{"id":13189,"date":"2023-03-20T11:24:39","date_gmt":"2023-03-20T10:24:39","guid":{"rendered":"https:\/\/eurotext.de\/?p=13189"},"modified":"2024-09-30T08:44:57","modified_gmt":"2024-09-30T06:44:57","slug":"der-gesundheitsmarkt-in-frankreich","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/eurotext.de\/blog\/der-gesundheitsmarkt-in-frankreich\/","title":{"rendered":"Der Gesundheitsmarkt in Frankreich"},"content":{"rendered":"

Wein und Wahrheit: In Frankreich<\/a> lebt man im Durchschnitt zwei Jahre l\u00e4nger als im Rest der EU, und das trotz Baguette (Wei\u00dfmehl), K\u00e4se (ges\u00e4ttigten Fetts\u00e4uren) und hohem Alkohol- und Tabakkonsum. Was ist dran am franz\u00f6sischen Paradoxon und was hat das mit Fach\u00fcbersetzungen zu tun? <\/p>\n

Bev\u00f6lkerung<\/h2>\n

Die Lebenserwartung der Franz\u00f6sinnen und Franzosen liegt heute bei 82,9 Jahren, fast zwei Jahre h\u00f6her als in der gesamten EU. Sie sank im Jahr 2020 vor\u00fcbergehend um acht Monate aufgrund der coronabedingten \u00dcbersterblichkeit \u2013 der gr\u00f6\u00dfte R\u00fcckgang seit 1945.<\/p>\n

Aber schon vor der Pandemie hatte sich der Anstieg der Lebenserwartung in Frankreich, wie auch in vielen anderen westeurop\u00e4ischen L\u00e4ndern, zwischen 2010 und 2019 deutlich verlangsamt. Im Jahr 2016 entfielen 30\u00a0% aller Todesf\u00e4lle in Frankreich auf Krebs, gefolgt von Kreislauferkrankungen (24\u00a0%). Isch\u00e4mische Herzkrankheiten (5,6\u00a0%) und Schlaganf\u00e4lle (5,4\u00a0%) waren die h\u00e4ufigsten krankheitsspezifischen Todesursachen. Lungenkrebs war die h\u00e4ufigste krebsbedingte Todesursache.<\/p>\n

Etwa 33 % aller Todesf\u00e4lle im Jahr 2019 k\u00f6nnen auf verhaltensbedingte Risikofaktoren zur\u00fcckgef\u00fchrt werden (niedriger als der EU-Durchschnitt von 39 %). Beispiele f\u00fcr diese Risikofaktoren ist das Rauchen von Tabak, ung\u00fcnstige Ern\u00e4hrungsgewohnheiten, Alkoholkonsum und geringe k\u00f6rperliche Aktivit\u00e4t.<\/p>\n

Zwei von f\u00fcnf franz\u00f6sischen Erwachsenen (38 %) gaben im Jahr 2019 an, mindestens eine chronische Erkrankung zu haben. Das ist sogar ein etwas h\u00f6herer Anteil als im EU-Durchschnitt.<\/p>\n

Gesundheitsmarkt<\/h2>\n

Frankreich verf\u00fcgt \u00fcber ein umfassendes staatliches Gesundheitssystem, das von der franz\u00f6sischen Krankenversicherung (Assurance Maladie<\/em>) verwaltet wird. Alle B\u00fcrger*innen haben Anspruch auf eine von dieser Krankenversicherung abgedeckte Grundversorgung. Die Finanzierung basiert auf Beitr\u00e4gen von Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen. Darunter erhalten Versicherte in der allgemeinen Krankenversicherung (R\u00e9gime g\u00e9n\u00e9ral)<\/em> 60 bis 70\u00a0% der Kosten f\u00fcr medizinische Leistungen erstattet, bei Krankenhausaufenthalten sind es 80 %.<\/p>\n

\u00dcber die Grundversorgung hinausgehende Leistungen m\u00fcssen von Patient*innen selbst \u00fcbernommen werden. Aus diesem Grund sind fast 95\u00a0% der Franz\u00f6sinnen und Franzosen durch private Zusatzversicherungen (Mutuelle<\/em>) abgedeckt. Zu den h\u00e4ufigsten Selbstzahlerprodukten z\u00e4hlen Brillen und Kontaktlinsen, H\u00f6rger\u00e4te sowie Zahnersatz.<\/p>\n

F\u00fcr die Erstattung von Medizinprodukten und Arzneimitteln gilt Frankreich unter Pharmaherstellern mitunter als schwieriger Markt. In diesem Zusammenhang hat die franz\u00f6sische Regierung im Juli 2021 ein Forschungsf\u00f6rderungsprogramm auf den Weg gebracht. Der \u201ePlan innovation sant\u00e9 2030\u201c sieht vor, den Standort Frankreich f\u00fcr Forschungsvorhaben und Investitionen der Pharma- oder Medizintechnikbranche attraktiver zu machen. Sobald der Nutzen eines Gesundheitsprodukts von der obersten HAS (Haute autorit\u00e9 pour la sant\u00e9<\/em>) bescheinigt wurde, kann die R\u00fcckerstattung im Rahmen der Krankenversicherung noch vor den Preisverhandlungen mit den Versicherungstr\u00e4gern beantragt werden.<\/p>\n

Kliniken k\u00f6nnen seit Anfang 2022 au\u00dferdem leichter innovative Produkte mit hohem therapeutischen Nutzen einsetzen, auch wenn diese teuer sind. Diese Erleichterungen und Anreize erh\u00f6hen die M\u00f6glichkeiten f\u00fcr den Marktzugang von Produktneuheiten erheblich.<\/p>\n

Trends<\/h2>\n

Wichtige Trends im franz\u00f6sischen Gesundheitsmarkt sind neben der personalisierten Medizin die verst\u00e4rkte Digitalisierung: Die Verwendung mobiler Ger\u00e4te und digitaler Technologien wird auch hier immer beliebter. Viele Gesundheits-Apps und mobile Anwendungen erm\u00f6glichen es den Patient*innen, ihre Gesundheit selbst zu \u00fcberwachen, Symptome zu verfolgen und ihre Gesundheitsdaten zu speichern und beispielsweise mit ihrem Arzt oder ihrer \u00c4rztin zu teilen. Durch KI gest\u00fctzt k\u00f6nnen die Daten ausgewertet und Verhaltensempfehlungen erteilt werden, beispielsweise durch digitale Schlafcoaches.<\/p>\n

Diese praktischen Helfer spielen auch f\u00fcr den Megatrend der pr\u00e4ventiven Gesundheit und Gesundheitsf\u00f6rderung eine zentrale Rolle: Schrittz\u00e4hler, Trainings-Apps und Fitness-Tracker kommen in immer mehr Haushalten zum Einsatz und werden auch von den Behandler*innen begr\u00fc\u00dft. Auch Unternehmen bieten zunehmend Programme zur Verbesserung der Ern\u00e4hrung, der k\u00f6rperlichen Aktivit\u00e4t und der mentalen Gesundheit an.<\/p>\n

Grund hierf\u00fcr ist nicht zuletzt das hohe Bewusstsein der Franz\u00f6sinnen und Franzosen f\u00fcr das Thema Gesundheit. Das zeigt sich unter anderem in der 2012 eingef\u00fchrten Zuckersteuer, die auf alle nicht-alkoholischen Getr\u00e4nke mit zugesetztem Zucker oder S\u00fc\u00dfstoffen erhoben wird. Auch das beliebte Pariser Bike-Sharing-System \u201eV\u00e9lib\u201c wurde von den Einwohner*innen der Stadt sehr gut angenommen. Es wurde eingef\u00fchrt, um einerseits Gesundheit und Pr\u00e4vention zu f\u00f6rdern und anderseits den Verkehr und die Umweltbelastung durch Autofahrten zu reduzieren.<\/p>\n

Auch beim Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit k\u00f6nnen Unternehmen im Markt punkten. Umweltfreundliche Verfahren und die Reduzierung von Abf\u00e4llen werden von den Verbraucher*innen sehr positiv wahrgenommen und k\u00f6nnen Konsumentscheidungen im viel umk\u00e4mpften Selbstzahler- und Lifestyle-Markt beeinflussen.<\/p>\n

Gesetzliche Rahmenbedingungen und Regularien<\/h2>\n

In Frankreich werden Arzneimittel vom franz\u00f6sischen Arzneimittelbeh\u00f6rde Agence nationale de s\u00e9curit\u00e9 du m\u00e9dicament et des produits de sant\u00e9<\/em> (ANSM) mit Sitz in Saint-Denis zugelassen.<\/p>\n

Der Zulassungsprozess ist in der Europ\u00e4ischen Union harmonisiert, was bedeutet, dass der Antragsteller ein Dossier mit umfangreichen Daten zur Qualit\u00e4t, Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels bei der Europ\u00e4ischen Arzneimittel-Agentur (EMA) einreicht. Die EMA bewertet dann die Daten und gibt eine Empfehlung f\u00fcr die Zulassung oder Ablehnung des Arzneimittels ab.<\/p>\n

Im Anschluss daran kann das Arzneimittel auf nationaler Ebene zugelassen werden. In Frankreich ist die ANSM f\u00fcr die Bewertung des Antrags auf nationale Zulassung zust\u00e4ndig. Sie \u00fcberpr\u00fcft das Dossier erneut und bewertet, ob das Arzneimittel den nationalen Anforderungen entspricht. Wenn die ANSM zustimmt, wird das Arzneimittel in Frankreich zugelassen und in die Liste der erstattungsf\u00e4higen Arzneimittel aufgenommen.<\/p>\n

Nach der Zulassung erfolgt eine kontinuierliche \u00dcberwachung der Sicherheit und Wirksamkeit des Arzneimittels durch die ANSM und andere Gesundheitsbeh\u00f6rden.<\/p>\n

Medizinprodukte, wie Kontaktlinsen, Insulinpumpen oder Gehhilfen, ben\u00f6tigen eine CE-Kennzeichnung, damit sie in Frankreich vertrieben werden d\u00fcrfen. Das Produkt muss dann bei der ANSM \u201eregistriert\u201c werden. Den entsprechenden Antrag kann der Hersteller selbst oder ein franz\u00f6sischer Vertriebspartner vornehmen. Wichtig dabei ist, dass die Registrierung stets auf den Namen des Herstellers erfolgt, auch wenn der Antrag vom Vertriebspartner gestellt wird.<\/p>\n

Gesundheitsmarkt in der EU und international<\/h2>\n

F\u00fcr die Gesundheitspolitik sind in der EU prinzipiell die einzelnen Mitgliedsstaaten zust\u00e4ndig. Die EU gibt allerdings durch Richtlinien und Verordnungen einen Rahmen vor, der dann in der nationalen Gesetzgebung umgesetzt werden muss. Ein prominentes Beispiel ist die Medizinprodukteverordnung (Verordnung (EU) 2017\/745), auch MDR genannt. Sie legt die Anforderungen f\u00fcr Medizinprodukte im europ\u00e4ischen Binnenmarkt fest. Alle Medizinprodukte, die in der EU vertrieben werden sollen, ben\u00f6tigen danach eine Konformit\u00e4tserkl\u00e4rung (CE-Kennzeichnung).<\/p>\n

Medikamente k\u00f6nnen auch auf Einzelstaatebene entsprechend den nationalen Vorschriften zugelassen werden (in Frankreich durch die ANSM). Alternativ steht den Pharmaunternehmen die M\u00f6glichkeit offen, das sogenannte \u201ezentrale Zulassungsverfahren\u201c der EMA zu nutzen. Dadurch ist es m\u00f6glich, die Zulassung in allen Mitgliedstaaten des europ\u00e4ischen Wirtschaftsraums (EU, Island und Norwegen) mit einem einzigen Antrag zu erhalten.<\/p>\n

Internationalisierung<\/h2>\n

Franz\u00f6sische Kliniken und Praxen k\u00f6nnen sich durch Internationalisierung<\/a> als attraktive Dienstleister f\u00fcr Patient*innen im Ausland positionieren und gegen\u00fcber dem Wettbewerb optimal aufstellen. Au\u00dferdem erm\u00f6glicht der Austausch mit anderen L\u00e4ndern, beispielsweise durch die \u00dcbersetzung wissenschaftlicher Publikationen und Schulungsunterlagen, franz\u00f6sischen \u00c4rzt*innen und medizinischen Einrichtungen, von den Best-Practice-L\u00f6sungen anderer L\u00e4nder zu profitieren, was insgesamt zu einer h\u00f6heren Versorgungsqualit\u00e4t beitr\u00e4gt.<\/p>\n

Ob Medizinprodukt, Medikament, Nahrungserg\u00e4nzungsmittel oder Fitness- und Lifestyle-Artikel: \u00dcbersetzungen sind eine wesentliche Komponente in allen Phasen des Produktlebenszyklus. Damit sie auf die jeweilige Zielgruppe optimal zugeschnitten werden (Experten, Laien, Beh\u00f6rden usw.) und die spezifische Anforderungen der Textsorte erf\u00fcllen, brauchen Fach\u00fcbersetzer jahrelange Erfahrung, umfangreiche Fachkenntnis und viel Sprachgef\u00fchl.<\/p>\n

Spezialisierte Fach\u00fcbersetzer gew\u00e4hrleisten, dass Zulassungsunterlagen f\u00fcr Beh\u00f6rden korrekt und fehlerfrei unter Einhaltung der Konventionen f\u00fcr diese Textsorten \u00fcbersetzt werden. Nach dem hohen Investitions- und Zeitaufwand, der bereits ins Produkt geflossen ist, w\u00e4ren hier Verz\u00f6gerungen bei der Markteinf\u00fchrung besonders \u00e4rgerlich. Mit den richtigen Sprachexpert*innen an der Seite lassen sich solche Stolpersteine auf dem Weg zum erfolgreichen Launch vermeiden.<\/p>\n

Bei der direkten Ansprache von Verbraucher*innen und Patient*innen muss die \u00dcbersetzung hingegen auf unn\u00f6tigen wissenschaftlichen Fachjargon verzichten und komplexe Sachverhalte leicht verst\u00e4ndlich darstellen. Dies ist beispielsweise f\u00fcr Patientenportale, Aufkl\u00e4rungs-Webseiten und Informations-Flyer relevant. H\u00e4ufig m\u00fcssen die Texte auch potenzielle K\u00e4ufer*innen \u00fcberzeugen und werbliche Anforderungen ber\u00fccksichtigen. Hier kann es sinnvoll sein, Fach\u00fcbersetzer*innen mit Marketinghintergrund zu beauftragen, die basierend auf einem konkreten Briefing eine freiere Transkreation f\u00fcr den Zielmarkt erstellen.<\/p>\n

Die wichtigsten Sprachen f\u00fcr den franz\u00f6sischen Gesundheitsmarkt sind neben der Amtssprache Franz\u00f6sisch<\/a> noch das Deutsche<\/a>, das von vielen Bewohner*innen gerade in den Grenzregionen des Elsass und Lothringen gesprochen wird. Die Weltsprache Englisch<\/a> ist mit 39\u00a0% vertreten. Auch das Arabische<\/a> mit etwa 4\u00a0Millionen Sprecher*innen sowie die in Nordafrika verbreiteten Berbersprachen spielen durch die Zuwanderung aus den ehemaligen Kolonialgebieten Frankreichs eine gro\u00dfe Rolle. Gesprochen werden auch weitere Nachbarsprachen, wie Italienisch<\/a>, Spanisch<\/a> und Fl\u00e4misch<\/a>. Je nach Zielgruppe k\u00f6nnen auch weitere Sprachen von Bedeutung sein (z.\u00a0B. EU-Sprachen, regionale Dialekte wie das Bretonische, Els\u00e4ssisch oder Provenzalisch).<\/p>\n

Fazit<\/h2>\n

Ob Traubenkernextrakt oder \u201eSavoir vivre\u201c: Die Existenz des franz\u00f6sischen Paradoxons ist umstritten. Laut WHO k\u00f6nnte eine simple Untererfassung der Herzerkrankungen auf den Sterbeurkunden f\u00fcr die niedrigeren Zahlen verantwortlich sein. Bei einer entsprechenden Korrektur zeigt sich f\u00fcr Frankreich n\u00e4mlich ein \u00e4hnliches Bild wie f\u00fcr alle anderen Industriel\u00e4nder: ein gesteigerter Konsum von ges\u00e4ttigten Fetten und Cholesterin f\u00fchrt zu mehr Herzerkrankungen.<\/p>\n

Das Gesundheitssystem in Frankreich geh\u00f6rt zu den besten der Welt. Aber es gibt auch Kritik daran, dass die franz\u00f6sische Krankenversicherung nicht alle Leistungen abdeckt und dass Patient*innen gezwungen sind, zus\u00e4tzliche private Versicherungen abzuschlie\u00dfen. Insbesondere die Erstattungsf\u00e4higkeit im Bereich der Telemedizin ist noch ausbauf\u00e4hig. F\u00fcr das Jahr 2023 sind jedoch entsprechende gesetzliche Anpassungen geplant.<\/p>\n

Insgesamt bietet der franz\u00f6sische Gesundheitsmarkt viele Chancen: Zusammen mit Deutschland steht er f\u00fcr \u00fcber 50 Prozent des Medizinproduktemarktes der EU. Im sensiblen Medizinbereich ist es besonders wichtig, das Vertrauen der Verbraucher*innen in die Qualit\u00e4t der Marke zu gewinnen und zu halten. Hierf\u00fcr sind \u00dcbersetzungen von qualifizierten Fach\u00fcbersetzer*innen unerl\u00e4sslich. Sie stellen nicht nur sicher, dass die Sicherheit von Patient*innen und Anwender*innen nicht durch \u00dcbersetzungsfehler gef\u00e4hrdet wird und keine Haftungsrisiken entstehen. Sie sorgen f\u00fcr eine hochwertige, fehlerfreie Kommunikation, die auf die Zielgruppen optimal zugeschnitten ist und f\u00fcr den jeweiligen Markt \u201efunktioniert\u201c.<\/p>\n
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Hier finden Sie alle Gesundheitsm\u00e4rkte im \u00dcberblick<\/div>\r\n
Gesundheit in ...<\/a><\/div>\r\n<\/div>\r\n
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Quellen<\/h2>\n