{"id":13449,"date":"2023-06-12T07:48:42","date_gmt":"2023-06-12T05:48:42","guid":{"rendered":"https:\/\/eurotext.de\/?p=13449"},"modified":"2024-09-30T08:44:43","modified_gmt":"2024-09-30T06:44:43","slug":"industrie-in-italien","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/eurotext.de\/blog\/industrie-in-italien\/","title":{"rendered":"Industrie in Italien"},"content":{"rendered":"
Italien ist nach Deutschland<\/a> und Frankreich<\/a> das drittst\u00e4rkste Industrieland in Europa. \u00dcber ein Viertel der erwerbst\u00e4tigen Italiener (26,6 Prozent) arbeitet im verarbeitenden Gewerbe und erwirtschaftet damit knapp ein Viertel der Bruttowertsch\u00f6pfung. Im norditalienischen Mailand wird gegr\u00fcndet, geforscht und innoviert. Doch die italienische Industrielandschaft besteht vielmehr aus vielen kleinen und mittleren Familienbetrieben, die in punkto Digitalisierung noch stark im R\u00fcckstand sind. Durch den Umstieg auf Industrie 4.0 sollen neue Chancen er\u00f6ffnet werden \u2013 f\u00fcr italienische Unternehmen und ausl\u00e4ndische Investoren. Mehr dazu lesen Sie in diesem Beitrag.<\/p>\n Das italienische Bruttoinlandsprodukt (BIP) betrug im Jahr 2022 rund 1.900 Mrd. Euro, das BIP pro Kopf 33.660 Euro (vgl. Deutschland: 41.130; \u00d6sterreich: 44.130; EU-27: 35.210). Den gr\u00f6\u00dften Anteil an der Bruttowertsch\u00f6pfung hat der Dienstleistungssektor mit 65,06 Prozent, das verarbeitende Gewerbe folgt mit 22,58 Prozent. Die italienische Industrie besch\u00e4ftigt 26,6 Prozent der Erwerbst\u00e4tigen. Die Landwirtschaft tr\u00e4gt mit 1,96 Prozent zur Bruttowertsch\u00f6pfung bei.<\/p>\n Die italienische Industrielandschaft ist gepr\u00e4gt von kleinen und mittleren, oft familiengef\u00fchrten Unternehmen. Die meisten Betriebe im verarbeitenden Gewerbe haben ihren Sitz in Norditalien. Die Region Lombardei mit Italiens wichtigstem Wirtschaftsstandort Mailand ist das pulsierende Herz der italienischen Industrie. Hier haben viele deutsche und \u00f6sterreichische Gro\u00dfkonzerne eine Niederlassung. In Mailand sind au\u00dferdem die meisten italienischen Start-Ups vertreten, die in den Bereichen Technologie, Industrie 4.0, Digitalisierung und Innovation t\u00e4tig sind. Diese Bereiche sind au\u00dferdem Forschungsschwerpunkte der Mail\u00e4nder Technischen Universit\u00e4t Politecnico di Milano.<\/p>\n Die italienische Industrie entwickelte sich gr\u00f6\u00dftenteils in den 1970ern Jahren. Gr\u00f6\u00dfere Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe gab es historisch nur im Nordwesten des Landes, das hei\u00dft in den Regionen Piemont, Lombardei und Ligurien. Diese Regionen bildeten das sogenannte italienische Industriedreieck bzw. triangolo industriale<\/em>. Sp\u00e4ter entwickelten sich in Nord- und Mittelitalien viele Industriedistrikte, das hei\u00dft Netzwerke von kleinen und mittleren Unternehmen, die auf die Produktion in einer Branche spezialisiert sind. Beispiele sind etwa die Textilherstellung im Raum um die Stadt Prato in der Toskana und die Papierherstellung in der Stadt Fabriano in der Region Marken an der Adriak\u00fcste. Noch heute gelten diese Industriedistrikte als das Kernst\u00fcck der handwerklichen Produktion Italiens.<\/p>\n Das \u201eMade in Italy\u201c ist als anerkannter Qualit\u00e4tssiegel vor allem in der Mode-, M\u00f6bel- und Designbranche weltweit bekannt. Die gr\u00f6\u00dften Ums\u00e4tze erzielen jedoch die Maschinen- und Automobilhersteller sowie die Pharma- und Arzneimittelproduzenten. Den gr\u00f6\u00dften Anteil an den italienischen Gesamtexporten hatten im Jahr 2022 die folgenden G\u00fcter: Maschinen und Maschinenteile (8,48 %), medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse (7,87 %), Stra\u00dfenfahrzeuge (6,48 %), Arbeitsmaschinen (4,52 %), Eisen und Stahl (4,4 %), elektrische Maschinen und Ger\u00e4te (4,35 %), Erd\u00f6l und Erd\u00f6lerzeugnisse (4,01 %). Aus dem Ausland importiert Italien vor allem Rohstoffe, darunter Erdgas und Erd\u00f6l sowie Erd\u00f6lerzeugnisse. Insgesamt importiert Italien mehr, als es exportiert. Die Bilanz steht bei 689 Mrd. US-Dollar Importe und 656 Mrd. US-Dollar Exporte im Jahr 2022.<\/p>\n Als wichtigstes Importland im Jahr 2022 geh\u00f6rt Deutschland<\/a> (13,75 %) zu den wichtigsten Handelspartnern Italiens. Weitere wichtige Importl\u00e4nder sind u. a. Frankreich<\/a> (7,35 %), die Niederlande<\/a> (5,55 %), Spanien<\/a> (4,62 %) und Russland<\/a> (4,13 %).<\/p>\n Aus wirtschaftspolitischer Sicht bleibt der auf EU-Ebene als Reaktion auf die Corona-Pandemie beschlossene Wiederaufbauplan \u2013 in Italien PNRR, Piano Nazionale di Ripresa e Resilienza, genannt \u2013 weiterhin ein zentrales Thema. Aus dem EU-Fonds hat Italien im Jahr 2022 insgesamt 191,5 Mrd. Euro beantragt, davon 68,9 Mrd. als Zusch\u00fcsse und 122,6 Mrd. als Darlehen. Die italienische Regierung unter Premierministerin Giorgia Meloni fordert aufgrund der neuen globalen Entwicklungen (Stichwort Ukraine-Krieg, Energiesicherheit und steigende Rohstoffpreise) mehr Flexibilit\u00e4t beim Einsatz der Finanzmittel. Das Paket m\u00fcsse deshalb mit der EU neu verhandelt werden. Mit dem italienischen Wiederaufbauplan werden umfassende Reformen eingeleitet. Geplant sind dabei Projekte, die bis zum Jahr 2026 reichen und interessante Gesch\u00e4ftsperspektiven er\u00f6ffnen sollen \u2013 auch f\u00fcr deutsche Unternehmen. Im Rahmen des Wiederaufbauplans setzt Italien auf gro\u00dfe Investitionen vor allem in den folgenden Bereichen: Digitalisierung, Innovation, Kultur, Nachhaltigkeit, Bildung und Forschung, Gesundheit.<\/p>\n Um die Finanzierung der anderen Ma\u00dfnahmen zugunsten von Unternehmen und Privathaushalten nicht zu gef\u00e4hrden, trifft die Regierung Meloni im Zusammenhang mit der Energiesicherheit und den stark gestiegenen Strompreisen mitunter auch unpopul\u00e4re Entscheidungen, wie z. B. die Streichung des Tankrabatts. Dagegen wurden die Steuergutschriften f\u00fcr Unternehmen f\u00fcr den Bezug von Strom und Erdgas bis \u00fcber das erste Quartal 2023 hinaus verl\u00e4ngert und k\u00f6nnen bis zum 31. Dezember 2023 mit Steuerschulden kompensiert werden.<\/p>\n Noch unter der Regierungszeit von Ministerpr\u00e4sident Mario Draghi hatte Italien erste Schritte unternommen, um seine Abh\u00e4ngigkeit vom russischen Erdgas zu reduzieren. So wurde bereits vor dem Kriegsausbruch in der Ukraine im Fr\u00fchjahr 2022 vermehrt Gas aus Algerien importiert. Der Anteil der russischen Gasimporte lag im Jahr 2021 noch bei 40 Prozent, im Jahr 2022 bei praktisch 0 Prozent. Der Ausbau der erneuerbaren Energien wurde ebenfalls vorangetrieben.<\/p>\n Die hohe Inflation ist nach wie vor eine gro\u00dfe Herausforderung. Im Jahr 2022 lag diese im Vergleich zum Vorjahr bei 8,7 Prozent. F\u00fcr das laufende Jahr wird mit einem leichten R\u00fcckgang auf 6,1 Prozent gerechnet, eine Normalisierung auf rund 2,6 Prozent wird aber erst f\u00fcr 2024 erwartet.<\/p>\n Die Au\u00dfenwirtschaft tr\u00e4gt fast zu einem Viertel zum italienischen BIP bei und sichert damit die Pr\u00e4senz des \u201eMade in Italy\u201c auf den globalen M\u00e4rkten. Die meisten Exporte werden aus Norditalien geliefert. Rund ein Viertel der italienischen Gesamtexporte stammen allein aus der Region Lombardei. Nach einer sp\u00fcrbaren Erholung im Jahr 2021 verzeichnete der Au\u00dfenhandel im Jahr 2022 einen weiteren Aufschwung (Importe: +36,5 %; Exporte: +19,9 %) und bleibt damit weiterhin sehr wichtig f\u00fcr die italienische Wirtschaft.<\/p>\n Am meisten von der Corona-Pandemie hat auch in Italien wie in anderen L\u00e4ndern der E-Commerce<\/a> profitiert. Das Jahr 2020 markierte einen Wendepunkt f\u00fcr den E-Commerce in Italien. Dar\u00fcber haben wir in unserem Beitrag<\/a> ausf\u00fchrlich berichtet.<\/p>\n Im Jahr 2016 wurde mit dem italienischen Industrie 4.0-Plan der Grundstein f\u00fcr die Schaffung eines landesweiten Industrie-Netzwerks gelegt. Das Netzwerk soll eine auf Industrie 4.0 basierende Innovationskultur und eine engere Zusammenarbeit zwischen Forschung und Unternehmen, Berufsbildung und Arbeitsmarkt sowie unter den Regionen f\u00f6rdern. Ziel ist die Digitalisierung Italiens, Europas drittwichtigsten Industriestandorts. Bei der digitalen Infrastruktur ist Italien noch stark im R\u00fcckstand. Viele Produktionsanlagen bed\u00fcrfen einer Modernisierung. Abhilfe soll durch Steuergutschriften f\u00fcr die Investition in Industrie-4.0-Ausr\u00fcstung geleistet werden.<\/p>\n Die Zukunft der italienischen Industrie liege laut einer Studie des Forschungsinstituts Ambrosetti (hier zitiert nach: Wirtschaftskammer \u00d6sterreich, 2023) vor allem in der Implementierung von Industrie-4.0-Technologien, insbesondere Big Data (88 %), K\u00fcnstliche Intelligenz (76 %), Cloud Computing (48 %), Machine Learning (38 %), Blockchain (28 %), Lean Production (24 %) und Advanced Robotics (20 %). 53 Prozent der italienischen Unternehmen planen mittel- bis langfristig, \u00fcber interne Forschungs- und Entwicklungsprozesse zu innovieren, weitere 47 Prozent wollen auf offene Innovationsmodelle umsteigen. Dar\u00fcber hinaus beabsichtige der Studie zufolge fast jedes vierte Unternehmen, zuvor in Drittl\u00e4nder delokalisierte Produktionst\u00e4tigkeiten nach Italien oder Europa zur\u00fcckzuholen.<\/p>\n An der \u00dcbersetzung etwa von technischer Dokumentation, zulassungsrelevanten Unterlagen und Marketingtexten kommen deutsche Automobil- und Maschinenhersteller, die nach Italien expandieren wollen, nicht vorbei \u2013 auch deshalb nicht, weil sie Pflicht ist. Denn: Gem\u00e4\u00df Maschinenrichtlinie m\u00fcssen \u201ealle schriftlichen oder verbalen Informationen und Warnhinweise [an der Maschine] in der bzw. den Amtssprachen der Gemeinschaft abgefasst sein, die gem\u00e4\u00df dem Vertrag von dem Mitgliedstaat, in dem die Maschinen in den Verkehr gebracht und\/oder in Betrieb genommen wird, bestimmt werden kann bzw. k\u00f6nnen\u201c. Dar\u00fcber hinaus sollen gem\u00e4\u00df Maschinenrichtlinie die \u201ef\u00fcr die Bedienung einer Maschine erforderlichen Informationen eindeutig und leicht verst\u00e4ndlich sein\u201c. Es sei zudem darauf zu achten, \u201edass das Bedienungspersonal nicht mit Informationen \u00fcberlastet wird\u201c.<\/p>\n Die Maschinenrichtlinie stellt somit klare Anforderungen an die technische Dokumentation \u2013 und folglich an deren fremdsprachliche \u00dcbersetzung. Wichtig ist, dass die \u00dcbersetzung von Handb\u00fcchern, Gebrauchsanweisungen, Konformit\u00e4tsbescheinigungen usw. fachlich korrekt und leicht verst\u00e4ndlich ist. Da es sich hierbei um eine besonders sensible Aufgabe handelt, von der die Sicherheit der Maschinenbedienenden abh\u00e4ngt, ist es geraten, dass sich Unternehmen an spezialisierte Fach\u00fcbersetzer:innen<\/a> wenden, die selbst die komplexesten Fachtexte sicher in die Zielsprache \u00fcbertragen k\u00f6nnen.<\/p>\n Doch die \u00dcbersetzung betrifft nicht nur das Bedienungspersonal von Maschinen und Ger\u00e4ten. Neben Handb\u00fcchern, Dokumentation, Zertifizierungen usw. m\u00fcssen im Hinblick auf eine erfolgreiche Internationalisierung auch Werbetexte adaptiert werden, die das Zielpublikum, das hei\u00dft die Kundschaft, direkt ansprechen. Die \u00dcbersetzung soll in diesem Fall nicht nur informieren, sondern auch bewegen \u2013 und zum Kauf animieren. Dieses Ziel l\u00e4sst sich am besten durch eine freie, kreative \u00dcbersetzung erreichen, die auch etwaige kulturelle Unterschiede und Besonderheiten ber\u00fccksichtigt.<\/p>\n F\u00fcr den bilateralen Warenverkehr zwischen den L\u00e4ndern der Europ\u00e4ischen Union und Italien gibt es im Rahmen des Zoll- und Au\u00dfenhandelsregime der EU keine Importbestimmungen und keine Zollschranken (einheitlicher Wirtschaftsraum der EU).<\/p>\n In Italien gelten die Zollvorschriften der EU in vollem Umfang. Quantitative Beschr\u00e4nkungen gibt es beim Import aus Drittl\u00e4ndern nur f\u00fcr solche Waren, f\u00fcr welche die EU ein Kontingent festgelegt hat. Importlizenzen gibt es nur f\u00fcr bestimmte Waren, beispielsweise f\u00fcr bestimmte Landwirtschaftsprodukte, Erd\u00f6lderivate, Milit\u00e4rg\u00fcter und Dual-Use-G\u00fcter.<\/p>\n Bei \u201eMade in\u201c-Angaben soll darauf geachtet werden, dass die Angabe der Wahrheit entspricht, da die italienischen Kontrollbeh\u00f6rden vor allem bei \u201eMade in Italy\u201c sehr genau pr\u00fcfen. Weiterf\u00fchrende Hinweise in deutscher Sprache enth\u00e4lt die Website des Instituts f\u00fcr die Zertifizierung von Made in Italy. Bei der Verpackung ist auch die sogenannte Conai-Umweltabgabe zu beachten.<\/p>\n F\u00fcr den innergemeinschaftlichen Warenverkehr gibt es keine handelsrechtlichen Restriktionen. \u00dcber Verbote und Restriktionen im Warenverkehr mit Drittl\u00e4ndern informiert die Website der italienischen Zollbeh\u00f6rde.<\/p>\n Italien ist ein starkes Industrieland. Das verarbeitende Gewerbe besch\u00e4ftigt in Italien 26,6 Prozent der Erwerbst\u00e4tigen und tr\u00e4gt zu 22,58 Prozent zur Bruttowertsch\u00f6pfung des Landes. Die Industrialisierung Italiens erfolgte erst in den 1970ern Jahren, doch Italien kann auf eine viel l\u00e4ngere handwerkliche Tradition zur\u00fcckblicken und das \u201eMade in Italy\u201c gilt weltweit als anerkanntes Qualit\u00e4tssiegel \u2013 vor allem in der Mode-, M\u00f6bel- und Designbranche. Im norditalienischen Mailand wird gegr\u00fcndet, geforscht und entwickelt. Impulsgeber ist hier die ber\u00fchmte Technische Universit\u00e4t Politecnico di Milano, die Spitzenarbeit in den Bereichen Technologie, Industrie 4.0 und Digitalisierung leistet. Doch die italienische Industrielandschaft besteht vielmehr aus vielen kleinen und mittleren Familienbetrieben, die zwar viel handwerkliches Know-how besitzen, aber oft in punkto Digitalisierung noch stark im R\u00fcckstand sind. Durch den Umstieg auf Industrie 4.0 sollen neue Chancen er\u00f6ffnet werden \u2013 f\u00fcr italienische Unternehmen und ausl\u00e4ndische Investoren. Doch Italiens Wirtschaft wird von der hohen Inflation gebremst. Erst f\u00fcr 2024 wird eine Normalisierung erwartet.<\/p>\nDaten und Fakten zum Industrieland Italien: Anteil an der Wirtschaftsleistung, wichtigste Branchen und Handelspartner<\/h2>\n
Aktuelle Wirtschaftslage: Wiederaufbau nach Pandemie, Energiesicherheit, Inflation<\/h2>\n
Entwicklungen: Au\u00dfenhandel weiterhin sehr wichtig, E-Commerce w\u00e4chst, Innovation er\u00f6ffnet Chancen<\/h2>\n
Internationalisierung<\/h2>\n
Gesetzliche Rahmenbedingungen: Import- und Zollbestimmungen, Verpackungsvorschriften, Ursprungsbezeichnung, Restriktionen<\/h2>\n
Fazit<\/h2>\n
\r\n