{"id":12485,"date":"2022-07-04T09:51:13","date_gmt":"2022-07-04T07:51:13","guid":{"rendered":"https:\/\/eurotext.de\/?p=12485"},"modified":"2024-09-30T08:45:24","modified_gmt":"2024-09-30T06:45:24","slug":"deutsch-und-seine-varianten","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/eurotext.de\/blog\/deutsch-und-seine-varianten\/","title":{"rendered":"Deutsch und seine Varianten"},"content":{"rendered":"
Dass es sich beim Deutschen<\/strong> um keine einheitliche Sprache handelt, f\u00e4llt schnell auf, wenn man sich mit einem Schweizerdeutschen<\/strong> oder einem \u00d6sterreicher<\/strong> unterh\u00e4lt. Denn h\u00e4ufig versteht man nur die H\u00e4lfte, obwohl jeder in seinen Augen Hochdeutsch<\/strong> spricht. Wo die Unterschiede liegen, woher sie stammen, und was das f\u00fcr professionelle \u00dcbersetzungen bedeutet, erkl\u00e4ren wir in diesem Blogbeitrag.<\/p>\n Die deutsche Sprache ist weiter verbreitet, als es auf den ersten Blick scheint, und wird gesch\u00e4tzt von ca. 90 bis 105 Millionen Muttersprachlern sowie 80 Millionen Zweit- und Fremdsprachlern weltweit beherrscht. Gesprochen wird Deutsch in Deutschland<\/a>, \u00d6sterreich<\/a>, Liechtenstein<\/a>, der Deutschschweiz<\/a>, Luxemburg<\/a>, S\u00fcdtirol<\/a>, Belgien<\/a> und Frankreich<\/a>. Au\u00dferdem wird Deutsch von Minderheiten gesprochen, vor allem in Oberschlesien<\/a>, sowie in Namibia und S\u00fcdafrika<\/a>.<\/p>\n Zu den bekanntesten der drei Variet\u00e4ten des Deutschen z\u00e4hlen das Bundesdeutsche<\/strong> Deutschlands, das \u00d6sterreichische<\/strong> und das Schweizer Hochdeutsch<\/strong>, die jeweils Eigenheiten in Grammatik, dem Wortschatz und der Aussprache aufweisen. Nicht zu vergessen sind die Standardvariet\u00e4ten Belgiens, S\u00fcdtirols, Liechtensteins und Luxemburg, die zwar weniger bekannt sind, f\u00fcr ihre Sprecher aber ebenfalls von gro\u00dfer Bedeutung sind.<\/p>\n Bei der deutschen Sprache handelt es sich um eine plurizentrische Sprache. Das hei\u00dft, sie hat mehrere gleichwertig nebeneinanderstehenden Standardvariet\u00e4ten des Hochdeutschen, auch Standardsprache<\/strong> genannt. Dabei handelt es sich um die in der normgebundenen (meist durch schriftlich Fixierung), \u00fcberregional geltenden und dialektfreien Erscheinungsform der jeweiligen Sprache, die als Dachsprache f\u00fcr regional gesprochene Dialekte fungiert. Die Fixierung der Hochsprache \u00fcbernimmt in Deutschland der DUDEN<\/strong>, w\u00e4hrenddessen es in der Schweiz der \u201eSchweizerisch Verein f\u00fcr deutsche Sprache\u201c macht.<\/p>\n Bei den Dialekten handelt es sich aus sprachwissenschaftlicher Sicht um Sprachvariet\u00e4ten<\/strong> einer Sprache, die regional und lokal begrenzt sind und ein eigenes „sprachliches System“ mit eigenen Regeln haben, das die Standardsprache, also z.B. das Hochdeutsche, ersetzt oder auch erweitert. Die Dialekte werden \u00fcberwiegend m\u00fcndlich realisiert (=gesprochen) und werden im Vergleich zu der Hochsprache meist gar nicht schriftlich fixiert, haben also nicht den Status einer Standardvariet\u00e4t. Das Gleichgewicht zwischen Verwendung von Hochsprache und Dialekt ist in jedem Land anders. W\u00e4hrenddessen sich in der Schweiz das Hochdeutsche fast ausschlie\u00dflich auf die Schriftsprache beschr\u00e4nkt und untereinander im Dialekt, dem Schweizerdeutsch, gesprochen wird, sieht das in Deutschland anders aus.<\/p>\n Die deutschen Dialekte werden grob in niederdeutsche und hochdeutsche Dialekte<\/strong> eingeteilt. Hochdeutsch wird in dem Sinne sprachgeographisch definiert und hat nichts mit der sprachsoziologischen Definition als \u00fcberregional geltende dialektfreie Standardsprache zu tun. Die Bezeichnung r\u00fchrt von der Beschaffenheit der Regionen Deutschlands: der niederdeutsche Dialektraum meint den flacheren n\u00f6rdlichen Raum, w\u00e4hrenddessen mit hochdeutsch der h\u00fcgeligere S\u00fcden Deutschlands gemeint ist. Die hochdeutschen Dialekte werden nochmals in mitteldeutsche und oberdeutsche Dialekte geteilt. Die hochdeutschen Dialekte wurden, im Gegensatz zu den niederdeutschen Dialekten, von der zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert stattfindenden zweiten Lautverschiebung erfasst. Dabei handelt es sich um einen Wandel in der Aussprache, insbesondere der Konsonanten „p“, „t“, „k“. Anhand der unterschiedlichen Verwendung von W\u00f6rtern im Dialekt, kann man eine geographische Grenze ziehen, sprachwissenschaftlich Isoglosse genannt, und so die Dialektgebiete einteilen. Die hochdeutschen und niederdeutschen Dialekte werden von der Benrather Linie oder maken-machen-Linie voneinander getrennt, da die Dialekte anhand der Verwendung des Wortes \u201emachen\u201c differenziert werden. In niederdeutschen Dialekten sagt man \u201emaken\u201c, in mittel- und oberdeutschen Dialekten \u201emachen\u201c. Ein weiteres Beispiel f\u00fcr diese Lautverschiebung sieht man noch heute im Konsonanten \u201et\u201c. Im Norden, also dem niederdeutschen Dialektraum, indem keine Lautverschiebung stattgefunden hat, sagt man noch heute „dat“, „wat“ und „Water“, w\u00e4hrenddessen man in S\u00fcddeutschland, also dem hochdeutschen Dialektraum mit Lautverschiebung „was“, „das“ und „Wasser“ sagt.<\/p>\n Die drei groben Dialektgebiete lassen sich alle nochmal anhand von Isoglossen unterteilen, wobei man beachten muss, dass die Grenzen verschwimmen, da die Dialekte und deren Sprecher nicht statisch sind. Insgesamt z\u00e4hlt man innerhalb Deutschlands 16 gr\u00f6\u00dfere Dialektverb\u00e4nde, wozu unter anderem Bayerisch<\/strong>, Alemannisch<\/strong>, Obers\u00e4chsisch<\/strong>, Ostfr\u00e4nkisch<\/strong>, Rheinfr\u00e4nkisch<\/strong>, Westf\u00e4lisch<\/strong>, Ostwestf\u00e4lisch<\/strong>, Brandenburgisch<\/strong> und Nordniederdeutsch<\/strong> geh\u00f6ren, die auf allen sprachlichen Ebenen Eigenheiten haben, die sie voneinander, und vom Hochdeutschen abgrenzen.\u00a0 Ein Beispiel f\u00fcr die lexikalische Differenzierung der Dialekte ist das Wort \u201eM\u00e4dchen\u201c in Pluralform. In S\u00fcddeutschland hei\u00dft es \u201cM\u00e4del\u201d, \u201cMad(e)ln\u201d, \u201cDiandl(a)n\u201d oder auch \u201cGitschn\u201c, w\u00e4hrenddessen man in Nord- und Mitteldeutschland meistens von \u201cM\u00e4dchen\u201d spricht. Im Norden h\u00f6rt man aber auch teilweise \u201cDeern\u201d oder \u201cWicht\u201d. Dialekte erf\u00fcllen durch ihre regionalen und lokal beschr\u00e4nkten Besonderheiten vor allem die St\u00e4rkung des Zugeh\u00f6rigkeitsgef\u00fchls und der Zusammenhalt in Region und vermitteln Heimat- und Traditionsverbundenheit \u2013 sie dienen jedoch auch als Abgrenzung nach au\u00dfen.<\/p>\n Fr\u00fcher galten Dialekte als Zeichen geringer Bildung. Ein Image, das sich im Laufe der Zeit stark verbessert hat, sodass sie inzwischen als regionales Kulturgut verstanden und als sch\u00fctzenswert angesehen werden.<\/p>\n In Deutschland hat man \u00fcbrigens auch gute M\u00f6glichkeiten, die deutschen Kunden auf Englisch anzusprechen, so liegt Deutschland gem\u00e4\u00df der internationalen Studie des English Proficiency Index<\/em> zur Ermittlung der Englischkenntnisse als Fremdsprache im Jahr 2021 auf Platz 11 \u2013 \u00d6sterreich und Belgien liegen im Vergleich hier weiter vorne (Platz 2 und 6).<\/p>\n In der mehrsprachigen Schweiz wird von einem Gro\u00dfteil der Bev\u00f6lkerung Deutsch gesprochen, der Rest spricht Franz\u00f6sisch, Italienisch oder R\u00e4toromanisch. In der Verwendung des Deutschen wird in der Schweiz zwischen Schweizerhochdeutsch<\/strong> und Schweizerdeutsch<\/strong>, oder auch Schwizerd\u00fctsch<\/strong>, unterschieden. Das Schweizerhochdeutsche ist die Standardvariet\u00e4t des Deutschen, die in der Schweiz gesprochen wird. Schweizerdeutsch hingegen ist ein Sammelbegriff f\u00fcr eine Vielzahl von alemannischen und s\u00fcdbairischen Dialekten, die in der Schweiz gesprochen wird, die jedoch nur selten schriftlich festgehalten wird. Darunter z\u00e4hlen z.B. das Baseldeutsch<\/strong>, Berndeutsch<\/strong>, Z\u00fcrichdeutsch<\/strong> und Solothurnerdeutsch<\/strong> – es gibt also kein Standardschweizerdeutsch. Schweizerdeutsch wird im Norden, Osten und in der Mitte des Landes von 63 % der Bev\u00f6lkerung gesprochen und ist damit die Hauptsprache der Schweiz. Seine Sprecher bezeichnen es als Dialekt, Mundart oder einfach nur D\u00fctsch.<\/p>\n Wenn man das Schweizer Hochdeutsch und das bundesdeutsche Hochdeutsch vergleicht, so st\u00f6\u00dft man auf sogenannte Helvetismen<\/strong>. W\u00f6rter, deren Gebrauch nur in der Schweiz \u00fcblich ist. Diese werden h\u00e4ufig durch die r\u00e4umliche N\u00e4he zu Frankreich bestimmt, so hei\u00dft es im schweizerischen Hochdeutsch Velo <\/em>statt Fahrrad<\/em> oder Billet<\/em> statt Fahrkarte<\/em>.<\/p>\n In der Schweiz sind die Dialekte im hohen Ma\u00dfe identit\u00e4tsstiftend<\/strong> und werden stolz von ihren Sprechern genutzt. F\u00fcr viele Schweizer ist das Schweizer Hochdeutsch wie eine Fremdsprache, da im Alltag in vielen Bereichen Dialekt gesprochen wird. Das Hochdeutsch wird vor allem in der Schriftsprache verwendet oder bei formellen Anl\u00e4ssen, im Schulunterricht, in den Nachrichten der \u00f6ffentlich-rechtlichen Sender oder bei Gespr\u00e4chen mit Nicht-Schweizern gesprochen.<\/p>\n Die \u00f6sterreichische Standardvariet\u00e4t des Deutschen wird in \u00d6sterreich von ca. 9,5 Millionen Sprechern gesprochen. Dabei gibt es Aspekte, die sich nur beim Sprechen, jedoch nicht beim Schreiben \u00e4u\u00dfern. Ein gutes Beispiel daf\u00fcr ist das Hinzuf\u00fcgen von Artikeln bei dem Sprechen \u00fcber eine andere Person, so sagt man statt \u201eMia lernt gerne Sprachen\u201c, wie es in Deutschland \u00fcblich ist, \u201eDie Mia lernt gerne Sprachen\u201c. Auch gibt es die sogenannten Austriazismen<\/strong>, die das \u00f6sterreichische Pendant der schweizerischen Helvetismen darstellen: das Angebot<\/em> ist das Anbot,<\/em> das R\u00fchrei<\/em> ist die Eierspeis<\/em>, die Tomate<\/em> ein Paradeiser<\/em> und der Januar<\/em> hei\u00dft J\u00e4nner<\/em>. Letzterer wird \u00fcbrigens auch h\u00e4ufig von dialektalen Sprechern aus S\u00fcddeutschland verwendet.<\/p>\n Auf grammatikalischer Ebene kommt es im \u00d6sterreichischen zu der Verwendung der sogenannten Fugenlaute, bei denen bei der Wortzusammensetzung die beiden Einzelw\u00f6rter mit einem \u201es\u201c verbunden werden. Ein Beispiel ist der Schweinebraten<\/em> (Deutschland) bzw. Schweinsbraten<\/em> (\u00d6sterreich). Das kann auch andersherum passieren, so hei\u00dft der Adventskalender<\/em> in \u00d6sterreich Adventkalender<\/em>. Auch wird im \u00f6sterreichischen Deutsch gerne der Diminutiv (= Verkleinerungsform) verwendet und W\u00f6rter mit der Silbe -erl verniedlicht, z.B. Mauserl<\/em> oder Enkerl<\/em>. Es gibt jedoch auch W\u00f6rter, die auf -erl enden und keine Verkleinerung, sondern ihre normale Form darstellen, wie z.B. Zuckerl<\/em> f\u00fcr das bundesdeutsche Bonbon<\/em>.<\/p>\nDeutschland<\/h2>\n
Schweiz<\/h2>\n
\u00d6sterreich<\/h2>\n
Luxemburg<\/h2>\n