie sich sinnvoll einsetzen lassen. F\u00fcr geeignete Textsorten und in R\u00fccksprache mit unseren Kunden setzen wir diese Technik ein, jedoch immer in Kombination mit unseren Linguisten und innerhalb der Eurotext-\u00dcbersetzungsumgebung. In den meisten F\u00e4llen stellen wir aber fest, dass der KI-Einsatz wirtschaftlich keine Vorteile bietet. Unser Hauptaugenmerk liegt deshalb weiterhin auf menschlichen Fach\u00fcbersetzungen mithilfe unserer serverbasierten \u00dcbersetzungsumgebung, bew\u00e4hrten Translation-Memory-Technologien und Fach- und Keyword-Termbanken, mit denen unsere muttersprachlichen und kundenspezifisch konsolidierten L\u00e4nderteams<\/a> arbeiten.<\/p>\n
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Neugierig auf noch mehr Informationen und Hintergr\u00fcnde?<\/div>\r\n
Wussten Sie schon ...?<\/a><\/div>\r\n<\/div>\r\n
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Quellen<\/h2>\n