{"id":6171,"date":"2017-10-11T09:49:38","date_gmt":"2017-10-11T07:49:38","guid":{"rendered":"https:\/\/eurotext-ecommerce.com\/?p=6171"},"modified":"2019-11-25T10:36:39","modified_gmt":"2019-11-25T09:36:39","slug":"billiges-aus-china-koennte-teurer-werden","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/eurotext.de\/blog\/billiges-aus-china-koennte-teurer-werden\/","title":{"rendered":"Billiges aus China k\u00f6nnte teurer werden"},"content":{"rendered":"

Wer im Internet nach einfachen oder niedrigpreisigen Waren sucht, findet eine Vielzahl von Angeboten. Erstaunlich viele davon stammen von chinesischen H\u00e4ndlern<\/strong>. Noch erstaunlicher ist aber, wie g\u00fcnstig<\/strong> diese angeboten<\/strong> und vor allem versendet<\/strong> werden. Das hat verschiedene Gr\u00fcnde \u2013 und wird sich 2018 vermutlich radikal \u00e4ndern.<\/p>\n

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Man sollte meinen, dass sich der Versand einzelner Kleinteile<\/strong> von China nach Europa wirtschaftlich nicht rechnet, weil der Versand den Warenwert deutlich \u00fcbersteigt. Trotzdem sind Amazon, eBay & Co.<\/strong> voll von Pfennigartikeln aus Fernost. Elektronisches Zubeh\u00f6r, Werkzeug, Kabel, Spielzeug, Accessoires und vieles mehr wird f\u00fcr einstellige Eurobetr\u00e4ge (oder noch billiger) angeboten. Meist inklusive Versand! Wie geht das?<\/p>\n

Das hat vor allem zwei Gr\u00fcnde, die beide mit dem Porto<\/strong> zu tun haben.<\/p>\n

1. Chinas Rolle im Weltpostverein<\/h2>\n

Der Weltpostverein<\/strong> (WPV, engl. Universal Postal Union<\/em>, UPU<\/em>) wurde bereits 1874 gegr\u00fcndet und regelt bis heute, wie die nationalen Postbeh\u00f6rden der 192 Mitgliedstaaten<\/strong> zusammenarbeiten. Haupts\u00e4chlich geht es darum, den grenz\u00fcberschreitenden Postverkehr<\/strong> und die dabei anfallenden Geb\u00fchren<\/strong> zu organisieren. F\u00fcr die Berechnung der Geb\u00fchren ist dabei unter anderem entscheidend, welchen Status das jeweilige Land hat. Und damit ist auch schon der entscheidende Grund benannt:<\/p>\n

Die Volksrepublik China<\/strong> hat offiziell den Status eines Entwicklungslandes<\/strong> und f\u00e4llt damit in die g\u00fcnstigste Kategorie<\/strong>. Wer also einen Brief oder ein Paket von China ins Ausland verschickt, muss daf\u00fcr fast nichts zahlen. F\u00fcr die Postbeh\u00f6rden im Zielland ist das fast immer ein Minusgesch\u00e4ft<\/strong>, die Ausgleichszahlungen decken nur selten die Kosten. Die Deutsche Post<\/strong> bzw. DHL<\/strong> sind aber durch ihre Mitgliedschaft im Postverein dazu verpflichtet, die Zustellung durchzuf\u00fchren.<\/p>\n

Diese Subvention<\/strong> ist in den meisten F\u00e4llen sinnvoll, um die wirtschaftliche Entwicklung von L\u00e4ndern zu unterst\u00fctzen. Zumal Entwicklungsl\u00e4nder meist nur einen sehr geringen Anteil am weltweiten Postversand haben. China hat sich aber in den letzten Jahrzehnten wirtschaftlich rasant entwickelt<\/strong> und versendet mittlerweile gigantische Warenmengen<\/strong> auf dem Postweg. Die Tatsache, dass es trotzdem noch von seinem Status als Entwicklungsland profitiert, kann deshalb nur als Missbrauch bezeichnet werden. Nur zum Vergleich: Ein Paket aus der Schweiz kostet trotz des wesentlich k\u00fcrzeren Transportweges das Drei- bis Vierfache einer vergleichbaren Sendung aus der Volksrepublik China.<\/p>\n

Um diesen Missbrauch zu stoppen, dr\u00e4ngen die beteiligten Postunternehmen schon seit l\u00e4ngerem auf eine Neubewertung Chinas. 2018 soll es soweit sein. Die Portokosten aus China d\u00fcrften sich dadurch vervielfachen, was den Markt nachhaltig ver\u00e4ndern wird.<\/p>\n

2. Briefe statt Pakete<\/h2>\n

Ein anderes Schlupfloch<\/strong>, das von chinesischen H\u00e4ndlern genutzt wird, ist die Deklarierung ihrer Sendungen. Statt sauber zwischen Briefen und Paketen zu unterscheiden, werden fast alle kleinen und mittelgro\u00dfen Waren als Briefe<\/strong> versendet \u2013 mit entsprechend niedrigem Porto.<\/p>\n

F\u00fcr die europ\u00e4ischen Postunternehmen ist das ein echtes Problem, denn wenn dieses Verfahren im Herkunftsland zul\u00e4ssig ist, muss der Dienstleister im Zielland das wohl oder \u00fcbel akzeptieren und die Ware zustellen.<\/p>\n

Ab kommendem Jahr wird sich auch das \u00e4ndern. Sollte das Paket eines ausl\u00e4ndischen H\u00e4ndlers als Brief deklariert sein, kann die Postgesellschaft die Zustellung verweigern<\/strong> und Nachporto<\/strong> vom Versender verlangen. Wenn dieses nicht innerhalb von 6 Wochen eintrifft, darf die Sendung sogar vernichtet<\/strong> werden. F\u00fcr die Post bedeutet das einen erheblichen Zusatzaufwand: Die Sendungen m\u00fcssen gepr\u00fcft und eingelagert, die Versender ermittelt und kontaktiert werden. Aber immerhin hat sie damit ein m\u00e4chtiges Instrument gegen solchen Missbrauch in der Hand.<\/p>\n

Es bleibt abzuwarten, wie sich die neuen Regelungen auf den Handel auswirken. Leidtragende werden zuerst die Kunden<\/strong> sein, die m\u00f6glicherweise noch l\u00e4nger auf ihre Sendung warten m\u00fcssen. In Einzelf\u00e4llen vielleicht sogar vergebens. Mittelfristig werden die Preise<\/strong> f\u00fcr geringwertige Waren aus China deutlich steigen<\/strong>. M\u00f6glicherweise wird das sogar dazu f\u00fchren, dass sich das Gesch\u00e4ft mit dem Einzelversand von Kleinteilen gar nicht mehr lohnt und die Waren nur noch teurer \u00fcber Zwischenh\u00e4ndler in Europa<\/strong> angeboten werden.<\/p>\n

Die Sache mit der (Einfuhr-)Umsatzsteuer<\/h2>\n

Erg\u00e4nzend sei noch erw\u00e4hnt, dass viele chinesische H\u00e4ndler noch an einer weiteren Stelle sparen. Dabei handelt es sich aber definitiv nicht mehr um ein Schlupfloch, sondern um handfesten Betrug<\/strong>: Geringwertige Waren, die direkt auf dem Postweg an den Endkunden geschickt werden, werden fast nie korrekt versteuert. Stattdessen verlangen viele H\u00e4ndler die Mehrwertsteuer<\/strong> vom Kunden, f\u00fchren diese aber nicht an den Fiskus ab. \u00c4hnlich sieht es bei Zollgeb\u00fchren<\/strong> aus, die dadurch vermieden werden, dass Warensendungen als Geschenke deklariert werden oder der Warenwert zu niedrig angegeben wird. Zoll und Finanzamt k\u00f6nnen dabei eigentlich nur zuschauen, da die \u00fcblichen Strategien nicht greifen und sich ein Verfolgen der Einzelf\u00e4lle<\/strong> kaum lohnt.<\/p>\n

Und selbst wenn der Staat aktiv wird, kommt er an die eigentlich Schuldigen nicht ran. Zwar kann das Finanzamt den chinesischen H\u00e4ndler zur Kasse bitten, zur Zahlung zwingen kann er ihn aber nicht. Es wird deshalb \u00fcberlegt, ob man die Plattformbetreiber<\/strong> wie Amazon oder eBay per Gesetz in die Pflicht nehmen kann, um auf diesem Weg Druck aufzubauen. Dass bei ihnen Missbrauch getrieben wird, wissen die Marktpl\u00e4tze n\u00e4mlich sehr genau, dulden es aber meist, da sie selbst daran verdienen.<\/p>\n

In der Summe entgehen dem Staat dadurch gesch\u00e4tzt dreistellige Millionenbetr\u00e4ge. Es handelt sich also wahrlich nicht um ein Kavaliersdelikt.<\/p>\n

Quellen:<\/h2>\n