{"id":14001,"date":"2023-12-20T08:30:43","date_gmt":"2023-12-20T07:30:43","guid":{"rendered":"https:\/\/eurotext.de\/?p=14001"},"modified":"2024-09-30T08:44:14","modified_gmt":"2024-09-30T06:44:14","slug":"industrie-in-tschechien","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/eurotext.de\/blog\/industrie-in-tschechien\/","title":{"rendered":"Industrie in Tschechien"},"content":{"rendered":"
Die Industrie ist in Tschechien<\/strong> f\u00fcr fast ein Drittel der nationalen Bruttowertsch\u00f6pfung verantwortlich. Konzerne wie \u0160koda sind international bekannt und k\u00f6nnen auf eine mehr als einhundert Jahre alte Geschichte zur\u00fcckblicken. Doch die tschechische Industrie erlebt zurzeit eine schwierige Phase. Mit Russland hat Tschechien den zweitgr\u00f6\u00dften Absatzmarkt f\u00fcr Automobile verloren und die weiterhin hohe Teuerung bremst den privaten Konsum. Auch bei dem Umstieg auf erneuerbare Energietr\u00e4ger tut sich Tschechien im Vergleich zu den anderen EU-L\u00e4ndern schwer. Mehr dazu lesen Sie hier.<\/p>\n <\/p>\n Das tschechische Bruttoinlandsprodukt (BIP) betr\u00e4gt etwas mehr als 280 Mrd. US-Dollar, das BIP pro Kopf rund 26.800 US-Dollar (vgl. Deutschland: 48.750 US-Dollar; \u00d6sterreich: 52.190 US-Dollar). Kaufkraftbereinigt ist die tschechische Wirtschaft in etwa so stark wie die Finnlands, dabei entspricht die Fl\u00e4che Tschechiens nur einem Viertel der Finnlands. Gemessen am BIP pro Kopf geh\u00f6rt Tschechien nicht gerade zu den wohlhabendsten unter den EU-L\u00e4ndern. Zum Vergleich: Spanien, Slowenien oder Italien haben ein h\u00f6heres BIP pro Kopf als Tschechien, Estland und Litauen haben ungef\u00e4hr ein \u00e4hnlich hohes BIP pro Kopf, w\u00e4hrend etwa Griechenland, Polen oder Rum\u00e4nien ein viel niedrigeres BIP pro Kopf haben.<\/p>\n Der Gro\u00dfteil des tschechischen Bruttoinlandsprodukts wird im Gewerbe- und im Dienstleitungssektor erwirtschaftet. Dennoch hat die Industrie in Tschechien noch einen (verglichen mit anderen EU-L\u00e4ndern) sehr hohen Anteil am nationalen BIP. So ist in Tschechien die Industrie inklusive Baugewerbe f\u00fcr 30,69 Prozent, der Dienstleistungssektor inklusive Handel f\u00fcr 57,9 Prozent der gesamten Bruttowertsch\u00f6pfung verantwortlich. Dabei sind rund 36,9 Prozent der Erwerbst\u00e4tigen in Tschechien in der Industrie besch\u00e4ftigt.<\/p>\n Aus Tschechien sind viele Industriekonzerne international bekannt. Von ihnen k\u00f6nnen einige auf eine mehr als einhundert Jahre alte Geschichte zur\u00fcckblicken \u2013 etwa wie der Automobil- und Motorenhersteller \u0160koda Auto (Umsatz 2021: 442 Mrd. CZK; Besch\u00e4ftigte 2021: 35.000 nur in Tschechien), der 1895 gegr\u00fcndet wurde und heute zu 100 Prozent zur deutschen Volkswagen AG geh\u00f6rt. Weitere tschechische Top-Industrieunternehmen nach Branche: der Energiekonzern \u010cEZ bzw. \u010cesk\u00e9 energetick\u00e9 z\u00e1vody (gr\u00f6\u00dfter Energiekonzern in Mittel- und Osteuropa sowie gr\u00f6\u00dfter Erzeuger elektrischer Energie in Tschechien; Umsatz 2021: 201 Mrd. CZK), der Chemiekonzern Agrofert (der u.a. in den Bereichen Grundstoffindustrie, erneuerbare Energien, Agrarhandel, Lebensmittelherstellung und Medien t\u00e4tig ist; Umsatz 2021: 166 Mrd. CZK), der Erd\u00f6lverarbeiter Orlen Unipetrol (der dem gleichnamigen polnischen Konzern Orlen Sp\u00f3\u0142ka Akcyjna geh\u00f6rt), der Stahlproduzent \u00a0Moravia Steel (Umsatz 2020: 47 Mrd. CZK; Besch\u00e4ftigte 2020: 13.800).<\/p>\n Deutschland<\/a> ist f\u00fcr Tschechien der mit Abstand wichtigste Handelspartner, sowohl im Hinblick auf die Importe (19,79 %) als auch auf die Exporte (32,78 %). Weitere wichtige Import- und Exportl\u00e4nder sind die nahen L\u00e4nder Polen<\/a> (Importe: 7,98 %; Exporte: 7,07 %) und Slowakei<\/a> (I: 4,17 %; E: 8,37 %). Wichtige Importl\u00e4nder und Bezugsm\u00e4rkte sind au\u00dferdem China<\/a> (I: 18,84 %), Russland<\/a> (I: 4,82 %) und Italien<\/a> (I: 3,83 %). Wichtige Exportl\u00e4nder und Zielm\u00e4rkte sind auch Frankreich<\/a> (E: 4,6 %), \u00d6sterreich<\/a> (E: 4,46 %), die Niederlande<\/a> (E: 3,63 %) und das Vereinigte K\u00f6nigreich<\/a> (E: 3,58 %).<\/p>\n Mit einem Plus von 2,4 Prozent im Jahr 2022 hat sich die tschechische Wirtschaft unerwartet wachstumsstark gezeigt. Getragen wurde diese Entwicklung vor allem von Au\u00dfenhandel, Industrie und Anlageinvestitionen. Wichtigste Impulsgeber waren dabei die Automobilindustrie und der Maschinenbau mit einem Plus von jeweils rund 25 Prozentpunkten. Die meisten anderen Industriezweige, beispielsweise die energieintensiven Branchen, die chemische Industrie und die metallverarbeitende Industrie, verzeichneten einen Produktionsr\u00fcckgang.<\/p>\n Die Inflationsrate betrug im Jahr 2022 durchschnittlich 15,1 Prozent. Vor allem die Wohnkosten sowie die Preise f\u00fcr Energie und f\u00fcr Lebensmittel wurden nach oben getrieben und wuchsen um bis zu 49 Prozent. Im Februar 2023 lag die Inflation mit 16,7 Prozent etwas niedriger als zu Jahresbeginn und d\u00fcrfte damit ihren H\u00f6hepunkt hinter sich haben. Die Wohn- und Energiepreise sind seitdem leicht zur\u00fcckgegangen, doch die Teuerung bleibt vor allem bei den Lebensmitteln und Konsumg\u00fctern weiterhin hoch. Der Privatkonsum ging aufgrund von Realeinkommensverlusten, hohen Energiepreisen und sinkendem Verbrauchervertrauen um 3,6 Prozent zur\u00fcck.<\/p>\n Auch wenn Tschechien mit der Ukraine und Russland nur etwas mehr als drei Prozent seines gesamten Au\u00dfenhandelsvolumens umsetzt, leiden doch viele tschechische Unternehmen direkt oder indirekt unter den Folgen des Krieges. Die Automobilindustrie ist dabei am st\u00e4rksten betroffen, einerseits durch Absatzprobleme, da etwa der gr\u00f6\u00dfte tschechische Automobilhersteller \u0160koda mit Russland den zweitgr\u00f6\u00dften Absatzmarkt f\u00fcr ca. 90.000 Fahrzeuge verloren hat, sowie andererseits aufgrund von Lieferproblemen.<\/p>\n Die seit dem 3. Quartal 2022 sinkende Produktionskapazit\u00e4t der Industrie, die Auftragsr\u00fcckg\u00e4nge und der schwache PMI-Index deuten auf eine konjunkturelle Abk\u00fchlung hin, die sich vermutlich fortsetzen d\u00fcrfte. Aufgrund der Schw\u00e4che des Privatkonsums, bedingt durch hohe Energiepreise und Realeinkommensverluste, sowie der schwierigen Situation hinsichtlich der Exporte ins Ausland, vor allem im Fahrzeug- und Maschinenbau, wird nur mit einer bescheidenen Erholung der Wirtschaft gerechnet. Die k\u00fcnftige Konjunkturentwicklung in Deutschland wird sich stark auf die tschechische Wirtschaft auswirken, denn Tschechien erzielt mehr als ein Viertel seines gesamten Bruttoinlandsprodukts im Export nach Deutschland.<\/p>\n Im Jahr 2022 betrug der Anteil erneuerbarer Energien an der gesamten tschechischen Stromproduktion nur 3,7 Prozent (EU-Durchschnitt: 22 Prozent). Auch der Ausbau erneuerbarer Energien geht in Tschechien verglichen mit dem EU-Durchschnitt nur langsam vor sich: Der Zuwachs an Strom aus erneuerbaren Energien in den letzten f\u00fcnf Jahren liegt in Tschechien bei +13,6 Prozent, im Rest der EU bei durchschnittlich +88 Prozent. Grund daf\u00fcr sind vor allem die langwierigen und komplizierten Genehmigungsverfahren.<\/p>\n Die Amtssprache<\/strong> Tschechiens ist Tschechisch<\/strong>. Die tschechische Sprache z\u00e4hlt 13,4 Mio. Muttersprachlerinnen und Muttersprachler und wird in Tschechien und in der Slowakei, aber auch von Minderheiten u.a. in \u00d6sterreich, Serbien, Kroatien und Rum\u00e4nien gesprochen. Tschechisch ist eine slawische Sprache und hat vieles mit der slowakischen Sprache gemeinsam. In der Tat sind Tschechisch und Slowakisch so \u00e4hnlich, dass sie gegenseitig so gut wie problemlos verst\u00e4ndlich sind. Die Zweisprachigkeit war vor der Trennung der Tschechoslowakei die Norm. Heute tun sich vor allem die j\u00fcngeren B\u00fcrgerinnen und B\u00fcrger, die nur in der eigenen Muttersprache sozialisiert wurden, etwas schwer, die jeweilige Nachbarsprache zu sprechen. Offizielle Dokumente, die in slowakischer Sprache abgefasst sind, werden in Tschechien trotzdem weiterhin automatisch anerkannt. Mehr zu den \u00c4hnlichkeiten und den Unterschieden zwischen der tschechischen und der slowakischen Sprache sowie \u00fcber die anderen slawischen Sprachen lesen Sie hier<\/a>.<\/p>\n Dass Tschechisch und Slowakisch gegenseitig verst\u00e4ndlich sind, erleichtert nat\u00fcrlich den grenz\u00fcberschreitenden Handel zwischen den Nachbarl\u00e4ndern. Die Tschechinnen und Tschechen sind au\u00dferdem gut bis sehr gut in Englisch<\/strong><\/a>. Beim Englisch Proficiency Index von Education First werden insgesamt 113 L\u00e4nder weltweit, deren Amtssprache nicht Englisch ist, nach Kompetenz im Gebrauch der englischen Sprache bewertet. Tschechien kommt im Ranking von Education First auf Platz 26, die Slowakei auf Platz 18, Deutschland auf Platz 10.<\/p>\n Die Weltsprache Englisch schl\u00e4gt somit Br\u00fccken f\u00fcr den Handel zwischen Tschechien und Deutschland. Doch wenn es darum geht, Waren und Dienstleistungen so zu pr\u00e4sentieren, dass sie das Zielpublikum auch wirklich ansprechen, dann f\u00fchrt kein Weg an der \u00dcbersetzung ins Tschechische vorbei. Denn f\u00fcr eine erfolgreiche Internationalisierung m\u00fcssen neben Dokumentation, Gebrauchsanweisungen etc. auch Werbetexte sprachlich adaptiert werden. Die \u00dcbersetzung soll in diesem Fall nicht nur informieren, sondern auch bewegen \u2013 und zum Kauf animieren. Dies l\u00e4sst sich am besten durch eine freie, kreative \u00dcbersetzung erreichen, die auch etwaige kulturelle Unterschiede und landesspezifische Besonderheiten, wie etwa im Falle Tschechiens die andere W\u00e4hrung, ber\u00fccksichtigt \u2013 eine besonders sensible Aufgabe, die an spezialisierte Fach\u00fcbersetzerinnen und Fach\u00fcbersetzer<\/a> anvertraut werden muss, die selbst die komplexesten Fachtexte sicher in die Zielsprache \u00fcbertragen k\u00f6nnen.<\/p>\n Zwischen Deutschland und Tschechien besteht im Rahmen des EU-Binnenmarkts Zollfreiheit. Somit birgt Tschechien aus zollrechtlicher Sicht keine Fallstricke.<\/p>\n F\u00fcr Verpackungen sind in Tschechien die einschl\u00e4gigen EU-Richtlinien zu beachten. Im Warenverkehr zwischen Deutschland und Tschechien ist keine zollrechtliche Ursprungskennzeichnung der Waren erforderlich. Auch die Kennzeichnung \u201eMade in…\u201c ist vielerorts nicht notwendig. Dennoch kann die Ursprungskennzeichnung freiwillig angebracht werden, entweder mit dem englischen Hinweis \u201eMade in…\u201c oder dem entsprechenden Hinweis in tschechischer Sprache.<\/p>\n F\u00fcr gesch\u00fctzte Ursprungsbezeichnungen und gesch\u00fctzte geografische Angaben sind ebenfalls die einschl\u00e4gigen EU-Richtlinien zu beachten. Bei bestimmten Produkten wie beispielsweise Lebensmitteln, Energydrinks oder Pharmazeutika gelten besondere Kennzeichnungsvorschriften. Pflichtangaben m\u00fcssen beim Verkauf im Einzelhandel auf dem Produktetikett in tschechischer Sprache, in verst\u00e4ndlicher und leicht lesbarer Form angegeben werden.<\/p>\n Die tschechische Industrie kann auf eine sehr lange \u2013 teilweise jahrhundertelange \u2013 Geschichte zur\u00fcckblicken. Noch heute tr\u00e4gt die Industrie zu einem wesentlichen Anteil an der tschechischen Bruttowertsch\u00f6pfung bei \u2013 und besch\u00e4ftigt mehr als ein Drittel der Erwerbst\u00e4tigen. Obwohl sie f\u00fcr die nationale Wirtschaft weiterhin zentral ist, erlebt die tschechische Industrie zurzeit eine schwierige Phase \u2013 einerseits bedingt durch die generelle Ungewissheit infolge des Kriegs in der Ukraine, andererseits aber, weil Tschechien vor allem in puncto erneuerbare Energien im internationalen Vergleich mit den anderen EU-L\u00e4ndern stark zur\u00fcckgeblieben ist. Die tschechische Regierung will da eingreifen und den Ausstieg aus den fossilen Energietr\u00e4gern durch den Ausbau der Kernenergie vorantreiben, doch die Energiewende geht im Land nur sehr langsam voran. Die Aussichten f\u00fcr die tschechische Industrie bleiben daher tr\u00fcb. Entscheidend ist f\u00fcr den tschechischen Au\u00dfenhandel auch, wie sich die deutsche Wirtschaft in den n\u00e4chsten Monaten entwickeln wird. Schlie\u00dflich ist Deutschland der wichtigste Handelspartner.<\/p>\nDaten und Fakten zum Industrieland Tschechien: Anteil an der Wirtschaftsleistung, wichtigste Branchen und Handelspartner<\/h2>\n
Aktuelle Wirtschaftslage: Automobilindustrie und Maschinenbau st\u00fctzen die Wirtschaft, Privatkonsum von Inflation geschw\u00e4chelt<\/h2>\n
Entwicklungen: Ukraine-Krieg bereitet Automobilindustrie Probleme, deutsche Unsicherheit wirkt sich negativ auf Tschechien aus, Ausbau erneuerbarer Energien geht langsam vor sich<\/h2>\n
Internationalisierung<\/h2>\n
Gesetzliche Rahmenbedingungen: Zollbestimmungen, Verpackungsvorschriften, Ursprungsbezeichnung<\/h2>\n
Fazit<\/h2>\n
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