{"id":13976,"date":"2023-12-08T07:00:27","date_gmt":"2023-12-08T06:00:27","guid":{"rendered":"https:\/\/eurotext.de\/?p=13976"},"modified":"2024-03-05T08:49:32","modified_gmt":"2024-03-05T07:49:32","slug":"geschlechtergerechte-sprache-im-deutschen-teil-2","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/eurotext.de\/blog\/geschlechtergerechte-sprache-im-deutschen-teil-2\/","title":{"rendered":"Geschlechtergerechte Sprache im Deutschen \u2013 Teil 2"},"content":{"rendered":"

W\u00e4hrend wir uns in Teil 1<\/a> dieses Beitrags mit den grunds\u00e4tzlichen Fragen der geschlechtergerechten Sprache befasst haben, wollen wir dieses Mal untersuchen, welche Rolle sie im E-Commerce spielt und was bei einer \u00dcbersetzung beachtet werden muss. <\/p>\n

Geschlechtergerechte Sprache im E-Commerce<\/h2>\n

Die Integration von geschlechtergerechter Sprache gewinnt im E-Commerce<\/a> zunehmend an Bedeutung, insbesondere in Textsorten, die die direkte Kundenansprache, Produktbeschreibungen<\/a> und Marketingmaterialien umfassen.<\/p>\n

In Produktbeschreibungen und Marketingtexten er\u00f6ffnet geschlechtergerechte Sprache die M\u00f6glichkeit, die Zielgruppe umfassender zu erreichen. Die direkte Kundenansprache auf Websites spielt eine zentrale Rolle, um eine inklusive und vielf\u00e4ltige Atmosph\u00e4re zu schaffen. Geschlechtergerechte Sprache soll daf\u00fcr sorgen, dass sich alle gleicherma\u00dfen repr\u00e4sentiert und willkommen f\u00fchlen. Auch in E-Mail-Marketingkampagnen und Newslettern kann geschlechtergerechte Sprache zu einer respektvollen und inklusiven Kommunikation beitragen, speziell dann, wenn personalisierte Anreden verwendet werden. Die Entscheidung f\u00fcr eine geschlechtergerechte Sprache sollte kontextbezogen sein und auf einer genauen Kenntnis der Zielgruppe basieren. Ziel ist es, eine positive und respektvolle Kommunikation zu f\u00f6rdern, die die Vielfalt der Kundschaft anspricht und ihre Identit\u00e4t anerkennt. Geschlechtergerechte Sprache dient somit nicht nur als Kommunikationsmittel, sondern auch als Mittel zur F\u00f6rderung einer integrativen und respektvollen Markenkultur.<\/p>\n

Dennoch kann die Entscheidung f\u00fcr oder gegen eine geschlechtergerechte Sprache vielf\u00e4ltige Herausforderungen mit sich bringen, auch wenn der Wunsch nach Empathie und Inklusion gegen\u00fcber allen Geschlechtern besteht. Eine zentrale Schwierigkeit liegt in der Balance zwischen inklusiver Sprache und dem Erhalt von Verst\u00e4ndlichkeit und Akzeptanz. So kann eine zu starke Betonung geschlechtsspezifischer Variationen die Klarheit beeintr\u00e4chtigen und die Botschaft unklar oder schwer verst\u00e4ndlich machen. Ebenso kann die Einbeziehung geschlechtsneutraler Formen dazu f\u00fchren, dass Texte l\u00e4nger werden, was in Umgebungen mit begrenztem Platz, wie z. B. Social-Media-Posts oder Anzeigen, eine Herausforderung darstellen kann. Auch technologische Herausforderungen k\u00f6nnen auftreten, insbesondere bei der Verwendung von maschinellen \u00dcbersetzungen<\/a>. Diese k\u00f6nnten Schwierigkeiten haben, die kontextabh\u00e4ngigen Feinheiten der geschlechtergerechten Sprache zu erfassen, was zu ungenauen oder missverst\u00e4ndlichen \u00dcbersetzungen f\u00fchren k\u00f6nnte. Schlie\u00dflich ist zu bedenken, dass die Verwendung einer geschlechtergerechten Sprache letztlich zu einer breiten gesellschaftlichen Diskussion gef\u00fchrt hat und die Umsetzung bzw. Nicht-Umsetzung eine Positionierung innerhalb eines politischen Rahmens beinhaltet. Die Anwendung sollte je nach Markenidentit\u00e4t, Unternehmenswerten und Zielgruppe abgewogen werden.<\/p>\n

Da es sich bei der Integration von geschlechtergerechter Sprache um ein komplexes Thema handelt, ist nicht von der Hand zu weisen, dass sie mit einem gewissen Zeit- und\/oder Kostenaufwand verbunden ist. Die Umsetzung setzt voraus, dass all diejenigen, die in der Redaktion und \u00dcbersetzung beteiligt sind, mit den Konventionen der jeweiligen Landessprache vertraut sind, was Schulungen oder eigene Recherchen erfordern kann.\u00a0 Klare Richtlinien und eine effektive Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten sind unerl\u00e4sslich, um den Mehraufwand zu minimieren und die Konsistenz geschlechtergerechter Formulierungen<\/a> zu gew\u00e4hrleisten. So sind auch sorgf\u00e4ltige Planung und Abstimmung erforderlich, um sicherzustellen, dass die Botschaften klar, effektiv und inklusiv vermittelt werden. Die Umsetzung von geschlechtergerechten \u00dcbersetzungen ist ein Balanceakt zwischen sprachlicher Sensibilit\u00e4t, Verst\u00e4ndlichkeit und den praktischen Anforderungen der Textumgebung.<\/p>\n

Geschlechtergerechte Sprache in der \u00dcbersetzung<\/h2>\n

Die Integration geschlechtergerechter Sprache in professionelle \u00dcbersetzungen<\/a> ist ein komplexes Unterfangen, das ma\u00dfgeblich von der Dynamik zwischen der Ausgangs- und der Zielsprache beeinflusst wird. Unterschiedliche grammatische Strukturen, kulturelle Kontexte und sprachliche Traditionen spielen eine entscheidende Rolle bei der Auswahl geeigneter Varianten. Manche Sprachen und Kulturen<\/a> bieten mehr geschlechtsneutrale Optionen oder sind von sich aus geschlechtsneutral, w\u00e4hrend sich in anderen traditionelle Geschlechtsunterscheidungen st\u00e4rker widerspiegeln. \u00dcbersetzende m\u00fcssen sich dieser Unterschiede bewusst sein und ihre Entscheidungen im Einklang mit den kulturellen Erwartungen treffen, dabei jedoch die Intention des Originaltexts pr\u00e4zise erfassen. Auch die politische Situation darf bei der \u00dcbersetzung nicht au\u00dfer Acht gelassen werden, da sie den Einsatz geschlechtergerechter Sprache erfordern oder sogar verhindern kann.<\/p>\n

Aus der Perspektive des \u00dcbersetzenden spielt die klare Kommunikation mit dem Auftraggebenden eine entscheidende Rolle. Pr\u00e4ferenzen bez\u00fcglich geschlechtergerechter Sprache sollen gem\u00e4\u00df den Erwartungen und Anforderungen des Auftraggebers umgesetzt werden. Hierf\u00fcr ist es m\u00f6glicherweise erforderlich, dass die Fach\u00fcbersetzenden sich fortbilden und ein Verst\u00e4ndnis f\u00fcr Genderstudien oder soziolinguistische Aspekte entwickeln, um die Nuancen geschlechtergerechter Sprache besser zu verstehen und umsetzen zu k\u00f6nnen.<\/p>\n

Idealerweise sollten Studieng\u00e4nge im Bereich \u00dcbersetzung bereits darauf abzielen, angehende Fachkr\u00e4fte f\u00fcr diese Anforderungen zu sensibilisieren und sie darauf vorzubereiten, mit den Herausforderungen geschlechtsneutraler Sprache umzugehen. Bis dahin k\u00f6nnte es vorteilhaft sein, wenn jede Person, die \u00fcbersetzt, proaktiv daran arbeitet, sich \u00fcber geschlechtergerechte Sprache in der Ziel- und Ausgangssprache zu informieren. Dies gew\u00e4hrleistet konsistente und pr\u00e4zise \u00dcbersetzungen im Einklang mit den Pr\u00e4ferenzen des Auftraggebenden, sowie eine m\u00f6gliche \u00dcberarbeitung bzw. kritische Reflexion bereits existierender Translation-Memorys (TM)<\/a> oder Termbanken<\/a> ein. Generell erfordert die \u00dcbersetzung in geschlechtergerechte Sprache eine bewusste Anstrengung seitens der \u00dcbersetzungsfachkraft. Diese sollte nicht nur \u00fcber sprachliche F\u00e4higkeiten, sondern auch \u00fcber ein tiefes Verst\u00e4ndnis f\u00fcr soziokulturelle und geschlechtsspezifische Aspekte verf\u00fcgen, um die gew\u00fcnschte Inklusivit\u00e4t und Genauigkeit zu gew\u00e4hrleisten.<\/p>\n

Fazit<\/h2>\n

Alle Texte, insbesondere solche mit direkter Kundenansprache, sind relevant f\u00fcr die Anwendung geschlechtergerechter Sprache. Die Verwendung von Genderzeichen stellt eine L\u00f6sung dar, die schnell umgesetzt werden kann, daf\u00fcr aber nicht immer leicht lesbar und verst\u00e4ndlich ist. Eine geschlechtsneutrale Formulierung hingegen erfordert m\u00f6glicherweise etwas mehr Umgew\u00f6hnung, k\u00f6nnte jedoch k\u00fcrzer als Genderzeichen ausfallen und vor allem weniger direkte Aufmerksamkeit erregen (so wie dieser Blogeintrag, der geschlechtsneutral formuliert wurde).<\/p>\n

Allerdings funktioniert das in anderen Sprachen h\u00e4ufig nicht wie im Deutschen: Manche Sprachen sind von sich aus geschlechtsneutral oder bieten bew\u00e4hrte sprachliche L\u00f6sungen, in anderen Sprachen gibt es daf\u00fcr noch keine M\u00f6glichkeiten und wom\u00f6glich auch gar kein Problembewusstsein. Deshalb ist es wichtig, vor der professionellen \u00dcbersetzung von Texten die Problematik mit erfahrenen Fach\u00fcbersetzern<\/a> zu diskutieren. Diese k\u00f6nnen dann eine fundierte Einsch\u00e4tzung geben, ob und wie sich geschlechtergerechte Sprache in der Zielsprache am besten darstellen l\u00e4sst.<\/p>\n

Um einen \u00dcberblick zu geben, wollen wir in Zukunft verschiedene Sprachen vorstellen und zeigen, wie es bei ihnen um die Geschlechtergerechtigkeit bestellt ist und welche L\u00f6sungsans\u00e4tze es m\u00f6glicherweise gibt.<\/p>\n
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Hier finden Sie weitere Sprachen im \u00dcberblick<\/div>\r\n
Geschlecht & Sprache<\/a><\/div>\r\n<\/div>\r\n
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Quellen<\/strong><\/h2>\n